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29./30.03.2011 - Letzte Aktualisierung: 30.03.2011 Bundesliga

Schwacher THW kassiert Heimniederlage gegen Großwallstadt

Bundesliga, 27. Spieltag: 29.03.2011, Di., 19.00: THW Kiel - TV Großwallstadt: 25:28 (12:12)
Update #3 KN-Spielbericht, weitere Stimmen und Spielbericht ergänzt ...

Mattias Andersson war der Matchwinner für den TV Großwallstadt.
Klicken Sie zum Vergrößern! Mattias Andersson war der Matchwinner für den TV Großwallstadt.
Der THW Kiel hat am Dienstagabend einen erheblichen Rückschlag im Kampf um die deutsche Meisterschaft erlitten. Gegen Altmeister TV Großwallstadt kassierten die "Zebras" sensationell eine 25:28 (12:12)-Heimniederlage - die erste Bundesligapleite in der Sparkassen-Arena-Kiel nach 1.239 Tagen. Matchwinner für die Franken war ausgerechnet der langjährige Kieler Keeper Mattias Andersson, der insgesamt 19 Würfe entschärfen konnte. Beim THW Kiel erreichte nur der unermüdliche, achtmal erfolgreiche Christian Zeitz Normalform.
Und der Abend war für den THW Kiel gleich doppelt bitter: Rechtsaußen Christian Sprenger verletzte sich in der 34. Spielminute nach einem Abpraller beim Kampf um den Ball ohne Fremdeinwirkung am Knie. Darüber,
Schock für den THW Kiel: Mit einer Knieverletzung schied Christian Sprenger Anfang  der zweiten Halbzeit aus.
Klicken Sie zum Vergrößern! Schock für den THW Kiel: Mit einer Knieverletzung schied Christian Sprenger Anfang der zweiten Halbzeit aus.
wie schwer seine Verletzung ist, soll eine Untersuchung am Mittwoch Aufschluss geben.

Auf eine Überraschung deutete vor der Partie rein gar nichts hin: Der THW Kiel feierte zuletzt 14 fast ausschließlich deutliche und zumeist überzeugende Erfolge am Stück, hat zudem seit Samstag wieder seinen gesamten Kader beisammen. Auf der anderen Seite der TV Großwallstadt, die bislang "graueste Maus der Liga", die gegen keins der Spitzenteams bislang punkten konnte und ihr Hauptaugenmerk dank eines Platzes im Niemandsland der Tabelle längst auf den EHF-Pokal gelegt zu haben schien. Da Gästetrainer Peter David nach einer langen Anreise per Bus zudem auf die beiden verletzten etatmäßigen Spielmacher Oliver Köhrmann und Philipp Reuter verzichten musste, schien es für die Fans des THW Kiel keinerlei Zweifel an einem doppelten Punktgewinn zu geben.

Alfred Gislason, der aufgrund der "Qual der Wahl" Jerome Fernandez und auch Dominik Klein nicht nominierte, gönnte seinen "Vielspielern" der letzten Wochen zunächst eine Pause. Während also Kapitän Marcus Ahlm, Weltmeister Thierry Omeyer und Welthandballer Filip Jicha auf der Bank Platz nahmen, legten die Gastgeber standesgemäß los: Nach weitem Pass Palickas vollstreckte Lundström per Gegenstoß zum 1:0, der in der Anfangsphase bärenstarke Spielmacher Aron Palmarsson legte mit zwei Geschossen in den Winkel zum 3:0 nach.

Nationalspieler Steffen Weinhold spielte eine starke Partie.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nationalspieler Steffen Weinhold spielte eine starke Partie.
Doch die Gäste, bei denen sich der Rückraum fast von allein aufstellte, fanden bald in die Partie. Mit Csaba Szücs auf der Spielmacherposition und den spielfreudigen Halben Stefan Kneer und Steffen Weinhold spielte der TV Großwallstadt seine Angriffe in aller Ruhe aus. Immer wieder wurde der schwedische Kreisläufer Joakim Larsson gesucht und gefunden, so dass die etwas schläfrig wirkende 6:0-Abwehr des THW in der Folgezeit immer wieder geknackt werden konnte. Und die "Zebras"? Diese hatten zunächst - in Person von Tobias Reichmann und besonders Momir Ilic, der in den ersten zehn Spielminuten gleich dreimal das Gebälk traf - Wurfpech, ehe sie langsam aber sicher ein wenig den Faden verloren gegen eine kompakt stehende Großwallstädter Deckung. So gelang Larsson nach schönem Anspiel Kneers der Anschluss zum 4:5, und nachdem Dragicevic eine falsche Sperre setzte und im nächsten Angriff ein Zeitz-Anspiel nicht unter Kontrolle bekam, gingen die Gäste durch einen Weinhold-Hammer und einen von Michael Spatz abgeschlossenen Gegenstoß gar mit 6:5 (11.) in Führung.

Christian Zeitz war bester Kieler. Der Linkshänder erzielte acht Treffer.
Klicken Sie zum Vergrößern! Christian Zeitz war bester Kieler. Der Linkshänder erzielte acht Treffer.
Nun wurde auch Ex-"Zebra" Mattias Andersson, der sieben Jahre lang bis 2008 beim THW Kiel unter Vertrag stand, zum Faktor: Reihenweise entschärfte der Schwede an seinem 33. Geburtstag nun beste Chancen des THW von Palmarsson, Dragicevic und sogar einen Strafwurf Jichas. Zwar konnten die Kieler dennoch noch einmal in Führung gehen, als auch Palicka zwei Paraden zeigte und Christian Zeitz in Überzahl zum 8:7 vollstreckte. Doch der TVG hatte längst Lunte gerochen, legte durch Szücs und Schäpsmeier wieder vor. Alfred Gislason nahm in der 21. Spielminute seine Auszeit, beorderte nach Jicha nun auch Ahlm, Narcisse und wenig später auch Omeyer und Sprenger aufs Parkett, doch der gewohnte Spielfluss wollte sich auch weiterhin nicht so recht einstellen. Immerhin: Durch Einzelleistungen von Palmarsson und Zeitz konnte der THW bis zum Pausenpfiff zumindest zum 12:12 ausgleichen.

In der Schlussphase musste der THW auf Daniel Kubes verzichten. Der Tscheche sah in der 50. Spielminute "glatt rot".
Klicken Sie zum Vergrößern! In der Schlussphase musste der THW auf Daniel Kubes verzichten. Der Tscheche sah in der 50. Spielminute "glatt rot".
Die Zuschauer in der Sparkassen-Arena-Kiel waren sich sicher: Nach Wiederanpfiff würde alles endlich seinen gewohnten Gang nehmen. Die Leistungsträger der vergangenen Wochen und Monate standen geschlossen auf der Platte, zudem wurde mit der für die Gegner ungemütlichen 3:2:1-Abwehr ein weiterer Erfolgsfaktor installiert. Was sollte nun also noch schiefgehen? Die Antwort: Eine ganze Menge. Denn der TV Großwallstadt zeigte sich unbeeindruckt von der offensiven Deckung des THW, spielte weiterhin geduldig seine Angriffe aus und hatte im immer stärker werdenden Mattias Andersson die entscheidende Trumpfkarte parat. Denn während der Schwede die ersten Würfe von Zeitz, Lundström und Jicha entschärfte, legte der TVG durch Larsson, Szücs und den aufdrehenden Steffen Weinhold einen Blitzstart zum 15:12 hin. Das Kieler Publikum schien einen Moment lang geschockt, und dieser Zustand verhärtete sich noch, als Christian Sprenger gestützt zur Bank humpelte.

Doch die "Zebras" demonstrierten den Willen zu kämpfen, was auch das Publikum honorierte und seine Mannschaft fortan nach vorne peitschte. Indes: Es wollte sowohl vorne als auch hinten trotz Kämpfermoral einfach nicht viel gelingen. Immer wieder trumpfte Linkshänder Steffen Weinhold, der Mitte der zweiten Halbzeit sogar auf die Spielmacherposition wechselte, auf, so dass der TV Großwallstadt weiter vorne blieb. Und immer, wenn der THW, bei dem der bärenstarke Christian Zeitz sich gegen die drohende Niederlage stemmte und seine Mannschaft mit purem Siegeswillen im Spiel hielt, die Chance auf den Ausgleich hatte, blitzte das Können von Mattias Andersson wieder auf. Nachdem Daniel Kubes nach einem harten Eingreifen gegen Moritz Schäpsmeier von den nicht immer souverän pfeifenden Schiedsrichtern Geipel/Helbig direkt in die Kabine geschickt wurde, zogen die Gäste durch Kunz gar auf 24:20 (52.) davon.

Ein Bild mit Seltenheitswert in der Sparkassen-Arena-Kiel: Am Ende feiern die Gäste.
Klicken Sie zum Vergrößern! Ein Bild mit Seltenheitswert in der Sparkassen-Arena-Kiel: Am Ende feiern die Gäste.
Der THW Kiel und auch die Fans bäumten sich noch einmal auf. Daniel Narcisse deckte jetzt vorgezogen gegen Weinhold, der Spielfluss des TVG geriet zumindest ein wenig ins Stocken. Christian Zeitz versenkte einen Gegenstoß mit 100 Stundenkilometern zum 21:24, und nachdem die Gäste erneut einen Ball vertendelten, netzte Narcisse einen weiten Omeyer-Pass ein, indem er den Ball im Sprung annahm und direkt verwertete - das Tor des Tages und das endgültige Zeichen, dass die "Zebras" das Spiel noch lange nicht abgehakt hatten. Momir Ilic behielt vom Siebenmeterpunkt nun zweimal die Nerven, drei Minuten vor Schluss waren die Kieler damit wieder auf 24:25 herangekommen und nach einer Zeitstrafe gegen Kunz sogar in Überzahl. Es wurde dramatisch: Michael Spatz traf aus spitzestem Winkel zum 26:24 für den TVG, Mattias Andersson parierte mit einem unglaublichen Reflex gegen Marcus Ahlm, doch der zuvor glücklose Reichmann überwand im Gegenstoß endlich sein Trauma und verkürzte auf 25:26. 92 Sekunden vor Schluss nahm Peter David seine Auszeit, wenig später wurde erneut Michael Spatz freigespielt, der mit seinem sechsten Treffer auf 27:25 erhöhte. Dem THW blieben keine sechzig Sekunden mehr, und nachdem eine falsche Sperre am Kreis abgepfiffen wurde, war der Sensationssieg Großwallstadts endgültig perfekt.

Für den THW Kiel ist damit die Meisterschaft in weite Ferne gerückt. Sechs Punkte Rückstand haben die "Zebras" nun auf Tabellenführer HSV Hamburg und müssen damit jetzt auf mindestens zwei Patzer der Hanseaten hoffen. Wichtiger aber ist, dass die Kieler zu ihrer Form zurückfinden. Denn in so einer Verfassung wie am Dienstag wird auch das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League am Samstag gegen KIF Kolding alles andere als ein Selbstläufer.

(Sascha Krokowski)

Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel.

Lesen Sie bitte auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

TVG-Trainer Peter David:
Das ist wirklich schwer in Worte zu fassen. Wir haben natürlich klar gewusst, wer hier der Favorit ist. Wir hatten am Samstag in Frankreich eine wirklich gute Leistung abgerufen und wollten uns in Kiel ein wenig Selbstvertrauen für das Rückspiel holen. Wir hatten uns einfach vorgenommen, die Kieler so lange wie möglich zu ärgern, in der Hoffnung, dass sie dann vielleicht irgendwann etwas nervös werden. Das war natürlich heute auch ein Tag, an dem alles passte.

Ich hatte Mattias Andersson heute morgen zum Geburtstag gratuliert und ihm ein sehr gutes Spiel gewünscht. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass er der Matchwinner war. Aber es war eine geschlossene Teamleistung, wir haben als Mannschaft gekämpft und alle Dinge super umgesetzt. Nach zuletzt zwei knappen Niederlagen haben wir uns diesen Sieg auch verdient. Wir sind überglücklich.

THW-Trainer Alfred Gislason:
Es war ein verdienter Sieg für Großwallstadt mit einer sehr guten, konzentrierten Abwehr und einem überragenden Mattias Andersson dahinter. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass bei uns einfach nicht viel gepasst hat heute. Die Abwehr stand von Anfang an nicht gut, und auch vorne haben wir viel zu viele Fehlwürfe gemacht. Aber insgesamt waren wir nie in unserem Spielfluss, haben ungewöhnlich viele Fehler gemacht. Wir haben einfach schlecht gespielt, hinten wie vorne.
TVG-Manager Uli Wolf:
Die Mannschaft wollte sich für unsere Europapokalbegegnung am Sonntag rüsten. Das ist ihr gelungen, das Selbstvertrauen haben wir uns geholt. Man gewinnt nicht alle Tage in Kiel. Das ist wirklich ein schöner Tag, die Jungs werden eine schöne Rückfahrt haben. Aber das war jetzt die Bundesliga, und wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, am Sonntag unsere Leistung abzurufen, um ins EHF-Pokal-Halbfinale zu kommen. Das müssen wir den Jungs klarmachen, aber zuerst sollen sie diesen Sieg genießen.
THW-Geschäftsführer Uli Derad:
Die Leistung von Mattias Andersson war wirklich überragend und der Hauptgrund für unsere Niederlage. Diese ist natürlich ganz bitter, wenn wir die Gesamtkonstellation sehen.

Es gilt jetzt, sich von diesem Spiel zu erholen, und dann geht es am Samstag weiter in der Champions League. Dann schauen wir mal, wie weit wir noch kommen in dieser Saison.

TVG-Rechtsaußen Michael Spatz:
Das war ein hartes Stück Arbeit. Wir haben von Beginn an das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten: Wir wollten kompakt stehen mit dem Mattias hinten drin, der heute sensationell gehalten hat, dann schnell nach vorne spielen, aber im Positionsangriff lange Angriffe fahren. Das hat eigentlich ganz gut geklappt. Wir haben unsere Chancen auch gut verwertet, uns so konnten wir die ganze Zeit vorne bleiben und den Sieg zum Glück auch nach Hause fahren.
TVG-Kreisläufer Joakim Larsson:
Vollkommen unglaublich! Damit haben beide Mannschaften vor dem Spiel sicherlich nicht gerechnet. Wir haben unser Spiel kalt durchgezogen, das Tempo so niedrig wie möglich gehalten. Das haben wir wirklich gut geschafft.
TVG-Torhüter Mattias Andersson gegenüber Sport1:
Ich glaube nicht, dass ich heute noch Geschenke von meinen ehemaligen Mannschaftskameraden bekomme, ich habe schon genug Geschenke bekommen...

An den Sieg habe ich wirklich erst eine Minute vor Schluss geglaubt, weil ich weiß, wie stark der THW gerade in den letzten Minuten ist. Wir sind hier heute mit einem kleinen Kader angetreten, haben Verletzte im Rückraum, konnten kaum wechseln. Vor dem Spiel hätte keiner geglaubt, dass wir hier mit drei Toren gewinnen. Ziel heute war es, ein gutes Spiel abzuliefern, um mit Selbstvertrauen in das Europapokalrückspiel am Sonntag zu gehen. Das ist uns heute gelungen...

Natürlich ist es mir jetzt ein wenig "unbequem", ich fühle mich immer noch sehr dem THW und Kiel verbunden, aber wenn ich spiele, will ich gewinnen. Ich weiß, dass der THW jetzt den Kopf nicht hängen lassen wird.

THW-Abwehrchef Daniel Kubes gegenüber den KN:
Wir haben gegen eine Wand gespielt und Andersson hat gefühlte 30 Bälle gehalten. Das hat uns das Genick gebrochen. Damit hat keiner gerechnet. Die Titelchancen sind jetzt noch kleiner als vorher. Das kann sich Hamburg im Grunde nicht mehr nehmen lassen.
THW-Linkshänder Christian Zeitz gegenüber den KN:
Die Meisterschaft ist entschieden. Das lag heute nur an uns selbst. In der Abwehr waren wir schwach, der TVG hingegen sehr aggressiv. Schon zur Pause hatte ich ein komisches Gefühl, da wir nur zwölf Tore zustande bekommen hatten.
TVG-Linksaußen Andreas Kunz gegenüber den KN:
Es hat bei uns alles gepasst. Dabei wollten wir uns nur ein gutes Gefühl für Sonntag holen. Der THW hat müde gewirkt. Für Kiel wird es jetzt nicht einfacher.

27. Spieltag: 29.03.11, Di., 19.00: THW Kiel - TV Großwallstadt: 25:28 (12:12)

Logo THW Kiel:
Omeyer (26.-60., 7/1 Paraden), Palicka (1.-26., 4 Paraden); K. Andersson (n.e.), Lundström (1), Dragicevic (1), Sprenger, Ahlm (1), Kubes, Reichmann (1), Zeitz (8), Palmarsson (5), Narcisse (1), Ilic (6/5), Jicha (1); Trainer: Gislason
Logo TV Großwallstadt:
M. Andersson (1.-60., 19/2 Paraden), Wolff (bei einem Siebenmeter, keine Parade); Spatz (7/2), Weinhold (7), Kneer (1), Tiedtke, Larsson (4), Jakobsson, Schäpsmeier (2), Kunz (4/3), Szücs (3), Kossler (n.e.), Maas (n.e.), Liebald (n.e.); Trainer: David
Schiedsrichter:
Lars Geipel / Marcus Helbig
Zeitstrafen:
THW: 0;
TVG: 4 (Kneer (16.), Szücs (42.), Jakobsson (51.), Kunz (57.))
Rote Karte:
THW: Kubes (50.) nach grobem Foulspiel
Siebenmeter:
THW: 7/5 (M. Andersson hält Jicha (15.) und Ilic (51.));
TVG: 6/5 (Omeyer hält Spatz (26.))
Spielfilm:
1. Hz.: 3:0 (4.), 3:2, 4:2, 4:3, 5:3 (9.), 5:6 (11.), 6:6, 6:7, 8:7 (18.), 8:9, 9:9, 9:11 (24.), 11:11, 11:12, 12:12;
2. Hz.: 12:15 (33.), 13:15, 13:16, 15:16, 15:17, 16:17 (38.), 16:18 (43.), 17:18, 17:19, 18:19, 18:21 (48.), 19:21, 19:23, 20:23, 20:24 (52.), 22:24, 22:25, 24:25 (57.), 24:26, 25:26, 25:28.
Zuschauer:
10.250 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena-Kiel, Kiel)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2011:

Andersson schockt THW

THW Kiel verliert nach 25:28-Pleite gegen Großwallstadt die Meisterschaft aus den Augen
Kiel. Schock für den THW Kiel! Nach der 25:28 (12:12)-Heimniederlage gegen den TV Großwallstadt können die "Zebras" die siebte Meisterschaft in Folge abhaken. Die enttäuschenden Kieler scheiterten gestern Abend an sich, aber auch an einem Ex-Kollegen: Mattias Andersson im Tor der Mainfranken hatte großen Spaß daran, in seinem ehemaligen Wohnzimmer für Chaos zu sorgen.

Offensichtlich hatten die Hausherren den Gast als Zwischenmahlzeit verstanden, als Aufwärmprogramm für das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Kolding IF am Sonnabend (17 Uhr). Was sollte auch passieren? Die Gäste haben sich im Niemandsland der Tabelle eingenistet, finanzielle Probleme nagen an den Nerven und durch überragende Leistungen in fremden Hallen waren sie bislang nicht aufgefallen. Doch nach einer schnellen 3:0-Führung schienen die guten Geister die Körper der Kieler verlassen zu haben. Der TV Großwallstadt, der für das wichtige Rückspiel im EHF-Cup-Viertelfinale gegen St. Raphael am Sonntag auch den angeschlagenen Regisseur Oliver Köhrmann schonte, spielte entspannt auf. Gestützt auf Andersson, der sich an seinem 33. Geburtstag selbst das größte Geschenk machte. Allerdings hatten die "Zebras" zu schalem Zielwasser gegriffen und maßgeblichen Anteil daran, dass der Schwede sich über 20 Paraden freuen durfte. Im Angriff erwischte das Team von Alfred Gislason einen rabenschwarzen Tag, einzige Ausnahme war der achtfache Torschütze Christian Zeitz.

Mit Abstrichen gefiel auch Momir Ilic, der fünf seiner sechs Siebenmeter verwandelte und den Rekordmeister in den letzten Sekunden noch einmal an eine Wende glauben ließ. Es wäre unverdient gewesen.

Es war ein Tag, an dem nichts klappen sollte. So kassierte Abwehrchef Daniel Kubes nach einem harten Foul gegen Moritz Schäpsmeier die Rote Karte (49.). Rechtsaußen Christian Sprenger verdrehte sich das linke Knie und humpelte auf die Bank (34.). Und auf Jerome Fernandez konnten die Kieler gar nicht zurückgreifen, der Franzose hielt sich nach Informationen unserer Zeitung in der Heimat auf. Sein Ex-Verein Toulouse Union HB hat dem Kapitän der französischen Nationalmannschaft einen Vier-Jahres-Vertrag angeboten. Angeblich wird der 34-Jährige am Sonnabend zum letzten Mal das THW-Trikot tragen. "Er hat uns sehr geholfen, und da werden wir ihm jetzt keine Steine in den Weg legen", erklärte Manager Uli Derad sein Einverständnis für den Wechsel.

Ob Fernandez die Rettung gewesen wäre? Eine müßige Frage, ist der Kader des Rekordmeisters doch auch ohne ihn erlesen genug, um Großwallstadt zu schlagen. Es fehlte nicht ein Einzelner, es fehlte den meisten der richtige Biss. Auch in der Deckung fanden die Schwarz-Weißen nie ihren Rhythmus. Sogar die 3:2:1-Deckung, die dem THW in den vergangenen Wochen manche Wende beschert hatte, war diesmal kein Gegenmittel gegen einen Gast, der intelligent und mit großer Gelassenheit seine Angriffe aufbaute.

"Wir sind als krasser Außenseiter nach Kiel gefahren", konnte auch ein überglücklicher TVG-Manager Uli Wolf das Geschehene nicht fassen. "Was für ein schöner Tag." Wie alle Franken stürmte er nach dem Abpfiff in Richtung Andersson, der auf der Torlinie stehen geblieben war. Er reckte die Arme nach oben und genoss die wenigen Sekunden der Einsamkeit, bevor die Kollegen ihn überrannten.

Eine denkwürdige Niederlage für den Meister, der zuletzt im November 2007 ein Heimspiel in der Bundesliga verloren hatte. Vor 1239 Tagen.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 30.03.2011)


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