Der THW Kiel hat das Spitzenspiel der DKB Handball-Bundesliga
gewonnen. Am Ostersamstag siegten die "Zebras" in der
ausverkauften Sparkassen-Arena gegen den HSV Hamburg mit
30:27 (13:11). Die Kieler legten die gesamte Spielzeit
über vor, doch die Gäste aus der Hansestadt ließen sich -
auch dank eines starken Domagoj Duvnjak - nicht abschütteln.
Der THW behielt in einer intensiven Partie aber kühlen
Kopf und sicherte sich durch zwei Treffer Jichas,
mit acht Toren bester Kieler Schütze, zwei weitere
"Big Points" im Kampf um die deutsche Meisterschaft.
Mit dem HSV Hamburg gastierte am Ostersonnabend nicht
nur ein Lokalrivale, mit dem man sich in den vergangenen
Jahren viele denkwürdige Duelle geliefert hatte, in der
Sparkassen-Arena. Der Meister von 2011 ging zudem als
"Mannschaft der Stunde" in das Nordduell, belegte er mit
15:1 Punkten doch die Spitzenposition in der
Rückrundentabelle
und konnte sich plötzlich wieder Hoffnungen auf die direkte
Champions-League-Qualifikation machen. Die Atmosphäre an der
Kieler Förde war dem sportlichen Rahmen angemessen, die
10.285 Fans in der Arena peitschten ihr Team von Beginn an
nach vorne.
Omeyer von Beginn an hellwach
Thierry Omeyers erste Parade
war gleich ein gehaltener Siebenmeter von Hans Lindberg.
Und sie erlebten zunächst eine Hamburger Mannschaft, die
sich gegen die 3:2:1-Deckung des THW mit Filip Jicha
an der Spitze und einem gegen Lijewski extrem vorgezogen
agierenden Daniel Narcisse sehr
clever ihre Chancen erarbeitete - mit diesen aber reihenweise
am glänzend aufgelegten Thierry Omeyer
scheiterten. Daher blieb das 1:0 durch Pascal Hens - übrigens
der einzige Treffer des ansonsten blassen Ex-Nationalspielers -
die einzige Führung für Hamburg, weil Lindberg mit einem
von Vori herausgeholten Strafwurf ebenso am französischen
THW-Keeper scheiterte wie auch von außen - und wie Duvnjak mit
seinen ersten beiden Versuchen.
Der Gastgeber hatte es im Angriff ebenfalls mit einer
3:2:1-Abwehr zu tun, in der Vori die Speerspitze stellte.
Der THW tat sich schwer gegen die Hamburger Deckung, konnte
aber durch Sigurdsson und
Jicha zwei Siebenmeter erkämpfen,
die Vujin gegen Bitter verwandelte.
Daniel Narcisse gelang es dann in
der achten Spielminute, aus luftiger Höhe das erste Kieler
Feldtor zu erzielen - es war der Treffer zum 3:2.
Erster Kieler Vorsprung schnell aufgebraucht
Aron Palmarsson glänzte erneut als
Ideengeber und Torschütze.
Nach ausgeglichener Anfangsphase konnten die Kieler sich
wenig später erstmals kurzzeitig absetzen: Jicha
schaltete nach einer Omeyer-Parade
gegen Duvnjak am schnellsten, konnte erst beim Torwurf
unsanft gestoppt werden; Vujin
besorgte mit seinem dritten Siebenmeter das 4:3. Dann
blockte Narcisse einen Lijewski-Wurf,
und Jicha staubte per Konter zum
5:3 ab. Gästetrainer Martin Schwalb fühlte sich in dieser
Situation von den Schiedsrichtern Damian/Wenz
unfair behandelt und holte sich nach wiederholtem Meckern
eine Zeitstrafe ab, die der THW mit einem weiteren von
Jicha abgeschlossenen Gegenstoß
zum 6:3 beantwortete. Martin Schwalb nahm nun seine Auszeit,
und nachdem sich Sprenger die erste
Kieler Zeitstrafe abholte, schlugen die Hansestädter zurück:
Lindberg verkürzte von außen auf 4:6, Jicha
scheiterte in Unterzahl von der rechten Seite an Bitter,
Hens setzte Petersen zum 5:6 in Szene. Und als Jicha
einen Rückraumwurf über den gegnerischen Kasten setzte und
sich Lijewski vehement gegen Narcisse
behauptete, war die Partie nach 14 Minuten schon wieder
ausgeglichen.
6:0-Deckung rührt Beton an
Nachdem Sigurdsson an Bitter scheiterte,
hatte Hamburg sogar wieder die Chance zur Führung, die Omeyer
mit einem starken Reflex gegen Vori aber verhinderte. Stattdessen
gelang Zeitz mit einem fulminanten
Hüftwurf der siebte Kieler Treffer, der aber postwendend von
Duvnjak egalisiert wurde. Die "Zebras" taten sich weiterhin schwer
in Angriff und Abwehr, weshalb Alfred Gislason
in der 19. Spielminute seine erste Auszeit nahm. Kiels Trainer brachte
mit Vujin, Palmarsson
und Ilic einen komplett neuen Rückraum und
stellte hinten auf eine 6:0-Deckung um, in deren Zentrum
Ilic und der ebenfalls neu gebrachte
Toft Hansen standen.
Rene Toft Hansen ist in Abwehr
und Angriff gar nicht mehr wegzudenken.
Und tatsächlich: Mit dieser Abwehrformation hatten die Gäste nun
erheblich größere Probleme. Nachdem Duvnjak mit einer tollen Einzelaktion
den Führungstreffer Toft Hansens noch zum
8:8 beantworten konnte, sollte den Hamburgern acht Minuten lang kein
Treffer mehr gelingen. Die "Zebras" zwangen ihren Gegner mit ihrer
Deckung zu Ballverlusten, technischen Fehlern und unpräzisen Abschlüssen,
die geblockt oder vom starken Omeyer pariert
werden konnten. Und im Angriff sorgten der gute Toft Hansen
nach tollem Vujin-Pass, Sigurdsson
nach Zeitz-Steal sowie Palmarsson
und Vujin aus dem Rückraum für eine 12:8-Führung,
die Martin Schwalb dazu veranlasste, seine zweite Auszeit zu nehmen.
Und doch hatten die Hansestädter auch danach Glück, dass der THW nicht
weiter davon zog, weil Johannes Bitter mittlerweile Betriebstemperatur
erreicht hatte und gegen Palmarsson und
Sprenger parierte - und weil
Sigurdsson mit einem Heber im Gegenstoß
nur die Latte traf. Natürlich war es der unermüdliche Duvnjak, der
90 Sekunden vor dem Pausenpfiff die Hamburger Torflaute beendete und
damit einen starken Hamburger Endspurt einleitete. Denn nach
Vujins fantastischem Hüftwurf in
den Winkel zum 13:9 konnte Lijewski mit einem Doppelschlag bis
zum Seitenwechsel noch auf 11:13 verkürzen. Schmeichelhaft für
den HSV, zumal Palmarsson mit einem
direkten Freiwurf nach der Pausensirene das Lattenkreuz traf.
Kiel legt weiter vor
Nach Wiederanpfiff verkürzte Hamburg nach einer
Bitter-Parade gegen Zeitz, einem
Ballverlust Jichas und einem Gegenstoß
Duvnjaks gar auf 12:13, ehe der THW wieder zurück in die
Partie fand: Per Sprungwurf erlöste Jicha
die Fans bei seinem Treffer zum 14:12, ehe der zur zweiten Halbzeit
gekommene Dominik Klein ein weites
Zeitz-Anspiel zum 15:12 einnetzte.
Mittlerweile war der im ersten Durchgang auf- und gefällige
Lijewski nicht mehr mit von der Partie: Nachdem sich der Pole
im Angriff ohne Fremdeinwirkung am rechten Fuß verletzte,
humpelte der einzige Linkshänder im Hamburger Rückraum vom
Parkett. Für ihn kam nun Michael Kraus, der sich mit
Duvnjak auf den Positionen im rechten und mittleren Rückraum
abwechselte.
Bester Spieler auf dem Parkett, aber am Ende ohne Punkte:
Domagoj Duvnjak.
Doch auch ohne Lijewski blieben die Hansestädter gefährlich,
zumal Duvnjak mittlerweile nicht mehr zu stoppen war und
auch sein Landsmann Igor Vori endlich seine ersten Erfolgserlebnisse
feiern konnte. Der THW allerdings legte weiter vor, durch
einen Klein-Gegenstoß, einen
Zeitz-Sprungwurf und einen
Jicha-Treffer per zweiter Welle
nach einer Parade Omeyers gegen
Vori stand es 18:15 für die Schwarz-Weißen. Dann aber luden
die "Zebras" die Hamburger zurück in die Partie ein:
Bitter entschärfte einen eigentlich gut getimeten
Siebenmeter-Heber Vujins auf
spektakuläre Art und Weise und parierte wenig später auch
gegen Zeitz, während Kraus, Lindberg
und Vori binnen zwei Minuten der 18:18-Ausgleich gelang.
Nach Gislason-Auszeit mit 6:2-Lauf
Alfred Gislason zog erneut die
Notbremse in Form einer grünen Karte und beorderte wieder
Vujin, Toft Hansen
und Palmarsson zurück aufs Parkett.
Und wieder gab ihm dieser Schachzug Recht: Ilic
bediente Toft Hansen zum 19:18,
und nachdem Dominik Klein einen
Kraus-Wurf abblockte, erhöhte Jicha
per Gegenstoß auf 20:18. Großer Jubel brandete dann auf,
als Klein ein Anspiel von Kraus
auf Lindberg abfing und Vujin
und Sprenger mit einem doppelten
Doppelpass ihre Gegenspieler schwindelig spielten - 21:18 für
den THW, Martin Schwalb nahm seine letzte Auszeit.
Momir Ilic behielt in der
Schlussphase die Nerven bei seinen Siebenmetern.
Zwar verkürzten nach Wiederanpfiff Lackovic und der eingewechselte
Schröder per Konter auf 20:21, doch nachdem der THW einen schönen
Spielzug über Vujin und Palmarsson
auf Sprenger
zum 22:20 abschloss, Vujin im Laufduell
mit Vori den Kroaten zu einem technischen Fehler zwang,
Palmarsson trocken das 23:20 folgen ließ
und Jicha sich mit aller Urgewalt aus
sieben Metern zum 24:20 durchsetzte, schienen die Kieler zehn Minuten
vor Schluss auf die Siegerstraße eingebogen zu sein.
THW trotzt Hamburger Widerstand
Doch Hamburg gab sich noch nicht geschlagen: Ein Doppelschlag
Duvnjaks läutete eine spannende Schlussphase ein, zumal
Sprenger noch eine unnötige Zeitstrafe
kassierte. Doch in Unterzahl gelang Christian Zeitz
ein wichtiger Ballgewinn in der Abwehr, ehe Ilic
einen von Toft Hansen erkämpften Strafwurf
zum 25:22 verwandelte. Der Widerstand der Hansestädter war allerdings
auch nach dem zweiten Ilic-Siebenmeter - diesmal
von Palmarsson herausgeholt -, dem zweiten
Sprenger-Treffer und einem wahnsinnigen
Zeitz-Stemmwurf zum zwischenzeitlichen 28:25
noch nicht gebrochen. Schröder, Vori und Duvnjak mit seinen Treffern
acht und neun verkürzten jeweils postwendend auf zwei Treffer.
Neunzig Sekunden vor Schluss führte der THW mit 28:26, und nach
der letzten Auszeit Gislasons erhoben
sich die Kieler Fans von den Sitzen, um die kämpferische Leistung
ihrer Mannschaft schon vor dem Ende zu honorieren. Nun tankte sich
Filip Jicha im rechten Rückraum durch und
erzielte das wichtige 29:26, während Omeyer
die postwendende Antwort der Gäste durch Schröder entschärfte. Der THW
jubelte, erst recht, als Jicha gegen die
Manndeckung der Hamburger zum 30:26 durchstolzierte und das Nordderby
endgültig entschied.
Erst Länderspiele, dann das "Lufthansa Final Four"
Vor dem THW Kiel liegt jetzt erst einmal eine 14-tägige Pflichtspielpause,
ehe dann der erste Titel dieser Saison erkämpft werden soll: Am
Wochenende des 13./14. April steht in der Hamburger O2-World das
"Lufthansa Final Four" um den DHB-Pokal an,
im Halbfinale treffen die "Zebras" zunächst auf den Hinrundenschreck
MT Melsungen. Spielfrei haben die meisten "Zebras" aber bis dahin
dennoch nicht, stehen doch für die Nationalspieler jeweils zwei
Qualifikationsspiele zur Europameisterschaft 2014 in Dänemark auf dem
Programm. Für Dominik Klein, Patrick Wiencek
und Filip Jicha gibt es daher am 4. und
7. April bereits ein Wiedersehen auf dem Parkett, wenn Deutschland
und Tschechien zweimal aufeinander treffen.
Das war ein hochklassiges Spiel, und wir haben uns besser präsentiert
als in den vergangenen Wochen. Es war eng, und wir konnten uns leider
nicht absetzen. Der HSV hat eine Weltklasse-Mannschaft, und ich freue
mich, dass wir dieses extrem wichtige Spiel gewonnen haben.
HSV-Trainer Martin Schwalb:
Glückwunsch an den THW. Das war eine spannende Partie für die Zuschauer,
die Spieler - und die Schiedsrichter. Wir sind schwer in die Partie
gekommen, aber trotzdem dran geblieben. Am Ende hat es nicht gelangt,
weil wir im Rückraum nach dem Ausfall von Lijewski nicht die richtigen
Lösungen gefunden haben. Unsere Abwehr hat mir gut gefallen, wir haben
nicht zuviele leichte Würfe zugelassen. Schade, dass es nicht gereicht hat.
Wir haben gut gespielt. Es war ein sehr enges Spiel, das beide hätten gewinnen können.
Wir konnten uns nicht absetzen. Es sehr gutes Spiel von beiden in der Abwehr und bei
den Torhütern. Vorne haben wir auch recht gut gespielt. Wir hatten phasenweise Probleme
mit Duvnjak und Vori. Wenn man die Tabelle ab dem 1. Dezember betrachtet, ist der HSV
deutlich die beste Mannschaft Deutschlands ...
[Frage: Ist der THW nun schon Meister?]
Nein. Man kann in dieser Liga überall verlieren und wir haben auch noch die
Rhein-Neckar Löwen als Gegner, auch wenn wir gegen sie zu Hause spielen können.
Ich fand übrigens unsere 3:2:1-Deckung nicht so schlecht, auch wenn Martin sich
darauf gut vorbereitet hat.
HSV-Trainer Martin Schwalb gegenüber Sport1:
Glückwunsch. Wir hatten heute nicht das nötige Selbstvertrauen, und
Thierry Omeyer hat uns weh getan. Schade, dass es
nicht gereicht hat. Beim 18:18 dachte ich, wir könnten das Spiel kippen.
[Frage: Ist der THW nun schon Meister?]
Ich glaube schon, eine Mannschaft wie der THW wird sich das nicht mehr nehmen lassen.
[Frage: War das die Vorentscheidung in der Meisterschaft?]
Nein. Dieses Jahr hat man gesehen, wie spannend und ausgeglichen die Liga ist.
Wir können noch in jedem Spiel verlieren. Es bleibt spannend bis zum Schluss.
In den letzten Jahren war die Meisterschaft meist schon im April entschieden, das
wird in diesem Jahr nicht so sein.
Jetzt haben wir erst einmal zwei bis drei freie Tage. Ich hoffe, der Kapitän
holt noch ein bisschen mehr raus ...
Wir waren darauf vorbereitet, dass wir heute 60 Minuten
lang kämpfen müssen, der HSV hat eine sehr starke Mannschaft.
Für mich war es wichtig, gleich mit einem gehaltenen Siebenmeter
gegen Lindberg zu starten, schließlich ist er der beste Werfer
der Liga.
Als wir nach unserer ersten Auszeit vier neue Leute eingewechselt
haben,und der HSV mit der gleichen Mannschaft weiterspielte, war
klar, dass am Ende die Kraft entscheiden würde. So war es dann auch.
Es war das erwartete Spitzenspiel, mit allem was dazu gehört.
Wir hatten das Publikum im Rücken, das war ein großer Vorteil.
Über den genauen Spielstand habe ich mir nie Gedanken gemacht,
ich habe erst auf die Anzeigentafel gesehen, als Momir
zu seinem ersten Siebenmeter angetreten ist.
HSV-Torhüter Johannes Bitter gegenüber den KN:
Wir können jetzt nicht mehr Meister werden, die Kieler sind
auf einem guten Weg. In den letzten zehn Minuten gab es verschiedene
Einflüsse, die es uns sehr schwer gemacht haben, hier zu gewinnen.
Aber - wir sind auch selbst schuld. Ich bin mir sicher, dass wir uns
schon in zwei Wochen wiedersehen werden - im Pokalfinale.
"Zebras" besiegten starken HSV mit 30:27 - Gäste fühlten sich von Schiedsrichtern betrogen
Kiel. Auch wer den HSV Hamburg nicht mag, dem
erst zehnjährigen Kunstprodukt das viele Geld
und die fehlende Tradition zum Vorwurf macht,
sollte wissen, dass es ohne ihn solche Spiele
nicht geben würde. In dem Handball-Drama, das
der THW Kiel am Sonnabend 30:27 (13:11) gewann,
erwies sich der starke Gast einer Hauptrolle
mehr als würdig.
Manch einer hatte sogar nach 60 Minuten noch nicht genug.
Nach dem Abpfiff stürmte Igor Vori auf Schiedsrichter Frank
Wenz zu, um ihm aus Nahdistanz seine Sicht der Dinge zu
schildern. So hätte Christian Sprenger
seinen Flug über den am Boden liegenden Aron Palmarsson
erst beendet und dann zum 27:24 (56.) getroffen. Und der achtfache
Torschütze Filip Jicha hätte sich vor dem
29:26 (59.) erst mit einem Stürmerfoul den nötigen Raum verschafft.
Vori ist gefühlt zweieinhalb Meter groß, schwer vorstellbar, dass er
mit seinem Kreuz durch eine Sicherheitsschleuse passt. Nun trägt der
Kroate seit einiger Zeit einen Rauschebart, was ihn noch eindrucksvoller
wirken lässt. Als er, aufgeladen nach einem leidenschaftlichen Ringen mit
den Kielern und der Überzeugung im Blut, betrogen worden zu sein, sich
vor dem zierlichen Frank Wenz aufbaute, griff Martin Schwalb beherzt ein.
Auch er fühlte sich ungerecht behandelt, doch nach dem Abpfiff, das
wusste der HSV-Trainer nur zu gut, ist ein verlorenes Spiel eben ein
verlorenes.
Gestoppt von Schwalb stürmte Vori, der neben dem überragenden Mittelmann
Domagoj Duvnjak und Torhüter Johannes Bitter zu den besten HSV-Spielern
gehörte, in die Katakomben einer aufgeheizten Halle und schrie die kalten
Betonwände an. "Es ist immer das Gleiche in Kiel." Womit gemeint ist,
dass Schiedsrichter ein schwarz-weißes Herz besitzen sollen. Dieser Meinung
schlossen sich später einige seiner Kollegen an, doch das Drehbuch dieses
begeisternden Spiels war ein anderes: Es gewann das Team, das am Ende noch
einmal das Tempo erhöhen konnte. Das über "mehr Feuerkraft" verfügte, wie
Schwalb, ein ehemaliger Journalist, es blumig ausdrückte.
Kurz nach dem Seitenwechsel verloren die Gäste mit Marcin Lijewski
(Knieprobleme) ihren letzten Linkshänder im Rückraum. Der Pole war es
gewesen, der den HSV bis dahin im Spiel gehalten hatte. Zudem standen
Michael Kraus und Pascal Hens völlig neben sich, so dass sich im Rückraum
nur Duvnjak wehrte. Der tat dies aber sehr eindrucksvoll.
Hens, der nach
seinem 1:0 (2.) gar nicht mehr in Erscheinung trat, wurde gar von den
Zuschauern verspottet. Sie hatten die Gäste freundlich empfangen, doch
mit ihm konnte sich das fachkundige Publikum nicht anfreunden. Was daran
liegt, dass der Schlacks mit der stark aus der Mode geratenen Irokesenfrisur
nach jedem Wurf zu Boden sinkt. Und dort zumeist einige Sekunden bewegungslos
verharrt.
Die "Zebras" zeigten von Beginn an große Leidenschaft, glänzten mit
einer famosen Deckung und hatten in Thierry Omeyer
einen Rückhalt, der sich erneut zum HSV-Alptraum entwickelte. Gut möglich,
dass der 8. Juni, der Tag, an dem er die Bundesliga verlassen wird, in
Hamburg zum Feiertag ausgerufen wird. Der Franzose parierte früh einen
Siebenmeter von Hans Lindberg, der in der Regel alle Strafwürfe mit großer
Gelassenheit verwandelt. Da stand es erst 1:1, aber es war bis in den
vierten Rang spürbar, dass Omeyer einen großen
Tag erwischen sollte. Zudem war auf seine Vorderleute Verlass. Als
Alfred Gislason zur Auszeit bat, stand es
7:7 (19.). Er tauschte vier Spieler ein und stellte die Deckung von einer
bis dato starken 3:2:1-Variante auf 6:0 um. Zahlen aus Granit, wie sich
zeigen sollte. Die Gäste schufteten elf Minuten, um zwei Törchen zu erzielen.
In der 40. Minute glich der HSV noch einmal auf 18:18 aus, auch weil der
gute Marko Vujin vergeblich versucht hatte, den
Hünen Bitter bei einem Strafwurf mit einem Heber zu überlisten. Doch die
Hausherren wirkten, als hätten sie gar nicht mitbekommen, dass sich in
wenigen Sekunden ein Drei-Tore-Vorsprung aufgelöst hatte. Sie schlugen
durch Rene Toft Hansen (19:18),
Jicha (20:18) und Vujin
(21:18) ungerührt zurück. Als dann Sprenger
eine Strafzeit abbrummte (24:22/51.), hoffte der HSV wieder, doch in
Unterzahl zeigte Momir Ilic eiserne Nerven,
traf von der Siebenmeterlinie und ließ die Kieler mit einem Vorsprung
auf die Zielgerade einbiegen.