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20./22.12.2008 - Letzte Aktualisierung: 22.12.2008 Bundesliga

Starker THW gewinnt Derby in Flensburg

Bundesliga, 17. Spieltag: 20.12.2008, Sa., 14.45: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 29:37 (16:17)
Update #3 KN-Berichte, weitere Fotos, Stimmen und Spielbericht ergänzt ...

Dominik Klein und Nikola Karabatic hatten allen Grund zum Jubeln.
Klicken Sie zum Vergrößern! Dominik Klein und Nikola Karabatic hatten allen Grund zum Jubeln.
Der THW Kiel hat in beeindruckender Manier seine Siegesserie in der TOYOTA Handball-Bundesliga ausbauen können. Bei der SG Flensburg Handewitt gewannen die Zebras nach einer hektischen ersten und einer starken zweiten Halbzeit völlig verdient mit 37:29 (17:16) und feierten damit den ersten Bundesliga-Auswärtssieg in der Campushalle seit sechs Jahren. Thierry Omeyer mit 17 Paraden und Filip Jicha mit 9 Toren ragten aus einem Team heraus, das mit mannschaftlicher Geschlossenheit den aggressiven Flensburgern den Zahn zog.
Für Flensburg ging es nach einer bisher verkorkst zu nennenden Saison darum, die Fans wieder zu versöhnen und in die Erfolgsspur zurückzukehren. Dementsprechend übermotiviert ging die SG ins Spiel, was vor allem Nikola Karabatic in den ersten zehn Minuten schmerzhaft zu spüren bekam. Gleich viermal langte ihm die SG-Abwehr ins Gesicht,
Nikola Karabatic musste erneut viel einstecken.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic musste erneut viel einstecken.
nur einmal ahndeten die ansonsten souveränen Unparteiischen Fleisch/Reiber diese Fouls. Von dieser überharten Gangart ließ sich der THW in der hektischen ersten Hälfte aber nur mäßig beeindrucken. Schnell gingen die Kieler nach Kavticniks tollem Rückraum-Tor mit 5:3 (7.) in Führung - alles schien für den THW zu laufen, auch wenn Mogensen, bester Flensburger, kurz darauf ausgleich konnte. Gislason nahm eine frühe Auszeit, brachte seine Mannen so wieder ins Spiel. Der THW legte vor, brachte Marcus Ahlm in Position oder vertraute auf den sicheren Kavticnik oder den dynamischen Karabatic. Als Jicha zwischen der 19. und 21. Minute zweimal traf und einmal Ahlm mit einem Traumpass bediente, lag der THW Kiel wieder mit zwei Toren in Führung (12:10, 21.). Dann gelang dem Tschechen nach einem Steal sogar das, was die Zebras zuvor nicht vollbrachten: Beim 14:11 war man erstmals mit drei Toren davongezogen. Doch Flensburg konterte, Dan Beutler fischte sich einige Bälle. Zudem ließen die Kieler in dieser Phase ein bisschen in der Konzentration nach, Fehlpässe schlichen sich ein, was die SG konsequent nutzte. Knudsen, Christiansen, Carlen und Hansen nach einem Pass von Beutler kippten die Partie. Vier Minuten benötigte Flensburg, um beim 15:14 erstmals in Führung gehen zu können (27.). Die Halle kochte, doch die Zebras behielten kühlen Kopf. Omeyer schnappte sich zwei Bälle, Christian Zeitz erzielte in Bedrängnis den Ausgleich, ehe Dominik Klein zur verdienten 17:16-Pausenführung treffen konnte.

Leistungsexplosion in der zweiten Hälfte: Filip Jicha.
Klicken Sie zum Vergrößern! Leistungsexplosion in der zweiten Hälfte: Filip Jicha.
Für die zweite Hälfte erwarteten die Fans in der Campushalle einen Sturmlauf des Heimteams. Zu sehen bekamen sie indes einen THW, der bemüht war, die Fehler der ersten Halbzeit abzustellen: Ruhiger wollte man zu Werke gehen, nur werfen, wenn sich die Chance offenbart. Drei Minuten lang bestimmten Beutler und Omeyer das Geschehen, ehe Kavticnik mit einem sicher verwandelten Siebenmeter den Torreigen eröffnete. Jicha klaute sich kurz darauf in Unterzahl den Ball und verwandelte zum 19:16 - die Drei-Tore-Führung war nach 34 Minuten wieder erreicht. Der Kieler Rückraum - in der ersten Hälfte noch mit vielen Fehlversuchen - schien nun das Heft in die Hand nehmen zu wollen. Nach Carlens Hüftgeschoss zum 18:20 ließ es der bis dato glücklose Kim Andersson bei angezeigtem Zeitspiel krachen, kurz darauf wurde er noch einmal per Tempogegenstoß auf die Reise geschickt, was er mit dem gefühlvollen 22:18 (39.) vollendete.

Kim Anderssons Tor-Knoten platzte in der zweiten Hälfte.
Klicken Sie zum Vergrößern! Kim Anderssons Tor-Knoten platzte in der zweiten Hälfte.
Und Flensburg? Die Nordlichter schöpften nach einem Doppelschlag von Boesen und Knudsen noch einmal Hoffnung, die Ahlm und der förmlich explodierende Jicha im Keim erstickten. Ein Doppelschlag von Kim Andersson folgte - nach 47 Minuten führte der THW mit 27:22. SG-Trainer Kent Harry Andersson nahm eine Auszeit, die jedoch ohne Folgen blieb. Omeyer vernagelte wieder seinen Kasten, trieb die Flensburger Angreifer nun reihenweise zur Verzweiflung. Auf der Gegenseite konnte einem Dan Beutler ob des variantenreichen und wurfstarken Kieler Angriffs beinahe leid tun. Erst recht, als Abwehrbollwerk Knudsen nach 50 Minuten seine dritte Zeitstrafe erhielt und frühzeitig duschen gehen konnte. So richtig regte sich darüber aber nicht einmal mehr das Flensburger Publikum auf, das rund eine Viertelstunde vor Schluss auch die Stimmenhoheit an den THW Kiel verlor. "Oh wie ist das schön", feierten die über 200 mitgereisten Fans eine beinahe vorgezogenen Weihnacht. Die Zebras zelebrierten mit einer feinen Kombination über Karabatic und Klein das 29:23 (50.), legten Kavticniks sicheren Siebenmeter nach: Beim 30:23 war die Partie entschieden, die SG ließ die Köpfe hängen.

In der 50. Minute sah Knudsen nach seiner dritten Zeitstrafe die Rote Karte.
Klicken Sie zum Vergrößern! In der 50. Minute sah Knudsen nach seiner dritten Zeitstrafe die Rote Karte.
Lediglich Mogensen wollte sich noch nicht in die Niederlage fügen, doch auch sein Einsatz blieb letztlich ohne Erfolg. Kleins Gewaltwurf zum 32:26 (55.) beendete auch die letzen SG-Träume von einem Erfolg gegen die Zebras, die in der zweiten Hälfte beeindruckend souverän auftraten. Wie zum Beweis ließen es Karabatic und Andersson noch dreimal bis zum Schlusspfiff krachen, ehe Torge Johannsen kurz vor dem Ende das auf Flensburger Seite wenig bejubelte 29:37 markierte.

Der Endstand ließ auf der Platte ein Freudentänzchen aus schwarz-weißen und roten Torhüter-Trikots entstehen, während der Zebra-Anhang jubelte: Der erste Bundesliga-Derbysieg seit sechs Jahren war unaufgeregter, als sich jeder das vor der Partie hätte ausmalen können. Durch die 29:31-Niederlage des TBV Lemgo beim VfL Gummersbach konnten die
Kieler Jubeltraube nach dem Schlusspfiff.
Klicken Sie zum Vergrößern! Kieler Jubeltraube nach dem Schlusspfiff.
Zebras sich gleich doppelt freuen: Mit sechs Punkten Vorsprung auf Lemgo und satten zehn Punkten Differenz zur SG gehen die Kieler in die letzten zwei schweren Aufgaben des Jahres 2009: Am kommenden Dienstag trifft man in der Sparkassen-Arena auf Frisch Auf Göppingen, die im Gegensatz zum vergangenen Mittwoch wohl wieder in Bestbesetzung antreten können, ehe am 27. Dezember das Auswärtsspiel beim TSV Dormagen auf dem Spielplan steht - jenem Team also, dem mit dem 28:28-Unentschieden in der Sparkassen-Arena zum Saisonauftakt der bisher einzige Punktgewinn gegen den THW gelungen war. Der Derbysieg in Flensburg war gleichzeitig auch der Auftakt zu einer ganz besonderen Geburtstagsparty: Am Sonntag wird THW-Kapitän Stefan Lövgren 38 Jahre alt - ein besseres Geschenk hätten seine Mannschaftskollegen und er selbst wohl nicht präsentieren können ...

(Christian Robohm)

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Natürlich bin ich erleichtert, dass wir hier gewonnen haben. Ich war aber sehr unzufrieden mit der ersten Halbzeit, in der wir zu langsam gespielt haben. Flensburg war gut, aber wir haben viel zu viele Fehler gemacht, sechs oder sieben Gegenstöße bekommen und unsere Gegenstöße nicht sicher gespielt. Die Mannschaft war in den ersten zehn Minuten etwas nervös. Ich wusste, wenn wir ein ganz normales Spiel in der zweiten Halbzeit zeigen, würden wir automatisch besser werden. Und so ist es dann auch gekommen, wir waren viel lockerer und hatten einen überragenden Omeyer hinter einer sehr guten Abwehr.

Ich brauchte meine Mannschaft in der Kabine nicht anzubrüllen, wir wussten, was wir taktisch besser machen mussten und haben das ganz sachlich besprochen. Insgesamt haben wir seit Saisonbeginn einen Riesenschritt nach vorn gemacht.

[Zu Stefan Lövgren:]
Lövgren ist ganz klar die Leitfigur - wenn er etwas sagt, hören alle genau hin, aber insgesamt harmonieren alle sehr gut miteinander. Die Spieler snd alle sehr gut aufeinander abgestimmt, respektieren einander sehr.

gegenüber den KN:
Der Sieg ist auch in der Höhe o.k. Die Mannschaft hat morgen trainingsfrei, davon profitiere ich ja auch.

SG-Trainer Kent-Harry Andersson:
Wir haben 40 Minuten ganz gut mitgehalten, waren gut eingestellt. Aber mit dem THW über 60 Minuten mitzuhalten, ist nicht einfach. Die schießen Tore aus zehn Metern, haben einen starken Rückraum. Wir waren in der ersten Halbzeit ganz gut, aber nicht mehr in der zweiten Halbzeit, und haben deshalb gegen eine bessere Mannschaft veloren.

Das kostet natürlich viel Kraft, gegen eine solche Mannschaft zu spielen. Wenn man dann noch gegen Omeyer, der beste Torwart der Welt, verwirft, dann kann es zu einem solchen Ergebnis kommen. Wir müssen jetzt ruhig weiterarbeiten - wir haben nur die Spieler, die wir haben. Wir müssen aus dem Spiel heute das Positive ziehen: Dass wir 40 Minuten mitgehalten haben. Kiel hat eine Mannschaft gegen die keiner gewinnen und um die Meisterschaft spielen kann.

THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker:
Momentan haben wir eine tolle Mannschaft und unsere oberste Priorität ist, dass diese Mannschaft über Jahre zusammenspielen kann. Natürlich ist der Abgang von Lövgren ein herber Verlust, auf und neben dem Spielfeld - er ist eine absolute Autoritätsperson. Aber wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und glauben, dass wir das kompensieren können.

Heute sind wir selbstbewusst hergefahren. Überhaupt haben viele im Jahr 2008 gesagt, dass ich vieles verkehrt gemacht habe. Wenn man sieht, wo wir jetzt stehen, weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe und wir 2009 auf einem guten Weg sein werden. Allerdings müssen wir die WM-Pause abwarten.

SG-Manager Fynn Holpert:
Glückwunsch an den THW. Heute waren wir genauso schlecht wie Barcelona. Wir müssen dem THW Respekt zollen für die Leistung, die sie tagtäglich in der Bundesliga und der Champions League abrufen. Wenn man aber so hoch verliert, ist man zunächst einmal konsterniert. Der Stachel sitzt tief, aber mit dem THW kann keiner mithalten. Vielleicht schafft es ja die WM-Pause, daran etwas zu ändern. Das wäre ein Glück für die Liga.

Im Zentrum der Kritik: Alen Muratovic.
Klicken Sie zum Vergrößern! Im Zentrum der Kritik: Alen Muratovic.
Natürlich müssen wir etwas ändern, am Dienstag kommen die Rhein-Neckar-Löwen zur Revanche. Wir müssen die Köpfe zusammenstecken und schauen, was dabei rauskommt.

[Ist Muratovic ein Missverständnis?]
Momentan sieht es nach einem Missverständnis aus, aber wenn man seine Leistungen im letzten Jahr in der Champions League gesehen hat, weiß man, dass er nicht so schlecht ist. Er ist aber absolut verunsichert und kommt mit dem Druck nicht zurecht. Das ist natürlich ärgerlich, denn er ist kein Talent mehr, sondern ein hochdotierter Spieler.

THW-Linksaußen Dominik Klein:
Wir sind noch lange nicht deutscher Meister. Spaß hatten wir heute bei diesem schweren Auswärtsspiel erst am Ende. Wir haben viel gekämpft, in der zweiten Halbzeit hat es dann funktioniert, und dann kam der Spaß von alleine.
THW-Kreisläufer Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Wichtig ist nur der Sieg, ob mit acht Toren oder einem, ist egal. Wir sind homogener als im letzten Jahr, das Zusammenspiel zwischen Torwart und Abwehr ist besser geworden. Aber Meister sind wir noch lange nicht.
THW-Kapitän Stefan Lövgren gegenüber den KN:
In der ersten Halbzeit war es Kampf pur, davon hat vor allem die SG profitiert. Bei meinem letzten Auftritt in Flensburg so zu gewinnen, ist ein sehr schönes Gefühl.
THW-Rechtsaußen Vid Kavticnik gegenüber den KN:
In der ersten Halbzeit war die SG sehr aggressiv, wir haben dann über Dauerdruck leichte Tore gemacht. Die Stimmung war, wie immer im Derby, super. So etwas macht richtig Spaß.
SG-Spieler Johnny Jensen gegenüber den KN:
Es war schon in der ersten Halbzeit abzusehen, wie schwer es gegen diesen THW werden würde. Kiel machte dann zu viele leichte Tore, Wir haben die Tendenz, nicht zu treffen, dagegen kann auch kein Trainer etwas machen.
Ex-SG-Torwart Jan Holpert gegenüber den KN:
Die Kieler mussten sich in der zweiten Halbzeit für ihre Tore nicht quälen, wir unsere uns hart erarbeiten. Omeyer hat überragend gehalten.

17. Spieltag: 20.12.08, Sa., 14.45: SG Flensburg-Handewitt - THW Kiel: 29:37 (16:17)

Logo SG Flensburg-Handewitt:
Beutler (1.-60., 12 Paraden), Meyer (1 Siebenmeter, 0 Paraden); Carlen (7), Eggert (n.e.), Mogensen (8/2), Svan Hansen (2), Jensen (1), Christiansen (3/1), Vranjes, T. Johannsen (1), Heinl (n.e.), Boesen (3), Muratovic (1), Knudsen (3); Trainer: Andersson
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-58., 17 Paraden), Palicka (58.-60., 2 Paraden); Andersson (6), Lundström, Kavticnik (5/3), Anic, Lövgren (1), Ahlm (5), Zeitz (1), Karabatic (5), Klein (5), Jicha (9); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Fleisch/Reiber (Ostfildern/Nürtingen)
Zeitstrafen:
SG: 6 (3x Knudsen (3., 43. 50.), Jensen (7.), Carlen (29.), Vranjes (56.));
THW: 6 (2x Ahlm (13., 50.), 2x Karabatic (34., 54.), Klein (58.), Lundström (60.))
Rote Karte:
Flensburg: Knudsen nach dritter Zeitstrafe (50.)
Siebenmeter:
SG: 4/3 (Omeyer hält Christiansen (49.));
THW: 3/3
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1 (1.), 2:2 (3.), 2:4 (4.), 3:5 (7.), 3:5 (10.), 5:6 (12.), 6:6 (13.), 7:7 (15.), 7:9 (17.), 9:10 (19.), 10:12 (21.), 11:14 (23.), 13:14 (24.), 14:14 (25.), 15:14 (26.), 16:15 (28.), 16:17;
2. Hz.: 16:18 (33.), 17:19 (35.), 18:20 (37.), 18:22 (40.), 21:24 (43.), 21:25 (45.), 22:27 (47.), 23:28 (50.), 23:30 (52.), 26:32 (55.), 26:34 (57.), 27:35 (59.), 29:37.
Zuschauer:
6450 (ausverkauft) (Campushalle, Flensburg)
Spielgraphik:
Spielgraphik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.12.2008:

Der Schlüssel zum Derby-Erfolg: zwölf Freunde

Zwölf Freunde müsst ihr sein: Die umgewandelte Fußball-Weisheit ist einer der Schlüssel für die THW-Erfolgsserie in der Handball-Bundesliga. Nach dem Nordderby gegen die SG Flensburg-Handewitt trafen sich die "Zebras" erneut zum Sieger-Tänzchen. Sechs Jahre mussten die THW-Fans auf einen Liga-Erfolg beim Nordrivalen warten, mit dem 37:29-Triumph fiel dieser besonders beeindruckend aus.

Nicht nur wegen der Höhe, sondern vor allem wegen der Leichtigkeit, mit der die "Zebras" die Punkte holten. "Die Leute hier hassen uns, das macht den Sieg noch süßer", sagte "Welthandballer" Nikola Karabatic, der fünf Tore beisteuerte. Des einen Freud wurde zum Leid für einen anderen: SG-Trainer Kent-Harry Andersson wurde nach der Schmach gestern beurlaubt. Co-Trainer Per Carlen beerbt seinen einstigen Chef.

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 22.12.2008)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.12.2008:

THW demontiert Flensburg

37:29 - THW triumphiert im 60. Nordderby - Omeyer und Jicha überragend - Verfolger patzten
Flensburg - Fünf Minuten vor dem Abpfiff nahmen viele SG-Fans einfach Reißaus. Sie ertrugen die Demontage ihrer Lieblinge durch den THW Kiel nicht mehr. Vielleicht auch nicht die mit Hohn getränkten Siegesgesänge, die rund 200 Kieler Fans ins Rund der Campushalle schmetterten. 29:37 (16:17) leuchtete es am Ende Weiß auf Blau. Rekordmeister THW hatte seine Dominanz in der Bundesliga auch im Nordderby eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Der erste Ligasieg nach sechs Jahren bei der SG wurde für den einsamen Tabellenführer (31:1 Punkte) zur vorgezogenen Bescherung. Seinen Flensburger Titelmitbewerber (21:11) beförderte das Team von Trainer Alfred Gislason am Sonnabend vor rund 6500 Zuschauern in der Campushalle gleich selbst aus dem Anwärterkreis - mit beeindruckendem Sturm und Drang. Fast zeitgleich ließen die weiteren Verfolger Lemgo und Magdeburg Federn. Kiel jubelt, Flensburgs Handball-Fans werden schwermütig, SG-Trainer Kent-Harry Andersson kostete die Schmach sogar den Job. Und der Bundesliga droht die Langeweile. Punkten die Kieler auch gegen Göppingen und in Dormagen, laufen sie dem Rest noch vor dem Jahreswechsel leichtfüßig davon.

"Keine Mannschaft der Bundesliga kann gegen den THW gewinnen", lobte Kent-Harry Andersson. Zur Meisterschaft habe er dem THW doch bereits vor der Saison gratuliert. Nur Alfred Gislasson und Uwe Schwenker wehrten bei der Pressekonferenz vorab verteilte Lorbeeren ab. "Wir haben noch keinen Titel gewonnen und viele schwere Spiele vor uns, alles ist möglich", so Kiels isländischer Coach. Der THW-Manager verwies auf die bevorstehende Weltmeisterschaft in Kroatien: "Erst wenn alle unsere Spieler gesund zurück kommen bin ich optimistischer."

Auf dem Spielfeld sind die "Zebras" über jeden Zweifel erhaben. Sie ließen sich weder von dem akustischem Tamtam im Vorfeld beeindrucken, ignorierten die gehässigen Schreie der "Ultras" aus dem SG-Fanblock und hielten auch die anfängliche sehr aggressive Gangart der Flensburger ohne Murren aus. 30 Minuten kämpfte die SG mit, der Widerstand gegen das gnadenlose Tempospiel des Nordrivalen brach jedoch nach 40 Minuten zusammen wie ein Kartenhaus im Nordweststurm. Sieggaranten waren Torhüter Thierry Omeyer, der sich nach ordentlicher erster Halbzeit später erneut in Weltklasse-Form steigerte, 17 schwere Bälle anhielt. Aus der sehr homogenen Kieler Mannschaft tat sich zudem Filip Jicha im Angriff hervor. Nachdem der Tscheche seine anfängliche Ladehemmung abgelegt hatte, traf er insgesamt neun Mal ins Tor und die Flensburger oft in wichtigen Situationen ins Mark.

Die SG-Abwehr präsentierte sich als Sieb, Torhüter Dan Beutler stellte nach 30 guten Minuten seine Arbeit ein, nur Thomas Mogensen (8/2) ärgerte die THW-Abwehr mehr als Alfred Gislason lieb war: "Den haben wir nicht in den Griff bekommen." Um Flensburgs für angeblich 700 000 Euro freigekauften Torjäger Alen Muratovic mussten sich die Kieler nicht kümmern. Andersson ließ den zögerlichen Montenegriner nur 20 Minuten ran. "Fakt ist, mit Alen und der SG passt es zur Zeit nicht", gestand Holpert. Immer besser findet sich derweil Nikola Karabatic nach seiner Schulterverletzung ins THW-Spiel ein. Dennoch bereitet der Welthandballer seinem Anhang Sorgen. In der Gerüchteküche wird gemunkelt, dass Noka Serdarusic, der einen Drei-Jahres-Vertrag bei den Mannheimer Löwen unterschrieben hat, Kiels Superstar in den Süden locken möchte. Auf zwei Millionen Euro wird eine dann fällig werdende Ablösesumme für den bis 2012 unter Vertrag stehenden Franzosen taxiert. Uwe Schwenker liegt noch keine Anfrage vor, Karabatic aber gibt sich auf Nachfragen wortkarg. "Dazu möchte ich nichts sagen", erklärte er vor dem Verlassen der Campushalle, in der auch Serdarusic Gast gewesen war. An der Seite des ehemaligen THW-Trainers saß Mutter Karabatic.

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 22.12.2008)


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