19./20.09.2010 - Letzte Aktualisierung: 20.09.2010 | Bundesliga |
Update #3 | KN-Spielbericht, weitere Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt ... |
Filip Jicha erzielte mehr als
die Hälfte der Kieler Treffer - zu einem Sieg reichte es
dennoch nicht in Berlin.
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Victoria Weihs |
Die Anfangsphase der Partie verlief ausgeglichen - mal legten die Berliner vor, mal führten die Kieler. Absetzen konnte sich zunächst keines der Teams. Aber schon früh zeigte sich, was alle Experten im Vorfeld vermuteten: Die Abwehrreihen bestimmten das Spiel. Besonders Silvio Heinevetter war zu Beginn hellwach und sorgte mit sechs Paraden in den ersten sieben Minuten dafür, dass der THW Kiel nicht schon gleich davonziehen konnte. Die "Zebras" spielten in den ersten Minuten durchaus gefällig, was kluge Anspiele von Ilic und Zeitz auf Ahlm sowie eine tolle, von Dominik Klein aus dem Rückraum abgeschlossene Kombination zum zwischenzeitlichen 2:3 untermauerten. So lagen die Kieler trotz eines starken Heinevetter nach neun Minuten nach einem Doppelschlag von Filip Jicha mit 5:4 in Führung.
Stark in der Abwehr, im Angriff mehrfach von Jaszka in
Szene gesetzt: Füchse-Kreisläufer Torsten Laen traf viermal.
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Victoria Weihs |
Ein wenig fingen sich die Kieler wieder, auch weil hinter einer zumeist aufmerksamen Abwehr Thierry Omeyer immer besser in Fahrt kam. Die tollen Anspiele von Jaszka auf Laen konnte der tschechische Mittelblock Kubes/Jicha dennoch zu selten unterbinden, weshalb die Füchse ihren Vier-Tore-Vorsprung bis zum 12:8 (18.) verteidigen konnten. Dann holte der heute oft glücklose Christian Zeitz einen Siebenmeter heraus, den Filip Jicha zum 12:9 einnetzte. Als Zeitz mit seinem ersten Treffer per Unterarm weiter verkürzte und Jicha nach einem Steal des kurz zuvor debütierenden Jerome Fernandez per Gegenstoß gar das 11:12 markierte, schienen die Kieler endgültig in die Partie gefunden zu haben. Doch der bereits sechste Treffer Jichas in der 25. Minute sollte der letzte der Kieler vor dem Halbzeitpfiff bleiben. Wieder war die Achse Jaszka/Laen erfolgreich zum 13:11, dann traute sich Fernandez aus dem linken Rückraum zu seinem ersten Wurf - doch Heinevetter hielt und Laen erhöhte auf 14:11. Da erneut Fernandez und in der letzten Minute auch Jicha scheiterten, ging es mit drei Toren Rückstand in die Kabinen.
Marcus Ahlm erzielte zwei Treffer für den THW.
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Victoria Weihs |
Dennoch blieb das Angriffsspiel des THW weiterhin Stückwerk, Einzelaktionen aus dem Rückraum herrschten vor, während die Außen sträflich vergessen wurden. Dieses Stückwerk reichte aber dank Filip Jicha zunächst aus, um an den Berliner Füchsen dranzubleiben. Mit seinen Treffern 11 und 12 sorgte der tschechische Goalgetter im Alleingang für das 18:18, ehe er auf die Halbposition wechselte und die Mitte für Palmarsson freimachte. Berlins Coach Dagur Sigurdsson reagierte nun und beförderte Jaszka zum Sonderbewacher Jichas. Dennoch gingen die Kieler durch einen tollen Rückraumhammer Palmarssons beim 19:18 (46.) erstmals seit langer Zeit wieder in Führung.
Oftmals spektakulär, aber nicht so effizient wie in
den vergangenen Partien: Christian Zeitz.
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Victoria Weihs |
Während die Füchse Berlin mit diesem Sieg erstmals die Tabellenspitze der Handball-Bundesliga erklimmen, reiht sich der THW Kiel mit zwei Minuspunkten zwischen den anderen Meisterschaftsfavoriten und Champions-League-Teilnehmern aus Flensburg (2.), Hamburg (4.) und Mannheim (5.) ein. Eine Wiedergutmachung ist in der Liga erst am Dienstag, den 28. September in Melsungen möglich, doch zuvor warten noch Spiele im DHB-Pokal in Fredenbeck am Mittwoch und das erste Gruppenspiel in der Champions League am kommenden Samstag um 15.00 Uhr gegen Chambery auf die "Zebras".
(Sascha Krokowski)
Lesen Sie bitte auch den ausführlichen KN-Spielbericht und den
KN-Nachbericht vom 21.09..
Es war brutal anstrengend, sowohl vom Kopf her als auch körperlich. Wir standen gut in der Abwehr. Kämpferisch war das eine super Leistung von uns.
Heute hat unser Angriff wirklich nicht gut gespielt, die Fehlerquote war zu hoch. Erstaunlich ist, dass die Schiedsrichter in der Saison 2010/2011 wohl die Zeitspielregel abgeschafft haben. Das wird gar nicht mehr gepfiffen. Die Schuld an unserer Niederlage haben aber nicht die Schiris. Was nach dieser Niederlage passiert? Wir nehmen zwei Minuspunkte mit, das war's.
Das war heute ganz bitter. Vor dem Spiel haben viele schon wieder von einem Selbstgänger gesprochen oder geschrieben. Aber hat man es wieder gesehen, dass so etwas in der Bundesliga nicht möglich ist. Ich gratuliere den Berlinern zum verdienten Sieg.
Natürlich gab es auch ein paar komische Schiedsrichterentscheidungen gegen uns. Aber unter dem Strich war unsere Leistung einfach nicht gut genug. In der Abwehr haben wir genau so stark agiert wie die Berliner, gefehlt hat es heute im Angriff, da haben wir unkonzentriert gespielt, häufig zu schnell abgeschlossen. Gekämpft haben wir trotzdem, alles probiert, aber auch nach unserer einzigen Führung in der zweiten Halbzeit kehrte keine Ruhe ein.
Das war natürlich großartig, die Halle stand Kopf, die Fans waren begeistert. Aber man sollte das nicht überbewerten. Es ist früh in der Saison, Kiel hat so viel im Kopf, Champions League oder andere Aufgaben.
Großartig, was diese tollen Zuschauer für uns gemacht haben, 10 000 standen wie ein Mann hinter uns, haben uns in kritischen Phasen gepusht. Ich freue mich besonders, weil es in meinem achten Bundesliga-Jahr der erste Sieg über Kiel überhaupt war.
Heute hat alles geklappt, Kiel war gewarnt, hat uns nicht auf die leichte Schulter genommen. Wir haben nicht so viele Tore geworfen, aber hinten sehr gut gestanden. "Titi" Omeyer hat ebenfalls sehr gut gehalten, am Ende haben vielleicht zwei, drei Dinge den Ausschlag gegeben.
Aus den Kieler Nachrichten vom 20.09.2010:
Handball-Berlin tanzte, jubelte, feierte, ein Sieg über den Rekordmeister und Champions-League-Sieger kommt nicht alle Tage vor. Dabei glich die mit rund 10 000 Zuschauern ausverkaufte Max-Schmeling-Halle schon weit vor dem Abpfiff einem Tollhaus. Der Krimi hatte alle Beteiligten in seinen Bann gezogen, die Partie der gestern gleichwertigen Mannschaften wurde zum Wellental, wogte auf und ab. Am Ende neigte sich die Waage in Richtung der nicht nur glücklicheren sondern aufgrund der besseren Chancenverwertung auch besseren Mannschaft. "Ich bin stolz auf dieses Team", freute sich Füchse-Manager Bob Hanning, "auch deshalb weil wir nicht nur bei einem Spitzenspiel dabei waren, sondern auf gleichem Niveau mitgespielt und verdient gewonnen haben." Die "Zebras" schlichen nach der dramatischen Schlussphase enttäuscht vom Parkett, den bitteren Geschmack einer Niederlage kosteten sie zuletzt beim 30:32 am 14. März in Lemgo.
Den Sieg hatten die Berliner vor allem ihrer bärenstarken Abwehr zu verdanken, in der Torsten Laen und Denis Spolaric am auffälligsten Schwerstarbeit verrichteten. Dahinter stand mit Silvio Heinevetter ein Torhüter, der die "Zebras" mit 21 Glanzparaden zur Verzweiflung brachte. Schon in der ersten Halbzeit bissen Filip Jicha, Christian Zeitz und Co. auf Beton, erlaubten sich allerdings auch diverse "Fahrkarten", insgesamt 27 Fehlwürfe oder technische Fehler standen später in der ungewohnt schlechten Angriffsbilanz. THW-Trainer Alfred Gislason warf auch Neuzugang Jerome Fernandez nach nur zwei Trainingseinheiten rund zehn Minuten ins kalte Wasser, indes, auch der Franzose blieb erfolglos.
Zweimal nur genehmigte das Team von Dagur Sigurdsson den Gästen eine knappe Führung in der ersten Halbzeit, lag nach 18 Minuten mit 12:8 vorn, doch die "Zebras" kämpften sich wieder heran. Thierry Omeyer, der ebenfalls 21 Bälle abwehrte, war der Leuchtturm einer guten Kieler Deckung. Gleichwohl, die THW-Angriffsreihe hielt nicht mit, der Motor stockte. Fahrkarten zogen alle Spieler. Der 14:11-Halbzeitvorsprung für Berlin war die Folge.
Als Filip Jicha sein Visier gleich nach dem Wechsel besser justiert, zweimal aus dem Feld, einmal von der Siebenmeterlinie getroffen hatte, waren die Kieler wieder auf Augenhöhe (14:14/37.). Oft genug hatten sie aus diesen Momenten den Antrieb für eine Wende gewonnen, gestern fehlte ihnen die Inspiration. Sicherheit gaben selbst 13 Tore von Jicha nicht, der Tscheche, der nach zähem Saisonbeginn an gewohnt gute Leistungen anschließt, hatte auch Aussetzer. Die Schlussphase war dann nichts für schwache Nerven. Als Sven-Sören Christophersen in der 55. Minute zum 24:21 getroffen hatte, schien eine Vorentscheidung gefallen. Schien. Kiel ließ nicht locker, Ilic und Jicha erzielten das 23:24, doch Omeyers "Vorlagen" mit Glanzparaden gegen Christophersen und Nincevic ließen dessen Vorderleute ungenutzt, Jichas Abspiel auf Klein landete im Aus, dann war Heinevetter zweimal zur Stelle. Als ausgerechnet Berlins Youngster Johannes Sellin 45 Sekunden vor Schluss eiskalt zum 25:23 traf, war der Rekordmeister geschlagen.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 20.09.2010)
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