Die Handballer des THW Kiel haben die letzte Generalprobe vor dem
Champions League Halbfinale gegen Portland San Antonio mit Bravour bestanden. Beim
abstiegsbedrohten TuS N-Lübbecke kamen die Zebras zu einem ungefährdeten
41:27 (24:16)-Sieg und feierten somit ihren 21. Sieg im 25. Bundesligaspiel.
Bester Torschütze bei den Kielern war
Vid Kavticnik
mit 10/5 Treffern,
Marcus Ahlm und
Nikola Karabatic waren je achtmal erfolgreich.
Das Vorhaben des Tabellenführers in der Kreissporthalle war klar: So schnell
wie möglich das Spiel entscheiden, zwei Punkte für die Meisterschaft
einsacken, Kräfte sparen für die Champions League und vor allem: keine
weiteren Verletzungen. Letzterer Plan geriet schon beim Einwerfen vor
dem Anpfiff in Gefahr, als
Christian Zeitz
von einem wuchtigen Wurf getroffen wurde und sein Nacken mit Eiswürfeln
gekühlt werden musste. Doch
Noka Serdarusic
konnte letztlich aufatmen und zumindest mit neun einsetzbaren Feldspielern
in die Partie starten.
Lübbecke hatte sich nach dem 18:33 (6:19)-Desaster am Wochenende an gleicher Stelle
gegen Kronau/Östringen zwar kaum Chancen auf einen Punktgewinn ausgerechnet,
wollte aber zumindest mit einer entschlossenen "Schlimmer geht's nimmer"-Attitüde
die Fans versöhnen. Allen voran Rolf Hermann, der mit seinen ersten beiden Treffern
sein Team in Front brachte, während
Kavticnik (per
Siebenmeter) und
Kim Andersson mit einem Rückraumgeschoss
ausglichen.
Mattias Andersson hatte im Tor in der ersten
Halbzeit den Vorzug gegenüber
Thierry Omeyer erhalten
und nutzte seine Chance mit mehreren schönen Paraden. Nachdem Tönnesen einen
Strafwurf an die Latte hämmerte und damit die erneute Führung für den TuS-N vergab,
drehten die Zebras erstmals auf,
Karabatic mit seinem
ersten Treffer markierte das 5:3 (7.). Als Nico Greiner wenig später die erste
Zeitstrafe des Spiels kassierte, nutzten
Ahlm,
Andersson und
Lundström den
Platz aus zum 8:3 (10.) - dem TuS drohte erneut ein Debakel.
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Pelle Linders durfte seine Abschiedstournee
durch die Bundesligahallen fortführen, erzielte aber keinen Treffer.
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Doch die Mannschaft von Neu-Trainer Velimir Kljaic riss sich am Riemen, ihnen
zu Gute kam die nicht ganz konsequente Abwehrarbeit des THW. So entwickelte sich
eine rasante Partie mit Toren auf beiden Seiten. Als Paco Fölser in der 16. Minute
das 7:11 markierte, hatten die Gastgeber bereits mehr Treffer erzielt als im
ersten Durchgang gegen die Rhein-Neckar-Löwen. Die Kieler zogen nun aber nochmal
das Tempo an,
Ahlm und
Karabatic
erhöhten auf 13:7. Als dann Remer und Olafsson innerhalb einer Minute Zeitstrafen
abbrummen mussten, schien der Zeitpunkt für die Zebras gekommen, das Spiel bereits
vorzuentscheiden. Doch Hermann traf gar in doppelter Unterzahl, während der THW
zeitweise fahrlässig mit seinen Chancen umging - bis zum 10:16 (22.) war für
die Ostwestfalen alles noch im Rahmen. In der Schlussphase des ersten Durchgangs
allerdings drehten die Kieler nochmal auf, beantworteten jedes Gegentor postwendend -
meistens, indem man den unermüdlich rackernden
Marcus Ahlm
am Kreis fand, der sieben seiner acht Treffer vor dem Pausenpfiff erzielte. Binnen
drei Minuten schraubten die Zebras das Ergebnis auf 20:12, die 8-Tore-Führung
hatte nach dem Treffer von
Nikola Karabatic in letzter
Sekunde auch bis zum Wechsel Bestand.
Nach der Pause durften dann auch endlich Omeyer,
Linders sowie die beiden Weltmeister
Klein und Zeitz
mitspielen, zunächst fehlte allerdings noch die Abstimmung bei den Zebras.
Tönnesen verkürzte auf 17:24, und Blecic hatte kurz darauf gar den achtzehnten
Treffer in der Hand, scheiterte aber per Strafwurf an
Thierry Omeyer. Nach dreieinhalb torlosen Minuten
erlöste Kapitän Stefan Lövgren - in der Abwehr
nun übrigens neben Karabatic im Mittelblock -
seine Mannschaft, wenig später sorgten Karabatic
und Kavticnik mit ihren Treffern zum 27:17 (37.)
für die endgültige Entscheidung.
Für die Gastgeber ging es nun nur noch darin, nicht zum zweiten Mal innerhalb
von fünf Tagen die höchste Budnesliga-Heimniederlage zu kassieren - ein Vorhaben,
das stark in Gefahr geriet, als
Dominik Klein innerhalb
von drei Minuten dreimal Richtung Nettelstedter Tor flitzte und jeweils souverän
gegen Gudmundsson verwandelte. Als
Vid Kavticnik
kurz darauf auch seinen fünften Siebenmeter erfolgreich abschloss und damit
das 33:19 (44.) erzielte, schienen bei Lübbecke endgültig die Lichter auszugehen.
Doch die Kieler gingen in der letzten Viertelstunde in den Energiesparmodus, wodurch
der Vorsprung bis zum Ende nicht mehr anwuchs. Den Schlusspunkt setzte eine Sekunde
vor dem Abpfiff mit seinem achten Treffer
Marcus Ahlm -
übrigens der einzige Kieler, der in einer fairen, unaufgeregten Partie eine
Zeitstrafe kassierte.
Die Generalprobe ist also geglückt. Am Samstag geht's für die Zebras nun nach Spanien,
am Sonntag steht schließlich das Halbfinal-Hinspiel in der Champions League
gegen Portland San Antonio an.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Wir haben deutlich gewonnen. Das Wichtigste ist aber in den nächsten
Wochen die Champions League. Wir haben hier zu viele Tore kassiert und
insgesamt 15 technische Fehler gemacht. Man soll mit einem Sieg zufrieden
sein, aber das kann ich nicht.
TuS-Trainer Velimir Kljaic:
Der THW ist vorne wie hinten eine Killermaschine. Wir haben gekämpft
und Verantwortung übernommen und haben das Maximale aus unseren
Möglichkeiten gemacht.
- TuS N-Lübbecke:
-
Gudmundsson (37.-60. Minute und bei 2 Siebenmetern, 8 Paraden),
Friedrich (1.-36. Minute, 7 Paraden);
Fölser (6),
Szymanski (2),
Greiner (3),
Kokir,
Tönnesen (2/1),
Hermann (6),
Blecic (5/2),
Olafsson (3),
Iacob,
Remer;
Trainer: Kljaic
- THW Kiel:
-
Omeyer (31.-60. Minute und bei 3 Siebenmetern, 9/1 Paraden),
M.Andersson (1.-30. Minute, 12 Paraden);
Linders,
K. Andersson (5/1),
Lundström (2),
Kavticnik (10/5),
Lövgren (3),
Ahlm (8),
Zeitz (2),
Karabatic (8),
Klein (3);
Trainer: Serdarusic
- Schiedsrichter:
-
Lars Schaller / Sebastian Wutzler (Leipzig / Frankenberg)
- Zeitstrafen:
-
TuS: 5 (Greiner (8.), Remer (17.), Olafsson (18.), Blecic (28.), Fölser (38.));
THW: 1 (Ahlm (57.))
- Siebenmeter:
-
TuS: 5/3 (Tönnesen an die Latte (5.), Omeyer hält Blecic (34.));
THW: 6/6
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 1:0, 1:1, 2:1, 2:4, 3:4, 3:8 (10.), 4:8, 4:9, 5:9, 5:10, 6:10,
6:11, 7:11, 7:13 (17.), 8:13, 8:14, 9:14, 9:16 (22.), 10:16, 10:18,
11:18, 11:19, 12:19, 12:20, 13:20, 13:22 (26.), 14:22, 14:23, 16:23, 16:24;
2. Hz.: 17:24, 17:27 (37.), 18:27, 18:28, 19:28, 19:33 (44.), 20:33,
20:34, 21:34, 21:35, 23:35 (47.), 23:37, 25:37, 25:38 (52.), 27:38 (57.),
27:41.
- Zuschauer:
-
2000 (Kreissporthalle, Lübbecke)
- Spielgraphik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 22.03.2007:
"Killermaschinen" in Nettelstedt nicht unter Volldampf
Lockeres 41:27 für den THW - Saison für Viktor Szilagyi vermutlich beendet
Lübbecke - Das Kuriosum THW Kiel sorgte gestern Abend beim 41:27 (24:16) beim
TuS N-Lübbecke für eine weitere Randnotiz dieser Bundesliga-Saison. Zum siebten
Mal in dieser Spielzeit durchbrachen die Zebras die 40-Tore-Schallmauer,
glänzten dabei dennoch nur phasenweise mit spielerischer Perfektion
und stimmten auch ihren Trainer kaum zufrieden. "Die Art und Weise hat mir nicht
gefallen. Wir haben zu leichte Tore kassiert und vorne zu ungeduldig
gespielt", kritisierte Noka Serdarusic nach dem
Schlusspfiff.
Genau fünf Minuten fungierte das kreischrote Nettelstedt-Lübbecker Maskottchen,
eine Mischung aus A-Hörnchen und dem Teufel, mit seinem Dauergrinsen für eine
adäquate Spielfeldrand-Dekoration. Dann waren Rolf Hermanns wuchtige Treffer
aus dem Rückraum zum 2:1 (3.) schnell neutralisiert, der THW kam in Fahrt. So recht
abwerfen mochte der schwarz-weiße Heißluftballon seinen Ballast allerdings
nie. So mögen Lübbecker Gegentore in einfacher (8:13/18.) und gar doppelter Unterzahl,
erneut durch Hermann zum 9:14 (19.), als Schönheitsfehler anmuten. Doch deckten
sie inkonsequentes Deckungsverhalten auf, von dem an diesem Tag insbesondere der
TuS-Kreisläufer Patrick Fölser zu profitieren wusste. Ein Gegner wie Portland
San Antonio, am Sonntag Kontrahent im ersten Champions-League-Halbfinale, droht
in solchen Situationen vermutlich mit Kollektiv-Bestrafung.
Vor der Pause verschärfte der THW noch einmal das Tempo, Spielmacher
Stefan Lövgren und Nikola Karabatic
fanden immer wieder den als minutiösen Verwerter agierenden
Marcus Ahlm am Kreis, der bereits in den ersten
30 Minuten siebenmal traf. Neben ihm verdiente sich Rechtsaußen
Vid Kavticnik mit zehn Treffern, darunter
fünf sicher verwandelte Siebenmeter, Bestnoten. "Das ist
die beste Mannschaft in Deutschland. Die Kieler haben einen super Überblick,
sind in der Abwehr 'Killermaschinen'", sagte Lübbecke-Coach Velimir Kljaic. Daran
änderte sich seiner Meinung nach auch nach der Pause nichts, als Serdarusic
Thierry Omeyer, Pelle Linders,
Christian Zeitz und Dominik Klein
in einer "großen Rochade" auf das Parkett schickte. Die THW-Aggregate liefen bis
zum Schlusspfiff unter gebremstem Volldampf weiter. "Die Abwehr war nicht so gut,
aber es sind zwei weitere Punkte auf dem Weg nach oben", sagte
Vid Kavticnik und beteuerte: "Wir hatten
heute alle nur Nettelstedt im Kopf. Erst jetzt heißt der nächste Schritt Champions
League."
Nur Lövgren und Karabatic
mussten gestern durchspielen. Diese Belastung wird auch in den kommenden Wochen
anhalten. Der Verdacht eines Meniskusrisses bei Viktor Szilagyi
hat sich nicht bestätigt. Stattdessen wurde ein Knorpelschaden im rechten
Knie diagnostiziert. "Wir haben Knorpelfragmente operativ entfernt", sagte THW-Arzt
Dr. Frank Pries gestern. Die Saison könnte damit für den
28-jährigen Österreicher beendet sein.
(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 22.03.2007)