Aus den Kieler Nachrichten vom 31.07.2010:
Lingen. Die "Zebras" schnaufen durch, die härteste
Woche des Jahres haben die Handballer von Rekordmeister
THW Kiel überstanden, das Trainingslager
2010 in Lingen (Emsland) ist Geschichte. Heute tritt
Trainer
Alfred Gislason mit seinem Tross die Rückreise
nach Kiel an, morgen ist frei, am Montag geht die
Vorbereitung auf die Handball-Saison 2010/2011 weiter.
Für die Kieler Nachrichten sprach Reimer Plöhn mit dem THW-Coach über
die Sommerpause, den Ist-Zustand im Team und Aussichten
auf die kommende Spielzeit.
- Kieler Nachrichten:
-
Herr Gislason, gehen Sie nach
dem Stress der vergangenen Saison mit dem Gewinn von
Champions League und Meisterschaft ausgeruht ins neue Titelrennen?
- Alfred Gislason:
-
Ich bin sehr entspannt, habe mich mit meiner Familie in
meinem Haus bei Magdeburg gut erholt. Zwischendurch
war ich ein paar Tage bei Freunden im Baskenland und ein paar Tage in meiner isländischen
Heimat. Ich bin bereit für die neue Saison, habe große
Lust. Wie sagt man so schön: Es kribbelt wieder.
- Kieler Nachrichten:
-
Die aktuelle Vorbereitung ist eine Woche kürzer als in den vergangenen
Jahren. Ein Nachteil?
- Alfred Gislason:
-
Das liegt am Rahmenterminkalender.
Die Pausen werden immer kürzer. Wenn das so weitergeht, müssen wir mit
der Vorbereitung für die nächste Saison direkt nach Beendigung der alten beginnen.
Die internationalen Handballverbände sollten sich irgendwann ernsthaft
Gedanken machen. Alles wird auf den Rücken der ohnehin
überlasteten Spieler ausgetragen. Das darf so nicht weitergehen.
Die jetzt verlorene Woche ist aber nicht so tragisch.
Meine Spieler sind in sehr guter Verfassung aus dem
Urlaub zurückgekehrt, haben sich gut auf die Vorbereitung
vorbereitet.
- Kieler Nachrichten:
-
Sie haben angeschlagene und verletzte Spieler im Kader, wann
erwarten Sie diese auf dem Parkett zurück?
- Alfred Gislason:
-
Um die Mannschaft einzuspielen, sind das keine guten
Voraussetzungen. Aber ich hoffe, dass sich diese Probleme
bald auflösen. Kim Andersson dürfte nach seiner
Knie-Operation im September oder Oktober zurück sein,
Christian Sprenger genau wie
Daniel Kubes Mitte August.
Leider fehlt mir auch Aron Palmarsson, der mit Island die
Junioren-EM in der Slowakei spielt.
- Kieler Nachrichten:
-
Welchen Eindruck macht der zweite Neuzugang neben dem
angeschlagenen Kubes, der serbische Kreisläufer Milutin Dragicevic?
- Alfred Gislason:
-
Milutin ist in einer super Verfassung in Kiel angekommen,
der strotzt vor Kraft und Tatendrang, fühlt sich in seiner
neuen Mannschaft zudem sichtbar wohl und wurde auch
gut aufgenommen.
- Kieler Nachrichten:
-
Christian Zeitz hat die Lücke von
Andersson im rechten Rückraum
sehr gut geschlossen. Was wird aus seinen Einsatzzeiten, wenn Andersson zurückkommt?
- Alfred Gislason:
-
Ich habe immer nach Leistung aufgestellt, und das wird auch
in der Zukunft so bleiben. "Zeitzi" war aber nie "nur"
mein zweiter Mann auf Rückraum rechts, durch Kims Verletzung
wurde er allerdings die einzige Nummer eins. Zudem hatte er auch seine Zeiten auf Außen.
- Kieler Nachrichten:
-
Trotz des großen personellen Umbruchs feierten Sie mit dem
THW 2010 riesige Erfolge. Wird der Druck jetzt noch größer?
- Alfred Gislason:
-
Nein, warum? Es ist jedes Jahr das gleiche, Kiel zählt immer
zu den Titelanwärtern. Wir wissen, dass die Mannschaft
alles gibt. Außerdem haben wir im Zusammenspiel einen großen Schritt nach vorn gemacht.
Ich glaube, dass mit den neuen Leuten noch weitere
Luft nach oben ist.
- Kieler Nachrichten:
-
Der HSV hat sich mit Michael Kraus verstärkt. Sind die Hamburger
jetzt noch näher an Kiel herangerückt?
- Alfred Gislason:
-
Das wird wie im letzten Jahr ein ganz enges Rennen. Aber
neben dem HSV haben auch die Rhein-Neckar Löwen zugelegt.
Die benötigen doch schon einen Gelenkbus, um ihren riesigen Kader unterzubringen.
Zu beachten sein wird auch Flensburg, die Überraschung der letzten
Saison. Von den großen Drei in der Liga nimmt der THW aber weiter eine Ausnahmestellung
ein. Während Hamburg und die Löwen von einzelnen Millionären abhängig
sind, baut Kiel auf Tradition und eine sehr solide finanzielle
Basis. Das wissen weltweit auch die Spieler zu schätzen.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 31.07.2010)