15./16.09.2010 - Letzte Aktualisierung: 16.09.2010 | Bundesliga |
Update #2 | KN-Bericht, Fotos, weitere Stimmen und Spielbericht ergänzt ... |
Abklatschen nach einem souveränen Sieg: Der THW ist zurück an der Tabellenspitze. |
Die Kieler Deckung stand von Beginn an sicher. |
So verunsichert der THW in der Anfangsphase im Angriff agierte, so stark präsentierte er sich in der Deckung: Die 6:0-Abwehr stellte den Balinger Rückraum vor größte Schwierigkeiten, Würfe von Lobedank und Herth wurden reihenweise geblockt. Und Neuzugang Johan Boisedu stellte zwar seine enorme Sprungkraft unter Beweis, seine drei Torwürfe in den ersten zehn Spielminuten verfehlten das Ziel aber jeweils. Daher führten die "Zebras" auch nach Überwindung der achtminütigen Torflaute weiterhin, weil lediglich Lobedank in der Zwischenzeit Thierry Omeyer überwinden konnte.
Marcus Ahlm setzt sich gegen Johan Boisedu durch. |
Doch beide Mannschaften kehrten wie verwandelt aufs Parkett zurück. Während Balingens Coach Dr. Rolf Brack seine Mannschaft fast komplett durchwechselte, blieben die "Zebras" zumindest personell die "Alten". Doch die Kieler wirkten nun endlich wacher. Jichas Treffer zum 7:4 konterten die Schwaben noch einmal durch Schlinger, dann aber spielte nur noch der THW: Zeitz aus dem Rückraum nach toller Pirouette, Jicha mit mächtig viel Anlauf und einem 106km/h-Hammer zum 9:5, erneut der Tscheche im Nachwurf nach einem Pfostentreffer vom Siebenmeterpunkt, der frisch eingewechselte Ilic zum 11:5 und zwei traumwandlerisch sicher abgeschlossene Gegenstöße des starken Dragicevic und von Lundström zum 13:5 (25.) - binnen sieben Minuten hatte der THW-Express die Partie vorentschieden.
Der Moment, in dem die Party in der Sparkassen-Arena-Kiel begann: Dr. Rolf Brack bringt mit Frank Ettwein einen siebten Feldspieler. |
Daniel Kubes auf dem Weg zu seinem ersten Bundesligator für den THW. |
Während die "Zebras" im Angriff ihre Fans ein ums andere Mal mit der Zunge schnalzen ließen, schalteten sie in der Abwehr nun einen Gang zurück. Als Folge konnten die Gäste, denen im Spiel keine zwei Treffer in Folge gelangen, den Rückstand noch einigermaßen erträglich gestalten. Auch bedingt durch zwei Zeitstrafen gegen Ilic und Klein kam HBW zu Treffern, sogar der im ersten Durchgang glücklose Boisedu konnte sich in die Torschützenliste eintragen. Doch das Tor des Franzosen zum 18:31 in der 49. Spielminute sollte das letzte bleiben für Balingen. Denn in der Schlussphase brach die Mannschaft von Dr. Rolf Brack völlig ein, drückte den Gastgebern den Ball mehrfach förmlich in die Hand. Dies nutzte auch Kiels Abwehrspezialist Daniel Kubes aus, der in der 56. Spielminute sein erstes Bundesligator für den THW Kiel erzielte zum zwischenzeitlichen 37:18. Als Kapitän Marcus Ahlm in der Schlussminute die 40-Tore-Marke knackte, erhoben sich endgültig alle Zuschauer von ihren Sitzen. Sie bekamen streckenweise begeisternden Handball zu sehen und eine Kieler Mannschaft, die ihr Torverhältnis deutlich aufbessern konnte.
Damit kommt es am Sonntag zum absoluten Spitzenspiel in der TOYOTA Handball-Bundesliga. In der Berliner Max-Schmeling-Halle treffen mit den "Zebras" und den "Füchsen" die beiden einzigen noch ungeschlagenen Mannschaften aufeinander.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der KN.
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Wir haben heute 21 Fehlwürfe gehabt. Das ist nicht ungewöhnlich. Dazu kamen aber 18 technische Fehler - langsam muss es massiv in den Kopf meiner Spieler rein, dass wir uns gute Wurfsituationen erarbeiten müssen und nicht zu früh abschließen dürfen. Wir wollten in der ersten Hälfte mit unserem breiten Kader den dezimierten Kader der Kieler mit unserer Abwehr fordern, das Spiel breit zu machen. Ich habe versucht, meinen Spielern Mut einzureden - es hat nichts genutzt. 22 Tore Unterschied sind sehr heftig, wir sollten aber nicht vergessen, wo wir gespielt haben. Ich habe ein paar gute Einzelaktionen von Schlinger und Lobedank gesehen - der Rest war Schweigen. Ich denke, heute hat auch der letzte gesehen, dass wir nur über die taktische Qualität den Klassenerhalt schaffen können. Und die haben wir heute komplett vermissen lassen.
Es tut mir ein bisschen leid für Rolf, wie das hier heute gelaufen ist. Ich weiß auch von der anderen Seite, wie sich das anfühlt. Aber wir haben uns in der zweiten Halbzeit so in einen Rausch gespielt, dass alles geklappt hat. Die Tendenz aus dem Lemgo-Spiel hat sich heute fortgesetzt. Es hat alles gut funktioniert - außer der Angriff phasenweise in der ersten Halbzeit. Die Torhüter waren sehr gut, die Deckung war sehr gut, wir haben sehr wenige, ungewöhnlich wenige Fehler gemacht. In der zweiten Halbzeit haben wir dann mit viel Risiko gespielt - aber es hat eben alles geklappt. Das war ein Riesen-Spiel meiner Mannschaft, die Balingen zu keiner Zeit unterschätzt hat. Die heutige Leistung macht mich optimistisch für die Zukunft.[an Dr. Rolf Brack:]
Abhaken, das heute war nicht das normale Balingen.
Ich freue mich über das Tor von "Titi", man hat deutlich gesehen, wie sehr es auch ihn gefreut hat. Und natürlich war es auch klasse, dass sich Daniel Kubes in die Torschützenliste eintragen konnte. Ich möchte mich bei den Fans für die tolle Stimmung heute bedanken, das war klasse. Balingen wünsche ich viel Glück für die Saison. Ich habe aber eine Bitte: Das, was uns im letzten Jahr bei euch passiert ist, brauchen wir in diesem Jahr bitte nicht.
Man hat heute gesehen, was passiert, wenn die Dampflok THW Kiel in Fahrt kommt. Ich denke, wir sollten tatsächlich das machen, was uns Alfred Gislason empfohlen hat: das Spiel abhaken. Denn wir haben ein straffes Programm vor uns, wir müssen jetzt schnell den Kopf frei bekommen. Es gilt jetzt, hart zu arbeiten und nach vorn zu schauen.
Nur 18 Tore in der Abwehr - das war sehr in Ordnung. Auch vorne hat es gut geklappt, ich finde, das war eine sehr runde Leistung.
Es kommt selten vor, dass ein Abwehrspieler zum besten Spieler gekürt wird. Zufrieden ist man aber nie, 15 Gegentore hätten heute auch gereicht. Auch aus so einem Spiel nehmen wir positive Dinge mit: Wir haben weiter an unserem Tempo arbeiten können, außerdem ist 40 eine schöne Marke.
Wir haben zu viele leichte Tore kassiert. Wenn eine Mannschaft wie Kiel erst einmal ins Spiel kommt, ist alles verloren, am Ende war die Luft raus. Das müssen wir ganz schnell vergessen, in drei Tagen gegen Lemgo kann es schon wieder ganz anders aussehen.
Aus den Kieler Nachrichten vom 16.09.2010:
Doch der Reihe nach. Es begann schließlich zäh. Wie Lianen schlangen sich die Württemberger um die Hausherren, die in der 10. Minute lediglich mit 2:1 führten. In Worten - zwei zu eins. Das Team von Dr. Rolf Brack, im Rückraum mit sehr limitierten Möglichkeiten ausgestattet, zerstörte mit einer aggressiven Deckung das THW-Spiel in viele kleine Teilchen. Besonders Filip Jicha litt unter den Klammergriffen, räumte entnervt nach einem verworfenen Siebenmeter in der 20. Minute erst einmal das Feld. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kieler sich allerdings bereits mühsam von 6:4 (15.) auf 10:5 abgesetzt.
Weil das Zusammenspiel nicht klappen wollte, setzten sie auf ihre individuelle Klasse, zogen Tor um Tor davon. Der Funke sprang dennoch nicht über. Das Spiel war matt, die THW-Asse genervt, das Publikum gelangweilt. Doch dann hatte Brack ein Einsehen und machte das, worauf alle gehofft hatten - er brachte den siebten Feldspieler! Im Juni hatte diese Taktik bereits mit katastrophalen Folgen geendet. Benjamin Herth, damals als Torwartersatz auserkoren, tappte immer wieder in die Wurffalle und THW-Torhüter Thierry Omeyer warf sein erstes Bundesligator. Kein Wunder, dass "Titi"-Sprechchöre die Runde machten. Die Fans waren hellwach, der lustige Teil sollte beginnen. Brack hatte zwar mit dem bulligen Linksaußen Frank Ettwein einen Spieler auserkoren, der das Werfen nicht erfunden hat. Trotzdem landete der Ball dreimal bei Omeyer, der unter dem Jubel der Fans tatsächlich zum 14:5 traf.
"Überwältigend, wie das Publikum auf diese Situation reagiert hat", staunte Kapitän Marcus Ahlm. Mit einem Lächeln bemängelte er die Quote des Franzosen: "Ein Tor bei drei Versuchen ist zu wenig."
Das Eis war gebrochen, die Party konnte beginnen. Im zweiten Durchgang warf Aron Palmarsson als zweiter Kreisläufer listige Tore, Christian Sprenger gefiel nach seiner langen Verletzungspause mit großer Spielfreude, Daniel Kubes warf sein erstes Tor für den THW und auch "Balingen-Schreck" Dominik Klein sollte treffen. Wie der starke Ahlm traf der Linksaußen auch im neunten Bundesligaspiel gegen Balingen, Klein warf sein 38. Tor gegen das Brack-Ensemble, Ahlm sein 34.
Während die Kieler feierten, verbrachte der Erzrivale zur gleichen Zeit einen weniger lustigen Abend. HSV-Präsident Andreas Rudolph hatte das Team auf seine Finka nach Mallorca zitiert. Einen Kurzurlaub wollte er den Hamburgern, die mit der Auftaktpleite gegen Göppingen schon an Boden verloren haben, sicher nicht bescheren...
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 16.09.2010)
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