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30.09./01.10.2009 - Letzte Aktualisierung: 01.10.2009 Bundesliga

THW quält sich zum Sieg in Minden

Bundesliga, 5. Spieltag: 30.09.2009, Mi., 20.15: GWD Minden - THW Kiel: 25:32 (13:12)
Update #2 KN-Bericht, Spielbericht und Stimmen ergänzt...

Mit einer durchschnittlichen Leistung, aber mit einem blauen Auge und zwei wichtigen Bundesliga-Punkten ist der THW Kiel am Mittwochabend in Minden davongekommen. Die in dieser Saison noch sieglosen Ostwestfalen boten dem Rekordmeister über weite Strecken der Partie Paroli und gingen sogar mit einer 13:12-Führung in die Halbzeitpause. Letzlich setzte sich aber die individuelle Stärke der Kieler dank einer Strafwurf-Serie von Filip Jicha gegen müde Mindener durch, so dass am Ende doch noch ein standesgemäßer 32:25-Erfolg für die "Zebras" heraussprang.
Mit nur neun Feldspielern auf dem Spielberichtsbogen wollte Minden dem THW so lange wie möglich Paroli bieten: Der schwedische Kreisläufer Anders Henriksson hatte sich am vergangenen Wochenende im Ostwestfalen-Derby beim TuS N-Lübbecke einen Nasenbeinbruch zugezogen, auf den jungen Georg Auerswald verzichtete Richard Ratka ebenfalls. Doch dass Mannschaften mit wenigen Wechselalternativen gerne einmal über sich hinauswachsen, wissen THW-Fans spätestens seit den Kieler Heldentaten in der Triple-Saison 2006/07.

Und so kämpften die Gastgeber vor 2.300 begeisterten Zuschauern gegen die hochfavorisierten Kieler von Beginn an um jeden Zentimeter, mit einer aggressiven 5:1-Abwehr sollte den "Zebras" besonders im Angriff der Zahn gezogen werden. Und durchaus: Der THW, der mit Börge Lund auf der Mitte, mit Andersson und Jicha auf den Halbpositionen sowie mit dem am vergangenen Wochenende "spielfreien" Dominik Klein auf Linksaußen begann, tat sich schwer gegen die Ostwestfalen und produzierte viele technische Fehler. Zwar gelang Jicha in der 3. Spielminute der erste Treffer der Partie, doch auf das nächste Feldtor mussten die THW-Fans über fünf Minuten warten. In der Zwischenzeit hatte Mindens "Allzweckwaffe" Stephan Just, aus Ermangelung an Alternativen diesmal als Kreisläufer eingesetzt, ausgeglichen und Linksaußen Aljoscha Schmidt die Gastgeber gar mit 3:2 in Führung geworfen. Der zweite Kieler Treffer gelang Henrik Lundström zuvor per Strafwurf, doch in der 7. Minute scheiterte der bislang in der Saison so sichere Schwede bereits mit seinem Versuch an Nikolas Katsigiannis - eine von 18 Paraden des überragenden deutschen Nationalkeepers.

Mit fortschreitender Spieldauer glaubten sowohl die Zuschauer als auch die Mannschaft mehr und mehr an eine Überraschung - wie sie es gegen den THW in der Kampa-Halle zuletzt im Februar 2006 gegeben hatte. Schäpsmeier und Gylfason behaupteten mit ihren Treffern gegen nervös wirkende Kieler die knappe Führung. Auch ein verworfener Siebenmeter Schmidts gegen Omeyer und eine Zeitstrafe gegen Abwehr-Organisator Klesniks, die der THW durch Andersson und einen Ahlm-Doppelpack mit drei Treffern in Folge zum 7:5 (15.) konsequent bestrafte, brachte die Mannschaft von Richard Ratka nicht aus dem Konzept. Im Gegenteil: Als Kiels Kreisläufer wenig später ebenfalls zwei Minuten auf der Bank absitzen musste, gelangen dem im ersten Durchgang starken Dänen Madsen und Rechtsaußen Gylfason sogar wieder der Ausgleich zum 8:8 (18.).

Alfred Gislason warf nun Daniel Narcisse ins Getümmel, doch auch mit ihm bekamen die Kieler die Partie nicht besser in den Griff. Bis zum 10:10 - erneut durch Madsen - ließen sich die Mindener nichts gefallen und zwangen Alfred Gislason nach 24 Minuten zu seiner Auszeit. Der Isländer brachte nun mit Zeitz und Ilic frische Kräfte auf den Halbpositionen, und als Ilic zum 11:10 für den THW traf und Klein von linksaußen erhöhte, schienen sich die "Zebras" doch noch kurz vor dem Seitenwechsel absetzen zu können. Wieder einmal hatte GWD allerdings eine Antwort parat. Rene Bach Madsen mit seinem vierten Treffer und Gylfason per Gegenstoß glichen wieder aus. Statt den letzten Angriff vor dem Pausenpfiff in Ruhe zu gestalten, verloren die überhasteten "Zebras" den Ball sofort wieder und Schäpsmeier konnte die Gastgeber per zweiter Welle sogar wieder in Front werfen. 13:12 zur Halbzeit - damit hätten vor der Partie auch die größten Optimisten unter den Mindener Fans kaum gerechnet.

Wie schon vier Tage zuvor beim Heimsieg gegen den VfL Gummersbach musste also beim THW Kiel eine deutliche Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit her, um die weiße Weste in der TOYOTA Handball-Bundesliga zu behalten. Danach sah es zunächst auch aus: Nachdem Andersson sofort der Ausgleich zum 13:13 gelang und auf eine weitere Sternstunde wie in den zweiten dreißig Minuten des Gummersbach-Spiels hoffen ließ, stand die Kieler Deckung wieder sicherer, zwei Ballgewinne in der Defensive führten zu Gegenstößen, die die beiden schnellen Außen Klein und Sprenger zur 15:13-Führung nutzten.

Doch noch immer gab GWD Minden nicht kleinbei: Schäpsmeier und Schmidt hielten die Gastgeber weiterhin in Schlagdistanz, und als der gut Regie führende polnische Spielmacher Damian Wleklak mit seinem ersten Treffer auf 18:19 verkürzte und Schmidt einen Siebenmeter zum 19:20 (41.) einnetzte, war eine Überraschung noch immer greifbar.

Allerdings machte sich nun langsam bemerkbar, dass die Ostwestfalen nur eine sehr "kurze" Bank zur Verfügung hatten, auf der der Isländer Ingimund Ingimundarson sogar das ganze Spiel über sitzen blieb. Die meisten Mindener mussten hingegen durchspielen und wirkten Mitte der zweiten Halbzeit trotz aller Mithalte-Euphorie langsam müde. Besonders in der Abwehr kamen die GWD-Akteure nun ein ums andere Mal einen Schritt zu spät. Dies resultierte nicht nur in Zeitstrafen gegen Madsen und Gylfason, sondern auch in eine Vielzahl von Siebenmetern. Glücklicherweise bewies Filip Jicha in dieser Phase Nervenstärke und verwandelte binnen acht Minuten gleich vier Strafwürfe. Zusammen mit einem Treffer von Narcisse und einem parierten Strafwurf auf der anderen Seite von Gentzel gegen Schmidt war der THW urplötzlich auf 26:21 (49.) enteilt.

Obwohl Minden erst am Sonntag im Ostwestfalen-Derby einen Fünf-Tore-Rückstand binnen vier Minuten egalisiert hatte, war nun allen klar, dass die Partie trotz des Anschlusstreffers durch Schäpsmeier entschieden war. Vielmehr lief GWD in den Schlussminuten noch Gefahr, doch noch eine deutliche Niederlage zu kassieren, nachdem zweimal Ilic, Sprenger und Andersson auf 30:22 (53.) erhöhten und Gentzel einen weiteren Siebenmeter parierte. Doch letztlich rappelte sich Minden noch einmal auf, mobilisierte die letzten Kräfte und hielt den Rückstand in Grenzen.

So blieb den Gastgebern am Ende die Erkenntnis, dass sich die Neuzugänge Madsen, Wleklak und Klesniks immer besser integrieren und man so eine weitere Saison erfolgreich gegen den Abstieg kämpfen kann. Der THW hingegen feierte im fünften Ligaspiel den fünften Sieg - und nur dies ist am Ende wichtig für die Tabelle. Am kommenden Sonntag zum Champions-League-Auftakt gegen Ademar Leon müssen sich die "Zebras" dennoch steigern, um auch dort den ersten Sieg einzufahren.

(Sascha Krokowski)

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Ich habe in Minden noch nie ein leichtes Spiel erlebt und auch heute nicht erwartet. In der ersten Halbzeit war ich extrem unzufrieden. Wir haben zu viele technische Fehler gemacht. Minden hat nach dem Spiel gegen Nettelstedt ohne Druck gespielt.

In der zweiten Halbzeit haben wir in der Deckung besser gestanden und Druck nach vorne gemacht, deshalb haben wir dieses Spiel gewonnen.

[Frage: Ist der Spielfluß beim THW noch gehemmt?]
Klar, Jicha und Ilic sind Weltklasseleute, die es gewohnt sind, 60 Minuten zu spielen. Das wird dauern, bis sie sich daran gewöhnt haben, sich die Spielzeiten zu teilen. Es ist wichtig, dass wir das Tempo hochhalten, sonst haben wir davon keinen Vorteil.

GWD-Trainer Richard Ratka:
Glückwunsch an den THW. Wir haben die erste und zweite Halbzeit offen halten können. Ich freue mich, dass unsere neuen Spieler immer besser reinkommen. Sie hatten heute Spaß. Wir haben in der ersten Halbzeit gut gedeckt und einen guten Torwart gehabt. Wir haben über die erste und zweite Welle leichte Tore machen können. In der zweiten Halbzeit ist Kiel jedoch souverän davon gezogen.

5. Spieltag: 30.09.09, Mi., 20.15: GWD Minden - THW Kiel: 25:32 (13:12)

Logo GWD Minden:
Medhus (bei einem Siebenmeter, keine Parade), Dresrüsse (n.e.), Katsigiannis (1.-60., 18/2 Paraden); Klesniks, Gylfason (5), Helmdach, Just (5/1), Schäpsmeier (5), Madsen (4), Wleklak (1), Schmidt (5/2), Ingimundarson (n.e.); Trainer: Ratka
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-60., 13/2 Paraden), Gentzel (bei 3 Siebenmetern, 2/2 Paraden); Lund, Andersson (5), Lundström (1/1), Anic, Sprenger (4), Ahlm (3), Zeitz, Palmarsson, Narcisse (2), Ilic (4/1), Klein (4), Jicha (9/5); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Martin Harms (Magdeburg) / Jörg Mahlich (Stendal)
Zeitstrafen:
GWD: 3 (Klesniks (13.), Madsen (43.), Gylfason (44.));
THW: 1 (Ahlm (16.))
Siebenmeter:
GWD: 7/3 (Omeyer hält Schmidt (11.) und Just (23.), Gentzel hält Schmidt (48.) und Gylfason (51.));
THW: 9/7 (Katsigiannis hält Lundström (7.) und Jicha (56.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 1:1 (5.), 1:2, 3:2, 3:3, 4:3, 4:4, 5:4 (12.), 5:7 (15.), 6:7, 6:8, 8:8, 8:9 (21.), 9:9, 9:10, 10:10, 10:12 (27.), 13:12;
2. Hz.: 13:15 (33.), 15:15, 15:16, 16:16, 16:18, 17:18, 17:19, 18:19, 18:20 (39.), 19:20, 19:22, 20:22, 20:24 (45.), 21:24, 21:26, 22:26 (49.), 22:30 (53.), 23:30, 23:31, 24:31, 24:32, 25:32.
Zuschauer:
2300 (Kampa-Halle, Minden)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 01.10.2009:

THW-Express nahm erst nach der Pause Fahrt auf

"Zebras" verwandelten in Minden einen 12:13-Rückstand noch in einen klaren 32:25-Sieg
Minden - Zwei Punkte im Gepäck, und die Tabellenführung in der Handball-Bundesliga verteidigt. Rekordmeister THW Kiel gewann gestern Abend bei GWD Minden mit 32:25 (12:13), musste beim Außenseiter aber feststellen, dass nichts von selbst geht und Schwerstarbeit abliefern, um seiner Favoritenrolle gerecht zu werden.

Minden war mit 2:6 Punkten nur mäßig in die Bundesligasaison gestartet, feierte am Wochenende im Kreisderby bei N-Lübbecke aber nach Fünf-Tore-Rückstand und atemberaubender Aufholjagd einen nie mehr für möglich gehaltenen Punktgewinn. Getragen von dieser Euphorie startete das Team von Trainer Richard Ratka auch in die Partie gegen den von Manager Horst Bredemeier als "übermächtig" angekündigten Meister. Rückhalt war die aggressive Abwehr, die im Wechsel offensiv und defensiv agierte, hinter sich zudem mit Nikolas Katsigiannis einen Torhüter zwischen den Pfosten wusste, der seinem Kieler Weltklasse-Gegenüber Thierry Omeyer in Nichts nachstand. Reaktionsschnell im Duell eins gegen eins, Doppelparaden, eine Wand auch für den Kieler Rückraum: 21 Mal bekam der Jung-Nationalspieler irgendein Körperteil an den Ball, entnervte Kiels Angreifer und brachte den eigenen Anhang in Hochstimmung.

Gut für den THW, dass auch die eigene Abwehr ordentlich stand und in Omeyer den gewohnt sicheren Rückhalt hatte. So ging es in der ersten Halbzeit hin und her. Drei Tore in Folge von Marcus Ahlm bescherten dem Meister eine erste Zwei-Tore-Führung, doch GWD ließ nicht locker, blieb dran und profitierte von Madsens Treffsicherheit aus dem Rückraum und Gylfasons Kälte bei Gegenstößen.

Beim Meister haperte es mit der Chancenverwertung. "Schuld" waren Katsigiannis, Holz oder Unkonzentriertheiten im Abschluss. Auch der Wechsel von Ilic für Jicha oder Narcisse für Lund brachte nur wenige Veränderungen. Das 10:12 drei Minuten vor dem Wechsel drehten Madsen, Gylfason und Schäpsmeier sogar in die knappe GWD-Halbzeitführung um, die Halle stand Kopf, wurde zum achten Mann.

"Wir haben zu viel verworfen, waren unkonzentriert. In der zweiten Halbzeit haben wir diese Fehler minimiert und das, was wir uns vorgenommen hatten, auch umgesetzt", erklärte Rechtsaußen Christian Sprenger den Wandel im eigenen Spiel, der die Waage Stück für Stück in Richtung des Meisters kippen ließ. Kiels Abwehr nahm jetzt das Heft in die Hand, die resultierenden Gegenstöße wurden von Klein oder Sprenger sicher verwandelt, außerdem erwies sich Filip Jicha von der Siebenmeterlinie als Eisblock, verwandelte vier Strafwürfe in Folge sicher. Die Vorentscheidung fiel zwischen der 43. und 51. Minute. Peter Gentzel "schluckte" die Siebenmeter von Just und Schmidt, Omeyer den von Just, und auf der anderen Seite schlossen die Kieler fast jeden Angriff erfolgreich ab. Beim 28:22 in der 51. Minute war die Vorentscheidung gefallen.

Er habe in Minden noch nie ein leichtes Spiel erlebt, sagte THW-Coach Alfred Gislason, "und das habe ich auch heute nicht erwartet." Erst als seine Mannschaft in der zweiten Halbzeit den Druck erhöht und besser nach vorn gespielt habe, sei es für sein Team besser gelaufen. "Man fährt eben auch nach Minden nicht einfach locker hin und entführt die Punkte", ergänzte Manager Uli Derad. "Die haben super gekämpft. So ist eben die deutsche Bundesliga."

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 01.10.2009)


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