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02.09.2008 Mannschaft

Zebra-Journal: Traumstart für den neuen Trainer

Mit Alfred Gislason in die Zukunft

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 29.08.2008:

Alfred Gislason vor dem Kieler Rathaus-Balkon.
Klicken Sie zum Vergrößern! Alfred Gislason vor dem Kieler Rathaus-Balkon.

Im Mai dachte Alfred Gislason noch darüber nach, wie er mit seinem VfL Gummersbach dem THW Kiel in der kommenden Saison ein Bein stellen könne. Dann krachte es hinter den Kulissen des Rekordmeisters, Trainer Noka Serdarusic musste gehen, Gislason wurde im Eiltempo verpflichtet. Und jetzt macht sich der 48-Jährige Gedanken, wie er künftig Gummersbach schlagen soll - als neuer Trainer des THW.
Für Kapitän Stefan Lövgren war es wichtig, dass schnell eine neue Lösung gefunden wurde. "Das bringt Ruhe in die Mannschaft", sagte der Schwede nach den vorangegangenen Turbulenzen um Serdarusic. Manager Uwe Schwenker sprach von einem "absoluten Wunschkandidaten." Der neue Trainer erfülle haargenau das Anforderungsprofil für einen Spitzenklub wie den THW, sagte Schwenker. "Alfred ist ein absoluter Fachmann und besitzt eine großartige charismatische Ausstrahlung."

Und Gislason hat Erfolge vorzuweisen. Als Trainer wie auch als Spieler. Im Trikot der isländischen Nationalmannschaft warf der einstige Rückraumspieler in 189 Länderspielen 1009 Tore für die Nordländer. Schnell hatte sich seine Wurfkraft und Spielintelligenz über die Grenzen des kalten Inselstaates herumgesprochen. Gislason wechselte zunächst in die Bundesliga, wo er von 1983 bis 1988 für TuSEM Essen spielte und zweimal Deutscher Meister wurde. Danach zog es ihn nach Spanien zu Bidasoa Irun.

Seine Trainerkarriere startete der studierte Historiker bei seinem Heimatklub KA Akureyri und folgte dann erneut dem Ruf in die Bundesliga. Mit der SG VfL Hameln erlebte er allerdings eine Bauchlandung, stieg in die Zweite Liga ab, startete aber sofort wieder in Magdeburg durch und wechselte vor seinem Engagement in Kiel 2006 nach Gummersbach.

Den Grundstein für seinen Erfolgsweg legte er beim SCM. Seine größten Triumphe: Meister 2001, Wahl zum Trainer des Jahres, Gewinn der Champions League 2002 mit Magdeburg als erstem deutschen Klub. Was Gislason allerdings noch höher ansiedelt: "In Magdeburg wurde Nachwuchsarbeit groß geschrieben, und in meiner Zeit schafften diverse Spieler den Sprung in die erste Mannschaft." Christoph Theuerkauf, Yves Grafenhorst, Christian Sprenger und Silvio Heinevetter sind die bekanntesten, die der Isländer mitformte. Für ihn selbst sei diese Saison 2002 die beste als Trainer überhaupt gewesen, so Gislason. "Als alle Stars weg waren, wurden wir mit einer ganz jungen Truppe Vierter. Leider hat das kaum jemand zur Kenntnis genommen."

Am 5. Januar 2006 endete die Liaison, Manager Bernd-Uwe Hildebrandt feuerte seinen Erfolgscoach. Der ehemalige Alleinherrscher beim SCM, dem inzwischen wegen diverser Unregelmäßigkeiten die Prozesse gemacht werden, bestrafte allerdings einen anderen für die selbst zu verantwortenden Fehler. Hildebrandt musste wegen finanzieller Schwierigkeiten zahlreiche Leistungsträger abgeben, erwartete von seinem Trainer aber weiterhin Spitzenplätze. Ausgerechnet die 34:54-Rekordniederlage beim THW Kiel im Dezember 2005 besiegelte das Schicksal von Gislason in Magdeburg.

Sportlich hat Gislason mit dem SCM abgeschlossen, sein Herz hängt indes immer noch an einem kleinen Ort in der Nähe Magdeburgs. Dort hatte der Isländer vor Jahren ein 200 Jahre altes Haus gekauft und mit dem Umbau begonnen, der immer noch nicht abgeschlossen ist. "6000 Quadratmeter Land, alter Baumbestand, unendliche Ruhe, nicht einmal Handyempfang. Dorthin ziehe ich mich zurück, wenn ich ausspannen will", sagt der Nordmann. Kraft tankt Gislason auch bei seiner Familie. Mit Kara-Gudrun Melstad ist der 48-Jährige verheiratet, das Paar hat drei Kinder, Elfar (25), Adelheid (18) und Andri (13). Der jüngste Spross freute sich übrigens besonders über den Wechsel nach Kiel. Andris Sommerferien in Nordrhein-Westfalen gingen gerade dem Ende entgegen, als er mit seinen Eltern nach Schleswig-Holstein umziehen musste. Dort schlössen die Schulen gerade ihre Pforten. "So habe ich ihn selten strahlen sehen", bemerkte der Vater.

Einen Traumstart erwischte auch dieser. Er sei mit Noka Serdarusic befreundet, erzählte Gislason in seinem ersten Interview. Außerdem sei Noka für ihn stets das Maß aller Dinge gewesen. Das Eis mit den Fans war nach wenigen Worten gebrochen. Und noch zwei Dinge verbinden den alten mit dem neuen Trainer: Wie Serdarusic ist Gislason im Sternzeichen Jungfrau geboren. Und: Als sein schönstes Hobby nennt der Isländer das Angeln - wie Serdarusic auch. Warum also sollte sich beim THW auch beim Titel-Schnappen etwas ändern?

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 29.08.2008)


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