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28.04.2009 Mannschaft

Zebra: Der alte Franzose - Bruno Martini im Interview

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Bruno Martini.
Klicken Sie für weitere Infos! Bruno Martini.

Zurück aus dem Ruhestand gibt sich Bruno Martini ganz entspannt. Im ZEBRA-Interview spricht der Franzose über sein plötzliches Comeback beim THW Kiel, seinen mitunter grimmigen Gesichtsausdruck und über das Älterwerden.
Bruno Martini ist eine beeindruckende Erscheinung. Wer ihm auf dem Handballfeld gegenüber steht, der kann es leicht mit der Angst zu tun bekommen. Denn der 38-jährige Franzose mit dem grimmigen Blick lässt seinen Gegenspielern schon einmal den Schrecken in die Glieder fahren. Auch jetzt noch - zwei Jahre nach seinem Abschied vom aktiven Profisport. Denn der zweimalige Weltmeister (1995, 2001) und Champions-League-Sieger (2003) ist zurück zwischen den Pfosten.

Für den THW Kiel streift sich Bruno Martini jetzt noch einmal das Trikot über, um den Zebras über die Verletzungsmisere von Andreas Palicka hinweg zu helfen und seinem alten Weggefährten Thierry Omeyer zur Seite zu stehen. Allerdings gibt Martini im Interview freimütig zu, dass er längst nicht mehr in der Weltklasseform vergangener Tage sei. Was auch kein Wunder ist, denn Bruno Martini hat längst andere Wege eingeschlagen. Gemeinsam mit seiner Frau Sonia betreibt er im südfranzösischen Montpellier die Marketingfirma "MP Sport", unter anderem betreuen sie die französische Handballliga und einige französische Handballvereine. Deswegen weilte Martini über Ostern auch in den USA, die Franzosen spielten ihr Final Four erstmals in Miami unter der Sonne Floridas aus.

An einen geregelten Trainingsbetrieb gemeinsam mit dem THW Kiel war demnach in den vergangenen Tagen auch nicht zu denken. Bruno Martini wird weiterhin als Vielflieger zwischen Montpellier und Kiel pendeln.

Dass er von seinen alten Torwartqualitäten nur wenig eingebüßt hat, bewies Martini bei seinen ersten beiden Auftritten im THW-Trikot: Zweimal wurde er eingewechselt, zweimal parierte Martini einen Siebenmeter von Champions-League-Torschützenkönig Kiril Lazarov - ein Einstand nach Maß. Vielleicht auch, weil seine Erscheinung nach wie vor so beeindruckend ist. Dass er allerdings auch ohne grimmigen Gesichtsausdruck begeistern kann, bewies ein gut gelaunter Bruno Martini unmittelbar nach seiner Ankunft in Deutschland im Gespräch mit ZEBRA.

ZEBRA:
Bruno, wann haben Sie eigentlich vor Ihrer Reise nach Kiel zum letzten Mal im Tor gestanden?
Bruno Martini:
Mein letztes Spiel bestritt ich im Mai 2007 für USAM Nimes, das ist in der Tat lange her.
ZEBRA:
Eigentlich stehen Sie inzwischen abseits des Feldes voll im Beruf. Ist Ihre Rückkehr zwischen die Pfosten nur so etwas wie ein Hobby?
Bruno Martini:
Das könnte man fast meinen (lacht)! Aber wenn ich etwas tue, dann seriös. Ich möchte diese Herausforderung annehmen, aber gleichzeitig möchte ich auch niemanden enttäuschen. Davon ganz abgesehen werde ich wohl eh nicht viel spielen, da Thierry Omeyer derzeit in überragender Form ist. Ich verstehe mich in den kommenden Wochen als eine Art Bodyguard von Thierry. Ich muss aufpassen, damit er auch im Alltag bloß kein Risiko eingeht, damit ich nicht spielen muss.
ZEBRA:
Keine Lust?
Bruno Martini:
Natürlich doch! Aber ich werde nicht in der Lage sein, lange zu spielen. Denn ich bin einfach nicht in der entsprechenden körperlichen Verfassung dafür. Ich war auf dieses Abenteuer schließlich nicht vorbereitet. Im vergangenen Jahr fragte schon einmal der TuSEM Essen bei mir an, aber ich lehnte damals ab - die sind eben nicht so attraktiv wie der THW Kiel.
ZEBRA:
Wie fit sind Sie wirklich?
Bruno Martini:
Ich habe inzwischen beruflich so viel zu tun, und die Familie fordert auch ihr gutes Recht, da bin ich in den vergangenen Monaten einfach nicht dazu gekommen, viel Sport zu treiben. Nachdem Alfred Gislason jedoch bei mir angerufen hatte, schnappte ich mir sogleich mein Fahrrad und bin eine Stunde lang unter Volldampf um den Block gefahren, um zu schauen, ob es mit meiner Fitness noch einigermaßen geht - es ging. Der Kopf ist bereit, der Körper wird folgen!
ZEBRA:
Also lief der erste Kontakt über Alfred Gislason und gar nicht über einen der drei Kieler Franzosen, die Sie ja bereits aus Montpellier gut kennen?
Bruno Martini:
Das stimmt. Alfred Gislason hatte zunächst bei Christian Gaudin angefragt. Mit ihm, im Übrigen auch ein ehemaliger französischer Nationaltorwart, hatte er schon in Magdeburg zusammen gearbeitet. Aber Christian musste absagen - und empfahl Alfred stattdessen, bei mir nachzufragen.
ZEBRA:
Also sind Sie nur zweite Wahl?
Bruno Martini:
Ja, wenn man so will - aber bitte nicht laut sagen... (lacht)
ZEBRA:
Früher haben Sie auf dem Platz immer finster dreingeschaut, dabei wirken Sie jetzt so fröhlich .
Bruno Martini:
Ja, das stimmt wohl. Früher dachte ich immer, ich müsste meine technischen Defizite kompensieren, indem ich die Gegner durch mein Auftreten einschüchtere. Aber mit dem Alter wird man auch diesbezüglich entspannter.
ZEBRA:
Bei Ihrem Engagement werden Erinnerungen an Andrej Xepkin wach.
Bruno Martini:
Natürlich. Aber er war noch älter als ich .
ZEBRA:
. und verließ Kiel nach nur drei Monaten trotzdem mit drei Titeln.
Bruno Martini:
Ja, auch ich bin sehr hoffnungsvoll! Nikola Karabatic fragte mich am Telefon, was ich davon halten würde, noch einmal Champions-League-Sieger zu werden. Dieses Kieler Team ist natürlich dazu gemacht, um Titel zu gewinnen.
ZEBRA:
Und jetzt sind Sie ein Teil dieser Mannschaft. Können Sie das schon glauben?
Bruno Martini:
Das ist eine riesige Herausforderung für mich, die ich hoffentlich meistern werde. Aber noch ist das Ganze ein wenig schwer zu realisieren. Trotzdem bin ich froh, dass ich hier bin. Ich hätte schließlich auch nein sagen können. Aber wer hätte das gemacht? Der THW Kiel ist schließlich der beste Klub der Welt.
ZEBRA:
Wie können Sie dem THW Kiel helfen?
Bruno Martini:
Ich kann Thierry den Rücken frei halten und ihm die nötigen Ruhephasen gewähren, wenn er mal eine kurze Pause benötigt. Für ihn ist diese Saison schließlich verdammt lang. Er hat im vergangenen Sommer quasi gar nicht pausiert, da die olympischen Spiele in Peking anstanden. Und seitdem ist er unentwegt gefordert. Er ist so wichtig für sein Team! Der THW Kiel wird ihn zum Ende der Saison noch brauchen.
ZEBRA:
Wie ist Ihr Verhältnis untereinander?
Bruno Martini:
Als wir beide im Jahr 2000 nach Montpellier kamen, war ich dort für ihn so etwas wie sein großer Bruder. Ein Jahr später wurden wir gemeinsam Weltmeister, 2003 gewannen wir zusammen die Champions League. Wir sind immer ein sehr gutes Duo gewesen. Ich war damals 30 Jahre alt, er erst 22 und ein großes Talent. Jeder wusste, dass er die nächste Nummer eins sein würde. Wir kämpften natürlich beide um unsere Spielanteile, aber immer voller Respekt für den anderen.
ZEBRA:
Und jetzt sind Sie wieder auf den Geschmack gekommen? Sie haben keinen Vertrag für die kommende Saison. Und über Torhüter sagt man, dass sie mit dem Alter immer besser werden .
Bruno Martini:
Naja, aber ich bin wohl doch etwas zu alt. Oh man, ich habe schon mit dem Vater von Igor Anic zusammen gespielt . (lacht). Nein, ich bin wirklich keine gute dauerhafte Lösung. Aber keine Sorge: Der THW Kiel hat mit Thierry die Gegenwart und mit Andreas die Zukunft.
ZEBRA:
Haben Sie sich dennoch Ziele für Ihren Kurzaufenthalt in Kiel gesteckt?
Bruno Martini:
Ich möchte mich nicht lächerlich machen. Das Trikot des THW Kiel zu tragen, ist nicht nur eine große Ehre, es bedeutet auch Druck. Ich möchte dem Verein, der Mannschaft und Thierry helfen, einfach ein guter Sparring-Partner sein.

(Von Sascha Klahn, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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