Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
THW-Blitztransfer
Tobias Karlsson spricht im ZEBRA-Interview
über den Wechsel zum THW Kiel, seine schnelle Entscheidung am
Stockholmer Flughafen und seine ersten Erfahrungen in Kiel.
Es war der schnellste THW-Transfer aller Zeiten. Kaum 48
Stunden vergingen, da lief der schwedischen Nationalspieler
Tobias Karlsson (25) vom Stockholmer Meisterklub Hammarby
erstmals im neuen Trikot auf. In der
Bundesliga-Partie gegen
die SG Kronau/Östringen präsentierten die Zebras dem
überraschten Ostseehallen-Publikum ihre neue Nummer Acht. Den
Zebras kam bei diesem Blitztransfer zweifelsohne der gute
Kontakt zu Hammarbys Coach
Staffan Olsson zu Gute.
Karlsson, 1,96 Meter groß und 102 Kilogramm schwer, wurde im
Oktober erstmals von Schwedens Nationalcoach Ingemar Linnell
in das Trekroner-Team berufen und erzielte 14 Tore in fünf
Worldcup-Spielen. Er überzeugte bei seinen Einsätzen nicht nur
als Torschütze, sondern gab mit einer insgesamt sehr guten
Leistung nachdrücklich seine Visitenkarte bei Linnell ab. Beim
THW Kiel unterzeichnete Karlsson einen Vertrag bis zum 30.
Juni 2007.
- Zebra:
-
Tobias, wie überraschend kam der Hilfe suchende Anruf
aus Kiel?
- Tobias Karlsson:
-
Ich habe mit niemanden aus Kiel telefoniert
(lacht). Staffan Olsson überbrachte mir die Nachricht am
Stockholmer Flughafen. Wir waren gerade von unserem Champions
League-Auswärtsspiel in Slowenien zurück, als er mir von dem
Angebot aus Kiel erzählte. "Du hast zwei Stunden Bedenkzeit,
überleg es Dir schnell", meinte Staffan. Und ab da war ich
allein mit meiner Entscheidung.
- Zebra:
-
Welche Gedanken gingen Dir in diesen zwei Stunden durch
den Kopf und was hat letztlich den Ausschlag für Deine
Entscheidung pro Kiel gegeben?
- Tobias Karlsson:
-
Das einzige Problem für einen so schnellen Wechsel
sah ich in dem Moment darin, eine rasche Einigung mit meinem
Arbeitgeber zu erzielen. In Schweden arbeitete ich tagsüber
noch in der Agentur eines Versicherungsmaklers. Zum Glück
legte er mir jedoch keine Steine in den Weg und so konnte ich
sofort meine Koffer packen. Es war, als ob urplötzlich ein
lang gehegter Traum in Erfüllung gehen würde. Denn welcher
Handballer möchte nicht für einen solch großen Klub wie den
THW Kiel spielen?
- Zebra:
-
Wie hat Deine Familie reagiert?
- Tobias Karlsson:
-
Ich habe sie natürlich als allererstes angerufen.
Meine Freundin war anfangs nicht so erfreut - verständlich,
schließlich sind wir jetzt erst einmal eine Weile räumlich
voneinander getrennt. Sie wird zunächst in Schweden bleiben
und ihre Ausbildung beenden. Vielleicht folgt sie mir nach
ihrem Abschluss nach Kiel, aber darüber haben wir uns noch
keine konkreten Gedanken machen können. Dennoch hat auch sie
die große Chance für mich erkannt und war mit meiner
Entscheidung am Ende einverstanden.
- Zebra:
-
Im Flugzeug auf dem Weg nach Hamburg sitzend, gab es
kein Zurück mehr.
- Tobias Karlsson:
-
Das stimmt. Lange dauert so ein Flug zwar auch
nicht, aber trotzdem mir ging natürlich einiges durch den
Kopf. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob das tatsächlich
alles wahr ist oder ob ich bald aus diesem Traum aufwache
(grinst).
- Zebra:
-
Und, bist Du schon aufgewacht?
- Tobias Karlsson:
-
Hier in Kiel ist natürlich einiges anders als zu
Hause in Schweden, aber zweifelsohne schön. Anfangs kam ich
mir noch wie in einem Film vor, inzwischen habe ich meine neue
Situation Schritt für Schritt realisiert und mich daran
gewöhnt. Ich lerne täglich dazu, kenne meine neuen Spieler
inzwischen besser - und fühle mich wohl. Nach wie vor könnte
ich natürlich schweben, doch ich bin eher der Typ, der fest
mit beiden Beinen auf dem Boden steht.
- Zebra:
-
Sportlich gesehen nicht: In den vergangenen Monaten
hast Du zu einem wahren Höhenflug angesetzt - schwedischer
Meister, Debüt in der schwedischen Nationalmannschaft, jetzt
der Wechsel zum THW Kiel.
- Tobias Karlsson:
-
Zuletzt lief es wirklich gut. Einen großen Anteil an
meinem persönlichen Aufschwung hat natürlich Staffan Olsson,
der sich in seiner Art, über Handball zu denken, übrigens kaum
von Noka Serdarusic unterscheidet. Ich bin fest davon
überzeugt, auch zukünftig von beiden zu profitieren. Ich
hoffe, erst am Anfang meiner Karriere zu stehen.
- Zebra:
-
Als Gast im traditionellen Trainingslager des THW Kiel
hast Du Trainer Noka Serdarusic bereits im Sommer 2005 erlebt.
Der Wechsel zum THW Kiel ist also kein Aufbruch in das
gänzlich Unbekannte.
- Tobias Karlsson:
-
In der Tat: Dieses Trainingslager ist mit keinem
anderen Training vergleichbar, das war eine prägende
Erfahrung. So wusste ich bei meiner Ankunft in Kiel schon ein
wenig über die Art und Weise, wie Noka Serdarusic sein
Training gestaltet, und zudem einiges über die
Spielphilosophie in Kiel. Außerdem war ich zuvor schon ein
paar Mal in der Ostseehalle: Beim "Unser Norden Cup" vor zwei
Jahren als Spieler von Hammarby, das ein oder andere weitere
Spiel als Zuschauer. Dass ich nun selbst als Zebra in der
Ostseehalle zu Hause bin, hätte ich damals jedoch nicht für
möglich gehalten. Für mich ist das alles noch immer eine
große, äußerst schöne Überraschung.
- Zebra:
-
Gleich in deiner ersten Nacht in Kiel hast du die
Geschäftsstelle des THW eifrig auf Trab gehalten. Anstatt wie
geplant im Maritim Hotel zu übernachten, hattest du bei Kim
Andersson die Nacht verbracht. Wie kam es dazu?
- Tobias Karlsson:
-
Kim und ich kennen uns vom World Cup im vergangenen
Herbst. Wir teilten uns ein Zimmer und seit dem sind wir
befreundet. Nach dem ersten Training in Kiel haben wir
gemeinsam bei ihm das Bundesliga Spiel TBV Lemgo - VfL
Gummersbach gesehen. Kim schlug vor, dass ich bei ihm
übernachten könnte. Ich habe das Angebot gerne angenommen und
bin geblieben. Damit habe ich wohl ein kleines Chaos
angerichtet.
(Das gespräch führten Annika Stöllger und Sascha Klahn, aus dem offiziellen
THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)