Aus den Kieler Nachrichten vom 06.08.2013:
Faaborg. Die Vorbereitung auf die neue Saison ist
kurz, in zwei Wochen steht für den Handballmeister
THW Kiel mit dem Supercup in Bremen das erste
Pflichtspiel an. Gegner ist die SG Flensburg-Handewitt,
für viele Experten der Top-Favorit in der Meisterschaft.
"Danach werden wir wissen, wo wir stehen",
sagt Trainer
Alfred Gislason,
der derzeit in Faaborg mit seiner Mannschaft extrem
intensiv an den größten Baustellen arbeitet. Ein Überblick.
Tor
Mit
Johan Sjöstrand und
Andreas Palicka sollen alte
Bekannte gemeinschaftlich die Lücke schließen, die
Thierry Omeyer (Montpellier)
hinterließ. Die Schweden kennen sich seit Jugendzeiten,
sind eng befreundet. Ein Team, in dem, so die Hoffnung,
Palicka aufblüht. "Ich bin
mit ihm zufrieden", sagt
Gislason.
"Aber jetzt muss noch ein Schub kommen."
Palicka konnte im Schatten von
Omeyer sein Potenzial andeuten,
aber ob er auch in der Lage ist, kontinuierlich Klasse-Leistungen
abzuliefern, muss er noch beweisen. Hinter
Sjöstrand sieht
Gislason ein kleineres Fragezeichen.
"Da mache ich mir gar keine Sorgen."
Abwehr
Mit
Momir Ilic (Veszprem) und
Marcus Ahlm (Karriereende) fehlen
zwei Säulen im Innenblock, mit
Daniel Narcisse
(Paris) eine Spitze der offensiven Deckung.
Gislason denkt darüber nach, mit
Wael Jallouz,
Patrick Wiencek und
Aron Palmarsson Alternativen
zu
Filip Jicha zu entwickeln.
Das wird nicht über Nacht klappen. In der 6:0-Abwehr
kann der sehr variable
Rasmus Lauge
einige Lücken stopfen, doch der Variantenreichtum hat gelitten,
die Last liegt auf wenigen Schultern.
"
Rene Toft Hansen darf sich nicht
verletzen", sagt
Gislason. "Sonst
haben wir große Probleme."
Angriff
Mit
Palmarsson,
Jicha
und den Linkshändern
Christian Zeitz/
Marko Vujin
hat der THW immerhin eine eingespielte Achse. Aber: Was für
Toft Hansen in der Abwehr gilt,
trifft hier auf
Jicha zu. Bis
die rund 40 Taktiken, die der THW spielt, bei den Neuen
sitzen, wird es Monate dauern. So lange wird auch die
Rotation, eine der großen THW-Stärken der vergangenen
Jahre, nur eingeschränkt funktionieren. Ein Dilemma für
Gislason, der
Lauge und
Jallouz
gerne mehr Zeit geben würde. "Sie werden langfristig eine
Verstärkung sein, aber es wäre gut, wenn sie schon kurzfristig
helfen könnten." Ein Problem ist auch, dass
Palmarsson nach seiner Knie-Operation
die Vorbereitung nur eingeschränkt bestreiten kann. In taktischer
Hinsicht ein überschaubares Handicap für
Gislason.
"Mit seiner Spielintelligenz braucht er nur zwei Tage, um seine Rolle
wieder zu finden." Aber seine körperlichen Defizite wird der Isländer,
von dem auch ein weiterer Entwicklungsschritt erwartet wird, wohl erst
im November aufgearbeitet haben.
Die Philosophie
Der THW verjüngte seinen Kader aus zwei Gründen: Erstens musste der
Rekordmeister angeblich rund eine Million Euro einsparen. Auf die Jugend
setzt
Gislason aber auch aus Überzeugung.
Sein Plan ist, Spieler wie
Palmarsson (23),
Jallouz (22) und
Lauge
(22) so weit zu bringen, dass ihre Übergänge zwischen den Positionen
fließend werden. Dass sie beispielsweise wie
Jicha
spontan an den Kreis auflösen können - eine Doppel-Rotation quasi,
Personen und Positionen.
Die Aussichten
Entwickeln sich die jungen Zebras wunschgemäß, wird der THW in der Saison
2014/2015 wieder der Top-Favorit in der Meisterschaft und der Champions
League sein. Für die kommende Spielzeit haben Vereine wie der HSV und
Flensburg die besseren Karten, international dürften die Clubs aus Barcelona,
Veszprem und Paris St. Germain, die alle kräftig aufgerüstet haben, eine
Nummer zu groß sein. "Es wird ein Zwischenjahr", prophezeit
Alfred Gislason. "Das heißt aber nicht,
dass wir keine Titel gewinnen wollen."
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 06.08.2013)