Aus den Kieler Nachrichten vom 11.07.2009:
Wer in diesen Tagen für den THW Kiel arbeitet, kennt
keine Freizeit. Außer er ist Handballer, dann hat er
noch bis zum 19. Juli Urlaub. Mit einem Golfturnier
werden die "Zebras" in die Saison starten. Das steht
fest. Unklar ist, wo sie ihr Trainingslager verbringen
werden. Die Upstalsboom-Gruppe hat das Vier-Sterne-Hotel
"Waldschlösschen Mühlenteich" in Varel, dem
traditionellen Tatort schwarz-weißer Folter, gekauft
und baut es bis Oktober für 1,5 Millionen Euro
um. Alternativen sind das Nordsee-Bad Wremen und
Wilhelmshaven. Hier verfügt
"Pitti" Petersen,
THW-Urgestein und Trainer des Zweitligisten Wilhelmshavener
HV, über Kontakte.
Intensive Zeiten also für die Mitarbeiter der THW-Geschäftsstelle,
die auch eine Heimat für 360 Fans finden müssen, die durch den
Business-Anbau an der Halle ihre Plätze verloren haben.
Zudem wirft das Abschiedsspiel für
Stefan Lövgren
am 8. August seine Schatten voraus. Der emotionale
"Hej da" des "
Löwen" wird das Heimspiel
Nummer eins für den neuen Aufsichtsrat sein. Mit ihm
hat der Rekordmeister nun eine demokratischere
Struktur erhalten, die Kommanditisten mehr Mitspracherecht.
Seit 1992, dem Jahr der Ausgliederung aus dem Gesamtverein, hatten
fünf Gesellschafter den THW zwar durch die erfolgreichste
Zeit der Vereinsgeschichte geführt. Weil es kein Regulativ gab, verpassten
sie es aber, rechtzeitig abzutreten. So konnte der
Krach zwischen Manager
Uwe Schwenker und
Trainer
Noka Serdarusic im
Sommer 2008 eskalieren. So fand der THW auch in der
Manipulationsaffäre lange nicht aus dem Sumpf. Lediglich
dem Druck von Ulrich Rüther, Chef des Hauptsponsors Provinzial,
war es zu verdanken, dass sie doch ihre Posten räumten.
Wer sollte die Nachfolge antreten? Rüther fand mit
Klaus-Hinrich Vater einen Unternehmer, der über einen
tadellosen Ruf verfügt. Der 44-jährige Kieler sagte
ohne Zögern zu und übernahm auch den Vorsitz im
Aufsichtsrat. "Ich bin glühender THW-Fan", sagt der
Chef eines IT-Unternehmens mit 270 Mitarbeitern,
das er vor zwölf Jahren gegründet hat.
Vater und Götz Bormann, Vorstand der Fördesparkasse,
wurden von den Kommanditisten in den Rat gewählt.
Um die Lizenz für den Bundesliga-Betrieb zu
erhalten, muss auch die GmbH Vereinscharakter besitzen.
Deshalb sitzt ein Vertreter des Gesamtvereins im
Führungsgremium. Diese Rolle übernimmt, wie zuvor,
Dieter Hein, der Vorsitzende des THW Kiel e.V. Die Plätze
vier und fünf wurden an Externe (Rechtsanwalt Reinhard
Ziegenbein, Unternehmer Klaus Elwardt)
vergeben, um den Blick durch die Vereinsbrille zu vermeiden.
In fünf Jahren wird der Aufsichtsrat neu gewählt.
Rüther selbst verzichtete auf eine Kandidatur und
übernahm den Vorsitz im Wirtschaftsausschuss, der
lediglich beratende Funktion hat. Eine richtige Entscheidung,
der Spagat zwischen Sponsoring und
Macht hätte zu einem Interessenkonflikt geführt.
Höflich ist Rüther auch. Dass mit Hein, Willi Holdorf
und Georg Wegner (beide Wirtschaftsausschuss) drei
der fünf Ex-Gesellschafter noch an Bord sind, findet er
richtig. "Bei dem Übergang von der alten in die neue
Welt brauchen wir sie." Bleibt Rüther, Vater & Co zu
wünschen, dass das auch in der öffentlichen Wahrnehmung
so empfunden wird. Verdient hätten sie es.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 11.07.2009)