09./10.11.2010 - Letzte Aktualisierung: 10.11.2010 | Bundesliga |
Update #2 | KN-Bericht, Fotos, weitere Stimmen und Spielbericht ergänzt ... |
Filip Jicha war mit 11/3 Treffern
bester Torschütze gegen Wetzlar.
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Victoria Weihs |
Jerome Fernandez vertrat
Christian Zeitz gut im rechten
Rückraum und erzielte fünf Treffer.
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Victoria Weihs |
In der Folgezeit aber stellte auch die Kieler Deckung die Arbeit ein, und da auch die Torhüter kaum einen Ball zu fassen bekamen, konnten beide Mannschaften fast jeden Angriff erfolgreich abschließen. Die Zuschauer in der ausverkauften Sparkassen-Arena-Kiel erlebten in diesen Minuten ein wahres Torefestival und zwischen schlechter Deckungsarbeit der "Zebras" und teilweise guten Kombinationen in der Offensive ein Wechselbad der Gefühle. Besonders Momir Ilic und Filip Jicha hatten die Kieler es in dieser Phase zu verdanken, dass die früh erzielte Führung zwischen drei und vier Toren bis zum 13:10 (17.) stets bestehen blieb. Immer wieder machten die beiden Rückraumspieler den Mitspielern Räume frei oder trafen gleich selbst.
Tobias Reichmann durfte von Beginn an
ran und erzielte fünf Treffer.
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Denn nach dem Seitenwechsel lief bei den Kielern erst einmal nicht viel zusammen. Die HSG Wetzlar hatte die Abwehr umgestellt und rückte mit Alois Mraz auf der Mitte nun offensiver heraus. Die Gäste kamen nach dem 23:18 durch Fernandez schnell heran - Salzer, Kristjansson mit einem gefühlvollen Dreher und Müller mit einem Gewaltwurf verkürzten auf 23:21 (34.), während der nach der Pause gekommene Dominik Klein und Fernandez gute Chancen ausließen. Alfred Gislason brachte nun Thierry Omeyer für Andreas Palicka ins Tor, der sich hinter der löchrigen Deckung nur selten auszeichnen konnte. Die Rückkehr des Welthandballers von 2008 zwischen die Pfosten rüttelte die Vorderleute nun endlich wach, dennoch kam Wetzlar durch Müller noch zum 23:22-Anschluss, weil Reichmann von außen und Ilic mit einem Siebenmeter an Weber scheiterten. Als dann auch der glänzend freigespielte Palmarsson den Ball vom Kreis nebens Tor setzte, hatte die HSG sogar die Chance zum Ausgleich.
Als Thierry Omeyer ins Tor kam,
taute die Kieler Deckung auf.
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Der HSG Wetzlar aber musste man zugute halten, dass sie sich weiterhin zusammenriss, um den Abstand nicht zu groß werden zu lassen - selbst zwei Zeitstrafen gegen Müller und Schneider steckten die Gäste gut weg, profitierten aber auch von vielen Fehlwürfen der Kieler, so dass der Kieler Vorsprung bis zum 35:29 kurz vor Schluss nicht weiter anwuchs. Erst in den letzten zwei Minuten erhöhten Jicha per Siebenmeter, der spät eingewechselte Sprenger mit einem Dreher und Dragicevic nach schönem Ilic-Anspiel mit dem Schlusspfiff auf ein deutliches 38:29.
Die beiden Bundesligapunkte blieben also trotz der Kieler Verletztenmisere in der Handball-Hauptstadt, und daher waren sich auch nach dem Schlusspfiff alle einig, dass der Sieg die Hauptsache des Abends war. Ab sofort gilt die Konzentration dem Spitzenspiel am nächsten Dienstag beim HSV Hamburg, welches gleichzeitig den Auftakt zu anstrengenden Wochen für den THW bildet. Bis dahin gilt es Daumendrücken dafür, dass zumindest die angeschlagenen Spieler wieder fit sind und Christian Zeitz seine Bänderverletzung vollends überwinden kann.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht
aus den Kieler Nachrichten.
Unsere Mannschaft hatte große Probleme ins Spiel zu starten und hatte vor allem nicht in die Zweikämpfe gefunden. Aber irgendwann haben wir couragiert ins Spiel gefunden und konnten sogar zwischenzeitlich ausgleichen. Dann hatten wir einen sehr guten Start in die zweite Halbzeit, ehe wir durch ein paar leichte Fehler, vor allem viele mangelhafte Kreisanspiele, ins Hintertreffen gerieten. Der THW lief dann einen Konter nach dem anderen. Nichtsdestotrotz hat die Mannschaft danach nicht aufgegeben und sich hier gut verkauft. Wir haben aber natürlich gesehen, dass der THW nicht unsere Kragenweite ist.
Ein paar weniger Gegentore wären schon gut gewesen, aber im Großen und Ganzen bin ich mit unserer Leistung zufrieden.
Mit dem Ergebnis bin ich angesichts unserer Personallage zufrieden, es ist natürlich auch ein wenig zu hoch ausgefallen. Wir haben uns viele Fehler und Fehlwürfe erlaubt und nicht gut in der Abwehr gestanden und uns zu wenig bewegt. Im Angriff haben wir es aber ohne Linkshänder ganz gut gelöst. Ich wollte Omeyer und Palmarsson eigentlich schonen, aber das war heute nicht möglich, weil Wetzlar zu stark war.[auf die Frage, ob es ein Risiko gewesen sei, Omeyer einzusetzen:]
Nein, es war kein großes Risiko. Thierry spürte kaum noch Schmerzen und wollte unbedingt spielen - wie immer. Er ist natürlich ein psychologischer, großer Rückhalt für uns. Aber ich möchte betonen, dass Andreas Palicka an den vielen Gegentoren vorher keine Schuld trifft. Wir standen einfach schlecht in der Abwehr und Wetzlar hatte dies schlau ausgenutzt.
Es war heute das erste Spiel ohne Linkshänder im Rückraum, aber das beste Training ist eben das Spiel. Und ich denke, im Angriff können wir zufrieden sein.[zu Fernandez:]
Wir können froh sein, einen solchen Spieler mit dieser Qualität in unseren Reihen zu haben.[Welche Chance haben Sie beim HSV ohne Zeitz?]
Wir brauchen da über Motivation nicht zu sprechen, wir werden 120 Prozent geben und dann schauen wir mal, was dabei rum kommt. Wir hatten auch in den vergangenen Jahren immer wieder solche Verletzungssorgen, aber wir konnten das immer wieder über unseren Teamgeist kompensieren. Das ist das, was diese Mannschaft auszeichnet und das brauchen wir auch in den kommenden schweren Wochen.
[gegenüber Sport1:]
Wir können mit dieser Leistung zufrieden sein. Wir haben im Angriff heute unser bestes Spiel dieser Saison gezeigt, nur hinten hat etwas die Entschlossenheit gefehlt, aber gegen solche Leute, wenn z.B. Jicha bei 14 Metern hoch steigt, ist es eben sehr schwer zu verteidigen. Die Mannschaft steht voll hinter dem neuen Trainerteam, wir haben jetzt wichtige Punkte geholt und auch hier in Kiel ein achtbares Ergebnis erreicht.[gegenüber den KN:]
Es gibt Mannschaften, die hier höher verlieren. Wir haben ein gutes Spiel gezeigt, in der Abwehr hat uns die letzte Konsequenz gefehlt. Aber viele Entscheidungen am Kreis wurden gegen uns gepfiffen, gehen die 50:50 aus, hätte es noch enger werden können.
Ich habe gedacht, dass es leicht werden wird. Aber in der ersten Halbzeit hat die Einstellung nicht gestimmt. Sorgen, dass das Spiel kippen könnte, hatte ich nicht. Wenn wir unter Druck kamen, haben wir auch in der Abwehr viel besser gestanden. Gegen Hamburg passiert uns das nicht, da werden alle konzentrierter sein.
Ich bin nicht zufrieden mit meiner Leistung. Ich durfte zum ersten Mal anfangen und hätte mir gewünscht, dass ich besser ins Spiel finde. Einige Male stand ich in der falschen Ecke. Dass es nicht klappte, lag sicher auch an der Abwehr, aber zu 50 Prozent eben auch an mir. Zum Glück hat Titi dann gut gehalten.
Ich habe erwartet, dass es ein schweres Spiel werden wird. Aber nicht, dass wir so lange kämpfen müssen. Unsere 6:0-Abwehr hat nicht funktioniert, da haben wir uns nicht gefunden. Aber wir haben eine Woche Zeit, um daran zu arbeiten.
Aus den Kieler Nachrichten vom 10.11.2010:
Die Vorzeichen aus Kieler Sicht waren ungünstig. Weil neben Kim Andersson und Daniel Narcisse auch Christian Zeitz verletzt ausfiel, standen Trainer Alfred Gislason mit Filip Jicha, Momir Ilic und Jerome Fernandez nur drei gesunde Rückraumspieler zur Verfügung, Aron Palmarsson, die vierte Alternative im Angriffszentrum, lief mit einer Adduktorenverletzung in die Halle ein. So hätte der Tabellen-14. aus Mittelhessen also nur gewinnen können. Hätte. Nämlich dann, wenn das Team des Trainer-Duos Beppler/Khalepo couragiert aufgetreten wäre. Doch Wetzlar startete ängstlich, zeigte allzu großen Respekt vor dem großen Namen THW, lag schnell 2:6 zurück. Die Abwehr stand Spalier, Torhüter Nikolai Weber fasste keinen Ball an - es war das Signal an Jicha, Ilic und Co.: Heute wird's ein Spaziergang! Die Folge: Auch ins Kieler Spiel schlichen sich Nachlässigkeiten ein, die Defensive hatte den Namen nicht verdient, Torhüter Andreas Palicka, für den angeschlagenen Thierry Omeyer von Beginn an zwischen den Pfosten, wurde viel zu oft allein gelassen. Über 10:6 (12.) arbeitete sich die HSG heran, und nachdem Rechtsaußen Peter Jungwirth zum 13:13 (19.) traf, griff Gislason erbost zur Grünen Karte, Auszeit.
Die Ansprache half, der THW zog erneut davon, setzte mit Reichmanns verwandeltem Kempa-Trick zum 18:15 sogar einen Glanzpunkt. Bei Halbzeit stand es 22:17. Ein Ergebnis, das möglich wurde, weil beide Abwehrreihen größte Anstrengungen unternahmen, den Friedens-Nobelpreis zu gewinnen. Eine Zeitstrafe holte sich nur HSG-Rückraumspieler Steffen Fäth ab. So ergab sich die Tordifferenz exakt aus den gehaltenen Bällen, Palicka hatte sechsmal pariert, das HSG-Duo Weber/Hacko bremste einen (!) Ball.
Unruhig wurde es unter den 10 250 Zuschauern in der Sparkassen-Arena, als Philipp Müller die HSG in der 37. Minute auf 23:22 heranbrachte. Anschließend zog Palmarsson, der ab der 14. Minute kam und den Härtetest bestand, freistehend am Tor vorbei; die HSG besaß die Chance zum erneuten Ausgleich. Doch in die Enge getrieben, wachten die "Zebras" auf. Reichmann traf in der 42. Minute zum 29:22, Wetzlars zarter Widerstand war endgültig gebrochen. Zum verdienten THW-Sieg trug ab der 35. Minute auch Thierry Omeyer bei. Der Franzose hatte vor dem Spiel signalisiert, wieder schmerzfrei zu sein und unterstrich seine Worte mit acht Paraden.
Den Löwenanteil am THW-Torfestival hatte Filip Jicha mit elf Toren, Momir Ilic war sechs-, Jerome Fernandez und Tobias Reichmann je fünfmal erfolgreich. Das Ergebnis sei zu hoch ausgefallen, resümierte Alfred Gislason, "ich wollte Omeyer nicht bringen, aber Wetzlar war heute zu stark." Freundliche Worte vom THW-Coach an einen Gegner, der seine Ambitionen selbst entlarvte: "Insgesamt bin ich zufrieden", sagte Trainer Gennadij Khalepo, "vielleicht hätten es ein paar Tore weniger sein können."
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 10.11.2010)
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