22.01.2007 | WM 2007 / Nationalmannschaft |
Sollte es heute nach dem "Endspiel" in der Gruppe C zwischen Deutschland und Polen (17 Uhr, ARD) erneut eine Pressekonferenz-Panne geben, könnte Wenta wieder einspringen. Beim heimlichen "Achtelfinale" - das Ergebnis wird in die am Mittwoch beginnende Hauptrunde mitgenommen - ist die Amtssprache Deutsch.
In der Brust des 45 Jahre alten Vollbluthandballers schlagen zwei Herzen. Wenta ist polnischer Nationaltrainer und zugleich Vereinscoach beim Bundesligisten SC Magdeburg, außerdem war er 180-facher polnischer Nationalspieler, trug aber auch 46 Mal das DHB-Trikot, unter anderem bei Olympia 2000 in Sydney.
Deutschland ist seit 1995, seit dem Wechsel zum Bundesligisten TuS NLübbecke, die Wahlheimat Wentas. Seine aktive Karriere ließ er bei der SG Flensburg-Handewitt ausklingen, dort stieg er als Assistent von Kent-Harry Andersson auch ins Trainergeschäft ein, der Wechsel auf den Chefposten in Polen erfolgte 2004, in Magdeburg trägt Wenta seit dem 1. Juli 2006 die Verantwortung.
Deutsch spricht man heute Abend auch auf dem Parkett des Gerry-Weber-Stadions in Halle. Nicht nur, weil Ex-THW-Regisseur Daniel Waszkiewicz Co-Trainer der Polen ist. Vielmehr verdient die komplette erste Sieben der Polen ihre Brötchen in der Ersten und Zweiten Bundesliga. Stars sind die Magdeburger Karol Bielecki, Grzegorz Tkaczyk, Flensburgs Linkshänder Marcin Lijewski oder Mariusz Jurasik von der SG Kronau-Östringen. Durchweg wohlklingende Namen für Handball-Fachleute. Dennoch schiebt Wenta seinem Gegenüber Heiner Brand die Favoritenrolle zu. "Deutschland hat großes Potenzial, ich kenne alle Spieler, sie treffen Woche für Woche in ihrer Liga auf Weltklasse-Akteure. Wir wollen dort erst noch hinkommen." Ein Stückchen des Weges hat sein Team bereits zurückgelegt. Das größte Problem sei die Kluft zwischen den Spielern aus der Bundesliga und denen aus der heimischen Eliteklasse gewesen, erläutert Wenta. "Die haben wir abgebaut."
Der Griff in die Psycho-Kiste ist dem Magdeburger ebenfalls nicht fremd. Bei der Besichtigung der Halle zog Polens Trainer ein Maßband aus der Hosentasche, legte es an Seitenlinien und Tore an und bewies seinen Schützlingen, dass auch bei einer Weltmeisterschaft alles nur Normalmaß hat. "Ich wollte ihnen die Angst nehmen." Ob's hilft, muss sich zeigen. Wentas Ehrgeiz indes ist riesig. Er will die WM nutzen, um die Popularität des Handballs in Polen zu stärken. "Ich möchte meinem Heimatland etwas zurückgeben. Denn ich habe nicht vergessen, woher ich komme."
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 22.01.2007)
(22.01.2007) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |