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Überragend: Filip Jicha erzielte zwölf Tore.
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Benjamin Nolte |
Angeführt von einem unglaublichen
Filip Jicha und einem erneut
starken
Thierry Omeyer hat der THW Kiel seine Start-Serie auf 30:0
Punkte ausgebaut und auch ein heißes Jubiläums-Nordderby bei der SG Flensburg-Handewitt gewonnen.
Jicha steuerte 12/4 Tore zum 32:27 (14:12)-Erfolg im 50. Bundesliga-Duell beider
Mannschaften bei,
Omeyer
parierte 15 Würfe. Nach einem 3:0-Blitzstart der Flensburger ging der THW nach neun Minuten erstmals
in Führung - und gab diese bis zum Schlusspfiff trotz erbitterter Gegenwehr der SG nicht mehr ab.
Dabei ließen sich die Kieler auch nicht vom frühen Aus für
Marcus Ahlm irritieren,
der bereits in der 35. Minute nach dritter Zeitstrafe vom Platz musste. Die
Entscheidung fiel erst in der Schlussphase, in der sich der THW endgültig absetzen konnte. Beim 30:25 durch
Jicha in der 57. Minute feierten die schwarz-weißen Fans bereits den
elften Derbysieg in Folge.
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Papierschnipsel sorgten für eine mehrminütige Unterbrechung.
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Benjamin Nolte |
Dass dieses 50. Landesderby in der Geschichte der TOYOTA Handball-Bundesliga ein intensives werden
würde, spürten die Zuschauer und Spieler schon vor dem Anpfiff: Derby-Stimmung war sowohl bei den zahlreich mitgereisten
THW- als auch bei den Heimfans spürbar. Dass Letztere nach dem 1:0 durch einen Gegenstoß von
Svan Hansen für eine mehrminütige Spielunterbrechung sorgten, weil sie offenbar im Überschwang der Gefühle
den Torraum ihres eigenen
Keepers
Mattias Andersson mit Papierschnipseln übersäten, war da nur eine
Randnotiz.
Kieler Fehlstart
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Erzielte vier Tore und narrte mehrfach die SG-Abwehr: Dominik Klein.
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Auffällig war vielmehr die offensive Deckung, mit der die Flensburger den Kieler Rückraum
aus dem Spiel nehmen wollten. Mit Erfolg: Die Kieler kamen nicht in die Partie,
Ilic
scheiterte mit einem Siebenmeter,
Jicha und
Kim Andersson
aus dem Feld an
Andersson. Michael Knudsen und Anders Eggert erhöhten auf
3:0, der Kieler Fehlstart war perfekt. Allerdings ließ sich der THW von diesem Rückstand nicht aus der
Ruhe bringen. Sechs Minuten und zehn Sekunden dauerte es, bis
Daniel Narcisse
mit einer feinen Einzelleistung den Kieler Torbann brach. Ganze 140 Sekunden später führte der
THW erstmals:
Omeyer parierte und schickte
Narcisse,
einen technischen Fehler von Mogensen nutzte
Christian Sprenger zum Gegenstoß,
kurz darauf wurde der Rechtsaußen in Überzahl perfekt bedient, ehe
Kim Andersson
erneut
Sprenger auf die erfolgreiche Gegenstoß-Reise schickte: Einmal
Narcisse,
drei Mal
Sprenger - aus dem 0:3 wurde ein 4:3 für den THW (9.).
Szilagyi belebt SG-Angriffsspiel
Dieser versuchte seinerseits den Spielaufbau der SG mit einer offensiven Deckung zu stören.
Drei Tore von
Jicha in Folge sorgten beim 8:5 (16.) für
Ruhe auf den Rängen, die
Omeyer mit seinen Paraden gegen die freien Eggert,
Svan Hansen und Knudsen weiter verstummen ließ. Als
Dominik Klein
die aufgerückte SG-Abwehr mit seinem Ball prellenden Lauf von Linksaußen über die Mitte
an den Kreis narrte und wuchtig zum 9:5 abschloss, schienen die Kieler die Partie endgültig
in den Griff bekommen zu haben (18.). Ljubomir Vranjes reagierte mit der Auszeit und beorderte
den ehemaligen Kieler
Viktor Szilagyi für Mogensen in den bis dato
völlig zur Bedeutungslosigkeit verurteilten Flensburger Rückraum. Mit dem Österreicher
wurden die Nordlichter variabler und gefährlicher - und auch das Spiel mit zwei Kreisläufern stellte
den THW vor Probleme. Bereits nach 21 Minuten führten diese zur zweiten Zeitstrafe für
Marcus Ahlm.
Schlimmer noch: In Überzahl verkürzten Eggert und
Szilagyi (mit dem
ersten Rückraum-Tor der Flensburger) auf 8:10 (23.). Kurz darauf sorgten Knudsen und
Svan Hansen mit einem Gegenstoß endgültig für den Anschluss der Gastgeber: Beim 10:11 waren sie
wieder in Reichweite.
Spannung bis zur Pause
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Diesen Freiwurf von Holger Glandorf parierte Thierry Omeyer.
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Das blieben sie auch. Als
Gislason nach Kaufmanns 11:12 (27.)
die grüne Karte auf den Kampfrichtertisch legte, sorgte zunächst
Jicha
mit einem Siebenmeter für die erneute Zwei-Tore-Führung, die Eggert ebenfalls mit einem
Strafwurf postwendend beantwortete. Es folgte der zweite Geniestreich des emsigen
Dominik Klein: Wieder kurvte er von seiner angestammten Position kommend
die komplette Flensburger Abwehr, um dann wuchtig zum 14:12 abzuschließen. Den folgenden SG-Angriff
stoppte die THW-Defensive. Holger Glandorf brachte den Freiwurf nach Ablauf der ersten 30 Minuten
allerdings gefährlich auf das Tor, doch
Omeyer verhinderte mit
einem Reflex ein weiteres SG-Tor - mit einer hart erkämpften Zwei-Tore-Führung für den THW wurden
die Seiten gewechselt.
Rot für Ahlm
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Dritte Zeitstrafe: Nach 35 Minuten war das Spiel für Marcus Ahlm zu Ende.
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Benjamin Nolte |
Ähnlich intensiv wie in die erste starteten beide Mannschaften auch in die zweite
Halbzeit. Kein Zentimeter Raum wurde verschenkt, um jeden Ball gekämpft. Und auch wenn der
THW immer wieder auf drei Tore davon ziehen konnte: Beruhigt zurücklehnen konnte sich auf
der Kieler Bank niemand. Denn die SG schaffte immer wieder den Anschluss. Als
Ahlm bereits nach 35 Minuten nach seiner dritten Zeitstrafe
zum Duschen geschickt wurde, frohlockten die Heim-Fans. Im Ausscheiden des Kreisläufers sahen
sie den Schlüssel zum ersten Derby-Sieg seit mehr als zwei Jahren. Doch die Kieler
reagierten nur kurz irritiert:
Jicha ging an den Kreis,
Aron Palmarsson kam für den Rückraum, und weiter ging es. Auch, dass
Christian Sprenger ausgewechselt werden musste, sorgte nicht
für Unruhe auf der THW-Bank. Mit
Christian Zeitz war Ersatz
schnell gefunden, mit fünf gelernten Rückraumspielern auf der Platte starteten die Kieler
das Unternehmen "30:0 Punkte" einfach neu.
THW kann sich zunächst nicht absetzen
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Drei Treffer in fünf Minuten: Momir Ilic wurde zum Turm der Schlussphase.
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Benjamin Nolte |
Wie in Wellenbewegungen
wogte die Partie hin und her: Die Kieler legten vor, die SG robbte sich wieder heran - den Ausgleich
sollten die Flensburger dabei allerdings nie erreichen. Auch, weil
Holger Glandorf erst mit zwei Pfostenschüssen Pech hatte, und diesem Pech dann noch zwei weitere
Fahrkarten folgen ließ. Auch, weil
Omeyer immer dann Glanztaten zeigte,
wenn es nötig war. Und auch, weil
Jicha und
Narcisse
im Verbund mit
Palmarsson immer wieder individuelle Glanzpunkte oder
feine Anspiele zeigten. Ein Doppelschlag von Eggert zum 18:19 (44.) ließ die Kieler endgültig
hellwach werden.
Kim Andersson hämmerte den Ball bei angezeigtem
Zeitspiel an seinem Namensvetter vorbei zum 20:18 ins Netz,
Jicha
vollendete eine zweite Welle gekonnt mit einem Dreher vom Kreis zum 21:18 (46.). Im flotten
Wechsel trafen nun sowohl die THW- als auch die SG-Schützen. Und als
Jicha
mit einem Strafwurf an
Andersson scheiterte, schritt
Ilic eben wieder an die Linie: Das 23:20 in der 50. Minute zeigte,
dass sich der Drei-Tore-Vorsprung des THW langsam aber sich manifestierte.
Starker Schlussspurt
Auch, weil den Gastgebern nun die Mittel fehlten, um die offensive Deckung ähnlich wirkungsvoll
wie in der ersten Hälfte zu spielen. Zudem hatte Kaufmann mit einer ähnlichen Ladehemmung wie
Glandorf zu kämpfen, und auch
Szilagyi fand immer seltener eine
Anspielstation. Eine Vorentscheidung fiel sieben Minuten vor Schluss: Erst ging
Narcisse
an seinen Gegenspielern vorbei und traf zum 25:22, dann klaute sich die Kieler Abwehr einen SG-Pass,
und
Jicha enteilte zum 26:22 - seinem zehnten Treffer. Vranjes versuchte alles,
nahm eine Auszeit, und versuchte nun mit der offensiven Deckung gegen den mittleren und linken Rückraum
die Kieler zu Fehlern zu zwingen - ohne Erfolg. Weil
Zeitz mit einem
gedankenschnellen Pass den frischen
Ilic zum 28:24 (54.) bediente,
weil
Palmarsson wuchtig zum 29:25 (56.) traf, und
Jicha den Sack mit seinen Toren elf und zwölf endgültig zumachte.
Dass
Omeyer dann noch
Kubes mustergültig
bediente, passte zu diesem perfekten Derby-Abend, den Mocsai mit seinem Tor zum 27:32 beschloss.
Sonntag das nächste Derby
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Eine Jubeltraube nach dem Schlusspfiff wollen die Kieler auch am Sonntag bilden.
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Benjamin Nolte |
Natürlich war die Freude nach dem Sieg im Duell mit dem alten Rivalen von der
nördlicheren Förde groß. Denn durch den Derby-Erfolg und die
gleichzeitige 31:32-Niederlage des HSV Hamburg in Lübbecke
baute der THW seinen Vorsprung auf die Konkurrenz auf fünf Minus-Punkte aus. Erster Verfolger sind nun die
Füchse Berlin, die mit 28:25 gegen die TSV Hannover-Burgdorf gewannen. Viel Zeit, sich über
das tolle Spiel in Flensburg zu freuen, bleibt den Kielern allerdings nicht. Ab sofort beginnt
die Konzentration auf das nächste Schlagerspiel am kommenden Sonntag. In der Sparkassen-Arena zu Gast
ist dann der HSV Hamburg, gegen den ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Titel gesetzt werden
soll.
(Christian Robohm)
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Flensburg hat uns heute geärgert. Wegen der offensiven Abwehr und nach dem 0:3 mussten
wir uns erst finden, wir hatten Probleme, ins Spiel zu kommen. Erst nach sechs Minuten
haben wir das erste Tor geworfen, das sagt alles. Danach haben wir in der Abwehr und im
Angriff gut gespielt, owohl die Partie erst in den letzten Minuten entschieden wurde. Deshalb
habe ich auch die Auszeit drei Minuten vor Schluss genommen. Normalerweise tue ich das nicht,
aber ich hatte Sorge, dass meine Jungs zu viel Blödsinn machen werden.
Dass der HSV in Lübbecke
verloren hat, hat mir jemand eine Minute vor Schluss zugerufen. Ich habe mich kurz über
das Ergebnis gewundert, dann aber sofort wieder meine Konzentration auf unser eigenes Spiel
gelenkt. Der Unterschied zur Vorsaison ist, dass wir im vergangenen Jahr Anfang Dezember
fünf verletzte Spieler und keinen einsatzbereiten Linkshänder hatten. Nun werden wir sehen, wie
es weiter geht.
Jetzt werden wir uns vor allem aber erst einmal freuen. Ich habe starke Flensburger gesehen und
ich bin stolz auf meine Mannschaft und glücklich, dass wir hier gewonnen haben. Filip
hat überragend wie die gesamte Mannschaft gespielt, das heute war unser bestes Spiel seit
Wochen. Und Filip hat uns dabei auf allen Positionen geholfen - auch am
Kreis. Aber unsere Rückraumspieler wissen alle, was sie tun müssen.
In der Pause kam Marcus Ahlm auf mich zu und fragte, ob er wegen
seiner zwei Zeitstrafen draußen bleiben solle. Ich habe ihn zur Seite genommen und ihm gesagt,
dass er ruhig seine dritte Zeitstrafe bekommen könne. In den vergangenen Wochen haben wir ja schließlich
auch ohne ihn gewonnen (lacht).
gegenüber den KN:
Ich habe die HSV-Niederlage kurz vor Schluss mitbekommen,
aber ich konnte mich nicht freuen, war zu sehr mit meiner Mannschaft beschäftigt.
Ich freue mich über unseren Sieg in Flensburg
und die Tabelle, dass die Null immer noch dahinter bleibt.
SG-Trainer Ljubomir Vranjes:
Wir haben sehr gut gespielt und sind selbst schuld, dass wir uns dafür nicht
belohnt haben. Wir haben zuviele technische Fehler gemacht, und die werden vom THW eben
genutzt. Aber wir haben viel Leidenschaft gezeigt und haben eine gute Entwicklung.
gegenüber den KN:
Ich glaube, dass der THW nicht mehr zu stoppen ist, wenn sie alle gesund bleiben, werden
sie den Titel holen.
Wir haben immer daran geglaubt, hier zu gewinnen. Wir haben unsere Stärke ausgespielt und unser Spiel
aufgezogen.
Wir sind stolz, die Partie hier und heute gewonnen zu haben.
Aber dies ist noch keine Vorentscheidung in der Meisterschaft. Wir schauen nur von Spiel zu Spiel und
konzentrieren uns ab sofort auf die Partie gegen den HSV.
SG-Geschäftsführer Holger Kaiser:
Wenn wir die Hinrunden-Tabelle ansehen und damit das heutige, vorgezogene Spiel der Rückrunde
rausrechnen, sind wir punktgleich mit dem HSV und nur einen Punkt schlechter als die Füchse.
In dieser Mannschaft steckt viel Potenzial.
THW-Geschäftsführer Klaus Elwardt gegenüber den KN:
Ich nehme die Glückwünsche zu meinem 56. Geburtstag natürlich
gerne entgegen, aber gratuliere natürlich zuerst meiner Mannschaft.
Dieser Sieg war sehr wichtig und wurde konzentriert herausgespielt.
Top-Torschütze Filip Jicha gegenüber den KN:
Nach so einem kampfbetonten Spiel kommen natürlich die Emotionen
hoch. Nicht weil der HSV verloren hat, sondern weil wir in dieser hitzigen
Derby-Atmosphäre immer klaren Kopf behalten haben. Ein Sieg in Flensburg
passiert nicht alle Tage, das können wir genießen.
THW-Rückraumspieler Momir Ilic gegenüber den KN:
Wir haben alle eine konzentrierte Leistung gebracht und verdient
gewonnen. Flensburg hat stark gekämpft, aber wir haben wieder große Qualität
auf das Parkett gebracht.
THW-Linkshänder Kim Andersson gegenüber den KN:
Flensburg hat heute sehr gut gespielt und gekämpft, aber sie haben
keine Spieler in ihren Reihen wie Jicha, Narcisse
oder auch Palmarsson.
THW-Kapitän Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Wir denken jetzt nicht an die HSV-Niederlage,
sondern freuen uns über diesen schönen Sieg im Derby.
- SG Flensburg-Handewitt:
-
Andersson (1.-60., 14 Paraden),
Rasmussen (n.e.);
Bastian (n.e.),
Karlsson,
Eggert (7/5),
Glandorf (3),
Mogensen (2),
Svan Hansen (5),
Djordjic,
Mocsai (1),
Heinl,
Szilagyi (2),
Kaufmann (3),
Knudsen (4);
Trainer: Vranjes
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-60., 15 Paraden),
Palicka (1 Siebenmeter, keine Parade);
Andersson (3),
Lundström (n.e.),
Sprenger (3),
Ahlm,
Kubes (1),
Reichmann,
Zeitz,
Palmarsson (1),
Narcisse (5),
Ilic (3/1),
Klein (4),
Jicha (12/4);
Trainer: Gislason
- Schiedsrichter:
-
Lars Schaller / Sebastian Wutzler
- Zeitstrafen:
-
SG: 5 (Glandorf (9.), Knudsen (20.), 2x Karlsson (24., 31.), Svan Hansen (36.));
THW: 5 (2x Jicha (4., 42.), 3x Ahlm (15., 21., 35.))
- Rote Karte:
-
Kiel: Ahlm nach dritter Zeitstrafe (35.)
- Siebenmeter:
-
THW: 7/5 (Andersson hält Ilic (2.) und Jicha (47.));
SG: 5/5
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 3:0 (4.), 3:1 (7.), 3:5 (10.), 4:6, 5:6 (12.), 5:9 (18.), 6:10 (21.),
8:10, 8:11 (23.), 10:11 (25.), 11:12 (26.), 12:13 (29.), 12:14;
2. Hz.: 13:14, 13:16 (32.), 15:16 (35.), 15:18 (38.), 16:19 (42.), 18:19 (44.), 18:21 (46.),
19:22 (48.), 20:23, 22:25 (52.), 23:26 (53.), 25:28 (55.), 25:30 (57.), 26:32 (60.), 27:32 .
- Zuschauer:
-
6.300 (ausverkauft) (Campushalle, Flensburg)
- Spielgrafik:
-
Aus den Kieler Nachrichten vom 08.12.2011:
Sechs Punkte Vorsprung vor Gipfeltreffen mit dem HSV
Während sich der THW in Flensburg souverän durchsetzt, patzt der Meister in Lübbecke
Flensburg. Der THW Kiel hat gestern Abend, am 15.
Spieltag der Handball-Bundesliga, doppelt gepunktet.
Die "Zebras" gewannen in souveräner Manier das
Derby bei der SG Flensburg mit 32:27 (14:12) und haben
vor dem Gipfeltreffen am Sonntag gegen den HSV
Hamburg nun sechs Punkte Vorsprung auf den amtierenden
Meister, der in Lübbecke völlig unerwartet mit
31:32 verlor.
Die Campushalle hat sich in der Szene den Namen "Hölle
Nord" verdient. Die Stehtribüne, auf der sich hunderte
Fans drängeln, ist einmalig. Ein Hauch von Fußball. Von
hier gehen die Emotionen aus. Aber nicht nur die. Als Lasse
Svan Hansen nach 28 Sekunden das 1:0 erzielt hatte, flogen
von hier Papierschnipsel und Kreppbänder in Vereinsfarben.
Drei Wischerinnen, sieben Ordner und SG-Torhüter Mattias Andersson waren
minutenlang damit beschäftigt, die Rutschgefahr zu beseitigen.
Auch Dierk Schmäschke war herbei geeilt, um im Anzug den Müll
aufzusammeln. Vor dem Anpfiff hatte der Geschäftsführer
behauptet, allen Problem-Fans Hausverbot erteilt zu haben.
Einige hatten sich aber doch unter das Volk gemischt.
Als das Derby fortgesetzt wurde, zeigte die "Hölle
Nord", dass neben ein paar Teufelchen auch faire, ehrliche
Gefühle hier ihre Heimat haben. Die meisten der 6300
Zuschauer in der erstmals in dieser Saison ausverkauften
Arena hielt es nicht mehr auf den Sitzen, als ihre Mannschaft
3:0 (3.) führte. Sollte die Sensation gelingen? Der
erste Derbysieg seit vier Jahren? Das Ende der einmaligen
Kieler Erfolgsserie von nun 30:0 Punkten? Nein.
Umso heißer die Umgebungstemperaturen
werden, umso kühler werden die Köpfe der "Zebras". Das war am
Sonntag so, als der Rekordmeister die Festung in Montpellier
stürmte. Das war diesmal nicht anders. In 16 endlosen
Minuten warf das Team von Ljubomir Vranjes ("wir
haben große Leidenschaft gezeigt") nur noch zwei Tore
und die Gäste zogen auf 9:5 davon. Hätte Dominik Klein
einen Konter gegen Andersson
verwandelt, Kiel wäre auf fünf Tore enteilt. Das wäre
wohl die Vorentscheidung gewesen.
War es nicht.
Klein traf nicht zum 5:10,
aber der flinke Linksaußen hatte seinen Anteil am Erfolg.
Immer wieder kurvte der Nationalspieler im Stile eines
Slalomläufers durch die offensive Deckung der Flensburger
und brachte einen Hauch von Winter in die Hölle.
Wenn es heiß wird, dann blüht auch stets Thierry Omeyer
auf. Vielleicht wären die SG-Fans gut beraten gewesen,
die Bemühungen ihrer Mannschaft schweigend zu verfolgen. Cooler. Vielleicht
wäre der Franzose, der eine Haut aus Teflon besitzt, dann
auch nicht zu einer solchen Form aufgelaufen. Hätte. Bärenstark
auch sein eleganter Landsmann Daniel Narcisse,
der mit zwei eiskalten Toren den 0:3-Rückstand abgeschmolzen
hatte. Bärenstark auch Filip Jicha, der zwölfmal
traf.
Die Hausherren steckten nie auf. Und als Marcus Ahlm
in der 35. Minute das Feld nach seiner dritten Zeitstrafe
räumen musste, hofften sie noch einmal. Kurz. Kiel deckte
weiter mit Leidenschaft und Kopf, Omeyer wurde immer
größer, und am Kreis passte einmal mehr Jicha in
die großen Schuhe von Ahlm.
Es blieb heiß bis zur 57. Minute. Dann traf Jicha zum
25:30 und löschte das Feuer endgültig. Trotzdem: Diese
SG, das wurde deutlich, hatte mit der, die zum Saisonauftakt
in Kiel eine Lehrstunde (21:35) erhalten hatte, nicht
mehr viel gemein. Aber das THW-Niveau erreichte sie trotzdem nicht. Aber damit
befindet sie sich in namhafter Gesellschaft.
"Ich bin stolz auf meine Mannschaft", lobte THW-Trainer
Alfred Gislason die
Seinen. "Das war heute sehr schwer, hier zu gewinnen."
(von Reimer Plöhn und Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 08.12.2011)