Im Gegensatz zum Vortag schenkte Trainer Alfred Gislason früh auch den Nachwuchsspielern Einsatzzeit. Nach dem Kräfte zehrenden Trainingslager wurde viel durchgetauscht - durch die Wechsel wollten die Kieler ihr Tempospiel dieses Mal über 60 Minuten zeigen. Doch die Gastgeber wollten da nicht mitspielen: Engagiert traten diese in der Abwehr den Kielern entgegen, die in der relativ harten Partie zunächst ins Hintertreffen gerieten. In der THW-Abwehr wurde nicht so fest zugepackt, und im Angriff ließen die Zebras zum Teil gute Chancen aus: Über 6:4 und 8:6 (15.) setzte sich Orlen Wisla Plock auf 10:7 ab. Die gut 3500 Zuschauer, die das Jubiläumsspiel ihrer Mannschaft erneut bei freiem Eintritt genossen, jubelten. Still wurde indes nach einem harten Aufprall von Rune Dahmke auf dem Hallenboden: Der Nachwuchsspieler wurde im Sprung zu seinem ersten Tor gestoßen und landete hart auf dem Parkett. Der junge Rückraumspieler konnte nach einer längeren Behandlungspause zum Glück jedoch weiter spielen.

Die letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit gehörten dann nahezu komplett dem THW: Mit einem 7:3-Lauf aus einer sicheren Abwehr heraus und mit einer konzentrierten Leistung sicherten sich die Zebras doch noch eine 14:13-Halbzeitführung, an der Christian Zeitz mit vier Treffern maßgeblichen Anteil hatte.

Nach dem Wechsel sorgten die Kieler zwischen der 35. und 40. Minute für eine Drei-Tore-Führung. Angeführt von einem starken Filip Jicha, der nach nur einem Treffer in der ersten Halbzeit aufdrehte, zeigten die Kieler eine starke Leistung. Viel ging über den Kreis, an dem Patrick Wiencek und Marcus Ahlm zahlreiche Siebenmeter herausholten oder selbst vollstreckten. Insgesamt acht Tore gingen auf die Konten der beiden Kreisläufer. In der Abwehr wurde fester zugepackt, Andreas Palicka sorgte mit 13 Paraden für Sicherheit. Und auch Moritz Krieter konnte sich auszeichnen: Der junge Keeper entschärfte gleich zwei Siebenmeter und freute sich am Ende über insgesamt drei Paraden. Aus der Reihe der insgesamt überzeugenden Nachwuchsspieler ragte Rune Dahmke heraus, der drei Treffer zum Endresultat beisteuerte.

Die Partie war zehn Minuten vor dem Ende so gut wie entschieden: Jicha hatte zum 28:24 getroffen, und der THW hatte das Spiel unter Kontrolle. Am Ende gewannen die Zebras mit 33:30 (14:13) und freuten sich über die erneut blitzsaubere Testspiel-Bilanz. Trainer-Assistent Raul Alonso berichtete von einer guten Stimmung im Team: "Alle sind müde, aber es wurde gut gearbeitet. Jetzt fahren wir am Sonntag mit einem positiven Gefühl wieder nach Hause." Dort warten ab Montag nicht nur die ersten gemeinsamen Trainingseinheiten mit den sieben Olympia-Fahrern, sondern auch das öffentliche Training am Donnerstag und die letzten Härtetests beim "Unser Norden"-Cup am Freitag mit Spielen gegen die SG Flensburg-Handewitt und Aalborg Handbold.

(Christian Robohm)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 13.08.2012:

Die Zeit der Schmerzen ist vorbei

Handballmeister THW Kiel beendet das Trainingslager in Plock - Zwei Testspielsiege gegen polnischen Vizemeister

Plock. Geschafft! Gestern kehrte der THW Kiel aus seinem Trainingslager im polnischen Plock zurück, hat die schwersten Tage der Saison abgehakt und die Grundlagen für Kraft und Ausdauer gelegt. Zwar hatte Alfred Gislason wegen der Olympischen Spiele nur seinen halbierten Kader dabei - ergänzt mit fünf Nachwuchsspielern - dennoch zog Kiels Trainer nach neun intensiven Tagen ein positives Fazit.

"Ich bin sehr zufrieden", erklärte der Isländer, "alle Spieler haben über die Maßen gut mitgezogen. Wir sind wirklich vorangekommen." Ein Sonderlob zollte er dem Nachwuchs. "Die Jungs haben mit ihrem Engagement dazu beigetragen, dass das Trainingslager eine runde Sache geworden ist." Zwei Testspiele gegen die heimische Mannschaft von Wisla Plock schlossen die Übungseinheiten ab. Trotz schwerer Beine und gewaltiger personeller Schieflage retteten die Kieler ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit mit beeindruckender Hartnäckigkeit. Dem 32:29-Sieg vom Freitag ließen die "Zebras" am Sonnabend ein 33:30 (14:13) über den polnischen Vizemeister folgen. "Sie hassen das Verlieren", sagte Gislason mit einem zufriedenen Schmunzeln.

Wie schon am Freitag mussten die sieben Kaderspieler Schwerstarbeit leisten, sie profitierten aber davon, dass Kiels Trainer den jungen Leuten Vertrauen schenkte und sie sporadisch ins kalte Wasser warf. Der Ausflug aufs internationale Parkett vor der 3000 Zuschauer starken und sehr lautstarken Kulisse, hatte mächtigen Eindruck hinterlassen. "Ein tolles Erlebnis", schwärmte Tjark Müller, der wie Jannick Boldt, Tommy Fängler und Torhüter >Moritz Krieter zum Einsatz kam. Der Sohn von Michael "Pumpe" Krieter, ehemaliger THW-Nationaltorhüter, kam, als der gute Andreas Palicka mit Muskelkrämpfen eine Pause benötigte. Krieter Junior bedankte sich mit zwei gehaltenen Siebenmetern, kassierte bei seiner Rückkehr auf die Bank einen Klaps vom Trainer und Glückwünsche aller Mitspieler.

Großen Eindruck hinterließ gar der Auftritt von Linksaußen Rune Dahmke, der über 30 Minuten mitmachen durfte, dabei drei sehenswerte Tore erzielte und wie ein "Alter" auftrumpfte. Auch einen kurzen Schreckensmoment überstand der 19-jährige Mönkeberger unbeeindruckt. Nach einer gegnerischen Attacke war Dahmke hart mit dem Kopf aufs Parkett aufgeschlagen und für ein paar Sekunden besinnungslos. "Ich war wohl kurz weg", sagte er später. Weiterspielen wolle er trotzdem, beharrte er. Nach eingehender Untersuchung bekam Dahmke tatsächlich Grünes Licht, half mit, den verdienten Sieg über die Runden zu bringen. Anerkennung für Trainingsleistungen und sein Spiel erntete der Sohn des Kieler Ex-Nationalspielers Frank aus berufenem Munde. Er habe in letzter Zeit keinen jungen deutschen Spieler erlebt, der so ernsthaft und leistungsorientiert an sich arbeite wie Rune, sagte THW-Star Filip Jicha. "Der Junge macht richtig Freude."

Wie schon am Tag zuvor war Jicha mit 10/5 Toren auch am Sonnabend erfolgreichster THW-Schütze. Der Sieg aber wurde von allen Schultern getragen, "auch weil wir geschickt die Schwachstellen bei Plock ausgemacht und genutzt haben", so Gislason. Für heute hat Kiels Trainer seinen Spielern trainingsfrei verordnet, morgen findet sich erstmals der gesamte Kader zusammen, inklusive der Olympia-Teilnehmer. Diese wieder ins Team zu integrieren, "vor allem unsere Neuzugänge. Das wird meine reizvolle Aufgabe in den folgenden Tagen und Wochen werden", erklärte Gislason. Bis zum Saisonstart geht es jetzt Schlag auf Schlag. Am Donnerstag zeigen sich die "neuen Zebras" nach der Jahrespressekonferenz (Provinzial-Haus) den eigenen Fans ab 13 Uhr bei einem öffentlichen Training in der Sparkassen-Arena. Freitag kämpfen Kiel, die SG Flensburg-Handewitt und Aalborg Haandbold aus Dänemark ab 17.30 Uhr um den "Unser-Norden-Cup", am 21. August treffen die "Zebras" beim Supercup in der Münchner Eissporthalle dann erneut auf Flensburg (20 Uhr), und am 25. August wird die Saison eingeläutet: Der THW startet beim VfL Gummersbach.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 13.08.2012)