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21.10.2012 Bundesliga

Der THW Kiel gewinnt deutlich bei TuSEM Essen

Bundesliga, 9. Spieltag: 21.10.2012, So., 15.00: TuSEM Essen - THW Kiel: 25:37 (14:18)
Update #1 KN-Bericht, Fotos und weitere Stimmen ergänzt ...

Sicherer Siebenmeterschütze: Niclas Ekberg traf sechs Mal von der Strafwurflinie.
Klicken Sie zum Vergrößern! Sicherer Siebenmeterschütze: Niclas Ekberg traf sechs Mal von der Strafwurflinie.
Mit einem letztlich deutlichen 37:25 (18:14)-Sieg bei TuSEM Essen hat der THW Kiel zwei weitere Punkte in der DKB Handball-Bundesliga eingefahren und ist auf Platz zwei der Tabelle vorgerückt. Allerdings hatten die Kieler vier Tage nach dem Kräfte zehrenden Spiel bei MKB Veszprem in Ungarn lange Zeit hart zu kämpfen, um den Aufsteiger auf Distanz zu halten. Ein 5:0-Zwischenspurt zwischen der 43. und 47. Minute brach dann aber entgültig den Widerstand der Gastgeber. Bester Torschütze der "Zebras", die nach einer Roten Karte 41 Minuten lang auf ihren Torhüter Thierry Omeyer sowie komplett auf den verletzten Aron Palmarsson verzichten mussten, war Niclas Ekberg mit sieben Treffern. Sechs davon erzielte der Rechtsaußen bei sechs Versuchen vom Siebenmeterstrich - eine hundertprozentige Strafwurf-Quote.
THW-Trainer Alfred Gislason setzte in der mit 2.600 Zuschauern ausverkauften Sporthalle "Am Hallo" zunächst auf die beiden Neuzugänge auf der rechten Seite: Niclas Ekberg und Marko Vujin durften von Beginn an ran. Die ersten Akzente setzte jedoch der Gastgeber: Durch Treffer von Rahmel, letztlich mit sieben Toren bester Essener Werfer, und Pieczkowski ging TuSEM mit 2:0 in Führung. Drei Minuten dauerte es, bis der THW zum ersten Mal traf: Marcus Ahlm und Dominik Klein beendeten die Torflaute mit einem Doppelschlag, dem Daniel Narcisse und Niclas Ekberg zwei weitere Tore folgen ließen. Essen ließ sich davon aber nicht schocken und kam wenig später wieder zum Ausgleich. Zwischen der zehnten und 13. Minute nahm die Partie dann richtig Fahrt auf. Insgesamt sieben Mal zappelte der Ball in diesen 180 Sekunden in beiden Tornetzen - am Ende dieser Express-Fahrt führten die "Zebras" nach einem Vujin-Treffer mit 10:8.
Rot für Thierry Omeyer
Rote Karte: Thierry Omeyer musste nach 19 Minuten vom Feld.
Klicken Sie zum Vergrößern! Rote Karte: Thierry Omeyer musste nach 19 Minuten vom Feld.
Klein erhöhte kurz darauf auf 11:8, doch THW-Trainer Alfred Gislason war mit dem Gezeigten trotzdem nicht zufrieden: Auch aufgrund der vielen Fehler nahm er bereits nach 15 Minuten eine Auszeit. Rahmel verkürzte - und wenig später stand der Rechtsaußen der Essener wieder im Mittelpunkt des Geschehens: Auf dem Gegenstoß-Weg zum 10:11 prallte er mit dem aus seinem Kasten geeilten Omeyer zusammen, was das Schiedsrichter-Gespann mit einer roten Karte für den Kieler Franzosen ahndete. Andreas Palicka ging zwischen die Pfosten, konnte aber den fälligen Siebenmeter von Breuer nicht entschärfen: Nach 20 Minuten waren die Gastgeber beim 10:11 wieder dran am Rekordmeister. Jicha traf in Unterzahl zur neuerlichen Zwei-Tore-Führung und legte wenig später das 13:10 nach. Gislason gönnte Vujin eine Verschnaufpause, die Christian Zeitz zu einem wuchtigen Treffer zum 14:11 (24.) nutzte. Das Tor des Linkshänder läutete die bis dato stärksten Kieler Minuten ein: Momir Ilic, Zeitz und Ahlm trafen zum 18:14-Halbzeitstand.
Zwischenspurt sorgt für Entscheidung
"Air France": Daniel Narcisse traf erneut aus luftiger Höhe.
Klicken Sie zum Vergrößern! "Air France": Daniel Narcisse traf erneut aus luftiger Höhe.
Kurz nach dem Seitenwechsel traf Böhm zum 15:18, die Kieler verschliefen den Neustart hingegen komplett: Fünf Minuten dauerte es, bis Niclas Ekberg mit einem Siebenmeter den starken Kuhlanek im Essener Tor erstmals in der zweiten Halbzeit überwinden konnte - der Treffer kam zur richtigen Zeit, denn die Gastgeber hatten zuvor zum 16:18 verwandelt und schnupperten wieder am Ausgleich. Gislason setzte nun in der Abwehr auf Patrick Wiencek, der sich mit Vujin die Spielzeit teilte. Zunächst überstanden die Kieler eine Unterzahl-Situation, Jicha musste für zwei Minuten von draußen zuschauen, schadlos: Klein verwandelte einen Gegenstoß sogar zum 20:16 (37.), wenig später ließ es Zeitz zum 21:17 ansatzlos krachen. Weil Klein erneut traf, wuchs die Kieler Führung Stück für Stück auf fünf Tore an. Die Entscheidung läutete Daniel Narcisse mit einem feinen Wackler zum 24:19 ein: Sechs Minuten lang zauberten die Gäste von der Förde nun, kassierten keinen Gegentreffer und machten mit einem 5:0-Lauf alles klar. Sprenger von Außen und mit einem Gegenstoß, Ekberg von der Strafwurflinie und Narcisse aus luftiger Höhe ließen die "Zebras" von 23:19 auf 28:19 davonziehen.
THW am Mittwoch in Leipzig
Müde, aber glücklich: Gemeinsam mit ihren Fans freuten sich die "Zebras" über den Auswärtssieg.
Klicken Sie zum Vergrößern! Müde, aber glücklich: Gemeinsam mit ihren Fans freuten sich die "Zebras" über den Auswärtssieg.
Als Pieczkowski zwölf Minuten vor dem Ende zum 20:28 traf, wurde bei den Essenern nur noch verhalten gejubelt: Die Spieler des Aufsteigers wussten, dass sie keine Sensation mehr schaffen würden. Stattdessen machten die Kieler nun kurzen Prozess und nutzten die letzten zehn Minuten, um einen letztlich doch deutlichen Sieg herauszuwerfen. Mit nun 15:1 Punkten ist der THW bis auf einen Zähler an die Tabellenspitze der DKB Handball-Bundesliga heran gerückt. Am kommenden Samstag können die "Zebras" mit einem Sieg im Spitzenspiel beim HSV Hamburg erstmals selbst vorlegen und die Tabellenführung übernehmen. Zuvor sind die Kieler aber noch im DHB-Pokal gefordert, Auftaktgegner des THW ist der ambitionierte Zweitligist SC DHfK Leipzig. Der Anwurf in der mit 5.800 Zuschauern ausverkauften Arena Leipzig erfolgt um 19.30 Uhr, Sport1 überträgt die Partie live und kostenpflichtig im Internet.

Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht aus den Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason:
Unzufrieden: Alfred Gislason.
Klicken Sie zum Vergrößern! Unzufrieden: Alfred Gislason.
Ich bin froh, dass wir dieses Spiel gewonnen haben. Essen hat in der ersten Halbzeit gut in der Deckung und mit einem starken Torhüter gespielt. Die erste Halbzeit war nicht das, was wir uns erträumt hatten, aber ich muss anerkennen wie TuSEM Essen in der ersten Halbzeit gespielt hat. Bei uns habe ich die richtige Einstellung vermisst: Wir haben nicht das gespielt, was wir uns vorgenommen haben, und versucht, mit halber Kraft zum Erfolg zu kommen. Zum Glück wurde es nach der Pause besser. Sicher lag es auch daran, dass wir die besseren Auswechselmöglichkeiten hatten als TuSEM.
Essens Trainer Maik Handschke:
Ich bin mit der ersten Halbzeit zufrieden. Wir haben Tempo gemacht, unsere Abwehr war mit Torhüter sehr gut. Vorne haben wir unsere Chancen geduldig herausgespielt. In der zweiten Halbzeit schwanden dann die Kräfte. Ein bis zwei Fehlwürfe entstanden durch die fehlende Konzentration. Wir können erhobenen Hauptes aus der Partie gehen.
THW-Rückraumspieler Filip Jicha gegenüber Sport1:
Das Resultat ist viel zu hoch ausgefallen. Es zeigt nicht, wie schwer dieses Spiel war und wieviel Kraft es gekostet hat. Die Essener haben tollen Handball gezeigt und eine tollen Fight geboten - das habe ich mehrmals im Spiel zu spüren bekommen. Ich bin froh, dass die Partie vorbei ist und dass wir unseren sechtägigen Trip hinter uns haben - jetzt können wir uns erstmal einen Tag ausruhen, das braucht jeder für seinen Kopf, um den Handball und den Stress heraus zu bekommen. Am Dienstag gibt es dann das Abschlusstraining für Leipzig. In Leipzig müssen wir hellwach sein und richtig aufpassen, und zu dem dann folgenden Spiel am Wochenende in Hamburg muss ich nicht mehr viel sagen. Das wird ein Spitzenspiel mit allem Drum und Dran. Ich freue mich auf dieses Handball-Spektakel.
TuSEM-Mittelmann Fabian Böhm gegenüber Sport1:
Es ist unglaublich schwer gegen solch eine Mannschaft, man muss um jedes Tor kämpfen. 30 bis 40 Minuten haben wir das total gut gemacht, aber hinten raus fehlte uns die Kraft. Es ist schwer für uns, von Niederlage zu Niederlage zu gehen, aber wir werden trotzdem weiter jede Woche alles geben.

9. Spieltag: 21.10.12, So., 15.00: TuSEM Essen - THW Kiel: 25:37 (14:18)

Logo TuSEM Essen:
Kulhanek (1.-46., 15 Paraden), Bliß (46.-60., 2 Paraden), Vukas (1 Siebenmeter, 0 Paraden); Böhm (6), Kühn, Leenders, Pieczkowski (3), Seidel, Breuer (5/4), Lindt (1), F. Handschke (2), Rahmel (7), Kropp (1); Trainer: M. Handschke
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-19., 1 Parade), Palicka (19.-60., 11 Paraden); Toft Hansen (n.e.), Sigurdsson (n.e.), Sprenger (2), Ahlm (3), Wiencek (2), Ekberg (7/6), Zeitz (3), Narcisse (3), Ilic (2), Klein (5), Jicha (5), Vujin (5); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Lars Schaller / Tobias Küsters
Zeitstrafen:
Essen: 2 (Kühn (19.), Handschke (44.));
THW: 2 (Jicha (36.), Wiencek (54.))
Rote Karte:
THW: Omeyer (19.) nach grobem Foulspiel
Siebenmeter:
Essen: 4/4;
THW: 6/6
Spielfilm:
1. Hz.: 2:0 (2.), 2:1 (3.), 2:4 (6.), 4:4 (7.), 5:5, 5:7, 7:8 (11.), 8:9, 8:11 (15.), 10:11 (19.), 11:12, 11:14 (23.), 11:15 (26.), 13:16 (29.), 13:18 (30.), 14:18;
2. Hz.: 15:18 (31.), 16:18 (34.), 16:19 (35.), 16:20, 17:21 (38.), 19:23 (43.), 19:28 (47.), 20:28, 20:31 (50.), 23:33, 24:34, (54.), 25:37.
Zuschauer:
2.600 (ausverkauft) (Sporthalle "am Hallo", Essen)
Spielgrafik:
Spielgrafik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 22.10.2012:

Müder THW wurde erst auf der Zielgeraden munter

Tabellenschlusslicht Essen hielt beim Kieler 37:25-Sieg lange dagegen - Rot für Omeyer
Essen. Das hatte sich der THW Kiel vor 2300 Zuschauer in der ausverkauften Sporthalle "Am Hallo" leichter vorgestellt. Beim Bundesliga-Letzten, dem TuSEM Essen, setzte sich der Handballmeister gestern Nachmittag erst eine Viertelstunde vor dem Ende ab, um dann noch deutlich mit 37:25 (18:14) zu siegen. Mit 15:1 Punkten festigte der THW Platz drei.

Die Gastgeber waren von vielen Experten als Zwischenmahlzeit für die "Zebras" eingestuft worden. Kein Wunder, hatte der Aufsteiger doch seine ersten acht Spiele im Oberhaus verloren - und das mit durchschnittlich acht Toren Differenz. Doch gegen den hohen Favoriten hatte das Team von Maik Handschke nichts zu verlieren, keine zitternden Hände, keine flatternden Nerven. Gegen Kiel, so der Gedanke der Chancenlosen, könnten sie sich endlich einmal ungerührt von ihrer frechen Seite zeigen. Und das taten sie. Als Fabian Böhm mit einem Kempa-Trick auf 7:8 (16.) verkürzte, sammelte Trainer Alfred Gislason ("Halbe Kraft reicht eben nicht") seine offensive Deckung ein. Drei Tage nach der 30:31-Niederlage beim ungarischen Meister MKB Veszprem in der Champions League fehlte seiner Mannschaft die geistige Frische, um auf müden Beinen und mit leeren Köpfen eine solide 5:1-Abwehr zu präsentieren.

Auch im Angriff taten sich die Kieler gegen leidenschaftlich kämpfende Hausherren schwer, erarbeiten sich jedes Tor sehr mühsam. Erst kurz vor der Pause hatten die "Zebras" sich erstmals ein Vier-Tore-Polster (15:11/26.) auf den Turn- und Sportverein Essen-Margarethenhöhe (TuSEM) erarbeiten können, der in Jan Kulhanek einen starken Rückhalt hatte.

Zu diesem Zeitpunkt mussten die Gäste bereits auf Thierry Omeyer verzichten, der in der 19. Minute eine Rote Karte erhalten hatte, als er den heranstürmenden Ole Rahmel außerhalb seines Torkreises auflaufen ließ. "Ich bin plötzlich gegen eine orange Wand geknallt, das war ein Schock für mich", sagte der siebenmalige Torschütze. "Das war von ihm aber sicher nicht böse gemeint." Er habe darauf spekuliert, den hohen Ball auf den Außen abfangen zu können, sei dabei allerdings einen Schritt zu spät gekommen, sagte der Franzose. Die diesbezügliche Regel ist sehr umstritten, die Schiedsrichter legten sie aber korrekt aus.

Auch ohne Omeyer setzten sich die Kieler im zweiten Durchgang allmählich ab, zu groß war der individuelle Unterschied zwischen den Weltstars aus dem Norden und der jungen Rasselbande aus dem Ruhrpott, dessen Star Toon Leenders heißt. Ein Kreisläufer, der 25 Länderspiele für die Niederlande bestritten hat. Ein Verdienst auch von Niclas Ekberg, der die jüngste Siebenmeter-Seuche beendete und alle sechs Strafwürfe verwandelte.

Für viele Kieler war die Reise nach Essen auch eine in die Vergangenheit. Gislason wurde hier als Spieler zweimal Meister, Gudjon Valur Sigurdsson feierte mit Essen vor sieben Jahren den letzten großen Erfolg, als der TuSEM in einem dramatischen EHF-Pokal-Finale den SC Magdeburg besiegte. Patrick Wiencek spielte im rot-weißen Dress so gut, dass der VfL Gummersbach ihn verpflichtete. Und auch für Filip Jicha ("Essen hat uns einen tollen Kampf geliefert, das durfte ich persönlich einige Mal sogar sehr intensiv spüren") hat diese Sporthalle eine besondere Bedeutung. In einem Länderspiel gegen Deutschland spielte der damals 20-Jährige so gut auf, dass ihn Spielerberater Jochen Bergener sofort unter Vertrag nahm und nach St. Gallen vermittelte. "Damals war er noch ein Riesenbaby. Aber eines, das bereits einen unglaublichen Wurf hatte."

Der THW baute seine beeindruckende Serie in der Bundesliga damit weiter aus. Unbesiegt seit Mai 2011, der 44. Sieg im 45. im Spiel. Auf eine härtere Probe wird der Rekord am Sonnabend gestellt, dann erwartet der HSV Hamburg den Meister (15 Uhr).

(von Kerstin Börß und Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.10.2012)


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