Das Kalenderjahr 2010 neigt sich dem Ende entgegen. Den Handballern
des THW Kiel steht vor der WM in Schweden allerdings ein wahrer
Endspurt vor der Tür. Noch fünf Bundesligapartien sowie das Pokalspiel
beim TuS N-Lübbecke stehen für die Kieler auf dem vollen Plan. Zum
Auftakt geht es am kommenden Samstag um 20.15 Uhr in der Sparkassen-Arena-Kiel
gegen Kellerkind TSV Hannover-Burgdorf um zwei wichtige Zähler in der
TOYOTA HBL. Sport1 überträgt das Spiel live und kostenpflichtig im
Internet.
Eine alte Handball-Weisheit scheint sich auch bei der TSV Hannover-Burgdorf
zu bestätigen: Das zweite Jahr in der TOYOTA Handball-Bundesliga ist für
einen ehemaligen Aufsteiger häufig das schwierigste.
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Hannovers neuer Trainer Aron Kristiansson
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TSV |
In der vergangenen Saison schien die sportliche Sonne über der niedersächsischen
Landeshauptstadt und ihrem Vorort Burgdorf: Die als Aufsteiger traditionell als
einer der ersten Abstiegskandidaten gehandelte Turn- und Sportvereinigung
Hannover-Burgdorf hatte sich frühzeitig den Klassenerhalt gesichert. Mit 20
gewonnenen Punkten und überraschenden Heimerfolgen unter anderem gegen Lemgo,
Göppingen und Magdeburg hatte die TSV für Aufsehen in der TOYOTA Handball-Bundesliga
gesorgt. Und selbst die chronische Auswärtsschwäche - erst am 25. Spieltag gelang
in Dormagen der erste Sieg auf fremden Terrain, am Ende holte man nur vier Punkte
außerhalb Hannovers - konnte die Freude nicht trüben. Allein: Erfolgstrainer Frank
Carstens hatte frühzeitig seinen Wechsel zum SC Magdeburg bekannt gegeben - mit ihm
wechselte eine Integrations- und Identifikationsfigur an die Elbe. Und ganz nebenbei
hatte Carstens seinem Sportlichen Leiter Stefan Wyss eine Mammutaufgabe mit auf den
Weg gegeben: Wyss musste nicht nur einen konkurrenzfähigen Kader zusammenstellen,
sondern auch noch einen neuen Chef für die Mannschaft suchen. Dabei half ihm ein
Kieler maßgeblich: Wyss rief bei seinem Kumpel
Alfred Gislason an,
unter dem er in Hameln Ende der 90er Jahre Co-Trainer war, und fragte, ob dieser
nicht einen Tipp habe.
Gislason hatte. Er riet der TSV,
einmal bei Aron Kristiansson anzurufen, der mit dem isländischen Vorzeigeclub Haukar
Hafnarfjördur Meister und Pokalsieger geworden war. "Ich bin daraufhin nach Island
geflogen und habe mich mit Aron Kristiansson zwei Tage lang über Handball unterhalten",
berichtet Wyss von den entscheidenden Momenten der Trainersuche. "Schon nach einer
Stunde war mir klar, dass er der Richtige ist." Kristiansson sei jung, erfolgshungrig
und dynamisch - außerdem verfüge der 38-Jährige über eine große Erfahrung. "Nicht
umsonst war er auch als isländischer Nationaltrainer im Gespräch." Und auch der viel
Gelobte hatte Lust auf das Abenteuer Bundesliga. "
Alfred
hat mir gesagt, dass ich das ruhig machen kann. Burgdorf ist ein ehrgeiziger Club mit
großem Herz."
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Kreisläufer Vignir Svavarsson kam vom TBV Lemgo.
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Kristiansson unterschrieb und bekam als Saisonziel den Klassenerhalt mit auf den
Weg in die Landeshauptstadt Niedersachsens. "Wir wollen den Bundesliga-Handball
dauerhaft in Hannover etablieren", formulierte es Manager Georg Müller vor der
Saison. Wyss ergänzte, dass 24 Punkte in dieser Spielzeit ein schönes Ziel seien.
"Aber das wird schwer genug."
Da ahnte der Sportliche Leiter wohl schon, dass es eine schwierige Spielzeit werden
könnte. "Wir haben viele neue Spieler und einen neuen Trainer. Das braucht Zeit, bis
alles zusammen gewachsen ist", prognostizierte Wyss eine harte Saison. Er sollte
bisher Recht behalten: Zwar holte man beim 27:24 in Melsungen bereits am zweiten
Spieltag die ersten Auswärtspunkte, dafür verlor man aber auch bei den Aufsteigern
aus Friesenheim und Ahlen. In Balingen gab es ein Remis, und in der Heimat gewann
man einigermaßen überraschend gegen den gut gestarteten VfL Gummersbach. Fünf Punkte
aus 14 Spielen - momentan ist Hannover weit vom Soll entfernt (siehe auch
Kurve Hannover und Tabelle der TOYOTA HBL).
Doch Unruhe gibt es wenig bei den Niedersachsen, beim Blick auf das Auftaktprogramm
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Auch Asgeir Örn Hallgrimsson spielte bereits beim TBV Lemgo
von 2005 bis 2007.
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TSV |
erklärt sich das. Denn die TSV hat mit den Heimspielen gegen die Füchse, Flensburg,
Hamburg, Gummersbach und Göppingen sowie der Auswärtspartie bei den Rhein-Neckar
Löwen in den ersten zwölf Spielen bereits gegen sechs der ersten sieben Mannschaften
in der Tabelle spielen müssen. Ein Hammer-Programm zum Start in die schwierige zweite
Saison. "Die Phase der Neufindung wird am Anfang sicher tabellarische Spuren
hinterlassen. Ich hoffe, die Verantwortlichen und auch die Fans geben uns diese Zeit
der Integration und Weiterentwicklung", formulierte Wyss bereits vor der Saison seinen
größten Wunsch an das Umfeld. Und das scheint dem Sportlichen Leiter zu folgen. Auch
die Fans und Verantwortlichen wissen um den Umbruch, den die Hannoveraner vor dieser
Saison hinter sich lassen mussten. Mit Daniel Brack (zur HSG Düsseldorf), Lars
Friedrich (zur HSG Wetzlar), Robertas Pauzuolis (TS Großburgwedel) und Andrios
Stelmokas (nach Spanien) verließen vier wichtige Spieler die TSV, die gleichzeitig
aber auch auf Einkaufstour gehen konnte. In Kreisläufer Vignir Svavarsson (Lemgo),
Linkshänder Asgeir Örn Hallgrimsson (Svendborg/Dänemark), dem dänischen Spielmacher
Morten Olsen (Silkeborg/Dänemark), Torwart
Nikolas Katsigiannis (Minden) und
Jugend-Nationalspieler Daniel Wolff (Magdeburg), der allerdings noch A-Jugend spielen
kann, wurden fünf Neuzugänge verpflichtet. Zudem wurde der aus Flensburg ausgeliehene
Torge Johannsen endgültig verpflichtet (siehe auch
Gegnerkader Hannover).
Allerdings mussten die Hannoveraner schon weit vor der Saison einen personellen
Rückschlag verkraften: Torhüter Katsigiannis, der auch schon zum Nationalmannschaftskader
von Heiner Brand gehörte, zog sich in seinem vorletzten Spiel für seinen alten
Arbeitgeber einen Kreuzbandriss zu und stellte damit Stefan Wyss vor neuerliche
Probleme, denn mit Jendrick Meyer stand urplötzlich nur noch ein Torhüter im Kader.
Die Niedersachsen reagierten mit einer Interimslösung: Torwart-Routinier Nenad
Puljezevic (37), der die TSV eigentlich verlassen wollte, wurde für ein weiteres Jahr
verpflichtet.
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Der ehemalige Flensburger Kapitän Torge Johannsen ist mit bislang 55 Treffern
bester Torschütze bei der TSV.
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Einen Achtungserfolg konnte die neu zusammen gestellte Mannschaft nicht nur in der
Liga erzielen: Im DHB-Pokal schickten die Niedersachsen den TBV Lemgo mit einer
24:27-Niederlage auf die Heimreise. In Hannover blieb man aber auf dem Boden. "Das
zweite Jahr wird für einen Aufsteiger immer schwieriger", weiß Kristiansson um
seine schwere Aufgabe. Trotzdem hat der Isländer nichts von seinem Optimismus
eingebüßt. "Ich bin überzeugt, dass wir unsere Ziele erreichen können." Allerdings
ließ der nächste Rückschlag nicht lange auf sich warten: Am 28. November verlor
die TSV ein "Vier-Punkte-Spiel" gegen die HSG Wetzlar in eigener Halle trotz acht
Treffern von Ex-Zebra
Piotr Przybecki mit 23:24.
"23 Tore sind einfach zu wenig, um ein Bundesligaspiel zu gewinnen. Wir sind
sehr enttäuscht, dass wir nichts geholt haben. Unsere vielen technischen Fehler
in der zweiten Halbzeit waren ausschlaggebend", zog Kristiansson im Anschluss an
das "Nervenspiel" Bilanz.
Daran, dass es ausgerechnet in der Sparkassen-Arena-Kiel gegen den Rekordmeister,
bei dem Robert Arrhenius sein Debüt geben wird,
Punkte zu feiern geben wird, glauben in Hannover aber auch nur die größten
Optimisten. Beim Premierenbesuch an der Förde vor ziemlich genau einem Jahr
verteilten die "Zebras" keine vorweihnachtlichen Geschenke und schickten die
Niedersachsen mit zehn Sprenger-Treffern und einem
deutlichen 41:22 zurück in die Heimat. Beim Rückspiel in
der ausverkauften AWD-Hall im Mai 2010 hingegen lief der THW den gesamten
ersten Durchgang einem Rückstand hinterher und erarbeitete sich erst nach dem
Seitenwechsel einen 32:25-Erfolg (siehe auch
Gegnerdaten Hannover).
Die Schiedsrichter der Partie am Samstagabend sind
Fabian Baumgart und Sascha Wild.
(Christian Robohm / Sascha Krokowski)
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Lesen Sie bitte auch den Vorbericht der Kieler Nachrichten.
Aus den Kieler Nachrichten vom 11.12.2010:
THW mit Andersson und Arrhenius
Comeback und Einstand für Schweden-Stars gegen Hannover
Kiel. Die Champions League ist in die Winterpause
gegangen, trotzdem wartet auf Handballmeister THW
Kiel vor dem Jahreswechsel ein Mammutprogramm.
Sechs Spiele - fünfmal Bundesliga, einmal Pokal -
stehen im Terminkalender. Start ist heute (20.15 Uhr)
in der Sparkassen-Arena gegen den Tabellen-17., TSV
Hannover-Burgdorf.
Die Kieler sind Favoriten, können und wollen sich keinen
Punktverlust erlauben. Erstens, weil sie im Titelrennen
vier Zähler hinter HSV Hamburg liegen, jede weitere Enttäuschung
das vorzeitige Aus in der Meisterschaft bedeuten würde. Zweitens
steht die gute Laune auf dem Spiel, und die ist Voraussetzung
für ein gelungenes Weihnachtsfest, das Spieler und THW-Umfeld
morgen mit Frauen und Kindern feiern wollen.
Für zwei THW-Spieler ist die Partie eine ganz besondere.
Kim Andersson hofft nach achtmonatiger
Verletzungspause (Knorpelschaden im Knie) auf sein Comeback und
Landsmann Robert Arrhenius auf einen
Einstand nach Maß. Zwei schwedische Fernsehteams haben sich extra aus
diesem Anlass akkreditiert.
Weil sich Kapitän Marcus Ahlm die Hand
brach, wurde Arrhenius kurzfristig vom
spanischen Tabellenfünften CAI BM Aragon losgeeist, um die Kieler
Personalnöte bis zum Jahresende zu lindern. "Ich freue mich riesig,
ein Teil dieser großartigen Mannschaft zu werden, freue mich
auf die Halle und die Stadt", sagt der 31-jährige Kreisläufer,
der über drei Jahre Bundesligaerfahrung verfügt, die er von 2004 bis
2007 bei der HSG Nordhorn sammelte. Aragon verzichtet auf den
Schweden, weil in der Liga Asobal bis zur Winterpause nur noch drei
Spiele anstehen, "außerdem teilen wir uns die Kreisläuferposition mit
drei Leuten", erklärt Arrhenius.
Offiziell datiert sein Vertrag mit Kiel bis zum 30. Juni 2011,
die spanischen Statuten lassen aber eine "Ausleihe" mitten in
der Spielzeit zu. "Ende Dezember fliege ich zurück nach Spanien", so
Arrhenius, der gerade Vertragsverhandlungen
mit Aragon führt. "Es geht um eine Verlängerung bis 2015." Ehefrau Asa
und seine Kinder Theo und Mua werden Mann und Papa Anfang Januar
nur kurz sehen. Der 174-fache Nationalspieler hat seinen Fokus fest auf
die WM im eigenen Land (13. - 30. Januar) gerichtet.
"So etwas ist für jeden Handballer ein großer Traum." Daher ist
Arrhenius auch dankbar, sich ausgerechnet
"im Kader des besten Clubs der Welt" auf das Turnier einspielen zu
können. Der Schwede hat gerade eine schwere Verletzung auskuriert,
ihm war im Juni der Brustmuskel gerissen. Seit Mitte Oktober befinde
er sich erst wieder im geregelten Training, "jedes Spiel, das ich vor
der WM absolvieren kann, ist Gold wert."
Probleme, sich einzufinden, fürchtet Arrhenius
nicht. Es sei einfach in eine Mannschaft hineinzukommen, "die ausschließlich
gute Spieler hat." Und sein Ziel für die sechs Spiele? "Alles gewinnen und
Spaß haben."
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 11.12.2010)
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
THW Kiel - TSV Hannover-Burgdorf:
Das Tippspiel ist nicht mehr verfügbar.
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