Nach DKB Handball-Bundesliga und der "VELUX EHF Champions League"
steigt der THW Kiel am Mittwoch auch in den dritten Wettbewerb der
Saison ein. Die "Mission
DHB-Pokal"
beginnt für den Titelverteidiger mit einer geschichtsträchtigen
Fahrt: Es geht zur SG Wallau, die als SG Wallau-Massenheim zwischen
1992 und 1994 zweimal Meister wurde und zweimal den DHB-Pokal gewann.
Die Partie in der ausverkauften Großsporthalle Rüsselsheim
wird um 20.00 Uhr angepfiffen.
Die "Glücksfee" Lars Christiansen bescherte den Kielern für den
Auftakt in die DHB-Pokalsaison ein sportlich machbares Los mit viel
Geschichte. Mit der SG Wallau zog der ehemalige Flensburger Linksaußen
als Gegner des THW Kiel die Kugel des einzig verbliebenen Drittligisten
im Wettbewerb aus dem Lostopf. Dieser genießt laut Statuten Heimrecht
- und so wird für den THW Kiel die Reise in die ehemalige Walter-Köbel-Halle
in Rüsselsheim auch ein Ausflug in die gemeinsame Geschichte beider
Vereine. Denn als SG Wallau-Massenheim gehörten die Hessen zwischen 1987
und 2005 ununterbrochen der ersten Handball-Bundesliga an und gewannen
1992 und 1993 die deutsche Meisterschaft, außerdem holte Wallau 1993
und 1994 den DHB-Pokal sowie 1992 den internationalen IHF-Pokal.
43 Pflichtspiele gegeneinander
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Rechtsaußen Philipp Botzenhardt ist mit 45/12 Treffern derzeit
bester Schütze der SG in der 3. Liga.
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Wallau |
Dann begann die "goldene Ära" des THW Kiel, die den "Zebras" seit
1994 bisher insgesamt 15 Meistertitel, drei Champions-League-Triumphe,
drei Siege im EHF-Pokal und neun DHB-Pokalsiege bescherte. 43 Male
kreuzten sich die Wege der beiden Vereine in Pflichtspielen, 24 Kieler
Siegen stehen 14 Niederlagen gegenüber (siehe auch
Gegnerdaten Wallau).
Im Pokal traf man bisher
allerdings lediglich einmal aufeinander: In der Saison 1999/2000
besiegten die "Zebras" dank neun Treffern von
Staffan Olsson
die zu der Zeit unter dem Namen "SG W.M. Frankfurt" firmierende
Mannschaft des damaligen Trainers Martin Schwalb nach einer Halbfinal-Nervenschlacht
mit
28:27 nach Verlängerung. Tags darauf machten
die Kieler durch den
Finalsieg gegen Flensburg
den dritten Pokalsieg der Vereinsgeschichte perfekt.
Insolvenz vor acht Jahren
Während der THW Kiel in der Folgezeit Stück für Stück in die Riege der
europäischen Topclubs emporstieg, konnte die SG Wallau-Massenheim auch
budgetmäßig nicht mehr mithalten. Daher setzten die Hessen bereits
damals auf Talente. Unter anderem durften bei der SG auch die "Zebras"
Christian Zeitz und
Dominik Klein Bundesligaerfahrungen sammeln.
In der Spielzeit 2004/05, die die SG Wallau-Massenheim als Zehnter
abschloss, war es dann aber endgültig vorbei: Selbst ein torreicher
49:46-Erfolg in einem Benefizspiel des THW
Kiel beim in finanzielle Schieflage geratenen Kontrahenten nutzte
nichts mehr. Die SG musste Insolvenz anmelden, bekam keine Lizenz
und zog sich in die Regionalliga zurück. Zwar gelang den Hofheimern
2007 die Rückkehr in die Zweite Liga, doch nach einer kurzlebigen
Fusion mit der TSG Münster als HSG FrankfurtRheinMain gab es wieder
Geldprobleme - und die SG Wallau kassierte den Zwangsabstieg in Liga
vier.
Pokalsensation gegen Eisenach
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Torhüter Sebastian Schermuly wurde gegen Eisenach zum
Pokalhelden.
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Wallau |
Mittlerweile spielt die Mannschaft von Trainer Ralf Ludwig wieder in
der 3. Liga und sorgte in der ersten Pokalrunde für einen Paukenschlag:
Dank 19 Treffern des Trios Stefan Bonkirch, Philipp Botzenhardt und
Benedikt Seeger sowie unzähligen Paraden des überragenden Torhüters
Sebastian Schermuly wurde Erstliga-Aufsteiger ThSV Eisenach mit 32:29
(11:11) besiegt. "Jetzt kann der THW Kiel kommen", scherzte Benedikt
Seeger damals euphorisiert nach der Pokalsensation - ein Wunsch, den
Lars Christiansen dem 28-jährigen Rückraumspieler dann auch prompt
erfüllte. "Wir sind wirklich komplett ausgerastet", gestand SG-Goalgetter
Stefan Bonkirch. "Wenn ich mir überlege, wo wir in der vergangenen
Saison überall im Bezirkspokal hingefahren sind, um die Chance zu
erhalten, im DHB-Pokal zu spielen, kann ich nur sagen: Die Mannschaft
hat sich einen solch wahnsinnigen Gegner mehr als verdient." Sein
Kollege, Linksaußen Philipp Botzenhardt, pflichtete Bonnkirch bei:
"Es ist ein unglaubliches Gefühl. Ich kann es noch gar nicht so
wirklich glauben. Jeder Handballer träumt davon, einmal gegen Kiel
spielen zu dürfen. Und gerade auch noch in einem Pflichtspiel. Einfach
geil."
Allerdings werden die Wallauer das Spiel nicht in der heimischen, 800
Zuschauer fassenden Ländcheshalle austragen. "Der Ansturm auf die Karten
war riesig, sodass wir uns entschieden haben, in der Walter-Köbel-Halle
in Rüsselsheim zu spielen", so der Sportliche Leiter Stephan Schreiber.
Diese Halle fasst 3000 Zuschauer - und war in wenigen Minuten ausverkauft.
Platz 3 in Liga 3
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Spielmacher Benedikt Seeger erzielte bislang 41/9 Saisontreffer.
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Wallau |
Trotz der seit der rund achtwöchigen Vorfreude auf die Partie gegen
den Rekordmeister und -pokalsieger gelang der SG Wallau durchaus die
Konzentration auf den Liga-Alltag. Als Aufsteiger in die dritte Liga
spielt die Mannschaft von Trainer Rald Ludwig eine gute Rolle und
musste sich in den ersten acht Spieltagen nur ein einziges Mal
geschlagen geben - wie auch der THW Kiel in Liga 1 biss auch Wallau
in Magdeburg auf Granit und kassierte bei den "YoungsterS" des SCM
eine deutliche 23:31-Schlappe. Ansonsten aber gelangen bislang fünf
Siege und zwei Unentschieden, womit die SG derzeit auf einem
hervorragenden dritten Platz in der 3. Liga Ost liegt. Ein Aufstieg
ist für den Verein weder kurz- noch mittelfristig ein Thema: "Wir
wollen in der 3. Liga Fuß fassen und die jungen Spieler voranbringen.
Wir sehen uns als Ausbildungsverein. An die Profiligen verschwenden
wir überhaupt keinen Blick", so der Sportliche Leiter Stephan Schreiber,
der hofft, dass seine Mannschaft ohne großen Respekt in die Partie
gegen die "Zebras" geht: "Es kommt die weltbeste Mannschaft. Wir
wären zufrieden, wenn wir die ersten 15 Minuten ein klein bisschen
mitspielen können, um den Zuschauern ein gutes Spiel zu liefern."
THW auf Reisen: Kielce - Rüsselsheim - Göppingen
Der Auftakt für den THW Kiel in die diesjährige Pokalsaison wird eine
Reise in die Geschichte - und ein Kraftakt, ist die Partie bei der SG
Wallau doch zwischen den anstrengenden Auswärtstouren ins 1100 Kilometer
entfernte polnische Kielce und dem zweitweitesten Bundesliga-Trip zu
Frisch Auf Göppingen terminiert. Dazwischen liegt nun also noch die Fahrt
ins 580 Kilometer entfernte Rüsselsheim: "Wir hätten sehr gerne endlich
mal wieder ein Heimspiel gehabt", sagt deshalb THW-Manager
Klaus Elwardt.
"Aber wir sind es ja gewohnt, auswärts antreten zu müssen. Man kann sich
ja kaum noch an unser letztes
Pokalheimspiel gegen den SC Magdeburg
im Oktober 2011 erinnern."
Die Schiedsrichter am Mittwoch sind
Philipp Dinges und Daniel Kirsch.
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Aus den Kieler Nachrichten vom 23.10.2013:
Pokalfieber bei Wallau: Heute kommt der THW
Kiel. Der THW Kiel startet heute (20 Uhr) in den DHB-Pokal,
reist als Titelverteidiger zu einem ehemals ganz großen
Klub des deutschen Handballs, der allerdings mit der Insolvenz
vor acht Jahren zwischenzeitlich in den Niederungen der
Viertklassigkeit verschwand. Nun darf die SG Wallau-Massenheim
wieder auf der großen Bühne auftreten. Der Drittligist verdiente
sich seinen Höhepunkt des Jahres durch einen überraschenden
32:29-Sieg in der ersten Pokalrunde über Bundesliga-Aufsteiger
ThSV Eisenach.
Anfang der 1990er-Jahre waren die Wallauer die erste Handball-Adresse
in Deutschland, gewannen zweimal Meisterschaft (1992, 1993) und
DHB-Pokal (1993, 1994). Auch den Gewinn des IHF-Cups durfte der
Verein noch in seiner Vita auflisten, bevor er im Mittelmaß versank
und für die Saison 2004/05 keine Lizenz mehr erhielt. Alle
Rettungsversuche, an denen sich auch der THW mit einem Benefizspiel
beteiligte, blieben erfolglos.
Einer, der diesen Niedergang direkt
miterlebte, war Dominik Klein. "Das war
natürlich keine schöne Phase. Aber es hat die Mannschaft damals auch
unglaublich zusammengeschweißt", erinnert sich der Kieler Linksaußen
und denkt gern an seine Zeit in Hessen zurück: "Es war ja der Start
in meine Bundesliga-Karriere. Und zweimal bin ich von den Fans zum
Spieler der Saison gewählt worden." Die Fahrt nach Rüsselsheim,
wohin die Wallauer das Pokalspiel wegen des großen Fanandrangs
verlegt haben, wird für Klein zudem eine
Reise in seine Vergangenheit, denn mit SG-Mittelmann Benedikt Seeger
spielte der Nationalspieler einst in der Jugend gemeinsam in der
Bezirksauswahl.
In Wallau ist die Freude auf den THW riesengroß. Kurz nach dem
Losentscheid glühten in der SG-Geschäftsstelle die Telefondrähte.
"Es setzte gleich der Run auf die Eintrittskarten ein. Die Medien
sind voll drauf angesprungen. Rhein-Main-TV hat berichtet, der
Hessische Rundfunk und RTL kommen noch", erzählt SG-Geschäftsführer
Markus Abels. "Jetzt ist natürlich auch die Hoffnung da, dass einige
interessierte Firmen zu Sponsoren werden könnten."
Auf jeden Fall ist das Handballfeuer in der Region wieder entfacht.
Abels ist überzeugt, dass 3000 Fans die Walter-Köbel-Halle in
Rüsselsheim zum "Hexenkessel" machen: "Das wird ein Handball-Fest."
THW-Trainer Alfred Gislason ist
vorsichtig: "Wir werden das Spiel angehen, als ginge es gegen
Flensburg. Sonst läuft man Gefahr, nicht in den Rhythmus zu
kommen." Aron Palmarsson (Knieschmerzen)
und Patrick Wiencek (Zerrung) werden fehlen.
(von Ralf Abratis, aus den Kieler Nachrichten vom 23.10.2013)
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SG Wallau - THW Kiel:
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