|
Jubel bei den Zebras nach dem Sieg in Dormagen.
|
Mit einem klaren Sieg hat der THW Kiel das erfolgreiche Jahr 2008 beendet. Beim TSV Dormagen
gewannen die Zebras zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde mit 33:25 (19:11) und
revanchierten sich mit diesem Erfolg für den bisher einzigen Punktverlust
der Saison, den man beim
28:28-Remis in der Sparkassen-Arena gegen
eben jenen Klub erlitten hatte. Mit nunmehr 35:1 Punkten gehen die Zebras
als überlegener Tabellenführer in die
WM-Pause und hoffen,
dass alle Spieler die Titelkämpfe in Kroatien unbeschadet überstehen.
Bester Werfer auf Seiten der Kieler im ausverkauften TSV-Sportcenter in Dormagen war
Nikola Karabatic mit sieben Toren.
Das Spiel in Dormagen zog seine Brisanz vor allem aus dem aus Kieler Sicht völlig missglückten
Hinspiel. Wegen des Punktverlustes in eigener Halle hatte Kiels
Nationalspieler
Dominik Klein vor der Begegnung des Tabellenführers
beim Aufsteiger "vom schwersten Spiel des Jahres" gesprochen - diese Motivationsspritze schien
offenbar Wunder zu wirken, wenngleich einige Mitglieder der Zebra-Herde von einem Virus
heimgesucht wurden. "Eingeschleppt" hatte diesen offenbar Rechtsaußen
Vid Kavticnik,
der nach seiner Pause beim
Heimspiel gegen Göppingen jedoch wieder mit
von der Partie sein konnte. Und so schickte
Alfred Gislason jene starke
erste Sieben auf die Platte, die in diesem Jahr schon sooft eine Vorentscheidung in der ersten
Halbzeit erzwungen hatte.
Von Beginn an gingen die Kieler in Dormagen konzentriert zu Werke, ließen sich weder von der
lautstarken Unterstützung, noch von den extra für das "Spiel des Jahres" angefertigten Dormagener
"Event-Trikots" aus dem Konzept bringen. Zweimal
Filip Jicha, einmal
Kavticnik, einmal
Ahlm vom Kreis: Nach sechs
Minuten führte der THW Kiel mit 4:0 - Ernüchterung schien sich bereits zu diesem Zeitpunkt
auf der Tribüne breit zu machen. Denn aus einer stabilen Deckung heraus ließen die Zebras den Ball
und Gegner laufen. Vier weitere Tore innerhalb von drei Minuten folgten, die THW-Führung war auf
8:3 angewachsen. Zeit für Dormagens Trainer Kai Wandschneider, den glücklosen Torhüter
Feshchanka durch Kurth zu ersetzen. Eine Maßnahme, die mit mäßigem Erfolg den Sturmlauf der Kieler
zu stoppen vermochte.
Nikola Karabatic zeigte auf der mittleren Rückraumposition
eine starke erste Hälfte, glänzte als Vorbereiter und Vollstrecker. Nach einem tollen Heber von
Klein zum 12:6 (16.), war es dann auch
Karabatic,
der mit einem Doppelschlag in Überzahl zum 14:6 (18.) die Weichen endgültig auf Sieg stellte, zumal
sich die Gastgeber in dieser Phase durch Hinausstellungen personell schwächten. Die daraus entstehenden
Überzahlsituationen nutzten die Zebras konsequent, zudem gestatttete die Kieler Abwehr ihren Gegenspielern
wenig Raum. Als
Karabatic zum 16:7 getroffen hatte, durfte
Kavticnik
ein wenig Luft schnappen.
Zeitz kam für ihn auf Rechtsaußen und führte
sich mit zwei blitzsauberen Toren innerhalb von 60 Sekunden glänzend ein. Das 18:9 (26.) war dann
aber auch der Schlusspunkt der Kieler Herrlichkeit der ersten Hälfte, bis zum Pausenpfiff
gelang dem THW nur noch ein Siebenmetertreffer durch
Jicha - die Gastgeber
scheiterten indes an ihren eigenen Nerven oder dem Kieler Abwehrbeton, sodass sie diese
Zebra-Schwächeperiode lediglich zum 11:19-Anschluss bis zur Halbzeitsirene nutzen konnten.
|
Maciej Dmyutruszynski zog sich vermutlich einen Kreuzbandriss zu.
|
In einer von Zeitstrafen geprägten Anfangsphase der zweiten Hälfte vermochten beide Teams nur wenig
Akzente zu setzen. Zwei
Karabatic-Tore, ein
Lundström-Gegenstoß:
Die Kieler bauten ihren Vorsprung nach 38 Minuten beim 23:14 wieder auf neun Tore aus, wechselten
nun munter durch. Und dass zunächst ohne sichtbare Auswirkungen auf den Spielfluss. Es schien,
als hätte der Tabellenführer auf alle Aktionen der Gastgeber immer die passende Antwort.
So etwas bei
Jichas Granate zum 26:18 (48.), bei
Kim Anderssons
27:19 (49.) oder
Lundströms 28:21 (52.). Doch im sicheren Gefühl des Sieges
schlichen sich bei den Zebras einige technische Fehler und Unkonzentriertheiten ein,
die Dormagen nun für sich zu nutzen wusste. Allerdings musste der TSV mit dem Ausfall von Abwehrchef
Maciej Dmyutruszynski, der mit Verdacht auf Kreuzbandriss aus der Halle gebracht wurde, einen Schlag verkraften.
Dichter als auf sechs Tore kam der TSV nun nicht mehr
an die Zebras heran, wenngleich die zweite Hälfte ausgeglichen von den Gastgebern gestaltet werden konnte.
Am Ende aber setzten die Kieler mit einem fulminanten Kempa-Trick von
Anic nach einem
Kavticnik-Pass einen feinen Schlusspunkt hinter das Jahr 2008.
35:1 Punkte in der TOYOTA Handball-Bundesliga, im DHB-Pokal und der Champions League auf Kurs: Keine Frage,
die Zebras 2008 haben Spaß gemacht. Nun freuen sich die Kieler Handballer auf einen ruhigen Jahreswechsel, ehe
es die meisten von ihnen zu den Nationalmannschaften verschlägt. Die
Weltmeisterschaft in Kroatien soll
zumindest für einige der Zebras ein weiterer Höhepunkt werden. Aus THW-Sicht hofft man natürlich, dass
alle Kieler Akteure wohlbehalten von diesem Turnier zurückkehren, damit man am 7. Februar gegen
Balingen da anknüpfen kann, wo man in Dormagen aufhörte: mit einem Erfolg und der Verteidigung der Tabellenspitze.
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Ich bin natürlich sehr stolz, jetzt gegen Dormagen gewonnen zu haben.
Wir haben in der ersten Halbzeit in der Deckung wie auch vorne
sehr gut und sehr konzentriert gespielt. In der zweiten Halbzeit ließ die
Konzentration etwas nach - aber trotzdem ein Kompliment an meine Mannschaft.
TSV-Trainer Kai Wandschneider:
In der ersten Halbzeit spielte der THW mit dieser unglaublichen zweiten
Welle wie von einem anderen Stern. Wir hatten keine Chance. Weder im 1:1 noch
im 2:2-Angriffspiel. Es macht sogar als Gegnertrainer Spaß, eine solche Mannschaft
zu sehen. Es kam bei uns allerdings auch noch dazu, dass wir keinen
Ball gehalten haben. In der zweiten Halbzeit hat Kiel das
Tempo nicht mehr so bedingungslos gespielt, und wir hatten eine gute
Torwartleistung. Ich bin sehr zufrieden, zum Ende des Jahres gegen Kiel
mit nur acht Toren verloren zu haben.
|
TSV-Coach Kai Wandschneider Nahm bereits in der 9. Minute eine Auszeit.
|
[gegenüber hbl.tv:]
Ich mache meinem Team keinen Vorwurf. Ich mache ihm nie Vorwürfe, wir sind ein Team.
Wir haben uns sehr gut verkauft, in der zweiten Halbzeit gut gespielt und ein Unentschieden
erreicht. Kiel hat sich da zurückgenommen und nicht mehr mit dem Höllentempo der
ersten Halbzeit gespielt.
Der Ausfall von Maciej Dmyutruszynski ist für uns nicht zu kompensieren,
unsere 5:1-Deckung lebt von ihm. Sollte sich die Diagnose "Kreuzbandriss"
bewahrheiten, wäre das ganz böse für uns.
[gegenüber den KN:]
Dieser THW ist
Weltklasse! Wir hatten in der ersten Halbzeit keine Chance
in den Zweikämpfen.
Wir haben nun eine glänzende Ausgangsposition für die nationale
Meisterschaft. Auch nach dem Trainerwechsel haben wir ein äußerst
homogene Mannschaft, die ausgezeichnet in die Spur gekommen ist. Es ist wichtig,
den Kader zusammen zu halten.
[gegenüber den KN:]
Jetzt
hoffe ich, dass wir während
der WM von Ausfällen verschont
bleiben.
Ich bin mit unserem Saisonauftakt sehr zufrieden. Unser Ziel ist am Ende der Saison Platz 15.
[gegenüber den KN:]
Ich ziehe den Hut vor dem Start-Rekord des THW. Wenn wir
am Ende der Saison auch auf Platz 15 stehen, bin ich zu 100
Prozent zufrieden.
[gegenüber hbl.tv:]
Nein, wir haben in der zweiten Halbzeit keinen Gang rausgenommen.
Wir haben versucht, weiterzuspielen. Aber das heute war ein Auswärtsspiel und
da kann man nicht immer so spielen wie in der ersten Halbzeit.
Es ging heute nicht um die Revanche, sondern wir wollten ohne Niederlage in die
WM-Pause gehen.
[Wollen Sie mit Frankreich in Kroatien Weltmeister werden?]
Klar, wenn es gut läuft. Aber wir haben auch einige Spieler, die aufgehört haben oder
nicht teilnehmen. Wir sind motiviert und wollen in Kroatien etwas schaffen,
auch wenn es schwer wird.
THW-Rechtsaußen Vid Kavticnik gegenüber den KN:
Wir wollten unbedingt gewinnen. In der zweiten
Halbzeit haben wir es etwas ruhiger angehen lassen.
Ex-Zebra im TSV-Dress Christoph Schindler gegenüber den KN:
Andere Mannschaften haben
schon höher gegen den THW verloren. Für mich war das
Spiel etwas Besonderes. Und hätte mir vor der Saison jemand
gesagt, dass wir nach der Hinrunde zehn Punkte
haben, hätte ich das sofort unterschrieben.
- TSV Dormagen:
-
Kurth (9.- 60., 12 Paraden),
Feshchanka (1.-8. und für einen Siebenmeter, 1 Parade);
Wisotzki (4),
Holst,
Schindler (1),
Chantziaras (4),
Plaz,
Meyer (3),
Dmytruszynski (3),
Landsberg (1),
Laurencz (2),
Lochtenbergh (5/3),
Meckes (2);
Trainer: Wandschneider
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-27., 9 Paraden),
Palicka (27.-60., 8 Paraden);
Andersson (2),
Lundström (3),
Kavticnik (5/1),
Anic (3),
Lövgren (n.e.),
Ahlm (2),
Zeitz (2),
Karabatic (7),
Klein (3),
Jicha (6/1);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Andler / Andler (Remseck / Stuttgart)
- Zeitstrafen:
-
TSV: 7 (Meyer (16.), 2x Landsberg (16., 39.), Plaz (19.),
Laurencz (35.), Dmytruszynski (36.), Holst (53.));
THW: 4 (Jicha (21.), 2x Ahlm (31., 47.),
Zeitz (52.))
- Siebenmeter:
-
TSV: 3/3;
THW: 3/2 (Feshchanka hält Jicha (43.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:2 (3.), 1:4 (6.), 3:8 (9.), 4:10 (12.), 5:11 (15.), 7:14 (18.),
7:16 (21.), 9:16 (24.), 10:18 (27.), 11:19;
2. Hz.: 12:19 (33.), 13:20 (36.), 14:22 (39.), 15:23 (42.), 17:25 (45.),
18:26 (48.), 20:27 (51.), 23:30 (54.), 24:32 (57.), 25:33.
- Zuschauer:
-
3002 (ausverkauft) (TSV-Sportcenter, Dormagen)
- Spielgrafik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 29.12.2008:
Mit Tempo und Kraft zum Bundesliga-Rekord
THW nimmt mit 33:25 Revanche in Dormagen - Karabatic wirft sieben Tore
Dormagen - Das Jahr 2008
geht zu Ende, und die Handball-Geschichtsbücher
müssen wieder einmal neu geschrieben werden.
Grund ist der Erfolgshunger des THW Kiel, der sich
am Sonnabend mit einem neuen Rekord in Bundesliga
in die Winterpause verabschiedete. Durch das
33:25 (19:11) zum Beginn der Rückrunde beim TSV
Dormagen sind die "Zebras" nun auch nach dem
18. Spieltag ungeschlagen und überflügelten die Bestmarke
des TBV Lemgo aus dem Jahr 2002.
Zur Erinnerung: Der TSV
Dormagen war es, der dem THW am ersten Spieltag den
bis dato einzigen Meisterschafts-Punktverlust beigebracht
hatte. Am Sonnabend bestand nie ein Zweifel daran,
dass der THW diesen kleinen Flecken auf der Weste bereinigen
wollte und würde. THW-Coach Alfred Gislason
sah eine "sehr gute erste
und mittelmäßige zweite Halbzeit" seiner Mannschaft,
die den Gegner anfangs zu überrollen drohte. In der
Rückraum-Mitte ersetzte Nikola Karabatic den
Magen-Darm-kranken Stefan Lövgren über 60 Minuten,
agierte stabiler als noch vor
Weihnachten und avancierte mit sieben Toren zum treffsichersten
"Zebra". Die Zutaten für den post-weihnachtlichen
Triumph der Kieler hießen Tempo, Kraft und Finesse
gleichermaßen.
Kraftvolle Tore (Karabatic,
Filip Jicha,
Christian Zeitz),
Tempogegenstoß und zweite Welle (Vid Kavticnik, nach der
Pause Henrik Lundström)
sowie geschmackvolle Kunststücke
wie Dominik Kleins Dreher (2:6,
7.) oder Kim Anderssons
Rückhand-Pass auf Karabatic (12:20,
35.) stellten in einer gesunden Mischung
aus nötiger Pflicht und wunderschöner Kür die
Verhältnisse klar.
Und obwohl die TSV-Keeper Vitali Feshchanka und
Joachim Kurth in den ersten 20 Minuten keinen einzigen
Ball anfassten und auch eine offensive 4:2- oder 3:3-Deckungsvariante
den THW-Express nicht zu stoppen vermochte,
schnalzte sogar Dormagens (machtloser) Trainer
Kai Wandschneider mit der Zunge: "Sogar als gegnerischer
Trainer macht es Spaß, dem THW zuzusehen." Szabolcs
Laurencz (gegen Jicha) und
Florian Wisotzki (gegen
Karabatic) stemmten sich offensiv
in die Einzelbewachung.
Doch der THW, der nun immer wieder auch Marcus Ahlm mit ins Positionsspiel
einbezog, fand immer eine
Antwort.
In Halbzeit zwei schalteten
die Kieler einerseits einen Gang zurück, andererseits betrieben
die Dormagener mit dem sich steigernden Joachim
Kurth im Tor oder den auffälligen Wisotzki und Maciej
Dmytruszynski (schied mit Verdacht auf Kreuzbandriss
aus) Imagepflege in Sachen Handball-Arbeit und Courage
eines Aufsteigers. "Damit können wir zufrieden sein",
urteilte Ex-"Zebra" Christoph Schindler im TSV-Dress,
nachdem ein herrlicher Kempa-Trick von Igor Anic
und Vid Kavticnik den Handball-Nachmittag im erstmals mit
3002 Zuschauern vollbesetzten TSV-Sportcenter beendet
hatte.
Viele Raketen müssen die THW-Akteure nun im Silvester-Urlaub nicht steigen lassen.
Die "bösen Geister" der Handball-Bundesliga werden
am Ende des Handball-Jahres 2008 von anderen vertrieben.
Verfolger Lemgo stolperte am Sonnabend mit 27:33 bei der
MT Melsungen. Acht Punkte Vorsprung - wer soll da noch
am 15. Titelgewinn des THW dem fünften in Folge - zweifeln?
Auf diesem Polster lässt sich's ganz vortrefflich ins
neue Jahr rutschen.
(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 29.12.2008)