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27.01.2012 EM 2012

Kieler Nachrichten: Am Druck gescheitert

DHB-Auswahl: Olympische Spiele verpasst, aber als Team unter Heuberger gewachsen

Aus den Kieler Nachrichten vom 27.01.2012:

Vom 15. bis 29. Januar 2012 findet die EM 2012 in Serbien statt.
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Belgrad. Der Sport ist wie eine Münze. Er kennt zwei Seiten, auf der Kante steht er selten. Wie grausam klar diese Welt ist, erlebten die deutschen Handballer bei der EM in Serbien. Nach der 32:33-Niederlage gegen Polen reisten sie gestern als Siebte ab. Ein Sieg, und sie hätten von Finale und Olympia-Qualifikation träumen können. So gehört die Show heute Spanien und Dänemark (17.45 Uhr/Sport1) sowie Serbien und Kroatien (20.15 Uhr/Sport1).
Was kommt, liegt auf der Hand. Das Team um Kapitän Pascal Hens wird zerrissen werden. Schon am Abend nach der Polen-Niederlage war vom dringend nötigen Umbruch die Rede. Unklar ist aber, wer umbrochen werden soll. Diese Mannschaft ist die beste, die Deutschland zu bieten hat. Wahrscheinlich wird Hens (31) seine Karriere beenden. Vielleicht auch Oliver Roggisch (33), der ein starkes Turnier spielte. Aber alle anderen werden das Gerüst eines Teams bilden, dessen nächstes Ziel die WM 2013 in Spanien sein wird. Fraglich ist, ob Heuberger der Trainer bleiben wird. Der dramatische Turnierverlauf, der mit sehr fragwürdigen Pfiffen im Polen-Spiel seinen Tiefpunkt fand, hat ihn schwer erschüttert. Auch die überzogene Kritik einiger Medien, die ihn bereits als "Heu(l)berger" und "Erfolglostrainer" abgestempelt hatten, wird in ihm die Frage reifen lassen, ob er sich eine solche Öffentlichkeit weiter antun will.

Sicher, die Nationalmannschaft hat, bis auf das Schweden-Spiel, nicht gut gespielt. Sie ist limitiert, aber das war bekannt. Das Team mit den Kielern Dominik Klein und Christian Sprenger hat aber das Optimum aus sich herausgeholt. Es hat nicht gereicht, um bei einem Olympia-Qualifikationsturnier dabei sein zu dürfen.

Aber Heuberger ist es gelungen, eine Mannschaft zu stabilisieren, die nach Platz elf bei der WM 2011 in Schweden im freien Fall schien. Damals hatte sie sich widerstandslos ergeben. Von Aufgabe war in Serbien nichts zu spüren. Trainer und Spieler hatten sich das Gefühl erarbeitet, etwas erreichen zu können. Symbolhaft für den intakte Moral war die vergangene Nacht, die nicht in einer Belgrader Bar, sondern im Hotelzimmer von Michael Haaß (Sprunggelenksbruch) verbracht wurde.

Heuberger setzt auf Demokratie und macht sich damit angreifbar, weil im Sport der Übergang zur Anarchie fließend ist. Doch er tut es glaubwürdig und hat einen Plan. So löste er mit Geschick die Personalie Hens, der in der Zahlenwelt des Sports der große EM-Verlierer gewesen ist. Tatsächlich war der 199-malige Nationalspieler, trotz Dauerkarte auf der Bank, ein guter Kapitän. Der respektiert wurde, weil er vorbildlich mit einer Rolle umging, die ihm nicht gefallen konnte. So fragte der für die emotionalen Gesten zuständige Christoph Theuerkauf erst bei ihm an, ob er sich so extrovertiert verhalten dürfe. Trainer und Mannschaft hinterließen bei diesem Turnier den Eindruck, eine Zukunft zu haben. Sollte Heuberger bleiben, würde jeder Spieler sicher sein können, gebraucht zu werden. Das ist eine reizvolle Perspektive. Letztlich scheiterte die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) am Druck, sich für Olympia qualifizieren zu müssen. Sie verlor ihre Leichtigkeit, weil es nicht genügte, an einen Traum zu glauben.

Den Druck hatte der zur Hauptrunde angereiste Uli Strombach unnötig erhöht. Der geltungsbedürftige Präsident verstieg sich zur Äußerung, dass nun sogar die Goldmedaille möglich sei. Eine Verirrung, die die Spieler extrem verärgerte, die zeigte, dass der DHB ein Problem hat, das sonst Fischen zugesprochen wird. Er stinkt am Kopf und weniger am Schwanz.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 27.01.2012)


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