28.01.2012 | EM 2012 |
Vom 15. bis 29. Januar 2012 findet die EM 2012 in Serbien statt. |
Während eine Nation im Wohnzimmer saß, spielte sich in der verwaisten "Beogradska-Arena" in Belgrad weitgehend unbeobachtet Historisches ab. So gewann Mazedonien das Spiel um Platz fünf gegen Slowenien (28:27) und freute sich über die Teilnahme an einem Olympia-Qualifikationsturnier. Held war erneut Kiril Lazarov, der mit acht Toren den Uralt-Rekord von Olafur Stefansson knackte. Der Isländer hatte vor zehn Jahren 58 EM-Tore geworfen, der Mazedonier beendete das Turnier mit 61. Der Linkshänder wurde zum besten Spieler gewählt, das Geschenk reichte er an Torhüter Borko Ristovski weiter, den er offenbar gewählt hätte.
Die emotionalen Momente rissen nicht ab. Nach einem mäßigen, aber spannenden Halbfinal-Sieg der Dänen lief Kreisläufer Rene Toft Hansen direkt in die Arme seiner siebenköpfigen Familie. Es flossen Tränen. Mit null Punkten angereist, hatten die Dänen die Belgrader Hauptrundengruppe lange von unten betrachtet. "Wir waren uns sicher, dass Deutschland die Polen schlagen würde", sagte Hans Lindberg (HSV Hamburg). "An das Halbfinale haben wir nicht mehr geglaubt." Der Teil der Geschichte ist bekannt, und weil er für den deutschen Handball so schmerzhaft ist, soll er nur kurz erwähnt werden. Das 32:33 gegen Polen hatte Lindberg & Co erst auf Goldkurs gebracht.
Während die Dänen feierten, füllte sich allmählich die Arena. Die Wasserballer hatten auch gewonnen, nun konnten die Serben sich dem Handball widmen. Spät, aber mit heißen Herzen. Hatten in der Woche zuvor noch die Mazedonier den Ton angegeben, verwandelten diesmal knapp 20 000 Serben die Halle in einen Ort der Hitze, der Emotionen. In ein Heimspiel.
Das Protokoll sieht vor, dass die Hymnen beider Teams abgespielt werden. Die Gastgeber begannen, und selbst erfahrene Beobachter der Handballszene zückten ihr Handy, um diese Kulisse zu filmen. Ein Meer in den Nationalfarben weiß, blau und rot. Die rund 100 kroatischen Fans hatten sich, beschützt von 100 Ordnern, unter dem Dach versteckt. Sie waren gekommen, weil die Polizei zugesichert hatte, auch ihren Heimweg bis zur Grenze abzusichern. Ob gestern auch ihre Hymne abgespielt wurde, lässt sich nicht eindeutig klären. Wahrscheinlich, bewegten sich doch die Lippen der kroatischen Spieler. Der Inhalt ging im gellenden Pfeifkonzert unter.
Mehr als 5000 Polizisten waren angerückt, um Ausschreitungen zu verhindern. Am vergangenen Dienstag hatten serbische Hooligans in Novi Sad eine Kolonne mit kroatischen Fans gestoppt, sie verprügelt und 35 Autos demoliert. Einige kroatische Reiseveranstalter und Handballclubs hatten daraufhin ihre Reisen abgesagt. Gestern blieb das Balkan-Finale bis zum späten Abend aber das, worauf alle gehofft hatten - ein Fest.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 28.01.2012)
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