Das letzte Spiel eines ereignisreichen Jahres steht für die Kieler Handball-Stars am
zweiten Weihnachtsfeiertag an. Die Partie beim VfL Gummersbach, die
am Montag um 18.30 Uhr angepfiffen wird, ist nicht nur deshalb eine
besondere: Mit einem Erfolg in der Kölner Lanxess-Arena, in der mehr als 10.000 Zuschauer
erwartet werden, könnte der THW Kiel seine Startbilanz auf 36:0 Punkte ausweiten - ein
neuerlicher Eintrag in die Handball-Rekordbücher wäre den Zebras sicher. Trainer
Alfred Gislason möchte von der Rekordjagd hingegen nichts wissen: "Das
Gerede über den Rekord verstellt den Blick auf das Wesentliche." Und das sei eben nicht
die Bestmarke des TBV Lemgo aus dem Jahr 2003, sondern die Meisterschaft.
Auf dem Weg
zum 17. Titel könnten die Kieler am Montag einen weiteren großen Schritt machen. Sport1
überträgt die Partie der beiden Traditionsvereine live im Fernsehen.
Rettung in letzter Sekunde
|
Dennis Krause kam vom SC Magdeburg.
©
HBL |
Der TV Großwallstadt, der THW Kiel und der VfL Gummersbach haben eine Gemeinsamkeit: Alle
drei Mannschaften gehören seit Beginn der Beletage des deutschen Handballs an. Doch in dieser
Saison ist alles anders beim 12-fachen deutschen Meister: Die Oberbergischen stehen
am Scheideweg. Groß war hingegen das Aufatmen vor dieser Spielzeit, als Fans, Sponsoren und Gönner
einmal mehr den finanziellen Kollaps des Vereins abwenden konnten. 2,3 Millionen Euro wurden
innerhalb kürzester Zeit aufgetrieben, um eine VfL-Insolvenz zu verhindern. Eine beispiellose
Rettungsaktion, die gleichzeitig ein Aufbruch in bessere Zeiten sein sollte. Die neue
Halle in Gummersbach wird gebaut, die mit ihren 4000 Plätzen
auch die Einnahmen des VfL steigern und die sportliche Zukunft sichern helfen soll.
Kader leidet unter finanziellem Kraftakt
|
Kam für Stojanovic: Aljosa Rezar.
©
HBL |
Doch der finanzielle Kraftakt vor dieser Saison hat Spuren hinterlassen. Um 500000 Euro
wurde der Etat gekürzt. "Wir geben nur noch das Geld aus, das wir auch einnehmen", hatte
Manager
Axel Geerken die Marschroute beim ehemaligen Rekordmeister
ausgegeben. Und das hatte auch Konsequenzen für den Kader: Top-Torhüter Goran Stojanovic, der
mit seinen unglaublichen Paraden großen Anteil an den drei Gummersbacher Europapokal-Erfolgen
in Folge hatte, wurde an die Rhein-Neckar Löwen abgegeben, Linksaußen
Adrian Wagner
kehrte in den Norden zum VfL Bad Schwartau zurück. Geoffroy Krantz schloss sich
St. Raphael Var Handball in Frankreich an, Drago Vukovic ging nach Lübbecke. Ein Aderlass an
Leistungsträgern, der wegen des geschrumpften Etats nur bedingt aufgefangen werden konnte.
VfL hat jüngstes Bundesligateam
Aus Celje holte man Torhüter Aljosa Rezar, der nun mit dem zur Nummer eins
aufgestiegenen Vjenceslav Somic den Gummersbachern den Rücken freihalten soll. Vom DHC Rheinland
kam Kentin Mahe, dem eine großartige Zukunft vorausgesagt wird. Der junge
Dennis Krause aus Magdeburg ergänzte den
Kader des zu Saisonbeginn
an der Seitenlinie stehenden Erfolgstrainers Sead Hasanefendic. Dieser hatte dem VfL schon vor
Beginn der Spielzeit eine schwere Saison prophezeit: "Es wäre mit unserer jungen Mannschaft beachtlich,
unter den ersten zehn der Liga zu landen." Mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren stellen die
Oberbergischen die jüngste Mannschaft der TOYOTA Handball-Bundesliga (siehe auch
Gegnerkader VfL Gummersbach).
Abstiegsangst in Gummersbach
|
Auf dem jungen Kentin Mahe ruhen die VfL-Hoffnungen.
©
HBL |
Er sollte genauso Recht behalten wie Sport1-Experte Stefan Kretzschmar, der den
Gummersbachern einen "Absturz" vorausgesagt hatte: "Diesen vielen Abgänge kann der VfL nicht
noch einmal verkraften." Tatsächlich kämpfen die Rheinländer seit Saisonbeginn
gegen den Abstieg. Die sportliche Situation ist bedrohlicher denn je: Heimsiege
gegen Großwallstadt und Hüttenberg, das Heim-Remis gegen die Füchse Berlin und der
Auswärtserfolg bei Eintracht Hildesheim sorgten angesichts von bisher zwölf Niederlagen
nicht für Ruhe. Hasanefendic, der eh zur kommenden Saison von Hüttenbergs Coach Jan Gorr abgelöst
werden sollte, musste gehen. Seine Rolle an der Seitenlinie nahm der bisherige Co-Trainer
Emir Kurtagic ein. Und mit ihm holte der VfL immerhin nach einem hohen Rückstand ein
33:33 bei der TSV Hannover-Burgdorf, das Jung-Star Kentin Mahe, mit 86/16 Toren zweitbester
VfL-Schütze hinter Adrian Pfahl (109/10), mit einem Geniestreich in der Schlusssekunde
sicher stellte. Doch dem Hoffnungsschimmer folgte der sofortige nächste Nackenschlag:
Bei der HSG Wetzlar kassierten die Gummersbacher zuletzt eine 27:35 (12:18)-Klatsche, die
den VfL auf Abstiegsplatz 16 verharren ließ
(siehe auch
Gegnerkurve VfL Gummersbach
und
Tabelle der TOYOTA HBL).
Stimmung am Tiefpunkt
Nach dem erneuten Nackenschlag vor dem als "Spiel des Jahres" beworbenen Auftritt gegen
den THW Kiel, war die Stimmung beim VfL erneut auf einem Tiefpunkt.
"Ich hatte von meinen Spielern gefordert, in Wetzlar 60 Minuten zu kämpfen, das Spiel
bis zum Schluss offen zu gestalten. Einige haben anscheinend immer noch nicht
verstanden, was Abstiegskampf heißt", zürnte Kurtagic mit seinen Mannen. "Die Fehler,
die wir machen, sind einer Bundesligamannschaft unwürdig." Das hatte auch
Axel Geerken so gesehen: "Die Einstellung stimmte nicht,
die Leistung stimmte nicht. Das war wirklich unwürdig. Wir haben uns in
Wetzlar total aufgegeben."
Christoph Schindler
resümierte, man sei in Wetzlar aufgetreten, als habe man das Handballspielen verlernt:
"Das war heute wirklich keine Werbung für uns. Immerhin haben
wir jetzt noch ein Spiel, in dem wir den Fans zeigen müssen,
dass wir es besser können."
Voller Einsatz am zweiten Weihnachtsfeiertag
|
Bester VfL-Torschütze: Adrian Pfahl erzielte bisher 109/10 Treffer.
©
HBL |
Eben jenes Spiel ist das gegen den THW Kiel. Und die Zebras werden auf der Hut sein,
wollen sie doch einen erfolgreichen Jahresausklang feiern und am zweiten
Weihnachtsfeiertag einen weiteren, wichtigen Schritt in Richtung 17. Meisterschaft
machen. Das Duell am Montagabend ist das 75. in der langen Geschichte beider
Traditionsvereine. 39 Mal gewann bisher der THW, 32 Siege verbucht der
VfL auf seinem Konto (siehe auch
Gegnerdaten VfL Gummersbach). Drei Mal trennten sich die Schwarz-Weißen und die
Blau-Weißen unentschieden, so auch in der vergangenen Saison: In der Sparkassen-Arena
sorgte ausgerechnet Ex-Zebra
Christoph Schindler mit der
Schlusssirene für den
26:26-Ausgleich. Beim VfL gewann
der THW im vergangenen Jahr mit
36:33, der letzte Sieg der
Oberbergischen datiert vom 6. September 2006: Damals beendete der VfL in der
Sparkassen-Arena eine dreijährige THW-Serie ohne Niederlage (
siehe Spielbericht).
THW-Fanstand in der Lanxess-Arena
Der THW Kiel wird am Montagabend alles geben, um den Startrekord auf 36:0 Punkte zu schrauben.
"Wir wollen in Köln gewinnen", sagt Mannschafts-Kapitän
Marcus Ahlm,
für den das Weihnachtsfest - wie für seine Kollegen - am ersten Feiertag um 17 Uhr beendet ist.
Dann lädt Trainer
Alfred Gislason zur Vorbereitung auf das VfL-Spiel
in die Trainingshalle in Russee. Und auch die THW-Fans können sich in der Lanxess-Arena professionell
auf die Partie einstimmen: Der THW-Fanshop wird mit einem Sonderstand, an dem man sich mit allen
nötigen schwarz-weißen Utensilien eindecken kann, in der gigantischen Arena sein.
Das Spiel beim VfL Gummersbach leiten
Holger Fleisch und Jürgen Rieber.
(Christian Robohm)
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
Lesen Sie bitte auch
Aus den Kieler Nachrichten vom 24.12.2011:
THW an Weihnachten auf Rekordjagd
"Zebras" streben 18. Saisonsieg beim VfL Gummersbach an
Kiel. Ausgerechnet an Weihnachten, dem Fest aller
Feste, will sich der THW Kiel als alleiniger Rekordhalter
ins Geschichtsbuch der Handball-Bundesliga
werfen. Am Montag (18.30 Uhr, Sport1) trifft der verlustpunktfreie
Tabellenführer in der Lanxess-Arena
von Köln auf den VfL Gummersbach. Gelingt der angestrebte
Erfolg beim Tabellen-Drittletzten bilanzieren
die "Zebras" makellose 36:0 Punkte, müssen bei
dann 18 Siegen in Folge die bisherige Rekordmarke (17
Siege) nicht mehr mit TBV Lemgo teilen.
Vorher feiern die Kieler genau wie alle anderen Menschen in
hiesigen Breitengraden Weihnachten. Wenigstens ein bisschen.
Trainer Alfred Gislason in seinem Haus in der Nähe
von Magdeburg, einige Spieler nutzen die Gelegenheit für einen
kurzen Trip in die Heimat, die meisten aber bleiben in
Kiel, empfangen selbst Besuch. So auch Marcus Ahlm,
der sich heute mit Ehefrau Karin, den drei Kindern, Eltern
und Schwiegereltern auf einen typischen schwedischen
Heiligenabend freut. "Wir essen und machen, was fast alle
Schweden bei diesem Fest tun", betont der THW-Kapitän:
Mittags wird der gesalzene Trockenfisch in Wasser gelegt,
anschließend gekocht und mit Reis gegessen. Vor
dem Abend-Büfett mit allerlei Leckereien werden dann auch
bei den Ahlms Kinderaugen bei der Bescherung strahlen.
Und wie geht's weiter? "Alte Disneyfilme im Fernsehen gucken,
und dann isst man sich durch, bis der Tag zu Ende
geht", erklärt der 33-Jährige.
Mit der Ruhe ist es aber schnell vorbei. Schon am 1.
Weihnachtstag ruft Gislason sein Team in die Sporthalle
Russee zum Abschlusstraining. Das Heilige Fest für die
Spieler des Rekordmeisters ist faktisch um 17 Uhr beendet.
Am 2. Weihnachtstag treffen sich die "Zebras" um 7.30 Uhr
zur Abfahrt, drei Stunden später startet der Flieger von
Hamburg Richtung Köln. An Bord ist auch Daniel Narcisse,
der weiterhin über Kniebeschwerden klagt. Möglicherweise
muss dem französischen Olympiasieger ein Überbein
entfernt werden. Keine große Sache, heißt es, die EM-Teilnahme
von Narcisse sei nicht
gefährdet.
Gefährdet ist allerdings der Klassenerhalt des einstigen
Rekordmeisters Gummersbach. Um so mehr nach der
peinlichen 27:35-Abfuhr vom Mittwoch bei der HSG Wetzlar.
Nicht nur saisonal passt hier das abgedroschene Klischee:
Beim VfL brennt der Baum. Leistung und Einstimmung
hätten überhaupt nicht gestimmt, klagte Manager
Axel Geerken nach der Blamage
in Mittelhessen. "Einfach desolat, wir haben uns total
aufgegeben."
Keine Frage, im Team von Interimscoach Emir Kurtagic
herrscht Ratlosigkeit. Abgänge von Leistungsträgern wie
Torhüter Stojanovic, Rückraum-Ass Vuckovic oder
Linksaußen Wagner wurden nicht kompensiert, Leistungsträger
wie Schindler (verletzt)
oder Putics suchen ihre Form. Die Folge: Das Abstiegsgespenst
ist Dauergast beim einstigen deutschen Handball-Stolz. Die Kieler schauen
derweil nur auf sich selbst, wollen Sieg und Rekord. Danach
geht's in den Bus, und während der nächtlichen
Heimreise endet auch das Weihnachtsfest.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 24.12.2011)
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
VfL Gummersbach - THW Kiel:
Das Tippspiel ist nicht mehr verfügbar.
Mittippen!
Fernseh- und Internet-Tips:
-
TV: Sport1:
Mo., ab 18.30 Uhr: VfL Gummersbach - THW Kiel
live aus der Lanxess-Arena in Köln
- Internet:
Eine Übersicht über verschiedene Live-Ticker finden Sie auf unserer
Live-Ticker-Seite.