Aus dem offiziellen THW-Magazin "zebra", von living sports:
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Die Handball-WM findet vom 19. Januar bis zum 4. Februar 2007 statt.
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In etwas mehr als zwei Monaten startet endlich die lang
ersehnte 20. Handball-Weltmeisterschaft. Vom 19. Januar bis
zum 4. Februar kämpfen 23 Teams darum, Titelverteidiger
Spanien zu beerben. Auch in dem Handballtempel schlechthin,
der Kieler Ostseehalle, werden in der Vorrunde alle sechs
Partien der Gruppe E ausgetragen. Nachdem wir Ihnen in der
letzten "zebra"-Ausgabe den Gruppenfavoriten Dänemark
vorgestellt haben, wird diesmal der nördliche Nachbar Norwegen
etwas genauer unter die Lupe genommen.
Norwegen - erste WM nach der Ära Solberg/Hagen
Beim westlichsten der skandinavischen Länder nimmt
traditionell der Wintersport die dominierende Rolle ein:
Mehrmalige Olympiasieger wie Ole Einar Björndalen (Biathlon),
Kjetil-Andre Aamodt (Ski alpin) oder der legendäre Björn
Dählie (Langlauf) genießen höchstes Ansehen unter den rund 4,5
Millionen Einwohnern. Dennoch hat sich der Handball neben dem
Fußball längst etablieren können. Selbst wenn die großen
internationalen Erfolge bislang immer nur den Frauen gelangen
(Weltmeister 1999 und amtierender Europameister), sind
mittlerweile auch die Herren aus der erweiterten Weltspitze
nicht mehr wegzudenken. Nach den beiden Teilnahmen 1958 in der
DDR (6. Platz) und 1961 in der Bundesrepublik (7. Platz)
dauerte es allerdings über 30 Jahre, ehe sich die norwegische
Mannschaft 1993 in Schweden wieder für die Titelkämpfe
qualifizieren konnte. Seitdem verpassten die Norweger
lediglich zwei Weltmeisterschaften (Island 1995 und Portugal
2003), belegten aber stets hintere Plätze. Dies änderte sich
erst bei der letzten WM in Tunesien, als das Team von Trainer
Gunnar Pettersen groß auftrumpfte: So gelangen Siege gegen
Schweden und Titelverteidiger Kroatien, und erst durch eine
Niederlage im letzten Zwischenrundenspiel gegen Spanien
platzte letztlich der Traum vom großen Coup. Nach einem 30:27-Sieg
gegen Russland im Spiel um Platz 7 stand dennoch das
überzeugendste WM-Ergebnis Norwegens fest.
Garanten für den Aufstieg der Nationalmannschaft waren dabei
zwei wohlbekannte Herren, die einen Großteil ihrer Karriere
zusammen spielten: Die Wege von Frode Hagen und Glenn Solberg
trennten sich erst 2004, als Hagen vom FC Barcelona zum THW
Kiel und sein Freund Solberg ausgerechnet zum Erzrivalen SG
Flensburg-Handewitt wechselte - der guten Freundschaft tat
dies natürlich keinen Abbruch. Nachdem das kongeniale
Rückraumduo 2005 seine Nationalmannschaftskarriere beendete,
reichte es in diesem Jahr bei der Europameisterschaft in der
Schweiz wieder nur zum 12. Platz. Dass in der Mannschaft
trotzdem viel Potenzial steckt, zeigte sie am letzten Spieltag
der Zwischenrunde, als die Norweger den zuvor stark
aufspielenden Isländern durch einen 36:33-Sieg den erhofften
Halbfinaleinzug zunichte machten. Überragender Akteur war
dabei Rückraumshooter Kjetil Strand, dem sensationelle 19/8
Treffer gelangen.
Harter Gang durch die Qualifikation
Auch ohne
Frode Hagen und Glenn Solberg qualifizierte sich
Norwegen letztlich in den entscheidenden Playoff-Spielen im
Juni für die WM in Deutschland. In zwei engen und vollkommen
ausgeglichenen Partien gegen Rekord-Weltmeister Rumänien gab
letztlich ein einziges Tor den Ausschlag zugunsten der
Skandinavier. Die Mannschaft hat sich schnell gefunden, die
einstigen Hoffnungsträger übernehmen mittlerweile
Verantwortung für die Auswahl des Landes. Schillernste Figur
ist dabei sicherlich Kristian Kjelling, der halblinke
Rückraumshooter vom spanischen Spitzenclub Portland San
Antonio, an dem der THW Kiel einst Interesse zeigte. Ein
weiterer Schlüsselspieler ist Kreisläufer Frank Löke, der seit
diesem Sommer bei der SG Flensburg-Handewitt unter Vertrag
steht, aber wegen des dortigen Überangebots auf dieser
Position für ein Jahr an den Schweizer Vizemeister Grashoppers
Zürich ausgeliehen wurde. Aber auch "alte Recken" wie der 34-Jährige Jonny
Jensen, der 32-Jährige Jan Thomas Lauritzen
(beide Flensburg) und das mittlerweile für den FC Kopenhagen
spielende ehemalige Zebra Steinar Ege sind aus dem
Mannschaftsgefüge von Gunnar Pettersen nicht wegzudenken. Aus
der Handball-Bundesliga kann sich zudem noch Nordhorns neuer
Spielmacher
Börge Lund Hoffnung auf eine WM-Nominierung
machen, während sein Clubkamerad Bjarte Myrhol nach einem
jüngst erlittenen Bandscheibenvorfall wohl die Segel streichen
muss.
Die erste wichtige Standortbestimmung für Norwegen ergibt sich
am kommenden Wochenende: Am 18. und 19. November empfängt die
Auswahl den baldigen Gruppengegner Dänemark zu zwei
Testspielen. Spätestens dann dürfte für die Mannschaft klar
sein, ob die WM in Deutschland mehr sein kann als eine
Zwischenstation zur Europameisterschaft 2008 im eigenen Land.
"zebra"-Tipp: Norwegens Nationalmannschaft kann an guten Tagen
auch ohne Frode Hagen und Glenn Solberg mit der Weltspitze
mithalten. Der Gruppensieg wird gegen starke Dänen dennoch
eine schwierige Angelegenheit. So dürfte für die Norweger
insgeheim das Ziel heißen, den zweiten Gruppenplatz vor Ungarn
und Angola zu sichern, um vor der Europameisterschaft 2008 im
eigenen Land eine gute Visitenkarte abzuliefern.
Die Spiele Norwegens in der Ostseehalle:
- Samstag, 20. Januar 2007; 18.15 Uhr: Norwegen - Angola
- Sonntag, 21. Januar 2007; 20.15 Uhr: Ungarn - Norwegen
- Montag, 22. Januar 2007; 20.15 Uhr: Dänemark - Norwegen
(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)