Der THW Kiel steht im Finale um die europäische Krone! Im
Halbfinale der VELUX EHF Champions League besiegten die
Zebras am Sonnabendnachmittag vor rund 20.000 Zuschauern in der ausverkauften
Lanxess-Arena in Köln die Füchse Berlin mit 25:24 (15:12). Dabei entwickelte sich die Partie,
die mit einer deutlichen Führung für den THW begonnen hatte, zu einem dramatischen
Schlagabtausch, bei dem der THW Kiel dank eine überragenden Filip Jicha (11/4) Tore
am Ende den glücklichen, aber verdienten Finaleinzug feierte. Nach Jichas 25:24 (58:32) fiel
die Entscheidung erst zwei Sekunden
vor Schluss, als Henrik Lundström in Unterzahl den finalen Hüftwurf von
Alexander Pettersson zur Ecke blockte.
Die Spannung rund um das Fanfest an der Lanxess-Arena war förmlich greifbar. Schon seit dem
frühen Morgen waren Schwarz und Weiß auf den Beinen, die Stadt glich einer Kieler Enklave. Und auch
in der gigantischen Arena hatten die Kieler, die mit rund siebentausend Fans an den Rhein
gekommen waren, nach einer spektakulären Einlaufshow zunächst deutlich Oberwasser:
Jicha hatte mit einem traumhaften Pass auf Ahlm
den Torreigen eröffnet, kurz darauf verlud Daniel Narcisse Nationaltorhüter
Silvio Heinevetter und traf zum 2:0 (3.). Die Berliner begannen nervös, sie kamen zunächst
nur durch Einzelaktionen zum Erfolg. Nach 3.05 Minuten war die Füchse-Torflaute aber beendet:
Christophersen traf zum Anschluss.
Den Ton gaben aber weiter die Zebras an. Angeführt von einem überragenden Jicha
drückte der THW dem Spiel den Stempel auf. Platzierte Würfe, eine gute Chancenverwertung und
eine aufmerksame Abwehr waren das Erfolgsgeheimnis. Tor um Tor zogen die Zebras davon:
Jicha erzielte mit einem Doppelschlag diev erste Vier-Tore-Führung (7:3, 12.),
Momir Ilic erzielte in doppelter Überzahl das wuchtige 8:3. Füchse-Coach
Sigurdsson zog die grüne Auszeitkarte. Er beorderte Petr Stochl für den - bis auf einen
gehaltenen Siebenmeter - glanzlosen Heinevetter. Eine Entscheidung, die im Verlauf des Spiels
eine große Tragweite bekam. Zunächst aber machten die Kieler dort weiter, wo sie vor der
Auszeit angefangen hatten: Kompromisslos nutzten sie ihre Chancen. Als Jicha
und Kim Andersson die Tore zum 10:5 und 11:5 erzielten, schienen die
Zebras einem ungefährdeten Sieg entgegen zu streben.
Stochl hält Berlin im Spiel
Hart umkämpft: Das Halbfinale gegen die Füchse Berlin war ein dramatisches Duell.
Sigurdsson brachte nun Pevnov als zweiten Kreisläufer neben Laen, der THW reagierte und zog
seine Verteidigung auf die 6-0-Formation zurück. Zunächst lief es weiter wie gewollt, doch dann
kam der erste Bruch ins Kieler Spiel: Christian Zeitz hatte nach
einem fantastischen Wackler nur den Pfosten getroffen, im Gegenzug erzielte der starke Pettersson
das 7:12. Dann hielt Stochl einen Zeitz-Wurf, den Gegenstoß
versenkte Jaszka zum 8:12. Als Pettersson kurz darauf erneut traf, waren die Berliner wieder im Spiel.
Zumal Stochl immer stärker wurde: Nach einer Doppelparade gegen Ahlm
traf Romero zum 11:13 aus Sicht der Füchse. Andersson erhöhte,
dann schnappte sich Stochl einen Lundström-Wurf. Pevnov nutzte die
Gegenstoß-Chance zum 12:14, ehe Narcisse kurz vor dem Wechsel noch auf
15.12 erhöhte.
Hektischer Wiederbeginn
Thierry Omeyer war in den entscheidenden Phasen wieder voll da.
Nach dem Wechsel standen zunächst beide Torhüter im Fokus: Thierry Omeyer
und Stochl verhindetren fünf Minuten lang einen Torerfolg, zudem sorgten Abspielfehler für einen
hektischen Wiederbeginn.Jaszka traf zum Anschluss, dann landete ein Jicha-Pass
in den Armen von Romero, was dieser zum 14:15 nutzte (36.). Nach sechs Minuten in der zweiten Hälfte
hatten dann endlich auch die Kieler wieder den Weg zum Tor gefunden: Narcisse
bediente Ahlm zum 16:14. Vier Minuten später schienen die Zebras die
Partie endgültig wieder in den Griff zu bekommen: In Überzahl markierte Lundström
das 18:16, dem Ilic das 19:16 folgen ließ. Doch dann
scheiterte Jicha nach eigenem Steal mit dem Gegenstoß an Berlins Bestem, Petr Stochl,
und Pettersson verkürzte erneut. Trotzdem: Wenig später machte Jicha
mit einer unglaublichen Einzelleistung und einem verwandelten Siebenmeter aber wieder eine
Vier-Tore-Führung perfekt (47.). Sigurdsson zog den grünen Karton.
Berliner Auszeit erfolgreich
Riesen-Jubel: Erleichtert feierten die Kieler ihren Finaleinzug.
Und erneut stoppte diese kurze Pause den Kieler Sturmlauf. Mit einem Doppelschlag verkürzte
Berlin auf 20:22, und selbst der spektakuläre Dreher von Christian Sprenger
zum 23:20 sorgte nicht für Ruhe - zumal dieses Tor für fünf Minuten der letzte Kieler Grund zum Jubeln
war: Stochl schien die Bälle nun förmlich anzuziehen, egal, ob Ahlm,
Aron Palmarsson oder Jicha aufs Tor feuerte.
Die überragenden Paraden schienen den Berlinern den Glauben an einen Finaleinzug zurück zu geben:
Als Laen nach 54 Minuten den ersten Ausgleich erzielte, jubelten nur noch die Gelbhemden. Die THW-Fans
unterstützten ihre Mannschaft weiter nach Kräften. Nach einer kurzen Unterbrechung - hinter dem
Kieler Tor war ein Fan zusammengebrochen und wurde von THW-Mannschaftsarzt Dr. Detlev Brandecker
erfolgreich behandelt - fasste sich erneut Jicha ein Herz: Sein
Siebenmeter beendete die fünfminütige Torflaute.
Dramatisches Finale
Hein Daddel tröstete Fuchsi, das Berliner Maskottchen.
Dreieinhalb Minuten waren nach diesem 24:23 noch zu spielen - dreieinhalb Minuten, die
dramatischer nicht hätten sein können. Erst traf Pettersson glücklich zum Ausgleich - Omeyer
hatte eine Hand am Ball, konnte das Tor aber nicht verhindern -, dann musste Andersson
nach einem Foul an Christophersen für zwei Minuten auf die Bank. Die Chancen der Kieler schienen
zu schwinden, doch sie hatten einen Filip Jicha: In Unterzahl schraubte er
sich zum 25:24 in die Luft, dann schnappte sich Omeyer einen Wurf von
Nincevic - doch Jichas Kracher brachte nicht die Entscheidung: Die Latte
stand dem Torerfolg im Weg. 30 Sekunden blieben den Berlinern, um den Ausgleich zu erzielen und
eine Verlängerung zu erzwingen: 30 Sekunden, in denen die Zebras alles in die Abwehrarbeit warfen.
Sekunden vor dem Schlusspfiff schien Pettersson doch die Lücke in der Defensive zu finden -
doch Lundström warf sich in den Ball und sicherte seinen Farben
letztlich den Finaleinzug.
Atletico?
Der Finalgegner der Kieler beim "VELUX EHF Final4"-Endturnier wurde am Abend in der
Partie zwischen dem dänischen Meister AG Kopenhagen und
dem dreifachen Champions-League-Sieger Atletico Madrid
ermittelt. Am Ende siegten die Spanier, zum dritten Mal in Köln,
gegen den Debütanten aus Dänemark mit 25:23 (12:15). Das Finale am morgigen Sonntag beginnt
um 18 Uhr, Eurosport überträgt die Partie live.
Wir sind froh das Finale erreicht zu haben. Es war ein sehr hartes
Spiel, sehr schwierig und auch ungewöhnlich.
Nur zu Anfang haben wir gut
gespielt.
Zu Beginn hatten wir das Gefühl, dass es sehr leicht werden wird zu
gewinnen, aber
dann haben wir unsere Linie verlassen,
und Berlin wurde in der Abwehr besser und besser. Stochl hat sehr gut
gehalten. Es war nicht unser bestes Spiel.
Wir sind nicht zufrieden mit dem Spiel, aber wir sind zufrieden ins
Finale eingezogen zu sein. Wir haben nicht unser bestes Spiel gezeigt.
Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson:
Gratulation an Alfred und dem THW.
Als allererstes Glückwünsche an Kiel und Alfred. Die Saison geht einfach
weiter für sie und sie haben den Sieg verdient.
Wir waren
zu Anfang nicht gut. Kiel hat sehr stark angefangen und wir haben unsere Chancen nicht
genutzt und sie zu einem leichten Spiel eingeladen. Aber dann haben wir
Charakter gezeigt, etwas das ich von uns kenne. Die Spieler haben eine
riesengroße Verantwortung übernommen und Charakter gezeigt und deshalb
sind wir zurück ins Spiel gekommen. Der THW war über das gesamte Spiel besser.
Am Ende hätte es so oder so ausgehen können und wir müssen akzeptieren,
dass Kiel die meiste Zeit vorne lag. Deswegen müssen wir ihnen
gratulieren, sie haben es verdient.
Füchse-Torhüter Petr Stochl:
Gratulation an Kiel. Wir sind sehr traurig,
aber wir können als Mannschaft auch stolz sein. Nicht nur
heute, sondern auch über das Viertel- und Achtelfinale.
Wir müssen jetzt nach vorne schauen.
In der ersten Halbzeit haben wir sehr gut angefangen, haben gut gespielt und
konnten unsere Gegenstöße anbringen. Dann haben wir uns aber schwer getan, die
Chancen nicht genutzt, die Tore nicht gemacht.
[Frage: Hatten Sie da Angst, dass das in die Hose geht?]
So denkt man nicht im Spiel. Wir haben eigentlich gut gespielt, aber die Tore nicht gemacht.
Aber dann denkt man, dass es irgendwann wieder klappt.
Es war das erwartete harte Spiel. Wir starteten sehr gut,
erzielten schnell Tore. In der zweiten Hälfte hat Stochl
ein unglaubliches Spiel gemacht. Er hat nicht viele
Tore zugelassen, aber wir konnten unseren Chancen nutzen.
Dies hatte natürlich auch Einfluss auf das Ergebnis.
Wir sind sehr zufrieden das Finale erreicht zu haben.
Füchse-Spieler Alexander Pettersson:
Am Anfang waren wir ein bisschen nervös, es war ja das erste Mal für uns.
Bitter, das wir verloren haben, aber ich glaube wir haben ein riesiges Spiel abgeliefert.
Einfach geil hier, ich hätte nie gedacht, dass das so eine Stimmung ist. Wir sind zurück gekommen, das
hat hier Riesenspaß gemacht.
THW-Rückraumspieler Filip Jicha gegenüber Eurosport:
Es ist sehr schwer, wenige Sekunden nach dem Spiel schon etwas zu sagen. Ich müsste erst einmal
in die Kabine gehen, duschen und nachdenken.
Auch wenn man es mir nicht ansieht, ich bin überglücklich, dass wir das geschafft haben, es war das
erwartet enge Spiel.
Dass wir in der zweiten Halbzeit solche Probleme hatten, lag vor allen an Petr Stochl, der hatte
dann einen psychologischen Vorteil gegen uns.
Als ich bei den Siebenmeter gegen ihn, meinen Freund, antrat, war das sehr schwer.
In der Nationalmannschaft werfe ich im Training am Ende immer 40 Siebenmeter gegen ihn.
Heute habe ich nur gebetet, dass ich die reinmache.
Stochl macht alles zu, dann ist das Leben nicht
so einfach. Wir waren frisch und sind gelaufen,
aber am Ende waren wir verunsichert. Wir sind keine
Maschinen. Die Unterbrechung war vielleicht gut für uns.
Füchse-Kreisläufer Evgeni Pevnov:
Wir hatten sie an der Grenze des Wahnsinns. Wir waren sofort da. Das
Spiel hat angefangen und wir wollten von Anfang an gewinnen. Die waren
auf 6 weg und das haben wir uns nicht gefallen lassen. Mit einem Tor zu
verlieren ist natürlich bitter.