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Filip Jicha war mit sieben Treffern
bester Torschütze in Madrid.
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Der THW Kiel hat gleich zum Auftakt der
Gruppenphase in der "VELUX EHF Champions League"
ein Zeichen gesetzt: In der
Neuauflage des letztjährigen Endspiels gewannen die "Zebras"
am frühen Sonntagabend bei BM Atletico Madrid mit 32:27 (17:15).
In einer intensiven Partie legten die Kieler stets vor, die
Gastgeber ließen sich aber auch dank der Paraden von Torhüter
Magnus Dahl lange Zeit nicht abschütteln. Doch mit einem
stark Regie führenden
Aron Palmarsson
sowie der Kaltschnäuzigkeit von
Filip Jicha
und
Momir Ilic setzte sich der THW
letztlich verdient durch.
Obwohl der riesige Palacio Vistalegre, eine ehemalige Stierkampfarena,
in Madrids Hauptstadt nur zu rund zwei Dritteln gefüllt war, entfachten
fast 9.000 enthusiastische Spanier schon vor dem Anpfiff einen Höllenlärm.
Alle waren heiß auf die erhoffte Revanche Atleticos für die
21:26-Niederlage im Champions-League-Endspiel
vor vier Monaten in Köln.
Toft Hansen, Klein und Ekberg von Beginn an
Alfred Gislason, der im Vorfeld der
Partie betonte, dass er jeden seinen Spieler brauchen würde,
überraschte mit einigen Änderungen in der Startformation:
Auf den Außenpositionen begannen
Dominik Klein
und
Niclas Ekberg, am Kreis erhielt
Rene Toft Hansen den Vorzug gegenüber
Marcus Ahlm. Im Rückraum wirbelten
zunächst
Aron Palmarsson,
Filip Jicha
und
Marko Vujin. In der Abwehr vertraute
Gislason auf eine 6:0-Deckung mit
Toft Hansen und
Ilic
im Mittelblock sowie
Thierry Omeyer
zwischen den Pfosten.
THW mit Traumstart
Und es entwickelte sich sofort eine
schnelle Partie: Durch zwei Lazarov-Treffer ging Atletico Madrid
in Führung,
Jicha und
Klein
per Nachwurf nach einer Parade Dahls gegen
Jicha
besorgten den Ausgleich. Und Kiels Tscheche drückte der Anfangsphase
weiter seinen Stempel auf: Nach einem technischen Fehler der Madrilenen
erhöhte Kiels Nummer 39 erst auf 3:2, und nach einer Parade
Omeyers gegen Davis erhöhte
Jicha mit einem spektakulären Dreher
nach schönem Doppelpass mit
Toft Hansen
auf 4:2. Rechtsaußen Parrondo gelang zwar nach einem Durchbruch
der Anschluss, doch als
Toft Hansen
ein
Jicha-Anspiel zum 5:3 verwertete,
Vujin einen Sprungwurf zum 6:3 in
die Maschen wuchtete und die Kieler nach einem Fehlwurf Ferrers
rasant über die zweite Welle und die Stationen
Omeyer,
Jicha und
Toft Hansen
gar auf 7:3 erhöhten, nahm Talant Dujshebaev nach noch nicht einmal
neun gespielten Minuten seine erste Auszeit.
Atletico kämpft sich heran
Der Kieler Vorsprung blieb aber auch nach Wiederanpfiff
und trotz einer Zeitstrafe gegen
Toft Hansen
zunächst bestehen. Dafür sorgte
Klein mit
einem tollen Unterzahltreffer nach
Palmarsson-Anspiel
zum 8:4 und
Jicha, der sich nach feiner
Einzelleistung auf der linken Seite durchtankte und zum 9:5 vollendete.
Mittlerweile waren bei den Madrilenen aber
Joan Canellas und Ivano
Balic ins Spiel gekommen, und besonders
Canellas riss die Partie nun
an sich. So traf der Spielmacher zunächst selbst per Sprungwurf zum
6:9, ehe er eine Zeitstrafe gegen
Vujin
provozierte. Zwar gelang
Palmarsson in
Unterzahl ein toller Treffer aus dem rechten Rückraum zum 10:7,
doch nach einem Gegenstoß Barachets und einem weiteren Treffer
Lazarovs war Atletico wieder bis auf 9:10 dran und die kurzzeitig
stille Arena wieder laut geworden.
Ahlm
verwertete zwar im Anschluss ein
Jicha-Anspiel
zum 11:9, als jedoch Balic Aguinagalde bediente, der sich langsam
steigernde Dahl parierte und sich Xavier Barachet zum 11:11-Ausgleich
durchtankte, nahm
Alfred Gislason seine
Auszeit.
Narcisse ermöglicht Halbzeitführung
Der Kieler Trainer beorderte
Toft Hansen
zurück in die Abwehr und brachte zudem
Narcisse
für
Filip Jicha im linken Rückraum.
Und der französische Olympiasieger führte sich mit einem tollen
Sprungwurf zum 12:11 auch gleich gut ein, der starke
Dominik Klein
erhöhte nach eigenem Steal per Gegenstoß gar wieder auf 13:11.
Bis zum 14:12 durch
Palmarsson hatten
die Kieler die Partie wieder im Griff, ehe sie durch gleich
zwei Zeitstrafen gegen
Toft Hansen
und
Klein binnen 60 Sekunden arg
dezimiert wurden. Atletico Madrid nutzte dies durch Romero und
Masachs eiskalt zum 14:14-Ausgleich aus, doch die Führung wollte
den Gastgebern auch diesmal nicht gelingen. Stattdessen zeigte
Daniel Narcisse in den Schlussminuten
der ersten Halbzeit noch einmal die höchste Handballschule: Zunächst
traf der Franzose selbst zum 15:14, nach dem Ausgleich Källmans
bediente er
Toft Hansen, der einen von
Vujin verwandelten Siebenmeter
herausholte. Als dann der mittlerweile ins Spiel gekommene
Andreas Palicka gegen Masachs parierte,
war es erneut die Achse
Narcisse/
Toft Hansen,
die wenige Sekunden vor der Pausensirene zum 17:15-Halbzeitstand
abschloss.
Starke Kieler Antwort in Unterzahl
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Rene Toft Hansen zeigte auch seine
Offensivqualitäten. Leider war nach 35 Minuten und der dritten
Zeitstrafe Schluss.
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Nach dem Seitenwechsel erhöhte
Jicha
zunächst mit seinem fünften Treffer auf 18:15, doch Atletico
konterte mit einer weiteren Dahl-Parade und Treffern durch
Jurkiewicz und
Canellas zum 17:18. Nach einem Missverständnis
zwischen
Narcisse und
Jicha
unterlief dem THW im Angriff einer von nur wenigen Ballverlusten,
und
Canellas erkämpfte eine Zeitstrafe gegen den nun auf
halbrechts deckenden
Wiencek und
einen Strafwurf, den Lazarov zum Ausgleich nutzte. Doch wieder
wuchsen die Kieler in Unterzahl über sich hinaus, ein sensationelles
Anspiel von
Zeitz an den Kreis nutzte
Dominik Klein zum 19:18 für den THW.
Als dann aber
Toft Hansen - erneut gegen
den steten Unruheherd
Canellas - seine dritte Zeitstrafe und damit
die rote Karte kassierte, witterten die Gastgeber und ihre
Fans endgültig die Chance auf einen Führungswechsel. Doch wieder
hatten die Kieler die bessere Antwort parat:
Palicka
parierte gegen den völlig freien Källman, wenige Sekunden später
fischte sich
Dominik Klein den Ball
in der Abwehr und schickte
Daniel Narcisse
auf die Reise. Unglaublich - die "Zebras" hatten in doppelter Unterzahl
auf 20:18 erhöht.
THW setzt sich etwas ab
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Torhüter Magnus Dahl hielt Atletico Madrid lange im Spiel.
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Für
Narcisse war mittlerweile
Momir Ilic auch im Angriff in die
Partie gekommen, und der Serbe zeigte mit zwei gewaltigen
Geschossen zum 21:19 und zum 22:20 seine Qualitäten. Atletico
hielt aber weiterhin dagegen, der nimmermüde
Canellas traf in
Überzahl nach einer Zeitstrafe gegen
Ahlm
zum 22:23-Anschluss. Doch wieder wussten die Kieler die
Unterzahlsituation für ihren Vorteil zu nutzen: Der überragend
aufspielende
Palmarsson traf zum
24:22, und nachdem ein Kreisanspiel Madrids unterbunden werden
konnte, schickte
Palicka
Christian Sprenger zum 25:22 auf die
Reise. Als dann auch noch
Dominik Klein
erneut aufmerksam einen Ball stibitzte und zum 26:22 vollendete,
standen die Zeichen Mitte der zweiten Halbzeit endgültig
auf Auswärtssieg.
Atletico Madrid aber gab sich noch nicht auf: Eine Parade
Dahls gegen Vujin weckte die Gastgeber
aus ihrer Lethargie, und nachdem Ahlm
seine zweite Zeitstrafe kassiert hatte, verkürzte Masachs mit
seinem zweiten Treffer in Folge auf 24:26. Der THW, der
aufgrund der unglücklichen Auftritte von Zeitz
und Vujin nun mit den drei Rechtshändern
Ilic, Palmarsson
und Jicha agierte, wurde aber nicht
nervös. Bei angezeigtem Zeitspiel drosch Ilic
den Ball zum 27:24 in die Maschen, und als Balics Aufsetzer über
das Tor flog, stellte Vujin durch einen von
Palmarsson erkämpften Siebenmeter den
Vier-Tore-Vorsprung wieder her.
Jicha und Omeyer machen den Deckel drauf
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Aron Palmarsson zeigte eine starke
Partie und stellte auch Ivano Balic in den Schatten.
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Doch die Partie war auch nach diesen 51 Minuten noch nicht entschieden,
denn nun wuchs Magnus Dahl mit drei Reflexen gegen
Ahlm,
Ilic und
Jicha
endgültig über sich hinaus. Als Konsequenz konnten Lazarov und
Romero wieder auf 26:28 verkürzen.
Alfred Gislason
beorderte nun
Thierry Omeyer für den soliden
Andreas Palicka zurück zwischen die Pfosten,
und dieser Schachzug sollte sich auszahlen:
Omeyer
parierte gleich den nächsten Wurf der Spanier, und
Vujin
traf erneut per Strafwurf zum 29:26. Als
Filip Jicha
sich dann zum 30:26 durchtankte, einen Barachet-Treffer bei angezeigtem Zeitspiel
konterte und
Omeyer einen Lazarov-Siebenmeter
entschärfte, waren die ersten beiden Punkte in der
Gruppe B
für den THW Kiel endgültig eingetütet. Den Schlusspunkt setzte
Abwehrchef
Momir Ilic mit seinem vierten Treffer.
Am Dienstag beim TV Neuhausen
Erster Tabellenführer in der Kieler
Gruppe B
ist der ungarische Serienmeister MKB Veszprem. Die Mannschaft um Superstar
Laszlo Nagy gewann am Samstag deutlich gegen Celje Pivovarna Lasko mit 32:22
(16;11). Bereits am Donnerstag gewann der schwedische Meister IK Sävehof sein
Auftaktspiel in Göteborg gegen HCM Constanta aus Rumänien mit 35:31 (19:17). Die
Skandinavier sind auch der nächste Königsklassen-Gegner des THW Kiel: Bevor die
Partie aber am Sonntag, den 7. Oktober um 16.45 Uhr in der Sparkassen-Arena
angepfiffen wird, steht für die "Zebras" bereits am kommenden Dienstag die
Auswärtspartie beim Bundesliga-Aufsteiger TV Neuhausen auf dem Spielplan. Anwurf
in der Paul-Horn-Arena in Tübingen ist um 20.15 Uhr.
(Sascha Krokowski)
Den Spielbericht aus dem NDR-"Sportclub" finden Sie für die ersten sieben Tage
nach dem Spiel hier:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/sportclub/sportclub3861.html.
Danach geht er automatisch offline.
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Lesen Sie bitte auch
Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir hier gewonnen haben.
Madrid spielt im Moment aber nicht so gut wie in den
vergangenen Jahren. Das liegt eindeutig daran, dass sieben
neue Spieler eingebaut werden müssen. Aber es sind sehr gute
Spieler, Madrid wird bald wieder eine Macht sein. Auch bei
uns gab es die Schwankungen im Spiel, die wir schon in der
Bundesliga gezeigt haben. Ich habe heute konsequent unsere
Neuzugänge spielen lassen. Deswegen war es auch für diese
Jungs ganz wichtig, dass wir aus dieser schweren Partie als
Sieger hervorgegangen sind.
Madrids Trainer Talant Dujshebaev gegenüber den KN:
Der THW hat hier gut gespielt und auch verdient gewonnen.
Aber bei uns stimmen noch viele Sachen nicht. Das liegt
eindeutig daran, dass wir sieben Neue haben. Über diese bin
ich aber sehr glücklich. Das sind gute Leute, dennoch müssen
wir noch sehr viel arbeiten.
THW-Kapitän Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Es lief zwar nicht immer rund, aber trotzdem war
das ein gutes Handballspiel, in dem beide Mannschaften
viel gekämpft haben.
THW-Co-Trainer Raul Alonso gegenüber den KN:
Das war natürlich ein schöner Tag: In meiner Heimatstadt in einer
Stierkampfarena gewonnen zu haben, ist für mich etwas ganz Besonderes.
THW-Rückraumspieler Momir Ilic gegenüber den KN:
Ein ganz wichtiger und schöner Sieg für uns. Hier werden
sich die anderen Mannschaften noch ganz schwer tun. Wir
haben mit viel Kampf und Herz verdient gewonnen.
THW-Rückraumspieler Filip Jicha gegenüber den KN:
Das heutige Spiel ist für beide Mannschaften noch zu
früh gekommen, beide Teams werden noch um einiges
besser werden. Für den weiteren Verlauf in der
Champions League war das ein süßer Sieg.
THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber den KN:
Es war nicht das beste Spiel von beiden Mannschaften.
Aber wir haben gewonnen in dieser heißen Arena. Und
genau das ist gut für uns.
Madrids Spielmacher Joan Canellas gegenüber den KN:
Die Atmosphäre in dieser Arena war phänomenal. Die Fans
hier sind großartig. Wir brauchen noch Zeit. Die Saisonvorbereitung
ist auch durch die Olympischen Spiele empfindlich gestört worden.
- BM Atletico Madrid (ESP ):
-
Diez (n.e.),
Dahl (1.-60., 16 Paraden);
Sanchez (n.e.),
Källman (3),
Ferrer,
Romero (3),
Aguinagalde (1),
Davis,
Parrondo (2),
Barachet (3),
Canellas (4),
Jurkiewicz (2),
Gojun,
Masachs (3),
Balic,
Lazarov (7/2);
Trainer: Dujshebaev
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-27., 54.-60., 6/1 Paraden),
Palicka (27.-54., 5 Paraden);
Toft Hansen (3),
Sigurdsson (n.e.),
Sprenger (1),
Ahlm (1),
Wiencek,
Ekberg,
Zeitz,
Palmarsson (4),
Narcisse (3),
Ilic (4),
Klein (5),
Jicha (7),
Vujin (4/3);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Martin Gjeding / Mads Hansen (Dänemark)
- Zeitstrafen:
-
Madrid: 2 (Källman (31.), Jurkiewicz (54.));
THW: 8 (3x Toft Hansen (10., 24., 37.), Vujin (14.),
Klein (25.), Wiencek (35.),
2x Ahlm (43., 48.))
- Rote Karte:
-
THW: Toft Hansen (37., dritte Zeitstrafe)
- Siebenmeter:
-
Madrid: 3/2 (Omeyer hält Lazarov (59.));
THW: 3/3
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 1:0, 1:1, 2:1, 2:4 (6.), 3:4, 3:7 (9.), 4:7, 4:8, 5:8, 5:9,
7:9 (15.), 7:10, 9:10, 9:11, 11:11 (21.), 11:13, 12:13, 12:14, 14:14 (25.),
14:15, 15:15, 15:17;
2. Hz.: 15:18, 18:18 (35.), 18:20, 19:20, 19:21, 20:21 (41.), 20:22,
21:22, 21:23, 22:23, 22:26 (45.), 24:26, 24:28 (51.), 26:28 (54.),
26:30, 27:30, 27:32.
- Zuschauer:
-
8.853 (Palacio Vistalegre, Madrid (ESP))
- Spielgrafik:
-
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
Die deutschen Teams im neu gestalteten
EHF-Pokal werden
erst Ende November ins Spielgeschehen eingreifen.
Den Anfang beim deutschen Champions-League-Quartett machte bereits
am Donnerstagabend die SG Flensburg-Handewitt. Im Auftaktspiel
der Gruppe A kam der
Vizemeister gegen den französischen Serienmeister Montpellier AHB
in der Campushalle zu einem packenden 37:37 (19:18)-Unentschieden
(siehe auch KN-Bericht).
Ebenfalls in der Gruppe A
befindet sich der Wildcardgewinner HSV Hamburg, der am Samstagabend
seine ersten beiden Punkte sammelte: Bei den neu formierten Spaniern
von Ademar Leon siegten die Hansestädter mit 28:26 (14:13) (siehe
auch KN-Bericht).
Und am Sonntagnachmittag starteten auch die Füchse Berlin
erfolgreich in ihre zweite Königsklassen-Spielzeit. Gegen den
Qualifikanten HC Dinamo Minsk (BLR) taten sich die Hauptstädter
im Velodrom aber lange Zeit schwer und siegten erst im
Schlussspurt mit 29:25 (13:13) (siehe
auch KN-Bericht).
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Aus den Kieler Nachrichten vom 01.10.2012:
THW packte den Stier bei den Hörnern
32:27-Sieg in Madrid zum CL-Auftakt
Madrid. Titelverteidiger THW Kiel ist erfolgreich in
die neue Saison der Handball-Champions-League
gestartet. Die "Zebras" gewannen gestern am Abend
bei Atletico Madrid mit 32:27 (17:15) und verbuchten
einen wichtigen Sieg. Zum einen für die Tabelle der
Gruppe B, vor
allem aber für die eigene Moral.
Denn der Auftakt in der Königsklasse bescherte den "Zebras"
mit Madrid gleich zu Beginn den Finalgegner aus dem Mai in
Köln. "Weil es ein schwerer und sehr intensiver Anfang war,
ist es etwas ganz Besonderes, hier gewonnen zu haben", betonte
Kiels erneut bester Torschütze Filip Jicha
(7). "Auch deshalb hat es sehr viel Spaß gemacht, hier mit einem
Sieg nach Hause zu fahren."
Bei der Anfahrt zum Palacio Vistalegre, der Heimstätte des
spanischen Vizemeisters, war der THW von zwei riesigen,
furchterregenden und in Bronze gegossenen Stieren empfangen
worden. Die Heimspielstätte von Atletico ist eine ehemalige
Stierkampfarena, der man einfach ein Dach aufgesetzt hat. Die
Kieler aber ließen sich weder davon noch von der lauten Kulisse
der rund 9000 enthusiastischen spanischen Fans beeindrucken,
drückten dem Spiel von Beginn ihren Stempel auf.
THW-Trainer Alfred Gislason
überraschte dabei mit seiner Startaufstellung, schickte
mit Rene Toft Hansen,
Marko Vujin und Niclas Ekberg
drei der fünf Kieler Neuzugänge aufs Parkett. Außerdem setzte
Gislason auf Linksaußen
Dominik Klein, obwohl
Gudjon Valur Sigurdsson zuletzt
überzeugende Spiele abgeliefert hatte.
Klein bedankte sich mit fünf Toren
für das Vertrauen, war ein Aktivposten im Kieler Spiel.
Das begannen die "Zebras" mit schnellen 7:3- und 9:5-Führungen
gegen eine Madrider Mannschaft, in die Trainer Talant Duschebajew
sogar sieben neue Spieler einbauen muss. Zudem hat er das in den
vergangenen Jahren wohl beste Torhüter-Duo verloren. Arpad
Sterbik ist zum Erzrivalen FC Barcelona "geflüchtet", und Jose
Hombrados fällt momentan mit einer Knieverletzung aus. Gestern
hatte Atletico allerdings keine Probleme im eigenen Tor. Der
kurzfristig aus Paris verpflichtete Norweger Magnus Dahl steigerte
sich nach schwachem Start gewaltig und besaß großen Anteil daran,
dass die wenigen Kieler Fans nicht früher entspannen durften.
Massive Probleme hatten die Spanier dagegen im Offensivspiel.
Wenig läuft dort zusammen. "Wir müssen arbeiten, arbeiten, arbeiten",
weiß Duschebajew um die Defizite. Auch der ehemalige Welthandballer
Ivano Balic (aus Zagreb) ist längst nicht im Team angekommen. Balic
setzte kaum Impulse und blieb zudem ohne Torerfolg.
So strampelten sich die Gastgeber gegen die aggressiv zupackende
Kieler Deckung, die acht Zeitstrafen kassierte und
Rene Toft Hansen schon nach 35 Minuten
mit Rot wegen der dritten Zeitstrafe verlor, vergeblich ab, nutzten
THW-Schwächephasen zwar zu Aufholjagden, schafften aber keine
eigene Führung mehr. Selbst in Unterzahl behielten die Kieler, die
gestern mit Aron Palmarsson einen
schlauen und torgefährlichen Spielmacher hatten, klaren Kopf. Die
Entscheidung fiel in den letzten fünf Minuten, als Kiel vom 28:26
auf 30:26 davonzog. Hauptdarsteller waren jetzt einmal mehr bekannte
Leistungsträger: Thierry Omeyer hielt
nach seiner Rückkehr ins Tor drei schwere Bälle und einen Siebenmeter
von Lazarov an, und vorne packte Filip Jicha
den spanischen Stier mit zwei Gewaltwürfen an den Hörnern.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 01.10.2012)
Aus den Kieler Nachrichten vom 01.10.2012:
Splitter
Fußball - Spanien ist eine sportbegeisterte
Nation, und Fußball ist auch dort klar die Nummer eins.
Das dokumentiert die Inhaltsangabe der großen, täglich
erscheinenden Sportzeitung "As". Das Blatt ist in der Regel 48
bis 52 Seiten dick. Fußball beherrscht die ersten 40 Seiten.
Ob aktuelle Spielberichte oder Privatgeschichten - Fußball
geht immer. Danach folgen Motorsport, Basketball, ein wenig
Radsport. Die Vorschau auf den "Welthandball-Klassiker", wie
das Blatt die Partie zwischen Atletico und dem THW bezeichnet,
ist dann endlich auf Seite 44 zu finden - kurz vor dem fast
nackten Mädchen, das auch bei "As" nicht fehlen darf.
Medienrummel - Obwohl Handball in Spanien keine
große Rolle spielt, war der Rummel um den THW überraschend groß.
Die "Zebras" haben sich auch im Süden Europas hohen Respekt erspielt.
Drei Fernsehteams "lauerten" den Kielern nach dem Abschlusstraining
am Sonnabend auf. So hatte TVE Thierry Omeyer,
Dominik Klein, Toft Hansen
und Marko Vujin vor die Kamera geholt, um
sie in deren jeweiligen Landessprachen Werbung für die im Januar in
Spanien stattfindende Weltmeisterschaft sprechen zu lassen. THW-Managerin
Sabine Holdorf-Schust war zudem als Hilfskraft
für das NDR-Fernsehen tätig. Mit einem Mikrofon von TVE in der Hand
interviewte sie nach dem Spiel Daniel Narcisse.
TVE schickte die Bilder zum NDR, der gestern Abend mit Material
vom spanischen Sender Kiels Champions-League-Start im "Sportclub"
präsentierte.
Touristenströme - Madrid ist eine beeindruckende
Metropole, das ist nicht neu. Mit 3,3 Millionen Einwohnern und einem
Großraum von sechs Millionen ist sie die größte Stadt im Süden Europas.
Großartige Bauwerke, riesige, kunstvoll angelegte Parks und viele
andere Attraktionen locken Ströme von Touristen an. An Wochenenden
geht es in der kastilischen Zentrale zu wie am Eröffnungstag der
Kieler Woche. Den Titel "Welthauptstadt des Tourismus" hat die Stadt
zwar an sich selbst überreicht. Große Zweifel daran sind aber nicht
angebracht.
Heimspiel - Raul Alonso
ist im THW Leiter Nachwuchs-Leistungshandball. Häufig sitzt der
Spanier auch als Co. von Trainer Alfred Gislason
mit auf der Bank bei den Profis. So auch in Madrid. Die Partie bei Atletico
war für den 33-Jährigen quasi ein Heimspiel. Alonso
ist in Madrid geboren und bis zu seinem 15. Lebensjahr aufgewachsen. Er kennt
fast jeden Winkel der spanischen Hauptstadt und hat dort Familie und Freunde
zurückgelassen. So war die Wiedersehensfreude groß,
Alonso musste seine Zeit gut einteilen, um alle
Besuchswünsche im Mannschaftshotel erfüllen zu können. Auch der spanische
Fernsehsender TVE war auf den Spanier beim THW aufmerksam geworden und führte
ein längeres Interview mit Raul Alonso.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 01.10.2012)