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Eine klasse Partie lieferte Daniel Narcisse ab: Der Franzose erzielte
sieben Tore.
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Der THW Kiel hat mit Mühe die Hürde Großwallstadt übersprungen und ist durch einen
32:29 (16:11)-Erfolg ins
Achtelfinale des DHB-Pokals eingezogen. Dabei war den Kielern
die Anstrengung der vergangenen Wochen deutlich anzumerken. So musste der THW trotz Fünf-Tore-Führung
zur Pause bis zum Ende noch um den Erfolg bangen. Beste Torschützen auf Seiten des THW Kiel
waren
Daniel Narcisse und
Momir Ilic
mit je sieben Toren. Eine klasse Partie spielte auch Rechtsaußen
Christian Sprenger,
der am Tag nach seiner Nominierung für die Nationalmannschaft fünf Tore in der ersten Hälfte
erzielte.
Alfred Gislason musste nach dem anstrengenden Mazedonien-Trip
auf den Langzeitverletzten
Börge Lund und auf
Aron Palmarsson
verzichten, den eine schwere Grippe ans Bett fesselte. Kiels Trainer vertraute in der Anfangsphase
auf seine mittlerweile eingespielte Mannschaft, auf der Mitte führte
Filip Jicha
Regie,
Ilic ging auf die halblinke Position.
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Erzielte das erste Siebenmeter- und das erste Feldtor: Momir Ilic.
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In der extrem nervösen Anfangsphase waren es die Abwehrreihen beider Teams, die erste Akzente
setzen konnten. So dauerte es beinahe vire Minuten, bis der erste Treffer des Spiels fiel:
Weinhold
brachte den Gastgeber vor nur 1900 Zuschauern in Führung,
Ilic glich wenig
später durch einen Siebenmeter aus. Die Sicherheit kehrte dadurch aber nicht ins Kieler Rückraumspiel
zurück. Und so waren es
Sprenger mit einem frechen Heber und einem
strammen Wurf ins lange Eck sowie Kreisläufer
Marcus Ahlm,
die den THW beim 4:2 (9.) erstmals mit zwei Toren in Führung brachten. Es sollte weitere zwei Minuten
dauern, bis
Ilic endlich auch den ersten Treffer aus dem Rückraum
erzielen konnte. Bei den Gastgebern lief in der Anfangsphase viel über den Kreis, Larsson konnte
sich dabei ein paar Mal eindrucksvoll in Szene setzen. Zudem kaufte
Mattias Andersson im TVG-Tor seinen Ex-Kollegen den einen oder anderen Wurf ab -
beim 6:6 (16.) war die offene Partie auch vom Resultat her wieder ausgeglichen.
Gislason reagierte auf das langsame Kieler Positionsspiel, und ersetze den
aus dem Feld zunächst etwas glücklosen
Momir Ilic durch
Daniel Narcisse - ein gelungener Schachzug, waren es doch zwei Tore
des Franzosen, die den THW beim 11:7 (21.) erstmals in ruhigere Gefilde steuern ließen. Großwallstadt
schien nun kein Mittel gegen die gut stehende Kieler Abwehrreihe mehr zu finden, zeitweilig mutete
die Partie nun mehr einem Trainingsspiel, denn einer K.O.-Partie an. Doppelschlag von
Sprenger
später führte der THW beim 15:9 erstmals mit sechs Toren, in Überzahl konnten die Gastgeber diesen
bis zur Pause nur noch um einen Treffer verkürzen. Der THW aber, der zuletzt beständig Spitzenspiele im
Drei-Tage-Rhythmus absolvieren musste, konnte zumindest mit dem Ergebnis zufrieden in die Kabinen gehen.
Diese Zufriedenheit sollte alsbald erneut der Nervosität weichen - die Zebras verschliefen den
Start in die zweite Halbzeit komplett. Die Abwehr packte nicht mehr richtig zu, im Angriff zog
Zeitz kräftig und überhastet am Fahrkartenschalter. Die Gastgeber - auch
nicht gerade sicher im Angriff - pirschten sich langsam heran. Als
Ilic
in der 34. Minute das erste THW-Tor der zweiten Halbzeit erzielte, konterte der TVG durch den
wurfgewaltigen Szücs auf dem Fuße. Drei Tore Vorsprung schmolzen auf zwei zusammen, als Großwallstadts bester,
Kunz, aus dem Kreis zum 15:17 einnetzen konnte (36.) - auf einmal war auch das Publikum präsent,
mit den Fehlern in der Offensive hatte der THW die Gastgeber zurück ins Spiel kommen lassen.
Gislason brachte
Andersson wieder für
Zeitz, doch mit einem Doppelschlag binnen 15 Sekunden durch Szücs und
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Krititsche Situation: Zwei Minuten musste der THW in doppelter Unterzahl überstehen.
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Kunz war der TVG beim 17:18 (39.) wieder dran. Nur zwei Kieler Tore in neun Minuten,
derer sechs des TVG - die Partie drohte nun vollends zu kippen. Unruhig wurde es auf der Kieler bank, zumal
die Situation durch die fast zeitgleichen Hinausstellungen für
Ilic und
Ahlm nicht gerade besser wurde. In einer 4-6-Unterzahl blickte man nun
entschlosseren Gastgebern entgegen. Die stürmten los, verpassten durch Szücs eine klare Chance - durchatmen,
der Ausgleich war nicht gefallen. Im Gegenzug narrte
Klein aus ganz spitzem Winkel
seinen ehemaligen Klubkameraden
Andersson, der TVG vertändelte auch den
zweiten Angriff. Ein Geniestreich von
Sprenger und
Narcisse
ließ die Kieler auch in doppelter Unterzahl durchschnaufen:
Air France verwandelte
einen Kempa-Pass von
Sprenger zum 17:20 (44.).
Die beiden Gegentore in doppelter Überzahl schienen die Gastgeber resignieren zu lassen. Dies
nutzten die Kieler eiskalt:
Ahlm bei angedrohtem Zeitspiel,
Narcisse per Tempogegenstoß - da waren es wieder vier Tore Vorsprung. Und auch
wenn Kneer seine Ladehemmung im linken Rückraum nun abgelegt hatte - die Zebras waren wieder Herr
im fremden Haus. Erst Recht, als
Andersson,
Jicha
und wieder
Narcisse den THW acht Minuten vor dem Ende wieder mit
sechs Toren in Führung gebrachth hatten. TVG-Trainer David reagierte, nahm eine Auszeit. "Die sind platter als wir,
die können nicht mehr", brüllte er deutlich vernehmbar seine Spieler an - ein Großteil der
Zuschauer nahm dies mit einem Schmunzeln zur Kenntnis. Wenig später war dieses Schmunzeln wieder
der Anfeuerung gewichen: Die Kieler ließen zu früh die Zügel schleifen, Spatz und
Weinhold (nach einer
Doppelparade von
Andersson) verkürzten auf 25:28, als wenig später erneut
Spatz vom Kreis gar zum 26:28 (56.) einnetzen konnte, war das Spiel urplötzlich wieder offen - und dann
kam wieder
Narcisse: Durch die Deckung marschierte der Franzose zum 29:26, wackelte
kurz darauf drei Gegenspieler aus und traf zum 30:26 (58.). Als dann der fünf Minuten vor dem Ende
eingewechselte
Gentzel einen Köhrmann-Wurf entschärften konnte, war das
Spiel trotz offener Deckung der Gastgeber endgültig zugunsten des THW entschieden.
Zu müde zum Feiern, schleppten sich die THW-Asse nach einem harten Pokalfight in die Kabinen. Nur noch fünf
Tage Zeit haben sie, sich von den anstrengenden Top-Spiel-Wochen zu erholen, dann steht am Sonntag
mit dem Duell gegen den Tabellendritten aus Göppingen das nächste Spitzenspiel an - der Stress
geht weiter...
Ausgeschieden ist derweil der TSV Dormagen. Bei der TSG Friesenheim verloren die Dormagener
deutlich mit 26:31. Alle Ergebnisse der dritten Pokalrunde finden Sie auf
unserer DHB-Pokal-Seite. Die Auslosung für das Achtelfinale
findet am kommenden Sonntag in der Halbzeitpause des Bundesliga-Topspiels zwischen dem
THW Kiel und Frisch Auf! Göppingen in der Sparkassen-Arena statt. Als "Glücksfee" fungiert das ehemalige Zebra und
Ex-Nationalspieler Klaus-Dieter Petersen.
(Christian Robohm)
Lesen Sie auch den ausführlichen KN-Spielbericht.
Was wir in den ersten zehn Minuten der
zweiten Halbzeit verschossen haben, war unglaublich.
In der Phase kam von der Bank gar nichts, auf
dem Feld hat sich kaum einer bewegt, und im Angriff
hat jeder nur noch aufs Tor geworfen - dieses Spiel
hätten wir auch verlieren können.
TVG-Trainer Peter David:
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TVG-Coach Peter David im Interview.
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Mit ein wenig Glück und Cleverness hätte das anders ausgehen können.
Kompliment dennoch an meine Mannschaft, sie hat nicht aufgegeben, sich noch
einmal herangekämpft, aber leider hat es nicht gereicht.
Als wir in doppelter Überzahl waren, wollten wir unbedingt eine ganz klare
Chance herausspielen, haben den Ball weiter geschoben, und plötzlich
war der Ball weg.
Ich bin dennoch stolz auf meine Mannschaft, sie hat alles gegeben.
In der ersten Halbzeit haben wir genauso angefangen wie in der zweiten:
viel zu passiv, im Stehen verteidigt, nicht rausgegangen, leichte Tore kassiert
und vorne zu früh den Abschluss gesucht. Dazu kam, dass
Mattias Andersson gut gehalten hat.
[Frage: Die Belastung ist derzeit schon hoch, oder?]
Ja, letzte Woche Barcelona, Flensburg, dann Skopje, heute morgen früh schon wieder los,
Sonntag das nächste Spiel, dann Nationalmannschaft - unser Terminkalender ist schon
richtig voll.
[Frage: Freuen Sie sich auf den Nationalmannschaftseinsatz?]
Absolut! Es ist doch eine Ehre für sein Vaterland zu spielen, das ist ja auch ein
kleiner Lohn für die guten Leistungen, die man bringt.
[Frage: Sie haben sich schnell integriert...]
Ich bin halt ein Außenspieler, da sind die Aufgaben klar. Die Integration wäre
sicher schwerer, wenn ich eine spielbestimmende Position hätte.
THW-Kapitän Marcus Ahlm gegenüber deb KN:
Warum das Spiel nach der Halbzeit so gekippt ist,
kann ich mir nicht erklären. Sicher, wir waren müde.
Aber eine Ausrede darf das nicht sein. Nun bin ich
richtig erleichtert, dass wir die nächste Runde erreicht
haben.
TVG-Manager Uli Wolf gegenüber den KN:
Kiel hat dieses Spiel nicht gewonnen, wir haben es
verloren. In der ersten Halbzeit haben wir uns zu
sehr in die Hosen gemacht. Nach dem klaren Rückstand
hatten wir aber nichts mehr zu verlieren,
und so haben wir dann auch gespielt. Der Knackpunkt
war, als wir in doppelter Überzahl zwei Tore
kassiert haben.
THW-Linksaußen Henrik Lundström gegenüber den KN:
Nach der Pause sind wir wieder in
alte Zeiten verfallen. Da hatten wir zehn richtig
schlechte Minuten. Aber wir wissen, dass wir die
richtigen Leute haben, um am Ende trotzdem zu gewinnen.
- TV Großwallstadt:
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Rominger (n.e.),
M. Andersson (1.-60., 13 Paraden);
Spatz (4/1),
Weinhold (3),
Kneer (4),
Tiedtke,
Larsson (4),
Jakobsson,
Kunz (8/3),
Reuter,
Köhrmann,
Szücs (6),
Schmeißer;
Trainer: David/Wolf
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-55., 10 Paraden),
Gentzel(55.-60. und 2 Siebenmeter, 2 Paraden);
Wessig (n.e.),
Andersson (4),
Lundström,
Anic,
Sprenger (5),
Ahlm (3),
Zeitz (1),
Narcisse (7),
Ilic (7/1),
Klein (1),
Jicha (4/3);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Fleisch/Rieber (Ostfildern/Nürtingen)
- Zeitstrafen:
-
TVG: 3 (Jakobsson (46.), Weinhold (60.), Rominger (60.));
THW: 5 (2x Andersson (28., 60.), 2x Ilic (30., 42.), Ahlm (42.))
- Siebenmeter:
-
TVG: 5/4 (Gentzel hält Kunz (29.));
THW: 5/4 (M. Andersson hält Ilic (12.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 1:0 (4.), 2:2 (6.), 2:4 (9.), 4:5 (12.), 5:5 (15.), 6:8, 7:8 (18.), 7:11 (21.), 8:13 (24.), 10:15 (28.), 11:16;
2. Hz.: 13:16 (33.), 15:17 (36.), 17:18 (39.), 17:18 (42.), 18:20 (45.), 19:22 (48.), 20:25 (51.),
24:28 (54.), 26:29 (57.), 27:31 (59.).
- Zuschauer:
-
1900 (frankenstolz-Arena, Aschaffenburg)
- Spielgrafik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 22.10.2009:
Doppelte Unterzahl weckte THW auf
"Zebras" zogen mit 32:29 (16:11) beim TVG ins Pokal-Achtelfinale ein
Aschaffenburg - Der THW
Kiel will unbedingt zum siebten Mal in Folge das
"Final-Four" erreichen. Gestern machte der Titelverteidiger
mit einem 32:29 (16:11)-Erfolg beim TV
Großwallstadt in der dritten Runde um den DHB-Pokal
den nächsten Schritt.
Die Kieler mussten neben
Börge Lund (Daumen-Operation)
mit Aron Palmarsson
(Grippe) auch einen zweiten Mittelmann ersetzen. In der
nicht ausverkauften frankenstolz-Arena in Aschaffenburg
erwies sich das trotz einer Achterbahnfahrt nicht als
Handicap.
TVG-Trainer Peter David hatte sich den Champions-League-Auftritt der "Zebras"
am Sonnabend in Skopje (33:23) entspannt im heimischen
Wohnzimmer angesehen. "Ich habe die ganze Zeit
darauf gewartet, wann die fünf Minuten kommen werden,
in denen sie das Spiel entscheiden", sagte der 47-Jährige.
In Skopje explodierte der Meister in der 40. Minute, gestern
musste der Slowake nur eine Viertelstunde warten. Bis
dahin hatte seine Mannschaft gut mitgehalten. Auch, weil
Ex-"Zebra" Mattias Andersson stark begann und die Anspiele
auf Kreisläufer Joakim Larsson gut klappten. Doch
aus dem Rückraum gelang den Franken gegen die schwarzweiße
Wand aus Zwei-Meter-Männern zunächst nichts. Lediglich
der Slowake Csaba Szücs hatte Lösungen. Das
reichte nicht, um den Meister bis zur Pause in Gefahr zu
bringen.
In der Abwehr agierte der Bundesliga-Neunte zu passiv,
so kam der THW auch ohne Glanz zu leichten Toren. Der
Mann der ersten Halbzeit war Rechtsaußen Christian Sprenger,
der mit seinem fünften Treffer in der 26. Minute die
erste Sechs-Tore-Führung (15:9) besorgte. Als dann auch
noch Peter Gentzel dem bis dato zuverlässigen Siebenmeterschützen
Andreas Kunz den Zahn zog, ließen die Hausherren
die Köpfe hängen. Zudem erwiesen sich auch die Fans nicht als der erwartete
Rückhalt. Zwar feuerten sie die Ihren brav an, hatten die Gäste den Ball, schwiegen die
rund 3000 Zuschauer andächtig. Sie waren gekommen, um
die neue Mannschaft des Rekordmeisters zu sehen. Daran,
dass sie den TVG zum Sieg treiben könnten, hatten sie nicht geglaubt.
Doch in der Pause muss es bei den Großwallstädtern
Zaubertrank gegeben haben, kehrten sie doch mit neuem
Mut zurück. Allerdings - als sich ihnen tatsächlich die
Chance zum Ausgleich bot (17:18/42.), verließ dieser sie in doppelter
Überzahl erneut. Zumal ein erboster
THW-Trainer Alfred Gislason seine Spieler zur Auszeit bat
und mit einer feurigen Brandrede
aus der Lethargie erweckte.
So traf Dominik Klein gegen seinen Ex-Club anschließend
mit einem frechen Unterarmwurf (17:19) und der
starke Daniel Narcisse kurz darauf per Kempa (17:20) - eine
eiskalte Dusche für das
fränkische Strohfeuer.
Wenn der THW heute Mittag wieder in der Heimat landet,
hat er auf seiner zehntägigen Europa-Tournee vier Punkte
in der Champions League eingesammelt, die Campushalle
gestürmt und das Achtelfinale im DHB-Pokal erreicht. Der
Lohn? Am Sonntag (17.45 Uhr) dürfen die "Zebras" wieder zu
Hause antreten. Leicht wird es nicht, reist mit Frisch Auf
Göppingen am achten Bundesliga-Spieltag doch ein
selbstbewusster Tabellendritter (12:2) an.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.10.2009)