29./30.03.2011 - Letzte Aktualisierung: 30.03.2011 | Bundesliga |
Update #3 | KN-Spielbericht, weitere Stimmen und Spielbericht ergänzt ... |
Mattias Andersson war der Matchwinner
für den TV Großwallstadt.
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Sascha Klahn |
Schock für den THW Kiel: Mit einer Knieverletzung
schied Christian Sprenger Anfang
der zweiten Halbzeit aus.
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Auf eine Überraschung deutete vor der Partie rein gar nichts hin: Der THW Kiel feierte zuletzt 14 fast ausschließlich deutliche und zumeist überzeugende Erfolge am Stück, hat zudem seit Samstag wieder seinen gesamten Kader beisammen. Auf der anderen Seite der TV Großwallstadt, die bislang "graueste Maus der Liga", die gegen keins der Spitzenteams bislang punkten konnte und ihr Hauptaugenmerk dank eines Platzes im Niemandsland der Tabelle längst auf den EHF-Pokal gelegt zu haben schien. Da Gästetrainer Peter David nach einer langen Anreise per Bus zudem auf die beiden verletzten etatmäßigen Spielmacher Oliver Köhrmann und Philipp Reuter verzichten musste, schien es für die Fans des THW Kiel keinerlei Zweifel an einem doppelten Punktgewinn zu geben.
Alfred Gislason, der aufgrund der "Qual der Wahl" Jerome Fernandez und auch Dominik Klein nicht nominierte, gönnte seinen "Vielspielern" der letzten Wochen zunächst eine Pause. Während also Kapitän Marcus Ahlm, Weltmeister Thierry Omeyer und Welthandballer Filip Jicha auf der Bank Platz nahmen, legten die Gastgeber standesgemäß los: Nach weitem Pass Palickas vollstreckte Lundström per Gegenstoß zum 1:0, der in der Anfangsphase bärenstarke Spielmacher Aron Palmarsson legte mit zwei Geschossen in den Winkel zum 3:0 nach.
Nationalspieler Steffen Weinhold spielte eine starke Partie.
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Christian Zeitz war bester Kieler.
Der Linkshänder erzielte acht Treffer.
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In der Schlussphase musste der THW auf Daniel Kubes
verzichten. Der Tscheche sah in der 50. Spielminute "glatt rot".
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Doch die "Zebras" demonstrierten den Willen zu kämpfen, was auch das Publikum honorierte und seine Mannschaft fortan nach vorne peitschte. Indes: Es wollte sowohl vorne als auch hinten trotz Kämpfermoral einfach nicht viel gelingen. Immer wieder trumpfte Linkshänder Steffen Weinhold, der Mitte der zweiten Halbzeit sogar auf die Spielmacherposition wechselte, auf, so dass der TV Großwallstadt weiter vorne blieb. Und immer, wenn der THW, bei dem der bärenstarke Christian Zeitz sich gegen die drohende Niederlage stemmte und seine Mannschaft mit purem Siegeswillen im Spiel hielt, die Chance auf den Ausgleich hatte, blitzte das Können von Mattias Andersson wieder auf. Nachdem Daniel Kubes nach einem harten Eingreifen gegen Moritz Schäpsmeier von den nicht immer souverän pfeifenden Schiedsrichtern Geipel/Helbig direkt in die Kabine geschickt wurde, zogen die Gäste durch Kunz gar auf 24:20 (52.) davon.
Ein Bild mit Seltenheitswert in der Sparkassen-Arena-Kiel:
Am Ende feiern die Gäste.
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Für den THW Kiel ist damit die Meisterschaft in weite Ferne gerückt. Sechs Punkte Rückstand haben die "Zebras" nun auf Tabellenführer HSV Hamburg und müssen damit jetzt auf mindestens zwei Patzer der Hanseaten hoffen. Wichtiger aber ist, dass die Kieler zu ihrer Form zurückfinden. Denn in so einer Verfassung wie am Dienstag wird auch das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League am Samstag gegen KIF Kolding alles andere als ein Selbstläufer.
(Sascha Krokowski)
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Lesen Sie bitte auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.
Das ist wirklich schwer in Worte zu fassen. Wir haben natürlich klar gewusst, wer hier der Favorit ist. Wir hatten am Samstag in Frankreich eine wirklich gute Leistung abgerufen und wollten uns in Kiel ein wenig Selbstvertrauen für das Rückspiel holen. Wir hatten uns einfach vorgenommen, die Kieler so lange wie möglich zu ärgern, in der Hoffnung, dass sie dann vielleicht irgendwann etwas nervös werden. Das war natürlich heute auch ein Tag, an dem alles passte.Ich hatte Mattias Andersson heute morgen zum Geburtstag gratuliert und ihm ein sehr gutes Spiel gewünscht. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass er der Matchwinner war. Aber es war eine geschlossene Teamleistung, wir haben als Mannschaft gekämpft und alle Dinge super umgesetzt. Nach zuletzt zwei knappen Niederlagen haben wir uns diesen Sieg auch verdient. Wir sind überglücklich.
Es war ein verdienter Sieg für Großwallstadt mit einer sehr guten, konzentrierten Abwehr und einem überragenden Mattias Andersson dahinter. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass bei uns einfach nicht viel gepasst hat heute. Die Abwehr stand von Anfang an nicht gut, und auch vorne haben wir viel zu viele Fehlwürfe gemacht. Aber insgesamt waren wir nie in unserem Spielfluss, haben ungewöhnlich viele Fehler gemacht. Wir haben einfach schlecht gespielt, hinten wie vorne.
Die Mannschaft wollte sich für unsere Europapokalbegegnung am Sonntag rüsten. Das ist ihr gelungen, das Selbstvertrauen haben wir uns geholt. Man gewinnt nicht alle Tage in Kiel. Das ist wirklich ein schöner Tag, die Jungs werden eine schöne Rückfahrt haben. Aber das war jetzt die Bundesliga, und wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, am Sonntag unsere Leistung abzurufen, um ins EHF-Pokal-Halbfinale zu kommen. Das müssen wir den Jungs klarmachen, aber zuerst sollen sie diesen Sieg genießen.
Die Leistung von Mattias Andersson war wirklich überragend und der Hauptgrund für unsere Niederlage. Diese ist natürlich ganz bitter, wenn wir die Gesamtkonstellation sehen.Es gilt jetzt, sich von diesem Spiel zu erholen, und dann geht es am Samstag weiter in der Champions League. Dann schauen wir mal, wie weit wir noch kommen in dieser Saison.
Das war ein hartes Stück Arbeit. Wir haben von Beginn an das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten: Wir wollten kompakt stehen mit dem Mattias hinten drin, der heute sensationell gehalten hat, dann schnell nach vorne spielen, aber im Positionsangriff lange Angriffe fahren. Das hat eigentlich ganz gut geklappt. Wir haben unsere Chancen auch gut verwertet, uns so konnten wir die ganze Zeit vorne bleiben und den Sieg zum Glück auch nach Hause fahren.
Vollkommen unglaublich! Damit haben beide Mannschaften vor dem Spiel sicherlich nicht gerechnet. Wir haben unser Spiel kalt durchgezogen, das Tempo so niedrig wie möglich gehalten. Das haben wir wirklich gut geschafft.
Ich glaube nicht, dass ich heute noch Geschenke von meinen ehemaligen Mannschaftskameraden bekomme, ich habe schon genug Geschenke bekommen...An den Sieg habe ich wirklich erst eine Minute vor Schluss geglaubt, weil ich weiß, wie stark der THW gerade in den letzten Minuten ist. Wir sind hier heute mit einem kleinen Kader angetreten, haben Verletzte im Rückraum, konnten kaum wechseln. Vor dem Spiel hätte keiner geglaubt, dass wir hier mit drei Toren gewinnen. Ziel heute war es, ein gutes Spiel abzuliefern, um mit Selbstvertrauen in das Europapokalrückspiel am Sonntag zu gehen. Das ist uns heute gelungen...
Natürlich ist es mir jetzt ein wenig "unbequem", ich fühle mich immer noch sehr dem THW und Kiel verbunden, aber wenn ich spiele, will ich gewinnen. Ich weiß, dass der THW jetzt den Kopf nicht hängen lassen wird.
Wir haben gegen eine Wand gespielt und Andersson hat gefühlte 30 Bälle gehalten. Das hat uns das Genick gebrochen. Damit hat keiner gerechnet. Die Titelchancen sind jetzt noch kleiner als vorher. Das kann sich Hamburg im Grunde nicht mehr nehmen lassen.
Die Meisterschaft ist entschieden. Das lag heute nur an uns selbst. In der Abwehr waren wir schwach, der TVG hingegen sehr aggressiv. Schon zur Pause hatte ich ein komisches Gefühl, da wir nur zwölf Tore zustande bekommen hatten.
Es hat bei uns alles gepasst. Dabei wollten wir uns nur ein gutes Gefühl für Sonntag holen. Der THW hat müde gewirkt. Für Kiel wird es jetzt nicht einfacher.
Aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2011:
Offensichtlich hatten die Hausherren den Gast als Zwischenmahlzeit verstanden, als Aufwärmprogramm für das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Kolding IF am Sonnabend (17 Uhr). Was sollte auch passieren? Die Gäste haben sich im Niemandsland der Tabelle eingenistet, finanzielle Probleme nagen an den Nerven und durch überragende Leistungen in fremden Hallen waren sie bislang nicht aufgefallen. Doch nach einer schnellen 3:0-Führung schienen die guten Geister die Körper der Kieler verlassen zu haben. Der TV Großwallstadt, der für das wichtige Rückspiel im EHF-Cup-Viertelfinale gegen St. Raphael am Sonntag auch den angeschlagenen Regisseur Oliver Köhrmann schonte, spielte entspannt auf. Gestützt auf Andersson, der sich an seinem 33. Geburtstag selbst das größte Geschenk machte. Allerdings hatten die "Zebras" zu schalem Zielwasser gegriffen und maßgeblichen Anteil daran, dass der Schwede sich über 20 Paraden freuen durfte. Im Angriff erwischte das Team von Alfred Gislason einen rabenschwarzen Tag, einzige Ausnahme war der achtfache Torschütze Christian Zeitz.
Mit Abstrichen gefiel auch Momir Ilic, der fünf seiner sechs Siebenmeter verwandelte und den Rekordmeister in den letzten Sekunden noch einmal an eine Wende glauben ließ. Es wäre unverdient gewesen.
Es war ein Tag, an dem nichts klappen sollte. So kassierte Abwehrchef Daniel Kubes nach einem harten Foul gegen Moritz Schäpsmeier die Rote Karte (49.). Rechtsaußen Christian Sprenger verdrehte sich das linke Knie und humpelte auf die Bank (34.). Und auf Jerome Fernandez konnten die Kieler gar nicht zurückgreifen, der Franzose hielt sich nach Informationen unserer Zeitung in der Heimat auf. Sein Ex-Verein Toulouse Union HB hat dem Kapitän der französischen Nationalmannschaft einen Vier-Jahres-Vertrag angeboten. Angeblich wird der 34-Jährige am Sonnabend zum letzten Mal das THW-Trikot tragen. "Er hat uns sehr geholfen, und da werden wir ihm jetzt keine Steine in den Weg legen", erklärte Manager Uli Derad sein Einverständnis für den Wechsel.
Ob Fernandez die Rettung gewesen wäre? Eine müßige Frage, ist der Kader des Rekordmeisters doch auch ohne ihn erlesen genug, um Großwallstadt zu schlagen. Es fehlte nicht ein Einzelner, es fehlte den meisten der richtige Biss. Auch in der Deckung fanden die Schwarz-Weißen nie ihren Rhythmus. Sogar die 3:2:1-Deckung, die dem THW in den vergangenen Wochen manche Wende beschert hatte, war diesmal kein Gegenmittel gegen einen Gast, der intelligent und mit großer Gelassenheit seine Angriffe aufbaute.
"Wir sind als krasser Außenseiter nach Kiel gefahren", konnte auch ein überglücklicher TVG-Manager Uli Wolf das Geschehene nicht fassen. "Was für ein schöner Tag." Wie alle Franken stürmte er nach dem Abpfiff in Richtung Andersson, der auf der Torlinie stehen geblieben war. Er reckte die Arme nach oben und genoss die wenigen Sekunden der Einsamkeit, bevor die Kollegen ihn überrannten.
Eine denkwürdige Niederlage für den Meister, der zuletzt im November 2007 ein Heimspiel in der Bundesliga verloren hatte. Vor 1239 Tagen.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2011)
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