Aus den Kieler Nachrichten vom 09.02.2005:
- Kieler Nachrichten:
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Herr Lövgren, sind Sie froh, nach Platz elf mit Schweden bei der
WM in Tunesien wieder im Schoß der THW-Familie zu sein?
- Stefan Lövgren:
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Wenn es schlecht läuft, dann freut man sich besonders auf die Familie und die Mannschaft. Es
ist die beste Art, Misserfolge zu verdrängen.
- Kieler Nachrichten:
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Wie groß ist die Enttäuschung im eigenen Land, wie hat die Presse reagiert?
- Stefan Lövgren:
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Das war bestimmt nicht schön für unsere Anhänger. Unser Ziel lag zwischen Platz fünf und sieben.
Zu Beginn lief es auch ganz gut, aber was wir uns dann gegen Norwegen und
Deutschland abgekniffen
haben, ist nicht akzeptabel. Kein Wille, kein Aufbäumen. Die Presse habe ich nicht mehr gelesen,
weil ich gar nicht mehr in Schweden war. Ich werde es mir auch nicht mehr antun. Aber: Kritik ist
berechtigt. Wir müssen mit unserer jungen Mannschaft aus Fehlern lernen.
- Kieler Nachrichten:
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Hat es im Team nicht gestimmt?
- Stefan Lövgren:
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Im Gegenteil. Es ist immer etwas Besonderes mit unserer Nationalmannschaft unterwegs zu sein. Man
lebt wochenlang auf engstem Raum zusammen und entwickelt gute Beziehungen - selbst bei Misserfolgen.
Nein, die Stimmung im Team war prima. Daher rätseln wir immer noch vergeblich, woran es gelegen
haben könnte.
- Kieler Nachrichten:
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Sie haben persönlich ebenfalls keine gute WM gespielt...
- Stefan Lövgren:
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Meine Fußverletzung war nicht Schuld. Nach den Spielen verspüre ich zwar Schmerzen, aber es ist
jetzt besser als vor der WM. Nein, ich denke, dass die Halbposition nicht mehr mein Ding ist.
Ich bin beim THW fest in die Rolle des Mittelmannes gewachsen, bedingt durch meine Verletzungen
bin ich auch nicht mehr so spritzig und sprunggewaltig wie früher.
- Kieler Nachrichten:
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Müssen die THW-Fans jetzt befürchten, dass die Kieler WM-Fahrer ihre Form in die Bundesliga
"rüberretten"?
- Stefan Lövgren:
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Ganz sicher nicht. Hier sind wir in gewohnter Umgebung, die WM haben wir bald vergessen, der
Alltag sorgt für Normalität.
- Kieler Nachrichten:
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Glauben Sie, dass der THW als Mannschaft bei der WM besser abgeschnitten hätte als Schweden
oder Deutschland?
- Stefan Lövgren:
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Eher nicht. Der THW besitzt zwar das Potenzial, sogar Weltmeister Spanien in einem Spiel zu
schlagen, aber für so ein großes Turnier ist der Kader viel zu klein. Es wird fast jeden
Tag gespielt, daher ist es wichtig, 16 Spieler zu haben. Interessant ist allerdings, dass
in den erfolgreichen WM-Teams keine Bundesligaspieler zu finden waren. Weder bei Spanien,
Kroatien, Frankreich, Tunesien oder Serbien. Auch im All-Star-Team geht die Bundesliga leer
aus. Das ist eine neue Entwicklung. Ich könnte mir vorstellen, dass die Belastungen hier zu
hoch sind. Spaniens Liga beispielsweise hat ihr letztes Punktspiel am 21. Dezember gemacht,
wir waren noch im Januar dabei.
- Kieler Nachrichten:
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Mit Lemgo und Flensburg liegen jetzt ganz dicke Brocken vor Ihnen. Beide Mannschaften hatten
relativ wenig Stress mit der WM, ein Nachteil für den THW?
- Stefan Lövgren:
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Das muss nicht sein. Wir befinden uns im Rhythmus, trotz der WM-Anstrengungen werden wir in
diesen beiden Spielen alle Kräfte mobilisieren können. Der Nachteil liegt vielleicht sogar bei
den anderen, die erst ihr Tempo finden müssen. Ich glaube, dass es eine hoch interessante
Rückrunde geben wird.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 09.02.2005)