Keine Zeit zum Wundenlecken: Nur drei Tage
nach der
30:31-Niederlage in
der "VELUX EHF Champions League" beim ungarischen
Serienmeister MKB Veszprem steht für den THW Kiel
schon wieder der Alltag in der DKB Handball-Bundesliga
an. Am Sonntagnachmittag sind die "Zebras" beim noch
punktlosen Tabellenschlusslicht TuSEM Essen in der
Sporthalle "am Hallo" zu Gast. Angepfiffen wird das
Traditionsduell um 15.00 Uhr, Sport1 überträgt die
Partie live und kostenpflichtig im Internet.
Zeitnahe kostenlose Informationen zum Spiel gibt es im Internet
unter
kiel-liveticker.de.
Essen nach zwei Lizenzentzügen zurück
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Der 19-jährige Rückraumspieler Julius Kühn ist mit
bislang 33 Treffern erfolgreichster Saisontorschütze beim TuSEM.
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TuSEM |
Auch wenn der TuSEM kein Gründungsmitglied der eingleisigen
Bundesliga ist - er verpasste die ersten beiden Spielzeiten
und stieg erst 1979 auf -, zählte er lange Zeit neben dem
VfL Gummersbach, dem TV Großwallstadt und dem THW Kiel zu
den Urgesteinen. Dafür sorgten allein schon die drei deutschen
Meistertitel in den Achtzigern, in denen die Essener den
beiden Altmeistern den Rang abgelaufen hatten. Nach Jahren des
Mittelmaßes ging es nach der Jahrtausendwende sogar wieder
bergauf bei den Margarethenhöhern, ehe ihnen nicht eingehaltene
Zahlungen eines vermeintlichen Sponsoren der Boden unter den
Füßen weggezogen wurde und der TuSEM im Mai 2005 - nur wenige
Tage nach dem Triumph im EHF-Pokal über den SC Magdeburg -
den bitteren Gang in den Amateurhandball antreten musste.
Schnell rappelte sich Essen auf, auch weil mehrere Leistungsträger
ihrem Verein treu blieben, doch nach einem weiteren Lizenzverlust
2009 und dem erneuten Zwangsrückzug in die zweite Liga hatten die
meisten Experten nicht mehr mit einer mittelfristigen Rückkehr
des Traditionsvereins gerechnet. Sie sollten sich täuschen.
Mit starker rechter Angriffsseite zurück in Liga 1
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Fast 300 Treffer in der zweiten Liga: Rechtsaußen Ole Rahmel.
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TuSEM |
Nachdem in der ersten Spielzeit in der Zweiten Bundesliga Süd
der Abstieg nur mit Ach und Krach vermieden werden konnte, gelang in
der Spielzeit 2010/2011 mit Platz sieben die erhoffte Qualifikation
für den neuen eingleisigen Unterbau der Handball-Bundesliga. Für
die vergangene Saison wollte Trainer Maik Handschke mit seinem
jungen Team eigentlich nur erfolgreich die Klasse halten, um
"in zwei bis drei Jahren dann auch einmal die Spitze der 2. Liga anpeilen"
zu können. Nach wackligem Start kam alles ganz anders: Angetrieben
von einer bärenstarken rechten Angriffsseite um die beiden
Neuzugänge
Ole Rahmel (VfL Gummersbach) und Hannes Lindt (DHC Rheinland)
- sie erzielten zusammen 498 Tore und damit fast 48 Prozent aller
Essener Treffer - biss sich der TuSEM in der Spitzengruppe fest
und konnte bereits vier Spieltage vor Saisonende den Aufstieg
feiern. "Wir freuen uns riesig über die Entwicklung dieser
Mannschaft und nehmen das Abenteuer DKB-HBL an. Der Aufstieg war
eigentlich in zwei Jahren geplant, doch wir werden uns nicht
verstecken und glauben an unsere Chance den Klassenverbleib zu
erreichen", so Prokurist Stephan Krebietke im Mai.
Wunschspieler Fabian Böhm und drei weitere Neuzugänge
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Neuzugang David Breuer erzielte bislang 24 Treffer - 17 davon
vom Siebenmeterstrich.
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TuSEM |
Der eingeschlagene Weg, auf junge, hungrige Spieler zu setzen
und vor allem nur noch das Geld auszugeben, das dem TuSEM in
seinem 1,7-Millionen-Euro-Etat zur Verfügung steht, sollte dafür
weiter verfolgt werden. Mit Pavel Prokopec verließ gar einer der
wenigen Routiniers den Club, der mit 23,0 Jahren neben dem
Co-Aufsteiger aus Neuhausen tatsächlich den jüngsten
Kader der
ersten Liga besitzt. Neu hinzu kamen lediglich vier Akteure:
Linkshänder David Breuer kam vom DHC Rheinland und soll die
beiden Haupttorschützen Lindt und
Rahmel entlasten. Kreisläufer
Toon Leenders wechselte aus Nordhorn nach Essen und soll vor allem
die Abwehr stabilisieren, hinter der mit dem aus Split verpflichteten
Kroaten Ante Vukas und dem Tschechen Jan Kulhanek im Tor die beiden
einzigen Ausländer im Kader stehen. Als vierter Neuzugang konnte
noch der "absolute Wunschspieler für den Rückraum" (Krebietke)
zum TuSEM gelotst werden. Der 60-fache Junioren-Nationalspieler
Fabian Böhm sammelte bereits in Magdeburg, Berlin, Dormagen und
zuletzt beim Bergischen HC Erstligaerfahrungen und will nun in
Essen seinen nächsten Schritt wagen. "Ich freue mich riesig auf
den TuSEM und die junge Truppe. Wir hatten einige sehr positive
Gespräche, der Weg, den der TuSEM geht, gefällt mir sehr gut.
Natürlich habe ich mir einige Spiele in dieser Saison angesehen,
es herrscht eine tolle Stimmung bei den TuSEM-Spielen 'am Hallo'
und die Mannschaft ist immer heiß und motiviert. Ich werde alles
daran setzen, um mit dem TuSEM die 1. Liga zu halten", so Fabian Böhm
Anfang Juni bei seiner Vorstellung. Ein fünfter Neuzugang soll zum
Rückrundenstart nach der WM in Spanien noch folgen, mit einer
besonderen Aktion soll dieser weitere Spieler finanziert werden:
Ein Sponsoren-Platz auf den Essener Trikots ist noch frei, für
diesen können sich Unternehmen durch den Kauf eines Loses für
500 Euro "bewerben". Die Verlosung der Aktion findet im Rahmen
des Heimspiels am 19. Dezember gegen den TBV Lemgo statt, zu der
alle Teilnehmer eingeladen werden.
"Genau da, wo wir erwartungsgemäß hingehören"
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Linkshänder Hannes Lindt konnte mit bislang 17/1 Treffern noch
nicht an seine starke Vorsaison anknüpfen.
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TuSEM |
Doch die Aufstiegseuphorie in Essen war schnell verflogen:
Bereits zum Auftakt kassierte man in Flensburg eine herbe
20:40-Schlappe, bis heute wartet der TuSEM auf den ersten
Punktgewinn und ziert mit 0:16 Punkten den letzten Platz
der DKB Handball-Bundesliga (siehe auch
Tabelle
und
Gegnerkurve TuSEM Essen).
Beim 27:29 im Traditionsduell beim VfL Gummersbach schnupperten
die Schützlinge von Maik Handschke zumindest an einem
Punktgewinn, aber nachdem auch das Heimspiel gegen den
TV Neuhausen mit 27:28 in die Hose ging, schwenkt man auf
der Margarethenhöhe bereits die weiße Fahne. "Natürlich haben
wir uns die ersten Spiele und den Start in die Saison ein
bisschen anders vorgestellt und erhofft. Aber bei
realistischer Betrachtung sind wir im Prinzip genau da,
wo wir erwartungsgemäß hingehören", sagte TuSEM-Manager
Niels Ellwanger nach dem ernüchternden 19:35 bei Frisch
Auf Göppingen. Dennoch will er keine Unruhe aufkommen
lassen: "Unser Plan ist ein mittelfristiger, wir wollen
uns mittelfristig in der ersten Liga etablieren und dabei
kann es durchaus passieren, dass wir absteigen und
vielleicht auch ein zweites Mal absteigen. Wir wollen,
wenn wir wieder hierher kommen, sicherlich etwas höher
springen und besser vorbereitet sein, als uns das in
dieser Saison gelungen ist", so Ellwanger weiter.
"Wir müssen diese Herausforderung, dieses Abenteuer 'Erste
Liga' weiter annehmen und gucken, dass wir uns weiterentwickeln",
hofft der Geschäftsführer aber zumindest noch auf den einen
oder anderen Punktgewinn.
Essener Lazarett lichtet sich rechtzeitig
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Trainer Maik Handschke kann am Sonntag beinahe aus dem Vollen schöpfen.
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TuSEM |
Dass der TuSEM ausgerechnet am Sonntag gegen den Branchenprimus
die Null auf der Habenseite wegwischen kann, daran mag auch
in Essen niemand so recht glauben: "Wir wollen so gut wie
möglich aussehen und wir wollen lernen", gibt Maik Handschke
die Marschrichtung vor. TuSEMs Übungsleiter haderte derweil
ein wenig mit der Spielverlegung aufgrund des Champions-League-Spiels
der "Zebras" gegen Veszprem, denn nach dem Rahmenspielplan sollte
das Traditionsduell bereits am Mittwoch, den 17. Oktober angepfiffen
werden. "Bei der Enge unseres Kaders ist jeder weitere
zusammenhängende Tag Erholung Gold wert", so Handschke, der lieber
mehr Vorbereitungszeit für das kommende Pokalspiel in Minden
genossen hätte. Letztendlich konnte Essens Trainer der lange
feststehenden Verlegung aber doch noch Gutes abgewinnen, denn
mit Ausnahme des langzeitverletzten Spielmachers Philipp Pöter
(Längsriss im Innenmeniskus) kann Handschke am Sonntag vermutlich
personell aus dem Vollen schöpfen. Die zuletzt angeschlagenen
Jan Kulhanek (Fingerverletzung), Kapitän Andre Kropp (Magen-Darm-Grippe)
und Julius Kühn (Schulter-Prellung) dürften wieder fit sein,
hätten das Spiel gegen den Rekordmeister ansonsten aber wohl
verpasst.
Drei "Zebras" zurück an alter Wirkungsstätte
Verpassen will die Partie, das "Spiel des Jahres", wie es
Ellwanger nennt ("Es ist ein großartiges Geschenk und das
Ereignis, an welches im Zusammenhang mit dem Aufstieg stets
zu allererst gedacht wurde") auch sonst niemand: Die Arena
"am Hallo" ist - mit Ausnahme weniger Stehplätze - komplett
ausverkauft, auch Sport1 (kostenpflichtig und live im Internet)
und die ARD Sportschau (in einer Zusammenfassung) werden von
dem Spiel berichten. Insgeheim besteht bei neutralen Handballfans
und -experten doch die Hoffnung, dass die "jungen Wilden von
der Margarethenhöhe" den THW Kiel ärgern können. Der letzte
von insgesamt 20 Pflichtspielsiegen aus bislang 59 Duellen (siehe auch
Gegnerdaten TuSEM Essen) gelang dem
TuSEM am 9. April 2003 gegen die "Zebras", von den
aktuellen Kieler Spielern war aber lediglich
Gudjon Valur Sigurdsson beim
27:25-Erfolg der Essener mit dabei.
Der isländische Linksaußen, der von 2001 bis 2005 für
den TuSEM auflief, erzielte damals einen Treffer für die
Gastgeber. Aber nicht nur für
Sigurdsson
ist die Reise nach Essen, die der THW Kiel am Freitag
direkt von Veszprem aus antritt, eine in die eigene Vergangenheit.
Auch
Patrick Wiencek (2007 bis 2009)
und
Alfred Gislason (1983 bis 1988)
bestritten ihre ersten Bundesligapartien im Trikot des TuSEM.
Die Schiedsrichter am Sonntag sind
Lars Schaller und Tobias Küsters.
Ersterer bildete lange Jahre mit Sebastian Wutzler ein Gespann,
das auch internationale Partien leitete, ehe Wutzler im Juli 2012
zurücktrat. Küsters bildete zuvor ein Gespann mit Florian Gerhard
und feierte erst im Dezember letzten Jahres seine Erstligapremiere
- in der Kieler Sparkassen-Arena.
Den vielzähligen Kieler Fans, die am Sonntag zur Sporthalle "am Hallo"
pilgern werden, sei auch der mobile Fanshop des THW ans Herz gelegt,
der auch in Essen Station machen wird. Neben brandneuen Fanartikeln
wie beispielsweise den Frühstücksbrettern und den Schlüsselanhängern
werden - neben den neuen Trikots - auch die erfolgreichen
Triple-Trikots aus dem Vorjahr zum Sonderpreis von 59 Euro statt
79 Euro angeboten. Vorbeischauen lohnt sich also!
(Sascha Krokowski)
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Lesen Sie bitte auch
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TUSEM Essen - THW Kiel:
Das Tippspiel ist nicht mehr verfügbar.
Mittippen!
Internet-Tip:
-
TV: Sport1 (Internet):
So., ab 14.50 Uhr: TUSEM Essen - THW Kiel
live aus der Sporthalle "Am Hallo", Essen
-
Radio: NDR 1 Welle Nord:
So., ab 15.00 Uhr: Liveeinblendungen TUSEM Essen - THW Kiel
(geplante Einblendungen um 15.00 Uhr, 15.30 Uhr,
16.00 Uhr, 16.10 Uhr und in der Schlussphase gegen 16.30 Uhr; Berichte in
den Nachrichten um 17.00 Uhr, um 17.30 Uhr und am Montagmorgen; Reporter
vor Ort ist Norman Nawe)
Tipp: Welle Nord kann man auch im Internet live hören!
- Internet:
Kiel-Liveticker bietet einen zeitnahen ausführlichen Live-Ticker an unter
www.kiel-liveticker.de.
- Internet:
Eine Übersicht über verschiedene Live-Ticker finden Sie auf unserer
Live-Ticker-Seite.