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20.07.2011 Mannschaft / Vorbereitung

Kieler Nachrichten: Dragicevic sucht neue Herde

Serbischer Kreisläufer sieht sich als optimale Ergänzung zu Ahlm, Gislason sieht's anders

Aus den Kieler Nachrichten vom 20.07.2011:

Milutin Dragicevic sucht eine neue Herde.
Klicken Sie zum Vergrößern! Milutin Dragicevic sucht eine neue Herde.

St.-Gilles-les-Bains, La Reunion. Er war der Wunschspieler von Noka Serdarusic, Uwe Schwenker entdeckte in ihm eine "riesige Perspektive". Im August 2008 schwärmten Trainer und Manager des THW Kiel von Milutin Dragicevic, der damals einen Vier-Jahres- Vertrag unterschrieb. Seine Fans von einst sind nicht mehr im Amt und dem Kreisläufer droht ein ähnliches Schicksal.
"Ich habe meinem Berater gebeten, einen anderen Verein zu finden", sagt der Serbe, der sich mit dem Handball-Rekordmeister auf La Reunion auf die neue Saison vorbereitet. Der neue Trainer, Alfred Gislason, hätte ihm mitgeteilt, dass er mit ihm unzufrieden sei. Im Internet hätte er gelesen, dass der neue Manager, Klaus Elwardt, den Abwehrspezialisten Daniel Kubes zum Kreisläufer Nummer zwei befördern will. Vorausgesetzt, der VfL Gummersbach bliebe dabei, Wunschkandidat Patrick Wiencek nicht vorzeitig gehen zu lassen. Spätestens im Sommer 2012 sollen der junge Deutsche und der Däne Rene Toft-Hansen das THW-Trikot tragen.

Für Dragicevic ein Indiz, dass Gislason längst ohne ihn plant. "Beide sind zwei Meter groß. Ein Spielertyp wie ich ist nicht gefragt." Er selbst ist mit einer Größe von 1,87 Metern für einen Kreisläufer eher klein, doch der 28-Jährige lebt von seiner Schnelligkeit und sieht sich als optimale Ergänzung zu Marcus Ahlm. "Alfred sieht das anders. Das respektiere ich."

Gislason hat Dragicevic, der zuvor bei seinen Clubs in Dänemark und Rumänien zum wertvollsten Spieler gewählt worden war, tatsächlich abgeschrieben. Er bestätigt ihm zwar, das Potenzial zu haben, ein "richtiger Kracher" zu werden, bemängelt aber die Bereitschaft, Teil der Mannschaft zu werden. Er kritisiert zudem das Defensivverhalten und seine Ernährung. "Er hat in Kiel zehn Kilogramm abgenommen. Das ist viel, weil es auf dieser Position physisch richtig zur Sache geht."

Tatsächlich ist der 15-malige Nationalspieler wohl der erste Neuzugang in den vergangenen zehn Jahren, der auch am Ende der ersten Saison sehr unrund Deutsch spricht. Den Vorwurf, die Muskeln schwinden zu lassen, weist der Vater des 15 Monate alten Michailo aber zurück. "Es stimmt, dass ich kein Fleisch mehr esse und fünf Kilo abgenommen habe. Aber ich fühle mich so stark wie noch nie." Die hohe Belastung in der Bundesliga und das intensive Training beim THW hätten zur Folge gehabt, dass er sein Gewicht auf 95 Kilogramm reduziert und Fleisch durch Fisch ersetzt hat. "Seitdem habe ich weniger muskuläre Probleme."

Er sei stolz darauf, für Kiel zu spielen. "Außerdem sind einige Jungs richtig lustig, ich bin gerne mit ihnen zusammen." Offenbar erwartet das Team auch nicht, dass er sich außerhalb der Halle neu erfindet. Ahlm, der sich mit ihm die Hotelzimmer teilt, begrüßt es sogar, dass er wenig spricht und viel liest. "Da sind wir uns ähnlich." Auch an seiner Disziplin hat der Kapitän nichts auszusetzen. Andere müssten deutlich mehr Strafgelder in die Mannschaftskasse einzahlen. "Der Maßstab, an dem Spieler gemessen werden, sollte nur die Leistung sein", sagt Ahlm, der bei Dragicevic die richtige Einstellung vermisst. "Die großen Spiele werden nicht gewonnen, weil schön gespielt wird, sondern weil der Wille da ist, den Kampf anzunehmen." Die Mannschaft hätte mit ihm darüber gesprochen, sagt Ahlm. Die Botschaft hätte er verstanden. Aber er scheint nicht in der Lage zu sein, sie umzusetzen. Warum?

"Seit ich in Kiel unterschrieben habe, hat sich viel verändert", sagt Dragicevic, der noch zwei Jahre in Silkeborg spielte, bevor er schließlich zum THW kam. "Ich bin Vater geworden, und die Familie ist mir sehr, sehr wichtig." Deshalb hätte es für ihn auch Vorteile, einen Club zu finden, in dem die Belastung weniger hoch sei. "Für meine Frau und meinen Sohn hätte ich dann wieder mehr Zeit."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 20.07.2011)


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