12/13.02.2006 - Letzte Aktualisierung: 13.02.2006 | Bundesliga |
Update #3 | KN-Bericht, Spielbericht und weitere Stimmen ergänzt... |
Die THW-Akteure schienen dann allerdings ein wenig zu lang am Pausentee genippt zu haben. GWD verkürzte durch Schäpsmeier, Kusilew und Niemeyers Siebenmeter auf 16:17 (32.), zudem hatte Minden in dieser Phase einen Pakt mit dem Torgebälk geschlossen: Lövgren und Kim Andersson scheiterten jeweils an Pfosten oder Latte, erst Ahlm, Andersson und wenig später Kavticnik besiegten den Torfluch und sorgten mit ihren Treffern zum 20:16 für wieder entspanntere Mienen auf der THW-Bank. Diese wandelten sich nun allerdings im Minutentakt, denn GWD konterte zum 21:22 (42.). Als wenig später Just sogar zum Ausgleich treffen konnte, rieben sich nicht nur die 3500 Zuschauer in der Kampa-Halle verwundert die Augen. Die Fans entfachten nun einen Höllen-Lärm, in dem die Zebras Mühe hatten, die Ruhe zu bewahren. Beim Stand von 23:23 scheiterte zunächst Karabatic per Siebenmeter an Besirevic, ehe der GWD-Kepper auch den Strafwurf von Lundström entschärfen konnte. Fortan schien alles gegen die Kieler zu laufen, Minden hingegen drehte mächtig auf und ging binnen vier Minuten mit 26:23 (47.) in Führung. Vor allem der immer stärker werdende Just stellte die Kieler Abwehr vor immer größere Probleme.
Serdarusic zog nun die Notbremse, nahm eine Auszeit, um seine Spieler zu beruhigen. Den Spielrausch der Ostwestfalen schien Kiels Trainer damit unterbunden zu haben, seine Mannen kamen wieder ins Spiel. Andersson hielt zunächst einen Siebenmeter von Niemeyer (50.), im Gegenzug verwandelte Kavticnik einen Strafwurf zum 26:26 - die Zebras waren wieder dran. Fortan entwickelte sich eine zum Teil dramatische Begegnung, die die Zuschauer von den Sitzen riss. GWD Minden fightete ob der nicht für möglich gehaltenen Chance, dem THW ein Bein zu stellen, buchstäblich bis zum Umfallen. Gegen das Duo Just/Kusilew war zudem in der Schlussviertelstunde kein Kraut mehr gewachsen. Nach Belieben trafen diese die Zebras ins Mark. Besirevic im Tor der Gastgeber entschärfte dann noch einen weiteren Siebenmeter - Lövgren vergab diese Möglichkeit zum Ausgleich. Als Kusilew kurz vor Ende zum 31:29 traf, war die Sensation des ersten Spieltages nach der EM-Pause perfekt - während Mindens Akteure gemeinsam mit den Fans feierten, schlichen die Zebras mit hängenden Köpfen vom Parkett...
(Christian Robohm)
Aus kiel4kiel.de:
THW Kiel blamiert sich in Minden
Wer hätte das für möglich gehalten? Nach sechswöchiger EM-Pause verlor Tabellenführer THW Kiel das erste Match der Rückrunde bei dem stark abstiegsgefährdeten Team von GWD Minden nach einer teilweise desaströsen Leistung mit 30:32 (17:13). Nach einem guten Start waren sich die erfolgsverwöhnten Zebras offenbar zu siegessicher und brachten damit die aufopferungsvoll kämpfenden Gastgeber in der ausverkauften Kampa-Halle zurück ins Spiel und zum verdienten Sieg. Bester Torschütze in einer enttäuschenden Zebraherde war Europameister Nikola Karabatic mit 7/5 Treffern.
Uns war vorher klar, dass es hier kein Spiel wie immer sein würde. Wir haben versucht in unser Spiel zu kommen, haben es aber nicht geschafft. In der zweiten Halbzeit haben wir zehn Mal 6 gegen 4 gespielt. Auch das ist fehlgeschlagen. Ich habe nicht geglaubt, dass wir hier in Minden verlieren. Wir werden einige Zeit brauchen um uns so wieder einzuspielen wie es vor der Pause war.Frage: War es von Nachteil nur mit den schwedischen Spielern trainieren zu können? Auf die Frage, ob es ein Nachteil war, nur mit den schwedischen Spielern trainieren zu können, kann ich klar mit Nein antworten. Sie waren auch erst am 22.01. wieder in Kiel, da sie ihre Qualifikation gespielt haben. Wir haben fünf neue Leute in der Mannschaft, die sich erst im fünften oder sechsten Spiel gefunden haben. Sie haben sich mit Riesenschritten von Spiel zu Spiel gesteigert. Ich habe vor dem Spiel gesagt, dass wir zwei bis drei Spiele brauchen werden, um zur alten Form zurückzufinden.
Gegenüber den KN:
Ich hätte heute 22 Auszeiten nehmen können, es hätte auch nichts geändert. Unser Positionsspiel hat in der ersten Halbzeit nicht geklappt und in der zweiten noch weniger. Verweigert haben meine Spieler nicht, aber heute hatten sie alle einen schlechten Tag.
Es war heute ein ganz besonderes Spiel. Mit diesem Spielverlauf haben wir nicht gerechnet. Wir hatten uns viel vorgenommen, haben allerdings am Anfang nicht daran geglaubt. Kiel ist zu Beginn souverän aufgetreten und wir hatten Glück. Bei uns passte alles. Der THW hat uns in der zweiten Halbzeit wieder ins Spiel kommen lassen.Ich möchte nur einen Spiel hervorheben - Stephan Just. Er war der Motor, der entscheidende Mann. Ansonsten war es eine herausragende Mannschaftsleistung. Ich hoffe, dass dem THW diese zwei Punkte nicht daran hindern werden Deutscher Meister zu werden weil der THW Kiel für mich die beste Mannschaft ist.
Wir hätten zur Pause schon deutlicher führen müssen. Noka hat heute viel durchgewechselt, jedem eine Chance gegeben. Aber wir haben es nicht geschafft, Sicherheit in unser Spiel zu bringen. Warum wir verloren haben, kann ich mir auch nicht erklären.
Am Ende habe ich immer weniger Bälle gehalten und wir sind immer weniger Gegenstöße gelaufen. Da wurde mir klar, dass dieses Spiel noch kippen kann.
Im Moment habe ich auch keine Erklärung. Wir sollten dieses Spiel erst in Ruhe analysieren und dann etwas Schlaues dazu sagen. Klar ist, dass wir viel zu viele Chancen verpulvert haben. Ich glaube aber, dass wir Minden auch nach dem 11:4 nicht unterschätzt haben.
Wir haben auch nach dem deutlichen Rückstand nicht nachgedacht. Vielleicht war das ein Vorteil. Kiel hat am Ende angefangen, sich Gedanken zu machen. Eigentlich sind wir nicht stark genug, um Kiel zu besiegen. Aber vielleicht haben sie uns unterschätzt. Immer wenn sie einmal die Handbremse gelöst haben, hatten sie uns auch gleich im Sack.
Aus den Kieler Nachrichten vom 13.02.2006:
Während die Ostwestfalen mit den meisten der 3100 Zuschauer in der Kampa-Halle nach dem Schlusspfiff Karneval feierten, bahnten sich die Zebras einen Weg durch die Menge und verschwanden fluchtartig in die Kabine. Fassungslos, ratlos - die Suche nach einer Erklärung blieb zumindest gestern ohne Erfolg. Mit 11:4 lagen die Kieler nach einem tadellosen Start in Führung. Alles erinnerte an diesen Tag im März 2004, als der THW an gleicher Stelle den höchsten Auswärtssieg der Bundesliga-Geschichte feierte ( 47:25). Mindens Jan-Fiete Buschmann hatte nach 15 einseitigen Minuten ähnliche Gedanken. "Ich war mir sicher, dass wir jetzt eine Klatsche bekommen wie der SC Magdeburg." Der verlor jüngst mit 34:54 gegen Kiel. "Von uns hat keiner daran gedacht, dass wir gegen Kiel gewinnen können. Die galten ja als unschlagbar."
Mit einem starken Mattias Andersson im Tor zeigte der Tabellenführer eine weitere Folge aus der Serie "Zebras und der Tempohandball". Minden wirkte wie die Maus vor der Katze und sah Mitte der ersten Halbzeit wie ein Verlierer aus. Der hoch gelobte Spielmacher Snorri Gudjonsson, einer der Stars bei der Handball-EM, fand überhaupt keine Bindung. Verzweifelt holte GWD-Trainer Richard Ratka seine Spieler zusammen. Auszeit in der 15. Minute, 11:4 für Kiel. Was sollte jetzt noch passieren?
Für den Isländer Gudjonsson übernahm nun der Ex-Magdeburger Just die Mittelposition und Minden robbte sich gegen nachlassende Kieler Tor für Tor heran. Zur Pause hatten sie den Vorsprung schon um drei Treffer verkürzt, Sekunden nach dem Seitenwechsel war Minden wieder dran. Die Halle, die den Meister zunächst noch sprachlos bestaunte, wurde nun richtig heiß. Beim Stande von 23:23 (42.) vergaben Nikola Karabatic und Henrik Lundström zwei Siebenmeter. GWD-Keeper Malik Besirevic, inzwischen mit stehenden Ovationen gefeiert, steigerte sich in einen Rausch. Als die nun wie entfesselt aufspielenden Hausherren mit 26:23 führten, griff ein ratloser THW-Trainer Noka Serdarusic zur Auszeit. Noch blieben den Kielern, die zuletzt elf Siege in der Bundesliga feierten, 14 Minuten, um einen roten Faden zu finden. Als Vid Kavticnik nach Toren von Marcus Ahlm und Lundström schließlich per Siebenmeter zum 26:26 traf, schien alles wieder nach Plan zu laufen. Doch die Hektik hatte sich längst im Spiel der Zebras eingenistet. Jeder spielte nach seinem Konzept, der Blick für den freien Mann war vernebelt, die Brechstange sollte es richten. Da nun auch Andersson keine Hand mehr an den Ball bekam, wendete sich das Blatt endgültig. Vor allem Just und der bärenstarke Kreisläufer Dimitri Kusilew spürten, dass sie in diesen Minuten Handballgeschichte schreiben konnten. Diese Chance nutzten sie entschlossen.
Ein einziges Bundesligaspiel hatte der THW Kiel im Jahr 2005 verloren. Ein einziges. Für die Zebras hätte der Start aus der knapp zweimonatigen Winterpause nicht unerwarteter verlaufen können. Für Minden auch nicht.
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 13.02.2006)
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