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23./24.01.2008 - Letzte Aktualisierung: 24.01.2008 EM 2008 / Nationalmannschaft

Deutschland unterliegt Frankreich nach hartem Kampf

Update #1 KN-Bericht und Stimmen ergänzt...

Nikola Karabatic jubelt über einen seiner acht Treffer.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic jubelt über einen seiner acht Treffer.
Im Duell zwischen dem amtierenden Weltmeister und dem Titelverteidiger hat sich am Mittwoch am 2. Spieltag in der Hauptrundengruppe 2 Frankreich mit 26:23 (11:10) durchgesetzt. Trotz der Niederlage in einem sehr umkämpften und bis in die Schlussphase spannenden Spiel hat das DHB-Team aber den Halbfinaleinzug nach der überraschenden Niederlage Ungarns gegen Island wieder selbst in der Hand: Mit einem Sieg am Donnerstag gegen Schweden kann das Ticket für die Vorschlussrunde gelöst werden.
Die knapp 3000 Zuschauer im endlich einmal gut gefüllten Trondheim Spektrum sahen einen Weltmeister, der mit Henning Fritz im Tor und Michael Kraus auf der Spielmacherposition begann - und ein Spiel, das als eine Abwehrschlacht in die Annalen dieser EM eingehen wird.
Henning Fritz begann stark.
Klicken Sie zum Vergrößern! Henning Fritz begann stark.
In der dritten Minute brachte Daniel Narcisse die "Equipe Tricolore" in Führung, doch obwohl das DHB-Team im Angriff kein Mittel gegen die französische Deckung mit dem vorgezogenen Narcisse und einer Manndeckung gegen Florian Kehrmann fand, konnte auch der Europameister keinen Nutzen daraus schlagen. Würfe aus dem Rückraum wurden geblockt oder vom stark beginnenden Henning Fritz pariert, Anspiele an Kreisläufer Bertrand Gille unterbunden.

Deutschland hatte im Angriff ähnliche Probleme: Klimovets war trotz der offensiven Deckung der Franzosen fast immer abgemeldet, Thierry Omeyer zeigte sich in hervorragender Verfassung. Dennoch gelang Pascal Hens nach sieben Minuten endlich der erste deutsche Treffer zum 1:1-Ausgleich. Es dauerte weitere viereinhalb Minuten bis zum nächsten Tor: Nikola Karabatic erzielte das 2:1 in der 12. (!) Spielminute.

Oliver Roggisch sah in der 34. Spielminute die rote Karte.
Klicken Sie zum Vergrößern! Oliver Roggisch sah in der 34. Spielminute die rote Karte.
Die Franzosen nutzten nun die erste Zeitstrafe für Abwehrchef Oliver Roggisch, um durch Abalo und erneut Karabatic auf 4:1 zu erhöhen. Deutschland mühte sich zwar im Angriff, doch Hens und Glandorf verwarfen ein ums andere Mal, nach einem Doppelschlag von Fernandez führte Frankreich mit 8:4 (23.). Doch die Mannschaft von Heiner Brand, der mittlerweile Christian Zeitz für Glandorf brachte, kämpfte sich ins Spiel: Insbesondere die beiden Außen, Torsten Jansen und Florian Kehrmann, kamen zu Toren, und auch Zeitz konnte die französische Abwehrwand zweimal erfolgreich durchbrechen. So konnte der Rückstand bis zur Pause auf 10:11 verkürzt werden. Einziger Wermutstropfen: Oliver Roggisch kassierte noch vor dem Wechsel bereits seine zweite Zeitstrafe.

Und so kam es, wie es kommen musste: Nach nur etwas mehr als drei Minuten griff Roggisch Rechtsaußen Abalo bei dessen Treffer zum 13:11 völlig unnötig ans Bein und musste auf der Tribüne Platz nehmen. Fortan hatte es der französische Rückraum leichter, an Tore zu kommen, Karabatic, Narcisse und der Rechtshänder Fernandez auf Halbrechts hämmerten ihre Würfe auf das Tor von Henning Fritz, der bei den Treffern nun etwas unglücklich agierte. Die deutsche Mannschaft hielt den Rückstand aber vor allem durch Michael Kraus in Grenzen, der nun für den angeschlagenen Pascal Hens auf Halblinks endlich für Torgefahr aus dem Rückraum sorgte.

Torsten Jansen am Boden - der Halbfinaleinzug ist aber weiterhin möglich.
Klicken Sie zum Vergrößern! Torsten Jansen am Boden - der Halbfinaleinzug ist aber weiterhin möglich.
Auch, als Fernandez auf 18:15 erhöhte, Markus Baur erstmals bei der EM mit einem Siebenmeter scheiterte und anschließend noch Sebastian Preiß eine Zeitstrafe kassierte, gaben sich die Deutschen nicht auf: Ein Fehlwurf von Abalo und ein Stürmerfoul von Karabatic ermöglichten den Anschluss, ein Siebenmetertreffer von Torsten Jansen brachte tatsächlich wieder den Ausgleich zum 20:20 (51.). Frankreich konterte in Unterzahl durch Treffer von Narcisse und Bertrand Gille, ein Doppelpack von Fernandez brachte das 24:22, Karabatic erzielte mit seinem achten Treffer das 25:22. Heiner Brand nahm drei Minuten vor Schluss seine Auszeit, Markus Baur gelang aber erst 90 Sekunden später der Anschluss. Mit einer offenen Deckung versuchte der Weltmeister an den Ball zu kommen, die Rechnung, Paty von Rechtsaußen werfen zu lassen, ging auf. Doch der Wurf von Pascal Hens vierzig Sekunden vor Schluss ging über das Tor, das Spiel endgültig entschieden.

(Sascha Krokowski)

Im ersten Spiel des Tages in der deutschen Gruppe 2 schlug Schweden Spanien mit 27:26 (13:14) (siehe Spielbericht). Im dritten Spiel besiegte Island Ungarn mit 36:28 (16:16).

Lesen Sie bitte auch den Spielbericht der KN.

Stimmen zum Spiel:

Bundestrainer Heiner Brand gegenüber den KN:
Der Sieg geht in Ordnung. Wir haben - auch bedingt durch den Ausfall von Hens im Angriff - nicht die gewohnte Schlagkraft gehabt. Damit, wie Frankreich nun gegen Ungarn spielen wird, beschäftige ich mich nicht.
Torsten Jansen gegenüber den KN:
Positiv ist, dass wir gezeigt haben, wie wir spielen können, wenn sich alle schneller bewegen. Ein bisschen Glück, den einen oder anderen Pfiff mehr und wir kippen das Spiel. In dieser Form schlagen wir Schweden.
Florian Kehrmann gegenüber den KN:
Es ist noch nichts verloren.
Dominik Klein gegenüber den KN:
Das Spiel ist von Anfang an nicht so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt haben. In der Abwehr haben wir gut gestanden, vorne haben wir zu viele einfache Bälle verworfen. Mehr fällt mir nicht ein - mein Kopf ist leer.
Henning Fritz gegenüber den KN:
Der Ausfall von Roggisch hat uns natürlich hart getroffen, aber für ihn sind andere in die Bresche gesprungen. Wir hatten in der zweiten Halbzeit die Chance, das Blatt zu wenden. An einigen Bällen war ich dran. Halte ich die, gewinnen wir. Da ich sie nicht gehalten habe, ist passiert, was passiert ist.
Thierry Omeyer gegenüber den KN:
Für uns war es ein besonderes Spiel. Vor einem Jahr haben wir das Halbfinale gegen die Deutschen verloren. Ich war damals mit meiner Leistung nicht zufrieden. Ich wollte heute unbedingt zeigen, dass ich es besser kann. Deutschland hat im Angriff nicht gut gespielt. Sie haben es oft im Alleingang versucht, das ist ungewöhnlich für sie.

23.01.08, Mi., 18.15: Deutschland - Frankreich: 23:26 (10:11)

Deutschland:
Fritz (1.-47., 56.-60., 11/2 Paraden), Bitter (47.-56., keine Parade); Hens (2), Roggisch, Klein, Preiß, Glandorf (2), Baur (1), Zeitz (2), Jansen (5/2), Klimovets (1), Kraus (6), Kehrmann (4), Kaufmann (n.e.); Trainer: Brand
Frankreich:
Omeyer (1.-60., 14/1 Paraden), Karaboue (n.e.); Fernandez (7/1), Dinart (1), G. Gille, B. Gille (1), Narcisse (6), Girault (1), Karabatic (8), Kempe (n.e.), Abalo (2), Ostertag (n.e.), Paty, Guilbert (n.e.); Trainer: Onesta
Schiedsrichter:
Poladenko / Chernega (RUS)
Zeitstrafen:
Deutschland: 5 (3x Roggisch (13.,30.,34.), Preiß (45.), Baur (60.));
Frankreich: 2 (B. Gille (30.), Abalo (51.))
Rote Karte:
Deutschland: Roggisch (34.) nach dritter Zeitstrafe
Siebenmeter:
Deutschland: 3/2 (Omeyer hält Baur (44.));
Frankreich: 3/1 (Fritz hält Karabatic (12.) und Girault (39.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1 (3.), 1:1 (8.), 1:4 (14.), 3:4, 3:6, 4:6, 4:8 (23.), 6:8, 6:9, 8:9 (28.), 8:10, 9:10, 9:11, 10:11;
2. Hz.: 11:11, 11:13, 12:13, 12:14 (35.), 13:14, 13:15, 14:15, 14:16, 15:16, 15:18 (44.), 16:18, 16:19, 17:19, 17:20 (48.), 20:20 (51.), 20:21, 21:21, 21:23 (54.), 22:23, 22:25 (57.), 23:25, 23:26.
Zuschauer:
2945 (Trondheim Spektrum, Trondheim (NOR))

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2008:

"Finale" gegen Schweden

Nach der Niederlage gegen Frankreich schenkt Island Weltmeister Deutschland die Hoffnung zurück
Trondheim - Am Ende eines intensiven Ringens lagen sich die Franzosen in den Armen. Sie hatten durch den 26:23 (11:10)-Sieg gegen Deutschland nicht nur Revanche für das verlorene WM-Halbfinale vor einem Jahr genommen. Der Titelverteidiger hat sich gestern Abend auch als erste Mannschaft der Trondheim-Gruppe für das Halbfinale am Sonnabend in Lillehammer qualifiziert.

Aber auch der Verlierer durfte um 21.48 Uhr feiern. Island hatte völlig unerwartet Ungarn mit 36:28 geschlagen und damit den Deutschen das Heft des Handels am Ende eines enttäuschenden Tages doch wieder in die Hand gedrückt. Mit einem Sieg gegen Schweden kann das Team von Heiner Brand sich doch noch aus eigener Kraft für das Halbfinale qualifizieren. "Jetzt spielt Deutschland gegen Kiel", meinte THW-Linksaußen Dominik Klein im Hinblick auf das "Finale" gegen Schweden, in dem er auf drei "Zebra"-Kollegen treffen wird.

Am frühen Abend hatten die Franzosen von der ersten Sekunde an deutlich gemacht, dass für sie nicht nur die Zukunft auf dem Spiel stand. Sie wollten auch ein Kapitel der Vergangenheit aufarbeiten, das für sie noch immer einen faden Beigeschmack hat. Das verlorene WM-Halbfinale (31:32) in der Kölnarena ist für sie unter der Rubrik "Betrug" abgespeichert. Entsprechend motiviert stürzte sich das Team von Claude Onesta in die Partie. Der bullige Abwehrriese Didier Dinart schüttelte den deutschen Kreisläufer Andrej Klimowets wie eine Fliege ab. An ihm und seinen Nebenleuten kam in der ersten Viertelstunde kaum einer vorbei. 4:1 in der 16. Minute! Ein Spielstand aus einer Zeit, in der Brand (55) noch selbst für Deutschland gespielt hat.

Er hatte auf Michael Kraus als Mittelmann gesetzt. Der schnelle Lemgoer, der sich im besagten Halbfinale zum Frankreich-Schreck gemausert hatte. Doch weder Kraus, noch der enttäuschende Pascal Hens trafen. Auch Holger Glandorf nicht, der einen unglücklichen Tag erwischte. Mit einem überragenden Thierry Omeyer (THW Kiel) zwischen den Pfosten robbte Frankreich Tor um Tor davon.

Doch der Weltmeister zeigte Herz, biss sich in dem intensiven Spiel fest. Stark der Auftritt des Kielers Christian Zeitz, der mit zwei beherzten Treffern den Rückstand zur Pause auf 10:11 schrumpfen ließ. Auch als Abwehrchef Oliver Roggisch (37.) nach der dritten Zeitstrafe auf die Tribüne musste, rappelten die Deutschen sich wieder auf. Vor allem Kraus war es zu verdanken, dass bis zum 21:21 (51.) alles möglich schien. Er war für Hens in den linken Rückraum gerutscht, der mit einer Knieverletzung das Feld geräumt hatte. Der 24-Jährige war nicht zu stoppen. Auch von Omeyer nicht, der einen Siebenmeter von Markus Baur hielt, der zuvor zwölf in Serie verwandelt hatte. Aber ein Kraus war zu wenig, um Frankreich zu stoppen. Der überragende Karabatic traf zum 25:22 - die Entscheidung.

Aus für Deutschland? Nicht nur Florian Kehrmann war überzeugt davon, dass Frankreich das letzte Gruppenspiel gegen Ungarn mit einer B-Mannschaft bestreiten wird. "Ich bin hundertprozentig sicher, dass sie das verlieren." Auch Onesta hatte angekündigt, den Donnerstag zur Regeneration seiner Stars zu nutzen. Ein ungarischer Sieg, und die Deutschen hätten das Halbfinale nicht mehr erreichen können. Allerdings hatten alle die Rechnung ohne die Isländer gemacht, die bislang ein trostloses Turnier gespielt hatten. "Wir wollten Deutschland helfen", sagte Birkir Gudmundsson, Torhüter des Bundesligisten TuS N-Lübbecke. "Viele von uns spielen in der Bundesliga. Wir wollten, dass unsere Kollegen das Halbfinale erreichen."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.01.2008)


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