Der THW Kiel hat seine Auftaktpartie in der "VELUX EHF Champions League" souverän gewonnen.
Der zweifache europäische Titelträger siegte in Ungarn in der ersten Partie der
Gruppe D deutlich mit 38:26 (16:14). Dabei hatten
die Kieler in der ersten Halbzeit Probleme, die Anspiele an den Kreis zu unterbinden. In
der zweiten Hälfte stellten die Zebras dann auf die Beton-6-0-Abwehr um und hatten
den Gegner vollkommen im Griff. Bester Torschütze in Ungarn war
Filip Jicha
mit acht Treffern.
Momir Ilic erzielte sechs seiner sieben Tore
in den ersten 30 Minuten. Auch
Christian Zeitz war sieben Mal erfolgreich.
In Ungarn mussten die Kieler auf die Dienste ihres Trainers Alfred Gislason
verzichten. Der Isländer saß seine Ein-Spiel-Sperre nach der Schiedsrichter-Schelte im
vergangenen Jahr ab. Gislason durfte in der Halle vor, während und nach dem
Spiel keinen Kontakt zu seinen Spielern haben. Manager Klaus Elwardt
nahm für Alfred Gislason auf der Bank Platz, Daniel Kubes
und Kapitän Marcus Ahlm hatten die Mannschaft auf die Partie
eingeschworen. Elwardt zur Seite stand im blauen Polo-Shirt auch
Linkshänder Kim Andersson, der angeschlagen nach Ungarn gereist war und
sicherheitshalber nicht eingesetzt wurde. Auch Aron Palmarsson fehlte den
Kielern: Er war mit einer Zerrung im Bein gleich in Schleswig-Holstein geblieben. Zudem
sollte Lundström geschont werden, der ebenfalls angeschlagen an die
Theiß gereist war.
Kreisläufer stellt THW-Defensive vor Probleme
Durch die zahlreiche Ausfälle stellte sich der THW im Rückraum beinahe von selbst auf.
Ilic bekam zunächst den Vorzug für
Jicha,
auf der rechten Rückraumseite musste
Zeitz den Alleinunterhalter
geben. In der Defensive starteten die Zebras mit der 3-2-1-Variante. Diese schien
gegen die Gastgeber, die mit viel Elan und Tempo ihre Angriffe vortrugen, nicht unbedingt
die beste Waffe: Immer wieder fanden die Ungarn eine Lücke im THW-Deckungsverband, um einen
der Kreisläufer - zumeist Zubai - in Position zu bringen. Der 27-jährige Kreisläufer
markierte fünf Tore im ersten Durchgang und hielt seine Farben im Duett mit einer
aggressiven Deckungsarbeit lange in Reichweite.
Der THW setzte vor allem die so genannten Leichten Tore von Momir Ilic
dagegen: Egal, aus welcher Position der Serbe auch abzog - den Szegediner Torhütern
blieb oft das Nachsehen. Weil aber Christian Sprenger auf Außen
glüclos agierte und seine Nebenleute zudem viele technische Fehler produzierten, blieb
die Partie bis zur 25. Minute ausgeglichen. Eine zwischenzeitliche 9:7-Führung des THW
hatte Pick Szeged binnen weniger Sekunden egalisiert, und auch Jichas
Zehn-Meter-Geschoss zum 13:12 (22.) reichte nicht für eine deutlichere Führung: Zubai traf zum
13:13, die Gastgeber schickten sich danach sogar an, wieder in Führung zu gehen,
Mikler im Pick-Tor entschärfte nacheinander Würfe von Klein und
Sprenger.
Auszeit der Gastgeber hilft den Zebras
Ausgerechnet jetzt nahm Szegeds Coach Laszlo Skaliczki eine Auszeit. Und die
schien dem THW mehr zu helfen als den Gastgebern. Wortführer
Kim Andersson
gönnte
Zeitz eine Pause und beorderte mit
Narcisse,
Jicha und
Ilic drei Rechtshänder in
den Rückraum.
Reichmann kam für
Sprenger - und der
THW zog davon: Erst verwandelte
Klein brillant und mit Wucht von Außen,
Sekunden später zog der Kieler Linksaußen den Verteidigern von dannen und verwandelte sicher
zum 15:13. Dann drosch
Ilic den Ball in den Winkel des gegnerischen
Tores - zum ersten Mal führte der THW mit drei Toren. Nachdem Prodanovic einen Siebenmeter zum
14:16-Anschluss verwandelt hatte, wurde
Jicha auf dem Weg zum
17:14 nach eigenem Steal gefoult. Allerdings hatte diese Aktion keine Konsequenzen - außer,
dass die Kieler nur mit einem Zwei-Tore-Vorsprung in die Kabine gingen.
6-0-Abwehr mischt Beton an
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Spielszene.
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Die Kieler reagierten, anfangs der zweiten Hälfte wurde die Abwehr auf die 6-0-Linie
zurück gezogen. Auch
Daniel Kubes sollte die gegnerischen
Kreisläufer in den Griff bekommen. Doch zunächst war es
Marcus Ahlm,
der einen Pass auf Zubai wegfing und
Narcisse auf die Reise zum
17:14 schickte. Kurz darauf stieg
Jicha zum 18:15 gen Hallendecke
empor, und auch
Sprenger beendete mit einem spektakulären Dreher
seine Torflaute. Zwar konterte Szeged mit dem wurfgewaltigen Ex-HBL-Spieler Ancsin,
doch als
Zeitz sich beim Zurücklaufen an der Mittellinie einen
Pass der Gastgeber "klaute" und durch die aufgerückte Abwehr zum 20:16 marschierte, war klar:
Die Gastgeber mussten ihrem hohen Tempo und ihrer Aggressivität im ersten Durchgang Tribut
zollen.
Narcisse schraubte das Ergebnis auf 21:16 (35.) - eine
Vorentscheidung.
Jicha und Zeitz treffen nach Belieben
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THW im Angriff.
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Auch, weil Pick Szeged den Angriffen der Zebras nicht mehr viel entgegen zu setzen hatte.
Gegen den 6-0-Beton, den die Zebra-Defensive nun anmischte, war kaum ein Kraut gewachsen. Selbst
vier Zeitstrafen im zweiten Durchgang brachten die Kieler nicht aus dem Konzept. So drosch
Zeitz einen Freiwurf bei angezeigtem Zeitspiel und in Unterzahl direkt
zum 22:17 in die Maschen, da bediente
Sprenger von der Rückraummitte
den an den Kreis durchstartenden
Zeitz mit einem mustergültigen
Bodenpass: 23:18 (39.). Die endgültige Entscheidung fiel dann eine Viertelstunde vor Schluss:
Jicha spielte einen "Doppelpass" mit dem Pfosten und vollstreckte den
Nachwurf eiskalt zum 29:22, und in Überzahl wurde zwei Mal
Ahlm am Kreis
gefunden. Als
Jicha dann erneut einen Hochsprung-Fackel-Rekord
aufstellte und zum 33:23 (54.) traf, war auch der letzte Widerstand der Gäste gebrochen. Nun wurde
sogar noch gezaubert:
Kubes verwandelte am Kreis ein Kempaanspiel artistisch
zum 37:26, und auch
Reichmann trug sich noch in die Torschützenliste ein.
Alle eingesetzten Feldspieler hatten getroffen, den Schlusspunkt setzte
Klein
mit dem Tor zum 38:26.
Balingen und Montpellier vor der Brust
Für die Kieler gibt es nach der anstrengenden Ungarn-Tour keine Verschnaufpause. Am frühen
Montagmorgen werden die Zebras wieder mit dem Flieger gen Heimat aufbrechen, kurz darauf geht
es bereits nach Süddeutschland: Bereits am Mittwoch wartet mit der HBW Balingen-Weilstetten ein
unangenehmer Gegner auf die Kieler, die beim vorletzten Auswärtsspiel beim Team von
Trainer Rolf Brack eine unangenehme Überraschung erlebten. Das soll ihnen am Mittwoch nicht
wieder passieren - denn mit einem weiteren Bundesliga-Sieg im Gepäck kann der THW am
Sonntag gegen Frankreichs Meister Montpellier mit noch breiterer Brust auflaufen.
Montpellier HB (FRA) siegte zum Auftakt gegen Ademar Leon (ESP) mit
38:34 (19:18).
Das dritte Spiel der Gruppe D gewann Champions-League-Debütant
AG Kopenhagen (DEN) bei Partizan Belgrad (SRB) mit 31:25 (16:12).
(Christian Robohm)
Den Spielbericht aus dem NDR-"Sportclub" finden Sie für die ersten sieben Tage
nach dem Spiel hier:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/sportclub/sportclub2677.html.
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Lesen Sie bitte auch
THW-Linksaußen Dominik Klein gegenüber den KN:
Wir haben bei dieser teambildenden Maßnahme, wie ich das Spiel ohne
Trainer nennen möchte, eine unglaubliche Mannschaftsleistung
gezeigt. Es war klar, dass wir das nur gemeinsam schaffen,
jeder in der Verantwortung ist. Auf dem Feld und auch der Bank.
Ob es ohne Alfred leiser war? Nein,
Kim hat sich offenbar
schon einiges von unserem Coach abgeschaut.
Szegeds Trainer Laszlo Skaliczki:
Der THW hat verdient gewonnen, weil er sehr schnell und
modern gespielt hat. Wir haben in der ersten Halbzeit unser Bestes
gegeben, in der zweiten fehlte einigen unserer jungen Spieler,
die zum ersten Mal Champions League gespielt haben, die Kraft.
Wir haben viel gelernt und können das hoffentlich in der Liga
umsetzen.
THW-Shooter Filip Jicha gegenüber den KN:
Wir haben anfangs zwar viele Fehler gemacht,
aber nervös waren wir nicht. Hier zu spielen, ist nicht leicht.
Szeged ist gerade in eigener Halle ein sehr starker Gegner. Es ist
sehr laut, die Stimmung richtig heiß, da bleiben auch einmal
zwei, drei Pfiffe der Schiedsrichter aus, und das Spiel wird eng.
Szegeds Kreisläufer Szabolcs Zubai gegenüber den KN:
Es ist schön, zum besten Spieler seiner
Mannschaft bestimmt worden zu sein. Ich würde diesen Titel allerdings
liebend gerne für ein besseres Ergebnis eintauschen.
- Pick Szeged (HUN ):
-
Tatai (1.-16., 38.-60., 6 Paraden),
Mikler (16.-38., 7 Paraden);
Buday (2),
Lekai,
Vadkerti (2),
Nagy,
Beocanin,
Pribanic (1),
Fekete,
Zubai (8),
Törö (1),
Velky,
Czina,
Prodanovic (3/2),
Sulc (3),
Ancsin (5);
Trainer: Skaliczki
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-60., 13 Paraden),
Palicka (1 Siebenmeter, keine Parade);
Lundström (n.e.),
Dragicevic (n.e.),
Sprenger (2),
Ahlm (4),
Kubes (2),
Reichmann (1),
Zeitz (7),
Narcisse (3),
Ilic (7/1),
Klein (4),
Jicha (8);
Offizieller: Elwardt
- Schiedsrichter:
-
Bogdan Nicolae Stark/Romeo Mihai Stefan (ROM)
- Zeitstrafen:
-
Szeged: 2 (2x Czina (30., 51.));
THW: 5 (Sprenger (15.), 2x Kubes (36., 45.),
Zeitz (48.), Narcisse (56.))
- Siebenmeter:
-
Szeged: 3/2 (Prodanovic gegen Palicka an den Pfosten (58.));
THW: 2/1 (Mikler hält Ilic (30.))
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:1, 1:2, 3:2 (5.), 3:4, 5:4, 6:6 (12.), 6:8 (13.), 7:9 (14.), 9:9 (15.), 11:11,
13:13 (22.), 13:14 (26.), 13:16 (28.), 14:16;
2. Hz.: 14:17 (32.), 15:19 (33.), 16:20, 17:21 (36.), 18:22, 18:24 (40.), 20:26 (44.), 21:28 (45.),
23:30 (49.), 23:33 (54.), 25:35, 26:35 (58.), 26:38.
- Zuschauer:
-
3200 (ausverkauft) (Sporthalle "Varosi Sportcsarnok", Szeged (HUN))
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
Die deutschen Teams im
EHF-Pokal und
Pokalsieger-Cup haben noch spielfrei und
werden erst ab 26. November eingreifen.
Bereits am Donnerstag ist der HSV Hamburg
erfolgreich in die Königsklasse gestartet: Der deutsche Meister
gewann zum Auftakt der Gruppe C
gegen den St. Petersburg HC (RUS) deutlich mit 32:20 (15:10).
In der Gruppe B
starteten die Füchse Berlin mit einem Teil-Erfolg in ihre
Champions-League-Spielzeit. Beim russichen Meister Chehovskie Medvedi Moskau (RUS)
erkämpften sich die Füchse ein 31:31 (18:15)-Remis.
Alle Ergebnisse des CL-Spieltages finden Sie hier.
Aus den Kieler Nachrichten vom 04.10.2011
Leidenschaft zerbrach an Kiels 6:0-Deckung
THW knackte Szeged mit defensiver Abwehr
Szeged. Trotz widriger Umstände gelang
dem THW Kiel ein erfolgreicher Start in die
Champions-League-Saison. Beim ungarischen Vizemeister
SC Pick Szeged siegten die "Zebras" auch in der Höhe
verdient mit 38:26 (16:14).
Neben Trainer Alfred Gislason
und Kim Andersson
fehlten Henrik Lundström
(Wadenzerrung) und Aron
Palmarsson (Oberschenkelzerrung).
Letzterer war gar nicht mitgereist. Dem jungen
Isländer sollte der lange Flug erspart bleiben, damit
er am Mittwoch im Bundesliga-Spiel bei HBW Balingen-Weilstetten wieder mitwirken
kann.
Anfang Mai verlor der THW zuletzt ein Pflichtspiel.
Seit dem Viertelfinal-Aus in der Champions League
gegen den FC Barcelona hat der Rekordmeister nun
32 Spiele in Folge gewonnen. Sicher, es waren einige
Stichlinge dabei, die die Kieler in dieser Zeit aus dem
Teich fischten. Aber auch der eine oder andere Hecht.
Szeged hatte Barsch-Format. In der heimischen Liga
haben die Ungarn bislang alle sieben Spiele gewonnen, und mit ihrem heißblütigen
Publikum taugen sie auch für internationale Gäste als
Stolperstein. Mit Trompeten und Trommeln sorgten die
Fans für eine beeindruckende Geräuschkulisse, die davon
profitierte, dass mit den Plänen für die Blechhalle
auch alternativ ein Flugzeughangar erbaut werden
könnte. Ungewöhnlich auch, dass sich alle 3000 Zuschauer
in der "Varosi Sportcsarnok" erhoben, um die Nationalhymne zu singen.
Die Trompeter trafen nicht jeden Ton, Gänsehaut-Stimmung herrschte dennoch.
Auch das Maskottchen, ein abgemagerter Stier
mit einem zu groß geratenen Ring in der Nase, schlug sich
pathetisch die rechte Hand auf die Stelle, an der er sein
Herz vermutete.
Die Ungarn sind ein stolzes Volk, die Champions
League ein großes Ereignis für ein Land, in dem Handball
die Sportart Nummer zwei ist. Mit großer Leidenschaft
bot Szeged den Kielern die Stirn, die mit ihrer
3:2:1-Deckung diesmal wirkungslos blieben. Das lag
auch daran, dass Christian Zeitz
nach seiner langen Pause die Praxis fehlte, um
in dieser lückenhaften Formation schnell Lücken
schließen zu können. Diese Defizite machte der Linkshänder
mit viel Spielwitz im Angriff wieder wett. Als die
Kieler Ende der ersten Halbzeit auf die 6:0-Deckung
umstellten, kippte die Partie. Erst langsam, dann
schneller.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 04.10.2011)