12.09.2005 | Bundesliga |
Nikola Karabatic (21) gewann in der letzten Saison nicht nur alle drei nationalen Titel mit seinem Klub Montpellier HB. Der Franzose schnappte sich im Jahre 2003 auch jenen Pokal, dem die Kieler bislang vergeblich hin terher liefen - die Champions League.
Der Slowene Vid Kavticnik (Gorenje Velenje/21) und der Schwede Kim Andersson (23/IK Sävehof) zählen wie Karabatic zu den größten Talenten im Handballsport. Der Schwede Pelle Linders (29/Kolding IF) könnte am Kreis ein Ersatz für Marcus Ahlm und in der Abwehr eine wichtige Größe werden. Möglich auch, dass dem THW mit "Schnäppchen" Viktor Szilagyi ein weiterer Glücksgriff gelungen ist. Aus der Konkursmasse des in die Regionalliga abgestürzten TuSEM Essen an die Förde gespült, er wies sich der Österreicher schon in den ersten Wochen als Typ, der Handball spielen und auch ohne Angst Tore werfen kann.
"Unsere Qualität hat sich verbessert. Wir waren in der Breite noch nie so stark", befand THW-Trainer Noka Serdarusic. "Wir haben jetzt auch eine bessere Chance in der Champions League." Der THW Kiel, so Serdarusic, sei nun ganz nah dran an Barcelona.
Die Zebras haben sich zu einem Kraftakt entschlossen, um traumatische Erlebnisse wie in der letzten Champions-League-Saison zu vermeiden. Wieder einmal fehlte den Kielern im Viertelfinale gegen den FC Barcelona nur ein Tor, um "Barca" aus dem "Königs-Pokal" zu werfen.
Schnee von gestern. Geblieben sind die Bilder von einem Rathausplatz, auf dem 20000 Menschen "ihren" THW Kiel und eine unglaubliche Saison feierten. Sechs Minuspunkte, seit dem Oktober letzten Jahres in 27 Ligaspielen in Folge gar gänzlich unbesiegt - entsprechend laut ließen Stefan Lövgren & Co mit den Fans die Korken knallen. Unvergessen auch die große Show des Klaus-Dieter Petersen, der nicht nur bei der Meisterfeier die Nacht zum Tag machte.
"Pitti" ließ in einer weiteren rauschenden Nacht auch den Vorhang für eine beispiellose Karriere als Spieler fallen. 9000 Fans pilgerten in die Ostseehalle, um bei der "Petersen-Party" dabei zu sein. Auf der Spieler bank wird künftig aber nicht nur der 36-Jährige fehlen. Neben Sebastian Preiß (TBV Lemgo) und Roman Pungartnik (HSV Hamburg) verabschiede te sich auch Johan Pettersson. Mit dem Schweden ging nicht nur der beste THW-Torschütze der vergangenen Spielzeit. Der Rechtsaußen warf in allen Wettbewerben insgesamt 333 Tore für die Zebras. Der Linkshänder mit dem unnachahmlichen Laufstil und den einmaligen Trickwürfen spielte sich mit seiner besten THW-Saison auch tief in das Herz der Fans. "Publikumsliebling im letzten Jahr war nicht Christian Zeitz", weiß Serdarusic. "Das war Johan." Menschlich wie sportlich hinterlässt der 32-Jährige eine große Lücke in der Zebraherde.
Doch auch die "neue" THW-Mannschaft hat in ihren ersten Spielen schon angedeutet, dass sie ihren Fans viel Spaß und den Gegnern große Sorgen bereiten wird. Mit den Neuen wurde das Spiel der Kieler noch schneller und aus dem Sorgenkind der vergangenen Saison, dem Rückraum, könnte nun ein Musterknabe werden.
Problematisch gestaltete sich allerdings die Verständigung der Spieler, die mittlerweile aus sechs verschiedenen Nationen kommen. "Das macht die Trainingsarbeit nicht leichter", erkannte Serdarusic, der als gebürtiger Kroate für den gebürtigen Serben Karabatic dolmetscht. Als Übersetzer ist auch Kapitän Stefan Lövgren gefragt, der mit Englisch, Schwedisch sowie Händen und Füßen die Anweisungen des Trainers in die richtige Sprache verwandelt. Mit Französisch kann Lövgren nicht dienen. "Das Fach hatte ich zwar in der Schule. Aber da habe ich im Unterricht wohl geschlafen."
Fünf Neue und noch keine gemeinsame Sprache - Noka Serdarusic weiß, mit welchen Wünschen die Konkurrenz auf den Spielplan blickt. "Weil wir uns noch nicht eingespielt haben, wollen uns alle am liebsten sofort als Gegner haben." Die Sorgenfalten sind be rechtigt, verlief die Vorbereitung doch ziemlich holprig. Ohne Marcus Ahlm und Nikola Karabatic, die verletzt wochenlang ausfielen, fehlten zwei Schlüsselfiguren der neuen Mannschaft. Allerdings lag es nicht nur an den beiden, dass Kiel beim Schlecker-Cup in Ehingen gegen HSV Hamburg und Montpellier HB verlor. "Auch Weltklasse leute müssen sich erst in eine neue Mannschaft eingewöhnen", meinte Serdarusic.
Deshalb sieht Uwe Schwenker auch mit Sorge in die nahe Zukunft, die dem THW Kiel mit Lemgo, Hamburg und der SG Flensburg gleich drei Gastgeber beschert, die auch um den Titel mitspielen können. "Traditionell haben wir einen starken Endspurt", tröstet sich Uwe Schwenker, der sich nicht nur über einen gut aufgestellten THW freut. Der ehe malige Nationalspieler sieht die gesamte Handball-Bundesliga auf einem guten Weg. Ein Meilenstein sei da bei der Lizenzentzug für die maroden Klubs SG Wallau-Massenheim und TuSEM Essen gewesen. "Damit hat die Liga ein Stück Vertrauen zurückgewonnen." Schließlich, so Schwenker, hätten sich die Handballvereine mittlerweile zu echten Unternehmen entwickelt, die auch entsprechend seriös wirtschaften müssten. Diesbezüglich hat der THW Kiel, der allein aus dem Verkauf von Fanartikeln 250000 Euro einnahm, wie gewohnt seine Hausaufgaben gemacht.
Jetzt liegt es an der Mannschaft, auf diesem Fundament nach den Sternen zu greifen. Der größte leuchtet gewöhnlich über Spanien und trägt den Namen "Champions League".
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 02.09.2005)
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