Der THW Kiel ist in der DKB Handball-Bundesliga erfolgreich
aus der 40-tägigen
EM-Pause zurück
gekehrt. Am Dienstagabend gewannen die "Zebras" ihr
Auswärtsspiel beim VfL Gummersbach mit 29:24 (15:14).
Vor über 4.000 Zuschauern in der ausverkauften Schwalbe-Arena
konnten sich die Kieler erst im zweiten Durchgang entscheidend
absetzen. Mit einem starken
Johan Sjöstrand
im Tor ließ der Rekordmeister nach Wiederanpfiff bis zur
51. Spielminute nur vier Gegentreffer zu und baute seinen
Vorsprung in dieser Phase auf 24:18 aus. Erfolgreichster
Toschütze des THW war
Marko Vujin
mit sieben Treffern, beim VfL Gummersbach war Barna
Putics achtmal erfolgreich.
Blau-weißer Feiertag
Schon lange vor dem Anpfiff des Traditionsduell zeigte
sich die neue Schwalbe-Arena des VfL Gummersbach von
seiner besten Seite. Zum Rückrundenauftakt wurde
VfL-Ikone Jo Deckarm nachträglich zum 60. Geburtstag
gratuliert, Kapitän
Christoph Schindler
überreichte dem Jubilar ein Trikot mit seiner Nummer 11.
Mit Hilfe von Klatschpappen und Knicklichter tunkten
die über 4.000 Handballfans die Arena in ein blau-weißes
Farben- und Lichtermeer.
Beide Seiten hatten personelle Probleme auf der
Spielmacher-Position zu vermelden. Während beim
THW Kiel Aron Palmarsson
weiterhin mit Knieproblemen kämpft, aber dennoch im
Angriff startete, und Rasmus Lauge
zumindest wieder als Aktiver auf der Bank Platz nahm,
musste Heimtrainer Emir Kurtagic auf
Fredrik Larsson verzichten -
der Schwede hütete mit Grippe das Bett.
Ausgeglichene erste Halbzeit
Mit dem Anpfiff entwickelte sich auf dem Parkett
eine ausgeglichene Partie, bei der sich zunächst
keine Mannschaft auch nur ein kleines Polster
erarbeiten konnte. Den Torreigen eröffnete Mark
Bult, doch
Patrick Wiencek
- zunächst nur in der Abwehr an der Seite von
Rene Toft Hansen im Mittelblock
der 6:0-Abwehr eingesetzt - konterte sofort per
schneller Mitte. Die "Zebras" hatten zunächst noch
einige Abstimmungsprobleme im Angriff, hatten aber
auch das nötige Glück, dass die Abpraller immer
wieder den Weg in ihre Hände zurück fanden. So
erzielte
Filip Jicha
im Nachwurf in der vierten Minute auch die erste
Kieler Führung zum 3:2. Diese hatte allerdings
nur kurz Bestand: Angefeuert von seinen Fans legte
der Altmeister aus Gummersbach zunächst weiter
vor, ohne aber jemals den Vorsprung auf zwei Treffer
ausbauen zu können. Denn der THW hatte auf den
Santos-Siebenmeter zum 4:3, den nach oben
gezogenen Hüftschlagwurf
Schindlers
zum 5:4 und dem Rückraumgeschoss Putics' zum 6:5 stets
eine Antwort parat - auch wenn
Aron Palmarsson
kein Wurfglück hatte und in der Anfangsphase gleich
dreimal an Carsten Lichtlein scheiterte.
Alfred Gislason war vor allem
mit der Defensivleistung seiner Mannschaft nicht zufrieden
und stellte daher kurzfristig auf die offensive 3:2:1-Variante
um. Tatsächlich gelang Toft Hansen
nun ein Ballgewinn, den Sigurdsson
per erweiterten Gegenstoß zum 6:6-Ausgleich nutzte. Dann
blockte die Kieler Deckung einen Putics-Hüftwurf und der
starke Marko Vujin sorgte
für die zweite THW-Führung der Partie. Doch der VfL Gummersbach
blieb dran. Langsam kam man mit der Abwehr der Gäste wieder
besser zurecht, und nachdem Schindler
nach eigenem Steal per Gegenstoß zum 8:8 egalisierte,
legte Joakim Larsson vom Kreis wieder für die Gastgeber vor.
In Unterzahl zur Zwei-Tore-Führung
Mittlerweile bekam der glücklose
Palmarsson
eine Pause.
Filip Jicha, der seinerseits
in der wieder im 6:0-Format agierenden Abwehr eine Verschnaufpause bekam, übernahm nun die Rückraummitte,
während
Wael Jallouz im linken Rückraum
wirbelte. Und der Tunesier hinterließ einen starken Eindruck, fing
unter anderem einen weiten Gegenstoß-Pass ab, blockte ein Bult-Geschoss
ab, setzte
Patrick Wiencek beim Treffer
zum 12:11 in Szene und erzielte das 13:12 aus luftiger Höhe selbst.
Wenig später verteilten die nicht immer glücklich pfeifenden
Schiedsrichter
Fleisch/Rieber
die erste Zeitstrafe der Partie an
Christian Sprenger.
Doch ausgerechnet in Unterzahl gelang den "Zebras" die erste
Zwei-Tore-Führung der Partie - weil der immer stärker werdende
Johan Sjöstrand einmal mehr gegen
Putics zur Stelle war und
Vujin auf
der Gegenseite seinen vierten Treffer folgen ließ. Nachdem Putics
im nächsten Angriff noch ein fragwürdiges Stürmerfoul abgepfiffen
wurde, bekam der THW sogar die Chance zu erhöhen, doch Lichtlein
war diesmal gegen
Vujin zur Stelle
und von Gruchalla verkürzte. Da
Niclas Ekberg
mit seinem Wurf nur den Innenpfosten traf, gingen die "Zebras" daher
nur mit einer knappen 15:14-Führung in die Kabinen.
Erste Kieler Drei-Tore-Führung nach Wiederanpfiff
Doch die Kieler hatten beim Wiederanpfiff den Ballbesitz,
und dies nutzten sie sofort aus:
Vujin
bediente
Sigurdsson zum 16:14,
und nachdem von Gruchalla nur den Pfosten traf, legte
Toft Hansen nach brillantem Sprung-Bodenpass
Jichas zum 17:14 nach. Der THW
schien nun langsam die Partie in den Griff zu bekommen,
doch es folgte eine hitzige Szene:
Christian Sprenger
hatte
Toft Hansen bedient, der Däne
wurde von Putics regelwidrig gestört, wollte den Ball aber
dennoch noch im Tor unterbringen. Dabei traf er den herausgeeilten
Lichtlein am Kopf, der sich danach zunächst echauffierte, ehe er
sich kurz behandeln ließ. Dies war ein Hallo-Wach-Effekt für
den deutschen Nationalkeeper, der nicht nur den folgenden
Siebenmeter
Vujins entschärfte,
sondern auch bei einem Rückraumwurf des Serben sowie bei
einem Gegenstoß
Sigurdssons
zur Stelle war. So konnte Gummersbach durch Bult und Kopco
noch einmal auf 17:18 verkürzen und hatte gar zweimal die
Chance zu egalisieren. Allerdings konnte sich der THW Kiel
einmal mehr auf
Johan Sjöstrand
verlassen, der in dieser wichtigen Phase gegen Bult und
Schindler parierte.
Sjöstrand vernagelt den Kasten
Während
Sprenger den kurzzeitigen
Lichtlein-Lauf per Gegenstoß zum 19:17 beendete, trumpfte
Sjöstrand auch in der Folgezeit
groß auf: Zunächst parierte der Schwede einen
Santos-Siebenmeter,
dann entnervte er zunächst Rückraumspieler Andreas Schröder
und wenig später Rechtsaußen Florian von Gruchalla, der auch
aus bestem Winkel nicht am Kieler Schlussmann vorbei kam.
So zog der THW Mitte der zweiten Halbzeit vorentscheidend
davon:
Ekberg war mit zwei lässig
verwandelten Strafwürfen zur Stelle und
Vujin erhöhte sein Torkonto auf
mittlerweile sieben Treffer. Als
Sjöstrand
dann gegen den durchbrechenden
Schindler
parierte und
Jicha das Ergebnis per
Gegenstoß auf 24:18 stellte, war die Partie nach 48 Spielminuten
so gut wie entschieden.
Jallouz setzt Schlusspunkte
Immerhin steckte der VfL Gummersbach auch in der Schlussphase
nicht auf. Da Carsten Lichtlein noch einmal ein paar
starke Paraden gegen
Wiencek
und
Sigurdsson zeigte und im
Angriff Barna Putics zu einfachen Toren kam, sah sich
Alfred Gislason nach dem 21:25-Anschluss
sogar noch dazu gezwungen, seine zweite Auszeit zu nehmen.
Doch seine Mannschaft ließ sich den Sieg nicht mehr entreißen -
auch dank des fulminanten Auftritts von
Wael Jallouz,
der in den Schlussminuten noch einmal für
Aron Palmarsson
aufs Parkett kam und die letzten drei Kieler Treffer markierte.
Am Sonntag Champions-League-Spitzenspiel in Kopenhagen
Die Rückkehr in die Handball-Bundesliga ist dem THW Kiel
somit gelungen, mit nunmehr 38:4 Punkten können die "Zebras"
beruhigt auf das Verfolgerduell am Mittwoch zwischen der
SG Flensburg-Handewitt und den Rhein-Neckar Löwen schauen.
Allerdings startet nun bereits die Vorbereitung auf das
Spitzenspiel in der
"VELUX EHF Champions League".
Am Sonntagnachmittag können die Kieler mit einem Auswärtssieg
beim dänischen Meister KIF Kolding-Kopenhagen einen riesigen
Schritt Richtung Gruppensieg unternehmen. Viele hundert Fans
werden den THW am Wochenende in der Bröndby-Halle nahe der
dänischen Hauptstadt lautstark unterstützen.
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie bitte auch
Vorab: Es hat Spaß gemacht, in dieser neuen Halle zu spielen.
Die Arena hat mir gut gefallen. Für uns war dieser Sieg nach
der langen Pause extrem wichtig. Wir haben nicht gewusst, wo
wir stehen. Diese Ungewissheit hat uns gequält. Zudem kamen
einige Spieler extrem kaputt von der EM
zurück, vor allem Rene Toft Hansen
musste für Dänemark nahezu jedes Spiel durchspielen. Das hat
man insgesamt in der ersten Halbzeit bemerkt, als wir in der
Abwehr fast immer einen halben Schritt zu spät kamen. Vorne
hat uns ein wenig die Spritzigkeit gefehlt, aber wir haben
sehr diszipliniert gespielt. Johan Sjöstrand
war mit seinen 19 Paraden überragend und sehr wichtig für uns.
Aron hat große Probleme mit dem Knie,
hat aber unsere Taktiken überragend geleitet. Und als er raus
musste, hat Willi sehr gut gespielt.
Rasmus ist bald soweit. Die Ärzte
haben mir schon heute grünes Licht für je 10 Minuten pro Halbzeit
gegeben. Aber ihn kalt reinzuwerfen, wollte ich nicht riskieren.
Glückwunsch an meine Mannschaft!
Gummersbachs Trainer Emir Kurtagic:
Wir haben in der ersten Halbzeit sehr gut gespielt, vielleicht
war das die beste Halbzeit der Saison. Unser Torwart hat uns
den Rücken freigehalten, und auch vorne ist es gut gelaufen.
Aber gegen einen Torwart mit 19 Paraden ist es schwer, mitzuhalten.
Aber insgesamt haben wir eine solide Leistung gezeigt, kein
Vorwurf an meine Mannschaft.
Gummersbachs Geschäftsführer Frank Flatten:
Das war ein sehr interessantes Spiel. Ich muss meiner
Mannschaft zur ersten Halbzeit gratulieren, wir haben gut
gegengehalten. Zum zweiten Mal war die Halle heute ausverkauft,
deshalb möchte ich mich bei den Zuschauern bedanken. Aber auch
beim THW Kiel, der uns die Halle voll gemacht hat.
- VfL Gummersbach:
-
Ristovski (n.e.),
Lichtlein (1.-60., 14/1 Paraden);
Schröter,
Schindler (4),
Kopco (1),
Putics (8),
Lützelberger,
J. Larsson (1),
Heyme (n.e.),
Gaubatz (n.e.),
von Gruchalla (2),
Bult (5),
Schröder (2),
Santos (1/1);
Trainer: Kurtagic
- THW Kiel:
-
Sjöstrand (1.-60., 16/2 Paraden),
Palicka (n.e.);
Toft Hansen (1),
Sigurdsson (5),
Sprenger (1),
Wiencek (3),
Ekberg (2/2),
Lauge (n.e.),
Zeitz (1),
Jallouz (4),
Palmarsson,
Klein (n.e.),
Jicha (5),
Vujin (7);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Holger Fleisch / Jürgen Rieber
- Zeitstrafen:
-
Gummersbach: 2 (Putics (33.), Kopco (47.));
THW: 2 (Sprenger (26.), Wiencek (45.))
- Siebenmeter:
-
Gummersbach: 3/1 (Sjöstrand hält Bult (13.) und Santos (39.));
THW: 3/2 (Lichtlein hält Vujin (34.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 1:0, 1:1, 2:1, 2:2, 2:3, 4:3 (6.), 4:4, 5:4, 5:5, 6:5, 6:7 (12.),
7:7, 7:8, 9:8, 9:10 (19.), 10:10, 10:11, 11:11, 11:12, 12:12 (25.),
12:14, 13:14, 13:15, 14:15;
2. Hz.: 14:17, 15:17, 15:18 (35.), 17:18, 17:21 (42.), 18:21, 18:24 (48.),
19:24, 19:25, 21:25, 21:26 (54.), 22:26, 22:27, 23:27, 23:29, 24:29.
- Zuschauer:
-
4.053 (ausverkauft) (Schwalbe-Arena, Gummersbach)
- Spielgrafik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 05.02.2014:
THW spielt im Dino-Duell seine ganze Routine aus
Vujin und Sjöstrand führen Zebras beim 29:24 in Gummersbach in die Erfolgsspur
Gummersbach. Fast sieben Wochen nach dem letzten Spiel in der
Handball-Bundesliga hat der THW Kiel sofort wieder in die Spur
gefunden. Im Duell der beiden führenden Mannschaften in der
"Ewigen Bundesliga-Tabelle" setzte sich der Kieler Rekordmeister
souverän mit 29:24 (15:14) gegen den zwölfmaligen Titelträger
VfL Gummersbach durch. Während die Kieler die Tabellenführung
verteidigten, riss bei den elftplatzierten Gastgebern der
Erfolgsfaden von drei Siegen in Folge vor Weihnachten.
Trotz der knappen Hinspiel-Niederlage (30:31)
hatten die Gummersbacher laut ihrem Manager Frank Flatten gestern
nicht die Erwartungshaltung, dem THW ein Bein stellen zu können.
Tatsächlich hielten die Gastgeber aber immerhin eine Halbzeit lang
mit, konnten später jedoch dem Tempo des THW nicht mehr folgen.
Kiels Trainer Alfred Gislason ließ
überraschend mit dem Anpfiff Aron Palmarsson
als Spielmacher auflaufen. Der Isländer hielt trotz seiner Knieprobleme
bis zur Mitte der Halbzeit durch, dann übernahm Kiels Kapitän
Filip Jicha die Regie. Bis dahin hatten die
Kieler stets einer knappen VfL-Führung hinterherhecheln müssen. Der
Angriff lief noch nicht reibungslos. Jichas
erfolgreichem Nachsetzen war es zu verdanken, dass sich die Hausherren
nicht mehr als einen Ein-Tore-Vorsprung erarbeiten konnten. In der
Abwehr ließ Gislason zwischenzeitlich von
der etwas löchrigen 6:0-Abwehr auf 5:1 umstellen. Damit gelang es,
den Bewegungsfreiraum vom Ex-Kieler Christoph Schindler
einzugrenzen und das Spiel besser in den Griff zu bekommen. Die Hauptlast
im Angriff verteilte sich vor allem auf den Schultern des Rückraums.
Neben Jicha setzte sich hier
Marko Vujin in Szene, der den deutschen
Nationaltorhüter Carsten Lichtlein ein um das andere Mal auf dem
falschen Fuß erwischte. Und auch
Wael Jallouz fügte sich bestens in das
Kieler System ein.
Nach dem Seitenwechsel war es THW-Schlussmann
Johan Sjöstrand, der die Hausherren entnervte.
Von den Außenpositionen war er kaum zu überwinden, und in der Mitte
machte der Kieler Block die Räume eng. So setzten sich die Kieler, bei
denen nun wieder Palmarsson auf dem Feld stand,
kontinuierlich ab. Beim 23:18 (47.) hatten sie erstmals einen
Fünf-Tore-Vorsprung herausgespielt, den sie bis zum Abpfiff verteidigten.
Und auf Seiten des VfL wurde deutlich, dass es nach den Umbrüchen in den
vergangenen Jahren derzeit an einem herausragenden Spieler mangelt, der
das Spiel noch einmal herumreißen könnte, auch wenn sie im achtmaligen
Torschützen Barna Putics den erfolgreichsten Werfer des Abends stellten.
VfL-Trainer Emir Kurtagic attestierte seiner Mannschaft dennoch die
beste erste Halbzeit dieser Saison. Und Alfred Gislason,
der während der Partie besonders die Treffer von Wael Jallouz
euphorisch gefeiert hatte, gab sich nach dem Schlusspfiff sehr gelöst:
"Wir waren das erste Mal in der neuen Halle, und ich muss sagen, dass
es Spaß gemacht hat, hier zu spielen. Dieser Sieg war extrem wichtig
für uns, denn wir haben nach der langen Pause nicht gewusst, wo wir
stehen. In den letzten Tagen hatte ich noch einige Bastelarbeit." Trotz
der klaren Niederlage hatte das Gummersbacher Publikum an diesem Abend
einen Grund zum Feiern. Mit langanhaltenden Ovationen und per Live-Band
brachten sie vor dem Anpfiff Joachim Deckarm, der die große Zeit des
Vereins in den 1970er Jahren mitbestimmt hatte, ein Ständchen zum 60.
Geburtstag.
(von Ralf Abratis, aus den Kieler Nachrichten vom 05.02.2014)