Dank einer fantastischen Abwehrleistung mit den beiden
überragenden Torhütern Thierry Omeyer
und Andreas Palicka hat der THW Kiel
am Donnerstagabend einen Kantersieg in der "VELUX EHF Champions League"
gelandet. Im Heimspiel gegen den rumänischen Meister HCM Constanta
gewannen die "Zebras" überdeutlich mit 35:14 (16:7) und übernahmen
mit nun 6:0 Punkten die Tabellenführung in der
Gruppe B. Beste Torschützen
beim zweithöchsten THW-Sieg in der
Champions-League-Historie waren Daniel Narcisse
und Momir Ilic mit jeweils fünf Treffern.
THW startet mit 5:0
Vor rund 9500 Zuschauern in der Sparkassen-Arena legten die "Zebras"
gleich einen Bilderbuchstart hin: Als Momir Ilic
in der siebten Spielminute einen von Marko Vujin
erkämpften Siebenmeter verwandelte, stand es bereits 5:0 für den THW Kiel.
Thierry Omeyer hatte zu diesem Zeitpunkt bereits
die gesamte Angriffsreihe der Gäste entnervt und nacheinander Würfe von
Csepreghi, Humet Gaminde, Angelovski und Toma entschärft.
Daniel Narcisse hatte bereits mit zwei tollen
Treffern und einem Anspiel an Momir Ilic
angedeutet, dass er nach den Olympischen Spielen
und dem anstrengenden Saisonstart wieder auf dem Weg zu seiner meisterlichen
Form der Vorsaison ist. Die beiden aus Kopenhagen verpflichteten
Gudjon Valur Sigurdsson und
Rene Toft Hansen hatten bereits eine sehenswerte
Kombination zum zwischenzeitlichen 4:0 abgeschlossen. Und Gästetrainer
Zvonko Shundovski hatte bereits eine seiner grünen Auszeitkarten auf
den Zeitnehmertisch gelegt.
Der THW begann außerdem mit Niclas Ekberg auf
Rechtaußen und einer kompakten 6:0-Deckung mit Toft Hansen
und Momir Ilic im Mittelblock. Und diese Kieler Abwehr
machte es HCM Constanta beinahe unmöglich, zum Torerfolg zu gelangen. Nach den
vielen Fehlwürfen in der Anfangsphase forderte Shundovski von seinen Spielern,
sich klarere Chancen herauszuarbeiten. Doch ohne den verletzten Spielmacher
Dalibor Cutura blieben diese Mangelware, stattdessen
unterliefen den Gästen gegen die flinke und doch kompakte Kieler Abwehr
unzählige technische Fehler. Allerdings: Auch die "Zebras" taten sich im Angriff
kurzzeitig schwerer mit der sehr offensiven Deckung Constantas. Da auch Torhüter Stanescu
einen guten Start erwischte, konnte der rumänische Meister durch zwei Treffer
Criciotoius die ersten Erfolgserlebnisse feiern und durch einen Gegenstoß
Angelovskis nach Narcisse-Fehlpass gar auf 4:7
verkürzen (14.).
Es war aber nur ein kurzes Aufbäumen der Gäste, bei denen nun auch
Ex-"Zebra" Milutin Dragicevic in der Abwehr
und später im Angriff zum Einsatz kam. Durch einen Ekberg-Doppelpack
- das 8:4 erzielte er mit einem eleganten Dreher von außen in die
kurze Ecke, das 9:4 per zweiter Welle - und einen im Nachwurf
verwandelten Ilic-Strafwurf erhöhten die
Kieler auf 10:4, ehe Alfred Gislason
erstmals durchwechselte: Jicha beerbte
Narcisse, Wiencek
kam für Toft Hansen, Zeitz
für Vujin, und in der Abwehr spielte
der THW nun die offensive 3:2:1 mit Jicha an
der Spitze und Momir Ilic im Zentrum am Kreis.
Doch auch diese Deckung schmeckte Constanta gar nicht. Zwar verkürzte
Simicu auf 5:10, doch danach mussten die Gäste über neun Minuten auf
einen weiteren Treffer warten. Neun Minuten, in denen der THW durch
Jicha nach weitem Omeyer-Pass,
Zeitz nach eigenem Steal und wenig später
mit einem unglaublichen 107km/h-Schlagwurf, Wiencek
vom Kreis und erneut der bärenstarke Zeitz
mit einer Unterarmfackel auf 15:5 davongezogen war. Nachdem Toma endlich
wieder für Constanta treffen konnte, krönte Zeitz
seine großartige Leistung mit seinem vierten Treffer innerhalb von
sechs Minuten - einem tollen Wackler zum 16:6. Auch wenn Humet Gaminde den
letzten Treffer der ersten Halbzeit erzielte, war die Partie bereits mit
dem Halbzeitpfiff für den THW entschieden.
THW lässt nicht locker und zaubert
Immer einen Schritt voraus: Patrick Wiencek
ist vor George Ionut Buricea am Ball.
Wer glaubte, dass die Kieler - wie zuletzt beim 43:34-Torfestival gegen Sävehof
- ein bisschen den Schlendrian einkehren lassen würden, wurde schnell eines
Besseren belehrt. Die "Zebras", nun mit Dominik Klein
und Christian Sprenger als Flügelzange und wieder
mit Toft Hansen und Marko Vujin
auf dem Parkett, machten dort weiter, wo sie aufgehört hatten. Mit einer
sattelfesten Abwehr und dem auch nach Wiederanpfiff zwischen den Pfosten
glänzend aufgelegten Thierry Omeyer baute der
THW den Vorsprung weiter aus: Grandios, wie Narcisse
eine zweiminütige Überzahl nutzte, um Vujin zum
17:7 und Toft Hansen zum 18:8 in Szene zu setzen,
ehe der Franzose einen Sprungwurf zum 19:8 in den Winkel ballerte und per
schneller Mitte ein Jicha-Anspiel vom Kreis zum
20:9 vollendete. Faszinierend, wie Thierry Omeyer
millimetergenau auf Sprenger zum 21:9 passte,
wie Marko Vujin aus spitzem Winkel zum 22:9
nachlegte, wie Dominik Klein plötzlich im
rechten Rückraum auftauchte und per Durchbruch das 23:10 markierte oder wie
der Linksaußen von seiner angestammten Position ins kurze Eck zum 24:10
abschloss.
Auch Palicka wie im Rausch
11 Paraden in 20 Minuten: Andreas Palicka
war nur viermal zu überwinden.
In der 41. Spielminute hatte Thierry Omeyer mit
einer Quote von 58 Prozent gehaltener Bälle seinen wohlverdienten Feierabend
und machte Platz für einen Andreas Palicka, der
sich im Rausch sogar zu einer Quote von 73 (!) Prozent aufschwingen sollte.
Gleich die erste Parade hatte es in sich: Nach einem Fehlpass von
Narcisse rauschte Milutin Dragicevic
auf seinen ehemaligen Mitspieler zu, wartete beim Gegenstoß lange mit dem
Abschluss - doch Palicka entschärfte den Wurf des
Serben mit seiner rechten Hand und löste wahre Jubelstürme unter den Zuschauern
aus. Und der Schwede legte nach mit weiteren Paraden, hielt einen Wurf
von Sadoveac sogar fest und sammelte mit einem weiten Pass auf
Sprenger beim 27:10 einen Assist.
Die Kieler Fans in der Sparkassen-Arena kamen aus dem Jubeln gar nicht
mehr heraus und freuten sich, als Marko Vujin
sich auf der linken Seite zum 25:10 durchtankte und mit
Daniel Narcisse einen schnellen Doppelpass
spielte, der im 26:10 mündete. Oder als sich Wiencek
eine "Bogenlampe" - nach einer Palicka-Parade
gegen Toma - pflückte und per Gegenstoß zum 31:12 vollendete. Oder als
Ekberg mit zwei frechen Siebenmetern auch
den kleinen Strafwurf-Fluch seiner Mannschaft beendete. Und apropos
Strafwurf: Den Schlusspunkt des 35:14-Erfolgs setzte Andreas Palicka,
der von Csepreghi auch vom Siebenmeterstrich nicht zu überwinden war.
Am Sonntag kommt Göppingen
Keine 15 Kieler Gegentore in einem Pflichtspiel - dies gab es, vom
Erfolg gegen Sydney beim "IHF Super Globe"
im August einmal abgesehen, zuletzt im November 1999, als die
"Zebras" den VfL Gummersbach mit 27:14 nach
Hause schickten. Alfred Gislason hatte
daher einen geruhsamen Abend. Der Isländer brauchte nicht einmal eine Auszeit
nehmen, Kapitän Marcus Ahlm und den
angeschlagenen Aron Palmarsson konnte
er sogar komplett für die kommenden Aufgaben schonen.
Für den THW Kiel bedeutet dieser Erfolg auch die Tabellenführung
in der Gruppe B, MKB Veszprem
kann am Sonntag mit einem Sieg bei Atletico Madrid aber zumindest an
Punkten wieder gleichziehen. Im dritten Spiel der Vorrundengruppe treffen am
Samstagabend RK Celje Pivovarna Lasko (SLO) und IK Sävehof (SWE)
aufeinander. Die "Zebras" werden sich indes bereits am Freitag
wieder auf die DKB Handball-Bundesliga konzentrieren, denn der
Spielplan kennt kein Erbarmen mit dem deutschen Rekordmeister.
Bereits am Sonntag gastiert EHF-Pokalsieger Frisch Auf Göppingen
an der Kieler Förde, Anwurf in der Sparkassen-Arena-Kiel ist um
15.00 Uhr.
Wir haben eine sehr gute Partie gespielt - und viel besser als
gegen Sävehof. Ich bin sehr überrascht
über das Resultat, weil Constanta eine sehr gute Mannschaft hat,
die auch schon sehr guten Handball gezeigt hat. So war HCM über
50 Minuten gegen Veszprem auf Augenhöhe. Wir haben nicht so
viele Fehler gemacht, die Verteidigung stand sehr gut, und unsere
Torhüter waren fantastisch. Ich weiß, dass Constanta viel besser
spielen kann. Das Rückspiel wird wesentlich schwieriger. Ich bin
zufrieden mit meiner Mannschaft - ganz im Gegensatz zum
Sävehof-Spiel, wo wir unsere Linie komplett
verloren hatten für einige Minuten. Das war heute nicht so, wir
haben 60 Minuten lang gut gespielt.
Constantas Trainer Zvonko Shundovski:
Ich kann mich an ein Spiel wie dieses kaum erinnern. Jeder weiß,
wie Kiel spielt. Aber so wie wir hier aufgetreten sind, war es
eine Schande.
Constantas Kapitän Laurentiu-Mihai Toma:
Ich möchte Kiel gratulieren. Wir haben zuviel Respekt gegen
die beste Mannschaft der Welt gezeigt. Wir haben eine Lehrstunde
bekommen. Handball ist ein Mannschaftssport, und der THW hat
wie eine wahre Mannschaft gespielt. Wir haben hingegen zuviele
Fehler gemacht und einfach nicht getroffen. Die Kieler Torhüter
waren sehr gut.
Heute wollten wir zeigen, dass wir konzentriert über 60 Minuten
spielen können. Wir wollen das am Sonntag wiederholen und gehen
jetzt mit einem guten Gefühl in eine Phase, in der wir viele
Auswärtsspiele, interessante und schwere Aufgaben vor uns haben.
Solche Siege helfen natürlich, das Selbstvertrauen aufzubauen.
Constantas Torhüter Ionut Stanescu gegenüber den KN:
Jeder weiß, dass Kiel das beste Team Europas ist. Trotzdem
dürfen wir nicht so hoch verlieren.
Ich bin sehr zufrieden mit unserem Spiel. Als ich herein
kam, habe ich gesehen, dass die anderen immer noch Spaß
haben. Und da wollte ich auf gar keinen Fall hinten anstehen.
Die deutschen Teams im neu gestalteten EHF-Pokal werden
erst Ende November ins Spielgeschehen eingreifen.
Die drei weiteren deutschen Starter in der "VELUX EHF Champions League"
bestreiten ihr drittes Spiel jeweils am Sonntag. Den Anfang machen
die Füchse Berlin, die ab 16.00 Uhr beim ungarischen Vizemeister
SC Szeged zu Gast sind. Beide Mannschaften haben in der
Gruppe D bislang 2:2 Punkte
gesammelt - ein wegweisendes Spiel also für den aktuellen
Tabellenführer der DKB Handball-Bundesliga. Um 17.30 Uhr empfängt
die SG Flensburg-Handewitt, in der starken Gruppe A
mit 3:1 Punkten gestartet, den ebenfalls noch ungeschlagenen
russischen Serienmeister Chehovski Medvedi Moskau. Um 19.00 Uhr
schließlich tritt der HSV Hamburg in derselben Gruppe beim
krisengeschüttelten französischen Titelträger Montpellier AHB
an und will das Punktekonto auf 5:1 Zähler ausbauen.
Alle drei Partien werden live auf Eurosport übertragen.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
HCM Constanta kam gestern in Kiel mit 14:35 unter die Räder - THW Tabellenführer
Kiel. Titelverteidiger THW Kiel gewann gestern
Abend auch sein drittes Spiel in der Handball-Champions
League, bezwang HCM Constanta mühelos mit
35:14 (16:7) Toren. Es war der fünfte Sieg im fünften
Aufeinandertreffen in der Königsklasse gegen die
völlig überforderten Rumänen. Zugleich erklommen
die "Zebras" Tabellenplatz eins der Gruppe B,
zogen an MKB Veszprem vorbei, das am Sonntag bei Atletico
Madrid auf dem Prüfstand steht. Zum direkten
Duell der beiden Mitfavoriten dieser Gruppe kommt
es am kommenden Donnerstag (19 Uhr) in Ungarn.
THW-Führungsspieler Filip Jicha
war mit Inspirationen und großen Eindrücken von seiner Teilnahme
am Staatsbesuch von Präsident Joachim Gauck beim tschechischen
Oberhaupt Vaclav Klaus in die Partie gegangen. Er habe am
Mittwoch in freundlicher und entspannter Atmosphäre unvergessliche
Erlebnisse aus den Räumen der Prager Burg mit nach Kiel gebracht,
erzählte der ehemalige Welthandballer. Nach dem Essen ("Es gab
typisch Tschechisches, Prager Schinken und Ente mit Knödel
und Kraut") im Kreise von rund 80 Teilnehmern aus allen
Gesellschaftskreisen beider Länder sei er von Klaus zu einer
Tasse Kaffee eingeladen worden. Dabei habe er das Glück gehabt,
alleine einen Smalltalk mit beiden Präsidenten führen zu dürfen.
"Der spielt doch bei uns in Deutschland", habe Gauck zu seinem
tschechischen Kollegen gesagt und ein "sehr nettes Gespräch
eröffnet".
Ente und Knödel hatte der 30-Jährige gut verdaut, gestern
Abend war Jicha wieder Lenker im
THW-Trikot, "nervte" die rumänische Offensive als "Speerspitze"
der Kieler 3:2:1-Deckung. Dazu kam der Tscheche allerdings erst nach
einer Viertelstunde. Trainer Alfred Gislason
vertraute, bis auf Patrick Wiencek, zunächst
den übrigen vier Neuzugängen, also Rene Toft Hansen,
Gudjon Valur Sigurdsson,
Marko Vujin und Niclas Ekberg.
Ergänzt durch Momir Ilic sowie
Daniel Narcisse. Die ungewohnte
Formation begann stark, auch weil Thierry Omeyer
den Rumänen von Beginn an den Zahn zog, nach fünf Minuten
bereits fünf Paraden in der Statistik stehen hatte. Nur gut,
dass die Gäste mit Nationaltorhüter Ionut Stanescu anfangs
ebenfalls einen starken Mann zwischen den Pfosten stehen hatten.
Er sorgte dafür, dass es bis zur 10. Minute nur beim 5:0 blieb,
später ging aber auch Stanescu mit unter.
Bei "Titi" Omeyer rauschte der Ball
erstmals nach elf Minuten ins Netz. Die Signalwirkung indes blieb
aus, Constanta zeigte sich erschreckend hilflos, erstarrte zudem in
übergroßem Respekt vor den Kielern. Bei denen startete
Gislason langsam seine Rotation,
wechselte konsequent durch. Besser: fast konsequent. Kapitän
Marcus Ahlm drückte gestern Abend bis
zum Schluss die Bank, wurde für kommende Aufgaben geschont, außerdem
blieb Aron Palmarsson draußen, der leichte
Probleme mit dem Ellenbogen hat.
Christian Zeitz kam in der 20. Minute.
Und wie. Seinen Einstand feierte Kiels Linkshänder mit einem Ballklau,
den er selbst per Tempogegenstoß versenkte, bis zum Halbzeitpfiff
ließ er weitere drei Kracher folgen, glänzte mit tollen Anspielen,
holte Siebenmeter heraus. Allein, in dieser Disziplin waren die "Zebras"
gestern ineffektiv, scheiterten bei sieben Versuchen dreimal.
Erst als Niclas Ekberg, einst in
Kopenhagen Stammschütze, antrat, wurde es besser. Beide
Versuche landeten im Tor.
Was gab's noch? Andreas Palicka ersetzte
Omeyer später gleichwertig, wurde mit
"Palle"-Rufen gefeiert, außerdem
spielte sich Patrick Wiencek in die
Fan-Herzen. Mit Jubelstürmen, auch von der eigenen Bank, wurde
sein Gegenstoß in der 49. Minute gefeiert. Zuvor hatte Kiels Kreisläufer
einen Luftkampf um den Ball gewonnen. Es war bezeichnend fürs Spiel:
Beim THW passte fast alles zusammen, bei den Rumänen fast gar nichts.