03./04.09.2008 - Letzte Aktualisierung: 04.09.2008 | Bundesliga |
Update #2 | Spielbericht der KN, weitere Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt... |
Allen Grund zum Jubeln: Das Team des TSV Dormagen. |
Dann ertönte endlich das Startsignal für den THW zur 32. Bundesliga-Saison. Und es schien zunächst nach Plan zu laufen: Der Ball landete nach einem Fehlanspiel beim ersten Dormagener Angriff sofort bei Thierry Omeyer, der Vid Kavticnik auf die Reise zum 1:0 schickte. Als der Franzose gegen Laurencz parierte, war es erneut Kavticnik, der das 2:0 markierte. Auch wenn Lochtenbergh wenig später den ersten Bundesligatreffer für Dormagen seit über sieben Jahren erzielte, sah es zunächst gar nicht gut aus für die Rheinländer. Die THW-Abwehr stand sicher, Omeyer wirkte hellwach und vorne brachte die Schweden-Achse Lövgren/Ahlm das 3:1.
TSV-Trainer Kai Wandschneider hatte bereits seine grüne TimeOut-Karte im Anschlag, benutzte sie dann aber doch noch nicht. Denn seine Mannschaft fand nun ein bisschen besser ins Spiel. Treffer von Jicha und Ahlm wurden gleich gekontert, der Rückstand in Grenzen gehalten. So langsam riss zudem der Faden des THW im Angriffsspiel. Missverständnisse im Aufbauspiel und unglückliche Torversuche von Kim Andersson brachten die Zebras aus dem Tritt, Lochtenbergh und der bärenstarke Regisseur Wisotzki glichen aus zum 5:5 (10.). Als Torwartoldie Joachim Kurth dann sogar einen Jicha-Wurf parierte und Ex-Zebra Wisotzki die Gäste in Führung brachte, wuchs langsam der Mut beim TSV. Die Abwehr kämpfte jetzt um jeden Ball, insbesondere die Kieler Halbpositionen wurden sofort bei Anspielen konsequent gestört. Auch der Wechsel im linken Rückraum, Christian Zeitz kam für Kim Andersson, konnte keine Besserung bringen.
Dennoch gingen die Kieler zunächst wieder in Führung, weil die eigene Deckung zumeist ebenfalls gut stand und Omeyer weiterhin einige Bälle parieren konnte. Als Vid Kavticnik aus dem Rückraum zum 10:8 abschloss, hofften die Zuschauer endlich auf die Initialzündung beim Meister. Doch wieder konterte der Aufsteiger, angestachelt auch von spektakulären Doppelparaden Kurths. Wieder war es der diesmal am Kreis aufgetauchte Wisotzki, der für Dormagen zum 10:10 ausglich. Die Partie blieb auch bis zum Pausenpfiff eng. Immerhin gingen die Kieler mit einem Tor Vorsprung in die Kabinen, nachdem man in Überzahl mustergültig Dominik Klein freispielen konnte, der in letzter Sekunde das 14:13 markierte.
Die Zuschauer hofften auf Besserung für den zweiten Durchgang, doch Dormagen hatte längst Lunte gerochen und wollte die Chance auf den ersten Punktgewinn in Kiel beim Schopfe packen. Indes: Wenn die Kieler nur ihre eigenen Unkonzentriertheiten abgestellt hätten, wäre die Führung schnell angewachsen. Doch Lövgren scheiterte per Strafwurf an Feshchanka, Lundström trat beim Überzahlspiel in den Kreis und die Rückraumspieler erlaubten sich einen Fehlpass nach dem anderen - sicherlich aber auch bedingt durch die weiterhin aufmerksam kämpfende Gäste-Abwehr. So blieb es auch bis zur 40. Minute (19:18) eine ganz enge Partie. Bei Dormagen wuchs Kapitän Wisotzki weiter über sich hinaus, der nun immer wieder den guten Kreisläufer Kjell Landsberg fand.
Dann aber brachte Alfred Gislason erneut Christian Zeitz ins Spiel, welcher den folgenden Minuten seinen Stempel aufdrückte. Zunächst bekam Dormagens Abwehrchef Dmytruszynski ein Passanspiel des Linkshänders an den Fuß und musste für zwei Minuten auf die Bank. In Überzahl erzielte "Zeitzi" zunächst ein Billardtor über beide Pfosten zum 21:19 und nach einem Ahlm-Treffer mit einem Unterarmgeschoss auch das 23:19. Erstmals führte der THW mit vier Treffern und schien jetzt endlich den ersten beiden Punkten Marke "Arbeitssieg" entgegen zu steuern.
Nur hatte man die Rechnung ohne die Gäste gemacht, die trotz des Vier-Tore-Rückstands weiterhin an sich glaubten - und durch weitere THW-Fehler darin bestärkt wurden. Nils Meyer machte nun zwei wichtige Treffer für Dormagen und brachte seinen Club wieder bis auf zwei Tore heran. Als Filip Jicha beim Stand von 25:22 für den THW dann ein weiteres Fehlanspiel unterlief und er nach einim Laufduell mit Wisotzki eine Zeitstrafe aufgebrummt bekam, spürten auch endlich die Zuschauer, dass eine Überraschung in der Luft lag - und versuchten diese nun lautstark zu verhindern. Zunächst schien das auch noch gutzugehen, als Jicha in Unterzahl nach 55 Minuten das 26:23 erzielte. Doch Landsberg und Faißt verkürzten, und nachdem Christian Zeitz ein Ballverlust im Angriff unterlief, war es Tobias Plaz, der für den von Dormagen umjubelten Ausgleichstreffer zum 26:26 sorgte.
Der entscheidende Moment: Maciej Dmyutruszynski tritt zum Siebenmeter gegen Thierry Omeyer an. |
Für den THW heißt es nun, diesen Punktverlust so schnell wie möglich zu verarbeiten, denn bereits am Samstag geht es bei HBW Balingen-Weilstetten um die nächsten Liga-Punkte.
(Sascha Krokowski)
Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten,
die Nachbetrachtung der Kieler Nachrichten vom 05.09. sowie
das KN-Interview mit Stefan Lövgren.
Natürlich ist es ein Fehlstart, wenn man im ersten Heimspiel der Saison - egal gegen welchen Gegner - nur unentschieden spielt. Aber wir waren selbst schuld. Dormagen hat gut, schnell und diszipliniert gespielt. Wir hingegen haben mehr mit uns als mit dem Gegner gekämpft, waren immer einen Schritt zu spät. Die Jungs wirkten müde, das nehme ich auf meine Kappe. Aber bei einer Drei-Tore-Führung dreimal frei vor dem Tor aufzutauchen und nicht zu verwandeln...Heute war eine große Enttäuschung. Natürlich hätten wir mit einem gesunden Nikola Karabatic ganz andere Möglichkeiten gehabt. So kam aus dem Rückraum nur Druck von Filip Jicha. Aber wir müssen vier Wochen auf Karabatic verzichten, und der Kader ist auch ohne Nikola gut. Wir haben heute unser Spiel nicht gezeigt, waren viel zu langsam.
Die Mannschaft muss jetzt aus diesem Spiel lernen und nach vorne schauen. Ich habe immer betont, dass ich solch einen großartigen Zusammenhalt wie in diesem Team noch nirgendwo sonst erlebt habe, dass jeder für jeden arbeitet ist großartig. Doch diesen Zusammenhalt und diese Kampfkraft müssen die Jungs jetzt auch zeigen.
Man sollte mit Superlativen im Sport immer vorsichtig umgehen - aber das heute war sensationell. Wir hätten nicht im Traum daran gedacht, hier einen Punkt mitnehmen zu können. Richtig daran geglaubt habe ich auch erst in den letzten drei, vier Minuten. Zuvor hatte ich bei der Drei-Tore-Führung der Kieler gedacht, dass sie jetzt den Sack zumachen würden. Wir haben aber so gut zu Ende gespielt, wie wir begonnen haben. Klar im Kopf, ohne etwas verlieren zu können. Realisieren werden wir alles wohl erst später, ich hoffe nun auf einen Schub für meine Mannschaft.Der Tragweite dessen, was heute passiert ist, werde ich mir wohl erst morgen bewusst. Aber wir haben nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, Samstag kommt schon der SC Magdeburg. Wir haben keine gute Vorbereitung gespielt, deshalb war das Ergebnis heute so etwas wie eine Vitaminspritze für meine Jungs. Nun sind die kommenden Gegner allerdings vorgewarnt, aber das nehme ich gerne in Kauf (lacht).
So etwas wie der THW heute habe ich vor zwei Jahren mit Dormagen in Kirchzell erlebt. Du gehst als Favorit in das Spiel, und dann kommt so ein kackfrecher Aufsteiger - keine einfache Situation. Ich drücke aber dem THW Kiel, der eine fantastische Mannschaft, ein fantastisches Umfeld und einen fantastischen Trainer hat, die Daumen!
[gegenüber hbl.tv:]
Ich bin noch völlig überwältigt von dem Erfolg, das ist fantastisch! Eigentlich ist das völlig unmöglich! Ein Riesenkompliment an die Mannschaft, sie hatte nichts zu verlieren, das hat sie stark gemacht. Ich glaube nicht, dass bei uns nun jemand abhebt. Wir leben von unserer Geschlossenheit. Klasse, dass auch die jungen Spieler Nervenstärke gezeigt haben.
Während des Spiels habe ich tatsächlich an das Großwallstadt-Spiel vor zwei Jahren mit dem anschließenden Triple gedacht. Doch trösten kann mich heute nichts, ich hätte Alfred einen besseren Einstand gegönnt. Das heute war eine Enttäuschung für uns. Glückwunsch an Dormagen, der TSV hat couragiert gespielt, immer wieder den Kreisläufer in Position gebracht und hinten kompakt gestanden. Wir hingegen haben nie unseren roten Faden gefunden, haben kein Tempo gemacht. Der TSV hat heute verdient einen Punkt mitgenommen.
Natürlich bin ich froh, dass wir einen Punkt gewonnen haben. Er ist wichtig, damit alle, Spieler, Fans und Verantwortliche, in Dormagen wirklich glauben, dass der Klassenerhalt möglich ist.
[gegenüber hbl.tv:]
Wir müssen uns das als Mannschaft erstmal erklären lassen! Jede Mannschaft, die nach Kiel fährt, rechnet sich keine Chance aus. Wir sind gut uns Spiel gekommen und haben in der 2. Halbzeit gemerkt, da geht was! Dass es sogar für einen Punkt gereicht hat - ich bin sprachlos! Wir sind geschlossen aufgetreten, haben frech aufgespielt. Ein Bier dürfen wir heute Abend trinken, aber dann gilt die volle Konzentration schon wieder dem Samstag.[gegenüber den KN:]
Ich habe die Partie wie im Rausch erlebt. Wir haben frech gespielt und das Spiel genossen.
Das ist eine riesige Enttäuschung. Wir haben in der ersten Halbzeit zu viele Fehler im Angriff gemacht, und in der zweiten wurde auch noch die Abwehr schlecht.
Wir haben einfach nicht gut gespielt, nicht gut genug im Angriff, wo wir zu viel verschossen haben, und die Abwehr hat leichte Fehler gemacht.
Das ist ein absoluter Traum. Normalerweise holt man als kleiner Verein hier nichts. Am Ende ist der THW nervös geworden.
Wir haben uns vorher gesagt, wir lassen den THW sein Spiel spielen, und wir spielen unseres. Als wir in der zweiten Halbzeit mit vier Toren hinten lagen, habe ich gedacht, damit könnte ich leben, nur müssen wir zusehen, dass es keine acht werden.
Aus den Kieler Nachrichten vom 04.09.2008:
Nach 60 ernüchternden Minuten zeigten sich beide Seiten sichtlich überfordert im Sortieren des Gefühls-Kosmos'. So sah THW-Kreisläufer Marcus Ahlm ("Wir haben im Angriff nicht genug verwertet, das wurde auch nach der Pause nicht besser") zwar nach Niederlage aus, betonte jedoch: "Das Unentschieden fühlt sich an - wie ein Unentschieden." Dominik Klein fand indes schnell die Fassung und gestand ein: "Über diese Leistung werden wir reden müssen. Aber vor zwei Jahren haben wir im ersten Spiel gegen Großwallstadt auch nur einen Punkt geholt und später das Triple gewonnen."
Ganz andere Bilder auf Seiten der Dormagener, wo mit Florian Wisotzki ein Ex-Kieler strahlte: "Ein Punkt, der sich anfühlt wie ein Sieg! Unser Trainer hat uns in der Pause gesagt, dass der THW heute keine Übermannschaft ist. Doch das wird der THW auch in dieser Saison wieder werden, da bin ich sicher", so der TSV-Kapitän. Viel Geduld wird dafür in den kommenden Tagen nötig sein. Während sich die Dormagener gestern eine fröhliche Busfahrt bis zur Ankunft in Dormagen um 6 Uhr morgens mit unbedingtem Einsatzwillen, robustem Spiel, überraschenderweise nie versiegenden Kräften und einer Handvoll guter Ideen zum rechten Zeitpunkt verdienten, verfielen der THW und sein Publikum nach einer feurigen Begrüßung mit Standing Ovations schnell in eine rätselhafte Starre.
Im Angriff reihten sich in ungewohnter Häufigkeit Abspiel- und Abstimmungsfehler aneinander. Als Christian Zeitz nach seiner Einwechslung (18.) dreimal in kurzer Folge (19., 20., 22.) vorbei warf oder an Joachim Kurth im Dormagener Tor scheiterte, verhinderte der TSV erstmals, dass der Gastgeber davonzog. Dann verwandelte Sebastian Faißt einen Gegenstoß zur 11:10-Führung für den Aufsteiger. Der Ball war aus den Händen Filip Jichas gekommen, der immerhin über weite Strecken Druck erzeugte und siebenmal traf. Alfred Gislason brachte Börge Lund für Stefan Lövgren in der Rückraum-Mitte - das Kieler Spiel änderte sich kurzfristig, nie nachhaltig.
Auch nach der Pause nicht, obwohl Christian Zeitz seinen schlechten Einstand nun mit drei Treffern vergessen machte, den THW beim 24:21 auf die vermeintliche Siegerstraße führte, die dann doch die Abzweigung in eine Sackgasse der Gefühle nahm. Weil Zeitz sich erneut zweimal in die Liste der Fehlschützen einreihte. Weil der TSV nicht nachließ, um jeden Ball kämpfte. Auch Kapitän Lövgren, der nun nur noch in der Abwehr durch Lund ersetzt wurde, unterliefen leichte Fehler, Dormagen brachte Nils Meyer als siebten Feldspieler, nahm den Torwart vom Feld. Ein Tor vom in gewohnter Manier unermüdlichen Marcus Ahlm zum 28:27 (59.), ein Fehler, ein Pfiff, Siebenmeter, Tor, 28:28, Aus. 10 250 in der Arena fühlten eine Niederlage, deren Schmerz mit einem Punkt bestenfalls leicht gelindert wird. Alfred Gislason fühlte nach seiner Premiere "eine große Enttäuschung": "Wir werden aus dem Fehlstart lernen und nach vorne schauen."
(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 04.09.2008)
(03./04.09.2008) | Ihre Meinung im Fan-Forum? |