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13.-15.10.2010 - Letzte Aktualisierung: 15.10.2010 Bundesliga

THW erneut Derbysieger in der Flensburger Campushalle

Bundesliga, 8. Spieltag: 13.10.2010, Mi., 20.45: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 31:37 (18:16)
Update #3 KN-Nachbericht vom 15.10., KN-Spielbericht vom 14.10., weitere Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt ...

Zum siebten Mal in Folge Derbysieger: der THW Kiel.
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Der THW Kiel hat zum vierten Mal in Folge das Schleswig-Holstein-Derby in der Campushalle für sich entschieden. Durch eine Leistungssteigerung nach dem Seitenwechsel setzten sich die "Zebras" am Mittwochabend in einer lange Zeit ausgeglichenen Partie bei der SG Flensburg-Handewitt mit 37:31 (16:18) durch. Aus einer geschlossenen Mannschaftsleistung ragte das Trio um Filip Jicha, Christian Sprenger und Christian Zeitz heraus, das zusammen auf 23 Treffer kam. Bei Flensburg überzeugte Oscar Carlen mit insgesamt neun Toren.
Mit einer überraschenden Startformation ging Alfred Gislason in das 65. Nordderby: Kapitän Marcus Ahlm und Top-Torschütze Filip Jicha blieben zunächst auf der Bank, Aron Palmarsson als Spielmacher und Milutin Dragicevic am Kreis durften von Beginn an ran. Im Kieler Mittelblock standen zunächst Daniel Kubes und Momir Ilic.

Aron Palmarsson durfte von Beginn an ran.
Klicken Sie zum Vergrößern! Aron Palmarsson durfte von Beginn an ran.
Den besseren Start hatten aber die Gastgeber, die zumindest in der Deckung auf den am Knie verletzten Abwehrchef Tobias Karlsson zurückgreifen konnten. Dreimal nahm sich Lasse Boesen im linken Rückraum ein Herz, alle drei Würfe zappelten im Netz - bei einem Tor durch Christian Zeitz ging die SG schnell mit 3:1 in Führung. Der THW fand erst durch eine Zeitstrafe gegen Karlsson nach einem Foul an Ilic in die Partie und nutzte die Überzahl durch einen schönen Abroller von Sprenger und einen Strafwurf von Ilic zum 3:3-Ausgleich (7.). Dennoch: Die Flensburger wirkten in der ersten Halbzeit insgesamt wacher und hatten mit Dan Beutler den besseren Keeper in ihren Reihen, der besonders den aus dem Feld glücklosen Momir Ilic schnell entnervte. Nur einmal - nachdem die SG bereits ihre zweite Zwei-Minuten-Strafe kassierte - konnten die "Zebras" im ersten Durchgang in Führung gehen, doch Lundströms Nachwurf-Treffer zum 6:5 wurde von den vom Publikum nach vorne gepeitschten Gastgebern durch einen weiteren Treffer des starken Boesen und einen Strafwurf Eggerts schnell gekontert.

Über die linke Seite mit Lasse Boesen und Anders Eggert ging  in der ersten Halbzeit sehr viel Gefahr aus.
Klicken Sie zum Vergrößern! Über die linke Seite mit Lasse Boesen und Anders Eggert ging in der ersten Halbzeit sehr viel Gefahr aus.
Als der dänische Linksaußen anschließend dem glücklosen Thierry Omeyer ein zweites Mal einen Wurf durch dessen Beine zum 8:6 ins Tor setzte, rückte früh Andreas Palicka zwischen die Pfosten. Auch setzte Gislason nun auf Filip Jicha für den glücklosen und nach einem Zusammenprall mit seinem Gegenspieler leicht blutenden Momir Ilic sowie Marcus Ahlm für den besonders in der Deckung gegen Boesen überforderten Dragicevic. Spielerisch überzeugten die Kieler aber auch weiterhin nicht, hielten den Rückstand durch Einzelaktionen der Rückraumspieler indes immerhin in Grenzen. So konnten sich die Flensburger, bei denen sich im ersten Durchgang lediglich Carlen (5), Boesen (6) und Eggert (7/4) in die Torschützenliste eintrugen, nie mehr als drei Tore absetzen. Vielmehr witterten die "Zebras" Morgenluft, als Momir Ilic einen vom unermüdlich rackernden Marcus Ahlm herausgeholten Siebenmeter zum 12:14 und Filip Jicha nach einem Steal per Gegenstoß zum 13:14-Anschluss (25.) traf. Als der nicht zu stoppende Oscar Carlen wenig später bei seinem Treffer von 16:14 auch noch eine Zeitstrafe gegen Kubes erzwang und Filip Jicha seinem Landsmann eine halbe Minute später folgte, ergab sich für Flensburg kurz vor dem Seitenwechsel doch noch die Gelegenheit, wieder ein paar Tore zwischen sich und den Rekordmeister zu legen. Doch die SG kam in dieser Phase lediglich zu einem Siebenmetertreffer durch Eggert, während die "Zebras" durch einen Geistesblitz Palmarssons und einen daraus resultiernden Strafwurf Ilic' den Rückstand bei zwei Treffern hielt. Als der Serbe dann noch ein schlechtes Anspiel Fahlgrens abfing und Zeitz per Konter das 16:17 markierte, drohte den Flensburger gar trotz "gefühlter Überlegenheit" ein Unentschieden zur Pause. Doch immerhin sorgte Oscar Carlen mit seinem fünften Treffer mit der Schlusssirene für einen insgesamt verdienten 18:16-Pausenstand für die Gastgeber.

Momir Ilic gelang kein Feldtor, vom Siebenmeterpunkt aber zeigte er keine Nerven.
Klicken Sie zum Vergrößern! Momir Ilic gelang kein Feldtor, vom Siebenmeterpunkt aber zeigte er keine Nerven.
Den Kielern war klar, dass sie sich im zweiten Durchgang steigern müssten. Dass sie dies auch taten, zeigte sich bereits binnen der ersten drei Minuten: Jicha mit einem trockenen Wurf bei angezeigtem Zeitspiel zum 17:18, Jicha mit einem Steal, Lundström per Gegenstoß zum 18:18, ein unterbundenes Kreisanspiel des "neuen alten" Mittelblocks Jicha/Ahlm und Christian Sprenger sicher zum 19:18 - die Kieler lagen plötzlich zum zweiten Mal in der Partie vorne, kurzzeitig wurde es stiller in der Campushalle.

Doch obwohl die Kieler Deckung nun besser stand und auch im Angriff mit mehr Spielwitz agiert wurde, so gaben sich die Flensburger noch lange nicht geschlagen. Die Partie wog nun hin und her, die Führung wechselte im Zwei-Minuten-Takt. Bei der SG zeigte Oscar Carlen sein großes Potential, spielte Kreisläufer Jacob Heinl frei zum 19:19, egalisierte eine erneute Kieler Führung durch Sprenger nach weitem Omeyer-Pass per Einzelleistung zum 21:21 und brachte seine Farben in Unterzahl mit einem - allerdings klar abgestandenen - Kempator wieder mit 23:22 (39.) in Front. Auf Seiten der Kieler verdiente sich nun insbesondere die rechte Seite um Christian Zeitz und Christian Sprenger Bestnoten, zudem setzte auch Filip Jicha immer wieder Treffer gegen den nun glückloseren Dan Beutler. Dabei hatte der Tscheche ein wenig Glück, dass er überhaupt noch weiterspielen durfte, nachdem er - bereits zweimal "vorbestraft" - dem Flensburger Spielmacher Thomas Mogensen bei dessen Knickwurf ins Gesicht langte. Die umsichtig pfeifenden Geipel/Helbig sahen bei dieser Aktion aber keine Absicht Jichas.

Filip Jicha übernahm erneut Verantwortung und traf insgesamt acht Mal.
Klicken Sie zum Vergrößern! Filip Jicha übernahm erneut Verantwortung und traf insgesamt acht Mal.
27:27 stand es so nach 47 Spielminuten, die 6.300 Zuschauer in der ausverkauften Campushalle erwarteten eine bis zum Schlusspfiff spannende Partie. Doch es sollte anders kommen, denn Alfred Gislason zog seine letzte Trumpfkarte: In der 48. Spielminute durfte Jerome Fernandez erstmals die schleswig-holsteinische Derbyluft schnuppern und traf auch sofort zum 28:27. Auf der Gegenseite kam Thierry Omeyer bei einem Mogensen-Wurf zu seiner zweiten (!) Parade des Spiels und Christian Zeitz stürmte per zweiter Welle zur ersten Zwei-Tore-Führung für den THW zum 29:27. Lasse Boesen ließ die Flensburger Fans mit seinem achten Treffer noch einmal hoffen, doch der hellwache Henrik Lundström schnappte sich den Abpraller nach einer Beutler-Parade und tunnelte seinen Landsmann zum 30:28. Der nächste Versuch Boesens landete im Kieler Block und Christian Zeitz markierte erneut mit viel Dynamik und Durchsetzungskraft das 31:28 (52.). Bei dieser Aktion zog sich Oscar Carlen ohne Einwirkung des Kielers einen "Cut" an der Nase zu, der Trainersohn musste schnell in die Kabine, um die Blutung zu stoppen. Als er drei Spielminuten später aufs Parkett zurückkehrte, hallten "Schwarz und weiß"-Gesänge der mitgereisten Kieler Fans durch die Campushalle, die Anzeigetafel zeigte ein 34:28 für die Gäste an. Die Partie war nach 55 Spielminuten entschieden, weil in der Zwischenzeit Christian Zeitz seine Mannschaft mit zwei Steals in der Abwehr endgültig auf die Siegerstraße führte. Nach seinem eigenen Treffer zum 33:28 machte er auf seiner Position Platz für Fernandez, der sogleich das 34:28 markierte.

SG-Trainer Per Carlen versuchte es zwar in den Schlussminuten noch mit einer Manndeckung gegen Filip Jicha, doch die Kieler ließen sich auch davon nicht mehr beeindrucken. Fernandez und Sprenger, in der zweiten Halbzeit siebenfacher Torschütze, setzten die letzten Nadelstiche gegen die SG, die im fünften Liga-Heimspiel bereits ihre dritte Heimniederlage kassierte. Der THW Kiel hingegen zementierte mit dem siebten Derbysieg in Folge den zweiten Tabellenplatz der TOYOTA Handball-Bundesliga hinter den weiter verlustpunktfreien Berliner Füchsen. Bereits ab Donnerstag aber gilt die volle Konzentration der ersten schweren Auswärtshürde in der Champions League: Am Sonntagnachmittag treten die "Zebras" in Slowenien bei Meister RK Celje an, der neuen Mannschaft von Ex-THW-Coach Noka Serdarusic. Eurosport überträgt live.

(Sascha Krokowski)

Lesen Sie bitte auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten und den Nachbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

SG-Trainer Per Carlen:
Es war ein super Spiel und absolute Werbung für den Handball. Glückwunsch an die Kieler, die eine super Mannschaft haben. Es herrschte tolle Stimmung, es ging hart zur Sache, allerdings standen heute echte Sportsleute auf dem Platz und das freut mich riesig für den Handballsport. Wir haben 50 Minuten gut gespielt, doch dann etwas den Faden verloren und unsere Absprachen vernachlässigt. So war es bereits gegen Ciudad und das ist ärgerlich. Da müssen wir noch einiges lernen.
SG-Geschäftsführer Holger Kaiser:
Glückwunsch an Kiel. Wir haben heute ein unglaubliches Derby gesehen und unsere Mannschaft hat ein wahres Feuerwerk abgebrannt.
THW-Rückraumspieler Filip Jicha gegenüber Sport1:
Gerade, weil wir in den ersten 45 Minuten Probleme hatten, freut uns das gute Ende umso mehr. Sonst wäre Handball ja auch unglaublich langweilig.

Wir hatten erwartet, dass es ein schweres Spiel werden würde. Flensburg hat super in der Abwehr gestanden und war auch im Angriff unglaublich stark.

In der Kabine war es eher leise, aber dann haben wir begonnen, darüber zu sprechen, dass wir hier nicht verlieren wollen.

Ich freue mich besonders für Christian Zeitz, der heute hier die entscheidenden Momente hatte, gerade seine zwei Ballgewinne waren unglaublich wichtig für uns. Gerade Christian, der hier nicht gerade beliebt ist, hat uns nach vorne gebracht. Christian hat seine Profieinstellung gezeigt, hat seine Emotionen mit Bravour weggesteckt und sich nur auf das Spiel konzentriert, ein Riesenkompliment an ihn.

Es ist nicht so schlimm, dass hier in Flensburg viele Fans uns eher als Feinde betrachten, das gehört dazu. Umso besser, dass wir die zwei Punkte mitnehmen.

SG-Linksaußen Anders Eggert gegenüber Sport1:
Wir haben einfach zu viele technische Fehler gemacht, das darf einfach nicht passieren. Gegen solch eine Mannschaft verliert man dann.

Nein, an der Kraft nach den englischen Wochen lag es nicht. Wir waren fit und voll konzentriert, haben es dann aber einfach nicht geschafft.

Sieben Tore sind viel zu viel, aber am Ende haben wir ein wenig die Moral verloren. Es ist natürlich eine große Enttäuschung, wir wollten das Derby unbedingt gewinnen, aber trotzdem: Wir haben gut gekämpft und alles gegeben, aber das war nicht genug.


8. Spieltag: 13.10.10, Mi., 20.45: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 31:37 (18:16)

Logo SG Flensburg-Handewitt:
Beutler (1.-45., 49.-60., 12 Paraden), Rasmussen (45.-49. und bei einem Siebenmeter, keine Parade); Karlsson, O. Carlen (9), Eggert (9/5), Fahlgren, Mogensen (1), Svan Hansen, Djordjic (n.e.), Mocsai, Heinl (4), Szilagyi, Boesen (8); Trainer: P. Carlen
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-15., 26.-42., 45.-60. und bei einem Siebenmeter, 5 Paraden), Palicka (15.-26., 42.-45., 1 Parade); Lundström (5), Dragicevic, Sprenger (8), Ahlm, Kubes, Reichmann (n.e.), Zeitz (7), Palmarsson (2), Ilic (4/4), Klein (n.e.), Jicha (8/1), Fernandez (3); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Lars Geipel / Marcus Helbig
Zeitstrafen:
SG: 4 (2x Karlsson (6., 39.), O. Carlen (10.), Mogensen (44.));
THW: 4 (Kubes (27.), 2x Jicha (27., 44.) Ilic (55.))
Siebenmeter:
SG: 6/5 (Eggert vorbei (20.));
THW: 5/5
Spielfilm:
1. Hz.: 1:0, 1:1, 3:1 (5.), 3:3, 4:3, 4:4, 5:4, 5:6 (11.), 8:6 (14.), 8:7, 10:7, 10:8, 11:8, 11:9, 12:9 (21.), 12:10, 13:10, 13:11, 14:11, 14:13 (25.), 15:13, 15:14, 17:14, 17:16, 18:16;
2. Hz.: 18:19 (34.), 20:19, 20:21, 22:21, 22:22, 23:23, 23:24 (41.), 24:24, 24:25, 25:25, 26:25, 26:26, 27:26 (45.), 27:29 (49.), 28:29, 28:34 (55.), 29:34, 29:35, 30:35, 30:37, 31:37.
Zuschauer:
6300 (ausverkauft) (Campushalle, Flensburg)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 14.10.2010:

Derby-Dominanz des THW bei der SG Flensburg hält an

Handball-Rekordmeister hatte beim 37:31 den längeren Atem - Sprenger in Gala-Form
Flensburg. Die imponierende Kieler Serie in Nordderbys gegen Flensburg-Handewitt hat Bestand. Der THW hatte gestern Abend vor 6200 Fans in der Flensburger Campushalle den längeren Atem, gewann mit 37:31 (18:16) Toren, feierte den siebten Derbysieg in Folge und kletterte in der Tabelle der Handball-Bundesliga wieder auf Rang zwei hinter Berlin.

"Siege in Flensburg sind immer wichtig, der heutige war's besonders", freute sich Linkshänder Christian Zeitz, der vom Flensburger Publikum ausgepfiffen wurde, mit sieben Toren und einem überzeugenden Spiel aber selbst die beste Antwort gab.

Kiels Startaufstellung überraschte. Statt der Stammspieler Filip Jicha und Marcus Ahlm schickte Trainer Alfred Gislason zunächst Milutin Dragicevic und Aron Palmarsson auf die Platte. Den besseren Start erwischten aber die Gastgeber, weil Lasse Boesen dreimal in Folge traf, THW-Torhüter Thierry Omeyer kalt erwischte: 3:1 hieß es nach vier Minuten. Die Campushalle kam in Wallung, die gute Laune übertrug sich auf die Heimmannschaft. Da auch SG-Torhüter Dan Beutler von Beginn an hellwach war, bis zum Halbzeitpfiff elfmal großartig parierte, lagen die Flensburger stets knapp vorne. <ü> Fürs Tore werfen waren bis zum Pausenpfiff nur drei SG-Akteure zuständig: Neben Boesen (6) trafen Anders Eggert (6/4) und Oscar Carlen. Die Kieler hatten zunächst hauptsächlich Kampfgeist entgegenzusetzen, Omeyer fand keine Bindung, musste in der 15. Minute für Andreas Palicka Platz machen. Doch auch der Schwede suchte vergeblich nach seiner Form, nach 23 Minuten kehrte Omeyer ins Kieler Tor zurück. So imponierte auf Kieler Seite individuell zunächst nur Momir Ilic mit seiner Treffsicherheit von der Siebenmeterlinie (4/4).

Vor den Augen der ehemaligen Kieler Schweden Stefan Lövgren, Peter Gentzel und Staffan Olsson kam mit Beginn der zweiten Halbzeit Leben in die Kieler Fanblöcke zurück. Jetzt erwischte der THW einen Blitzstart. Jicha, Lundström und der sich von Minute zu Minute in Galaform steigernde Christian Sprenger (8 Tore) drehten den 16:18-Pausenrückstand in die erst zweite THW-Führung zum 19:18, doch Heinl glich aus, Ilic verzog und Boesen brachte Flensburg erneut nach vorn.

Die Partie nahm Fahrt auf, wogte hin und her. Auch die Fans beteiligten sich. Nachdem ein gewaltiges "Pfund" von Zeitz nur haarscharf am Kopf von Beutler vorbei ins Netz gerauscht war, der schwedische Torhüter sich lautstark bei den Schiedsrichtern beschwerte, stimmten die SG-Ultras ihr gleichermaßen einfallsloses wie dummes "Zeitz, du Arschloch" an. Die rund 500 Kieler antworteten mit "Zeitzi, Zeitzi" - die "besondere" Derby-Atmosphäre hatte endgültig Einzug gehalten.

Sportlich nahm der Krimi seinen Lauf. Während es im Kieler Angriff jetzt viel runder lief, Jicha, Zeitz, Fernandez sehenswert trafen, ging die Flensburger Fehlerquote in die Höhe, der THW gewann die Oberhand. Mit dem Feuer spielte indes THW-Trainer Alfred Gislason, der seinen gefährlichsten Angreifer, Filip Jicha, auch nach der zweiten Zeitstrafe in der Abwehr beließ, damit in dem umkämpften Spiel die dritte Zeitstrafe und den Ausschluss des Tschechen riskierte.

Es ging gut, und auch im Kieler Tor fand Thierry Omeyer nach einer Wechselorgie mit Palicka endlich Kontakt zum Spiel. Als dann Lundström, Zeitz, Jicha, noch einmal Zeitz und der gerade erst eingewechselte Fernandez trafen, die Flensburger torlos blieben, war beim 34:28 in der 55. Minute die Vorentscheidung gefallen. "Auswärtssieg, Auswärtssieg", skandierte die THW-Kurve. Während die "Zebras" nach dem Schlusspfiff ihr Freudentänzchen aufführten, verteilte THW-Manager Uli Derad Lob an seinen Trainer: "Alfred hat mit seinem vielen Wechseln alles richtig gemacht, am Ende waren wir frischer, der Sieg geht vollkommen in Ordnung."

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 14.10.2010)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 15.10.2010:

Das war Werbung für Handball

Christian Zeitz imponierte beim Kieler Derbysieg in Flensburg - "Man muss Feindseligkeiten ausblenden"
Kiel. Es war wie zuletzt immer nach Nordderbys: Die "Zebras" tanzten ihren Siegerreihen, Flensburgs Spieler verließen das Parkett der Campushalle am späten Mittwochabend mit hängenden Schultern, wunderten sich, warum auch das siebte Aufeinandertreffen in Folge an den THW gegangen war. Mit dem im Schlussspurt errungenen 37:31 sogar sehr deutlich.

Viktor Szilagyi, Neuzugang und ehemaliger Kieler in SG-Reihen fand seine Erklärung. Über weite Strecken sei es ein offenes Spiel gewesen, sagte der Österreicher, "am Ende sind uns dann viele technische Fehler unterlaufen, die gnadenlos bestraft wurden." Am verdienten Sieg der Kieler ließ Szilagyi keine Zweifel: "Sie waren in wichtigen Phasen ganz ruhig, das zeichnet die Mannschaft aus." Viktor Szilagyi, einst Mitbegründer des Kieler Hochgeschwindigkeitshandballs, ist bei seinem neuen Team allerdings noch nicht angekommen, war in diesem 63. Nordderby nur eine Randfigur und bekam nur geringe Spielanteile.

6200 Zuschauer in der ausverkauften Halle und Hunderttausende vor den Fernsehschirmen hatten ein packendes Duell erlebt, voller Emotionen im Publikum, auf dem Parkett wohltuend fair. Auf den Punkt gebracht: Dieses Nordderby war Werbung für Handball. Ihren Sieg hatten die "Zebras" erst in den letzten zehn Minuten sichergestellt. Eine entscheidende Figur im Hexenkessel "Hölle Nord" war Linkshänder Christian Zeitz, der auf und außerhalb des Spielfeldes auffällig gereift ist. Der 29-Jährige ging in der wichtigen Endphase mit zwei "geklauten Bällen" auf die Reise, erzielte insgesamt sieben Tore und ließ sich auch von der gegen ihn gerichteten SG-Fan-Stimmung nicht beeindrucken. Das imponierte seinem Mitspielern. "Großartig, die wichtigen Tore am Schluss", staunte Momir Ilic. "Gerade Christian, der hier nicht sehr beliebt ist, hat uns nach vorne gebracht", schwärmte Filip Jicha, Kiels Säule im linken Rückraum. "Christian hat seine professionelle Einstellung gezeigt", lobte Jicha, "seine Emotionen mit Bravour weggesteckt. Ein Riesenkompliment." So stand Zeitz im Fokus zahlreicher Medienvertreter, beantwortete gelassen alle Fragen - auch die zu den Hasstiraden aus der Fankurve. "Man muss die Feindseligkeiten ausblenden," erklärte er, "ich habe mich nur auf mein Spiel konzentriert, so hat das geklappt."

Neben Oscar Carlen (9) war bei den Flensburgern Linksaußen Anders Eggert mit 9/4 Toren erfolgreichster Werfer. Insgesamt 13 Treffer verbuchte die extrem starke Kieler Flügelzange. Rechtsaußen Christian Sprenger (8) hat nach seiner Sprunggelenksverletzung zu alter Form zurückgefunden, diese noch weiter stabilisiert. Kaum jemand spricht noch über Sprengers in Kiel überaus beliebten Vorgänger Vid Kavticnik. Der Slowene ist in die Kategorie Weltklasse einzuordnen, Sprenger spielt inzwischen auf Augenhöhe. In nichts stand dem Ex-Magdeburger Linksaußen Henrik Lundström (5) nach. Der Schwede nahm jeden Winkel, kämpfte wie um sein Leben, warf ebenfalls wichtige Tore in kniffligen Momenten. Mit seinem Spiel bedeutete Lundström den THW-Verantwortlichen: Seht her, was Euch fehlen wird, wenn Ihr meinen in 2011 auslaufenden Vertrag nicht verlängern solltet!

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 15.10.2010)


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