Erstmals seit über einem Jahr hat es den THW Kiel
auf europäischem Boden mal wieder erwischt: Am Donnerstagabend
unterlagen die "Zebras" im mit 5.019 Zuschauern ausverkauften
Hexenkessel von Veszprem dem ungarischen Serienmeister
mit 30:31 (15:14). Das Spitzenspiel der beiden ungeschlagenen
Mannschaften in der
Vorrunden-Gruppe B
der "VELUX EHF Champions League" war die gesamte Spielzeit über
hart umkämpft. Erst in der Schlussphase konnten sich die
Gastgeber beim 31:28 (57.) einen Drei-Tore-Vorsprung
erarbeiten, doch die Kieler kämpften sich noch einmal
zurück. Letztlich fehlten dem THW wenige Sekunden, um
seinen letzten Angriff ausspielen zu können und immerhin ein
Unentschieden zu retten.
Beste Werfer bei den "Zebras" waren die beiden starken
Außen
Gudjon Valur Sigurdsson mit
acht und
Christian Sprenger mit
sechs Treffern. Bei Veszprem stach Laszlo Nagy mit neun Treffern
heraus.
THW ohne Palmarsson und Toft Hansen
Eine Hiobsbotschaft gab es für
Alfred Gislason
bereits vor dem Anpfiff: Neben
Aron Palmarsson,
der aufgrund einer Ellenbogen-Verletzung die Reise an den Balaton
erst gar nicht mit angetreten hatte, fiel auch Kreisläufer
Rene Toft Hansen für das Spitzenspiel
aus. Der dänische Neuzugang hatte sich eine schwere Rippenprellung
zugezogen und konnte nicht eingesetzt werden. So startete der
THW mit
Filip Jicha, Rückkehrer
Marko Vujin und
Momir Ilic
im Rückraum,
Christian Sprenger und
Gudjon Valur Sigurdsson auf den Flügeln,
Marcus Ahlm am Kreis und
Thierry Omeyer
im Tor. In der Deckung setzten die Kieler zunächst auf die
defensive Variante, wobei
Patrick Wiencek
die Position
Vujins auf Halbrechts
übernahm. Und die 6:0-Abwehr des THW stand zunächst auch sehr gut,
ließ in den ersten neun Minuten auch dank dreier
Omeyer-Paraden lediglich zwei Gegentreffer
durch Nagy und einen Gegenstoß von Tamas Ivancsik zu. Da sich aber
die Kieler ihrerseits mit dem Abwehrbollwerk der Gastgeber abmühten,
bekamen die euphorischen Handballfans in der Veszprem-Arena zunächst
wenig Tore zu sehen. Durch ein Tor
Sigurdssons
vom Kreis nach schönem
Vujin-Anspiel, einen
im Nachwurf verwandelten Siebenmeter
Ilics
und einem Treffer
Sprengers führte der
THW aber zunächst mit 3:2.
Terzic bringt Veszprem nach vorne
Doch Veszprem übernahm danach langsam die Kontrolle über die Partie.
Chema Rodriguez traf zum 3:3-Ausgleich, Nagy beantwortete einen
Sprenger-Gegenstoß postwendend zum 4:4,
und als Alilovic gegen
Vujin parierte,
gelang dem bislang gegen
Wiencek
abgemeldeten Terzic aus dem linken Rückraum die 5:4-Führung für
die Ungarn.
Sigurdsson gelang zwar
von außen der Ausgleich, doch Terzic ließ nach einem schönen Wackler
gegen
Wiencek und einem Gegenstoß nach
Jichas Ballverlust das 7:5 folgen.
Jicha setzte
Sprenger
gekonnt zum 6:7 in Szene, Ivancsik per Strafwurf und ein
Sulic-Konter nach einem geblockten
Ilic-Wurf
bedeuteten jedoch gar das 9:6 (15.) für Veszprem.
Alfred Gislason legte die grüne Karte
auf den Zeitnehmertisch, um den Lauf der Gastgeber zu stoppen.
Er brachte Narcisse für Ilic,
außerdem kam Zeitz zunächst in der
Abwehr für Wiencek, wenig später auch
für Vujin im Angriff. Und die Kieler
verkürzten, auch wenn sie sich weiterhin schwer taten gegen die
Abwehr der Magyaren. Bei angezeigtem Zeitspiel donnerte
Jicha den Ball aber zum 7:9 ins Eck,
und nach einer Parade Omeyers gegen
Sulic traf Sigurdsson zum 8:9.
Veszprem aber blieb weiter vorne, Terzic erhöhte mit einem wuchtigen
Schlagwurf auf 10:8, und nachdem Alilovic erst gegen Narcisse
und dann gegen Sigurdsson vom Kreis
parierte, war Kiels Aufholjagd erst einmal wieder gestoppt.
Aufholjagd trotz dreier Zeitstrafen
Vielmehr mussten die "Zebras" nun aufpassen, nicht weiter ins
Hintertreffen zu geraten. Denn binnen drei Minuten fanden sich
in
Marcus Ahlm,
Christian Zeitz
und
Marko Vujin gleich drei Kieler
Spieler für zwei Minuten auf der Bank wieder. Doch mit viel
Einsatzwillen, einem Treffer von
Zeitz,
der einen von
Narcisse am Kreis nicht
kontrollierten Ball aufnahm und an Alilovic vorbei ins Tor hämmerte
und einer wichtigen Parade
Omeyers gegen
Ugalde überstanden die Kieler diese zwei doppelte-Unterzahl-Situationen
beinahe schadlos - lediglich Nagy traf gegen die dezimierte THW-Deckung
per Kempa nach einem Anspiel Ugaldes. Und als Chema Rodriguez
nach einem Foul an
Jicha seinerseits
eine Zeitstrafe aufgebrummt bekam, konnten die Kieler endlich
durchstarten:
Zeitz wuchtete direkt
von der Sünderbank kommend einen Unterarmwurf zum 10:11 in die
Maschen, und nach dem 12:10 durch Tamas Ivancsik gelang
Sprenger mit einem Doppelschlag der
Ausgleich. Die Kieler Deckung war mittlerweile auf die
offensive 3:2:1-Variante umgestellt und stellte die Gastgeber
vor große Probleme. Dennoch sorgten Ugalde und Laluska für
weitere Treffer Veszprems, die
Sigurdsson
und
Ahlm aber zu kontern wussten.
Und als Laszlo Nagy in Unterzahl wenige Sekunden vor Schluss
einer seiner wenigen Fehlwürfe unterlief, konnten die
"Zebras" durch einen spektakulären
Sigurdsson-Treffer
gar mit einer 15:14-Führung in die Kabinen gehen.
Nagy nicht mehr zu stoppen
Nach dem Seitenwechsel hatten die Kieler mit dem Anstoß und in
Überzahl die große Chance, erstmals ihrerseits mit zwei Treffern
in Führung zu gehen. Alilovic parierte aber den Wurf
Ilics
und Nagy egalisierte. Als dann auch noch ein
Zeitz-Wurf
von Veszprem geblockt wurde und Gergö Ivancsik per Gegenstoß
traf, lagen die Gastgeber schon wieder vorne. Das Spiel wogte
nun hin und her. Veszprem legte stets weiter vor, obwohl von der
linken Seite um Terzic nichts mehr zu sehen war. Dafür übernahm
Nagy nun das Kommando, mit wuchtigen Sprungwürfen, aber auch
zwei tollen Anspielen auf seinen Nebenmann Tamas Ivancsik drückte
Barcelonas ehemaliger Kapitän der Partie seinen Stempel auf und ließ
sich auch von zeitweiligen Manndeckungen durch
Sigurdsson
oder
Narcisse nicht irritieren. Der
THW fand aber immer wieder ein Mittel, um auszugleichen. Sei es
durch den überragenden
Sigurdsson, der selbst
aus spitzestem Winkel den Ball noch an Alilovic vorbeizirkeln konnte.
Sei es durch
Jicha, der fast aus dem Stand
hochstieg und zum 17:17 traf. Oder aber durch die starke Achse
Zeitz/
Ahlm,
die einen von
Ekberg verwandelten
Siebenmeter zum 18:18 herausholte und das 19:19 durch den
Kapitän direkt verantwortete. Das kongeniale Duo wurde allerdings
bald gesprengt, nachdem sowohl
Zeitz
als auch wenig später
Ahlm seine zweite
Zeitstrafe kassierte.
THW legt noch einmal vor
Alfred Gislason hatte mittlerweile
Andreas Palicka für den glücklosen
Thierry Omeyer gebracht, aber auch der
Schwede war gegen die gewaltigen Geschosse Nagys zum 20:19 und
21:20 machtlos. Gut nur, dass
Sprenger
einen Ballverlust Veszprems dank weitem
Palicka-Pass
per Gegenstoß zum 20:20 bestrafte, und dass
Vujin
in Unterzahl aus dem linken Rückraum ins kurze Eck zum 21:21
egalisierte. Und in Unterzahl gingen die "Zebras" nun ihrerseits
wieder in Führung: Ein Stürmerfoul von Rodriguez nutzte
Sprenger per Konter aus, und nach
einer tollen Parade
Palickas gegen
Sulic vollstreckte
Sigurdsson zum
23:22 für den THW. Einmal mehr Laszlo Nagy glich zwar aus, doch
als
Narcisse bei angezeigtem Zeitspiel
traf,
Palicka erneut gegen Sulic hielt
und
Vujin einen Hüftwurf am
eingewechselten Fazekas vorbei zum 25:23 in die Maschen donnerte,
lagen die Gäste eine Viertelstunde vor Schluss erstmals in der
Partie mit zwei Treffern vorne.
4:0-Lauf Veszprems dank Fazekas
Die Freude über die Führung währte aber nur kurz: Wieder war
es Laszlo Nagy, der mit einem Hüftwurf eine Antwort parat hatte.
Wiencek setzte sich kurz darauf
zwar sehenswert am gegnerischen Kreis durch, doch die guten
norwegischen Unparteiischen
Abrahamsen/Kristiansen
entschieden auf Offensivfoul. Stattdessen traf Oneto - natürlich
nach einem Anspiel Nagys - zum 25:25-Ausgleich. Und nun wurde
auch Nandor Fazekas zu einem Faktor. Der ehemalige Torhüter
des TuS N-Lübbecke und des VfL Gummersbach parierte nacheinander
Würfe von
Vujin,
Ilic
und
Narcisse - das Blatt wendete sich
erneut, Ugalde per zweiter Welle und Tamas Ivancsik vom Kreis
warfen Veszprem wieder mit 27:25 (52.) nach vorn.
Der Joker Jamali sticht
Die Kieler kämpften sich durch
Jicha
und
Zeitz wieder heran, und nach
einer Zeitstrafe gegen Terzic lag der Ausgleich in der Luft.
Narcisse gelang an der Spitze der
Kieler 3:2:1-Deckung ein Ballgewinn, doch der Franzose scheiterte
per Gegenstoß an Fazekas. Stattdessen wuchtete der nun auf
Halblinks gekommene junge Iraner Iman Jamali den Ball bei
angezeigtem Zeitspiel zum 29:27 in die Maschen. Und nachdem
Oneto einen
Sprenger-Treffer konterte,
Ekberg per Siebenmeter an Fazekas
scheiterte und Jamali auf 31:28 erhöhte, schien die Messe drei
Minuten vor Schluss fast gelesen.
Veszprem mit über einminütigem letzten Angriff
Doch
Narcisse gelang per Durchbruch
aus spitzem Winkel noch einmal der Anschlusstreffer zum 29:31,
nach einem Lattenkracher Jamalis traf
Zeitz
gar zum 30:31. Und dann hatten die "Zebras" noch das Glück,
dass Veszprems Coach Ortega die grüne Auszeitkarte gerade in dem
Moment auf den Tisch legte, in dem Csaszar und Nagy die Kieler
Deckung mit einem schnellen Doppelpass entblößt hatten. Siebzig
Sekunden waren nun noch zu spielen. Siebzig Sekunden, in denen
die Gastgeber die Uhr clever runterspielten, ehe Nagy von
Jamali am Kreis angespielt wurde, doch am wieder eingewechselten
Omeyer scheiterte. Den Abpraller aber
sicherte Ugalde, so dass Veszprem erneut aufbauen konnte. Die
"Zebras" rückten raus, hatten mehrfach die Fingerspitzen am Ball,
doch die Kontrolle über das Spielgerät wollte einfach nicht klappen.
Als
Alfred Gislason
nach einem Fehlwurf Nagys endlich die Auszeitkarte zücken konnte,
war die Uhr bereits bis auf mickrige drei Restsekunden heruntergelaufen.
Zu wenig.
Omeyers weiter und hoher Pass
in den generischen Kreis hinein fand Landsmann
Daniel Narcisse
leider nicht, so dass Veszprem letztlich über den nicht unverdienten
Erfolg jubeln konnte.
Am Sonntag in Essen
Die "Zebras" rutschen damit mit 6:2 Zählern hinter MKB Veszprem (8:0)
auf den zweiten Platz der
Gruppe B
zurück. Auf dem dritten Platz liegt überraschend der schwedische
Titelträger IK Sävehof (4:4), der am Mittwoch den letztjährigen Finalisten
Atletico Madrid mit 35:30 niederrang. Die Spanier belegen mit nun 2:6
Zählern den vierten Rang und sind punktgleich mit RK Celje Pivovarna
Lasko und HCM Constanta, das am Donnerstagabend durch ein 22:17 gegen
die Slowenen seine ersten Punkte ergatterte. Die Champions League geht
nun erst einmal in eine rund vierwöchige Pause, ehe es am 17. und 21. November
mit gleich zwei Duellen des THW mit Celje
weitergeht. Vier Wochen, in denen neben einer Länderspielpause
das DHB-Pokalspiel in Leipzig am kommenden Mittwoch und
insgesamt fünf Partien in der DKB Handball-Bundesliga auf
den THW warten. Den Anfang macht bereits am Sonntag das
Auswärtsspiel beim Aufsteiger TuSEM Essen, weshalb die
Kieler erst gar nicht nach Schleswig-Holstein zurückkehren
werden. Der Anpfiff in der ausverkauften Sporthalle "am Hallo"
erfolgt um 15.00 Uhr, Sport1 überträgt das Traditionsduell
live und kostenpflichtig im Internet.
(Sascha Krokowski)
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Es war das erwartet schwere Spiel gegen eine fantastische Mannschaft
in einer der besten Arenen der Welt. Natürlich bin ich nicht
zufrieden, weil wir einen oder zwei Punkte mitnehmen wollten.
Veszprems Trainer Antonio Carlos Ortega:
Es war ein fantastisches Spiel gegen die beste Mannschaft
Europas. Wir haben mit einer neuen Mannschaft und einem
neuen Trainer gezeigt, dass mit Veszprem zu rechnen ist.
Das war ein spektakulärer Sieg.
Wir lieben diese engen und harten Spiele. Natürlich sind
wir nicht glücklich mit dem Resultat, aber wir freuen uns
auf das Rückspiel vor unseren Fans.
Veszprems Rückraumspieler Laszlo Nagy:
Es war ein enges Match in einer tollen Atmosphäre, aber
wir haben trotz der vier Siege noch viel Arbeit vor uns.
Schade. Ich habe im Moment noch keine Erklärung dafür,
warum wir verloren haben. Wir haben eigentlich ganz gut
gespielt, heute hat die Tagesform entschieden. Die
Atmosphäre fand ich super, in der Pause haben mir in der
Kabine die Ohren geklingelt. Ein richtiger Hexenkessel,
nicht zu groß, aber auch nicht zu klein.
THW-Rückraumspieler Daniel Narcisse gegenüber den KN:
Hätten wir unsere Chancen besser genutzt, dann wären wir
vielleicht gar in die Situation gekommen, dass ein letzter
Wurf entscheiden kann. Diese Szene war ein klarer Siebenmeter
und der Schubser in meinen Rücken gefährlich, aber die
Schiedsrichter haben in dieser Szene anders entschieden.
- MKB Veszprem KC (HUN ):
-
Fazekas (44.-60., 7/1 Paraden),
Alilovic (1.-44., 10/2 Paraden);
Gulyas (n.e.),
G. Ivancsik (1),
Schuch,
Csaszar (1),
T. Ivancsik (7/2),
Perez (n.e.),
Laluska (1),
Nagy (9),
Jamali (2),
Ugalde (2),
Rodriguez (1),
Oneto (2),
Terzic (4),
Sulic (1);
Trainer: Ortega
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-36., 58.-60., 7 Paraden),
Palicka (36.-58., 2 Paraden);
Toft Hansen (n.e.),
Sigurdsson (8),
Sprenger (6),
Ahlm (2),
Wiencek,
Ekberg (1/1),
Zeitz (4),
Narcisse (2),
Ilic (1),
Klein (n.e.),
Jicha (4),
Vujin (2);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Kenneth Abrahamsen / Arne M. Kristiansen (Norwegen)
- Zeitstrafen:
-
Veszprem: 4 (Rodriguez (23.), Laluska (29.), Oneto (50.),
Terzic (53.));
THW: 6 (2x Ahlm (20., 41.), 2x Zeitz (22., 37.),
Vujin (23.), Wiencek (47.))
- Siebenmeter:
-
Veszprem: 2/2;
THW: 4/1 (Alilovic hält Ilic (6., Nachwurf verwandelt) und
Jicha (11.), Fazekas hält Ekberg (57.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 1:0, 1:2 (6.), 2:2, 2:3, 3:3 (10.), 3:4, 5:4, 5:5, 7:5, 7:6, 9:6 (15.),
9:8, 10:8, 10:9 (21.), 11:9, 11:10, 12:10 (25.), 12:12, 13:12, 13:13, 14:13, 14:15;
2. Hz.: 16:15, 16:16, 17:16, 17:17, 18:17, 18:18 (35.), 19:18, 19:19, 20:19, 20:20,
21:20, 21:21, 22:21 (40.), 22:23, 23:23, 23:25 (45.), 27:25 (52.), 27:26, 28:26, 28:27,
29:27, 29:28, 31:28 (57.), 31:30.
- Zuschauer:
-
5.019 (ausverkauft) (Veszprem Arena, Veszprem (HUN))
- Spielgrafik:
-
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
Die deutschen Teams im neu gestalteten
EHF-Pokal werden
erst Ende November ins Spielgeschehen eingreifen.
Die drei weiteren deutschen Starter in der "VELUX EHF Champions League" spielen
ebenfalls um Punkte: Den Anfang machten
die Füchse Berlin, die bereits am Mittwoch in der
Gruppe D ihren dritten Sieg
einfuhren. Gegen die Kadetten aus Schaffhausen (SUI) gewannen
die Bundeshauptstädter ihr Heimspiel mit 31:27 und behaupteten
damit Platz zwei hinter dem FC Barcelona. In der Gruppe A
spielen beide deutschen Mannschaften am Sonntag: Zunächst empfängt der HSV Hamburg um 16 Uhr
den serbischen Meister Partizan Belgrad, um 17.30 Uhr bestreitet dann die SG Flensburg-Handewitt
die schwere Auswärtspartie bei Ademar Leon.
Alle drei Partien werden live auf Eurosport übertragen.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Aus den Kieler Nachrichten vom 19.10.2012:
Vesprem feierte Coup über unglücklichen THW Kiel
Titelverteidiger verlor beim 30:31 erstmals nach einem Jahr in der Champions League
Veszprem. Die Fans von MKB Veszprem feierten den
31:30 (14:15)-Sieg über den THW Kiel gestern Abend
noch eine halbe Stunde nach dem Abpfiff. Als die
"Zebras" nach einem dramatischen Duell zum Auslaufen
erneut auf das Feld gingen, hatte die unglaubliche
Kulisse die passende Zeile getextet: "Auf Wiedersehen"
sangen die mehr als 5200 Zuschauer, die
maßgeblichen Anteil daran hatten, dass der deutsche
Handballmeister in der Champions League erstmals
nach einem Jahr wieder ein Spiel verlor.
Die letzten vier Minuten hätten schon genügt, um Stoff für
ein Drama zu sammeln. Die Gäste, die neben dem nicht
mitgereisten Aron Palmarsson
(Schmerzen im Ellenbogen) kurzfristig auch auf
Rene Toft Hansen (Rippenprellung)
verzichten mussten, lagen 28:31 zurück. Der Iraner Imam Jamali
hatte mit einem Hammerwurf aus zehn Metern den
Drei-Tore-Vorsprung perfekt gemacht. Kurz zuvor war
Niclas Ekberg mit einem Siebenmeter
am Matchwinner Nandor Fazekas gescheitert. Es war der dritte
Strafwurf, den die Kieler verwarfen.
Doch der THW raffte sich noch einmal auf. Daniel Narcisse,
der drei Minuten zuvor bei einem Gegenstoß freistehend am eingewechselten Fazekas
gescheitert war, überwand den 36-Jährigen zum 29:31. Dann knallte Jamal den
Ball an die Latte, und Christian Zeitz verkürzte auf ein
Tor. Die Kieler hatten knapp 90 Sekunden Zeit, den Ausgleich zu erzielen, doch
tatsächlich kamen sie erst wieder an den Ball, als es keine realistische Chance
mehr gab. "Die letzten drei, vier Minuten haben eine Ewigkeit gedauert", sagte
Rechtsaußen Christian Sprenger, der wie sein Kollege
auf dem linken Flügel, Gudjon Sigurdsson, ein
bärenstarkes Spiel ablieferte.
Die norwegischen Unparteiischen Kenneth Abrahamsen und Arne Kristiansen ließen
unter Missachtung der Zeitspiel-Regel die Ungarn munter angreifen. Oder besser
gesagt, nicht angreifen. Als der Ball in den Händen der Gäste landete, blieben
ihnen noch drei Sekunden. In der Halle kochte die Atmosphäre nun über. Seriöse
Männer mittleren Alters brüllten mit ungesunder Gesichtsfarbe, adrett aussehende
Damen verwandelten sich in Furien - vielleicht waren es diese Emotionen, die den
Unparteiischen den Mut nahmen, klarer zu pfeifen.
Als Thierry Omeyer, der nicht seinen besten Tag
erwischte, den Ball in der Hand hielt, stellten sich alle Feldspieler wie
Schachfiguren auf. Drei Sekunden auf der Uhr, und ein ganzes Feld vor sich -
da blieb nur der lange Pass auf Narcisse. Doch der
Franzose wurde rüde aus der Luft gepflückt, es hätte Strafwurf geben müssen.
"Wieder einmal die Kollegen aus Norwegen", sagte Filip Jicha,
als er über das Gespann sprechen sollte. Allerdings wollte der Tscheche die
Niederlage auch nicht so einfach auf andere Schultern schieben. "Wir haben
gut gespielt und ich bin gerade ein wenig ratlos. Ich bin sehr gespannt darauf,
mir das Video dieses Spiels anzusehen, um die Gründe zu finden." Es waren
letztlich Kleinigkeiten in einem Handball-Tempel der besonderen Art.
Die Fans hatten auch Marko Vujin, der sechs Jahre
hier gespielt hatte, mit großer Herzlichkeit empfangen. Er war sichtlich nervös,
lief beim Betreten der Halle erst einmal aus Gewohnheit an der Kabine vorbei,
die den Gästen vorbehalten war. Die jetzt seine gewesen wäre. Viel gelang ihm
nicht. Auch eine dieser Kleinigkeiten, die sich am Ende zu einer unglücklichen
Niederlage aufsummierten.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 19.10.2012)