Der THW Kiel hat die nächsten "Big Points" im Meisterschaftskampf
der DKB Handball-Bundesliga eingefahren! Im Spitzenspiel am Mittwochabend
gegen die Rhein-Neckar Löwen behielten die "Zebras" in der ausverkauften
Sparkassen-Arena mit 31:28 (14:13) die Oberhand. Nach 48 Spielminuten
stand es in einer rassigen Partie 22:22 unentschieden, ehe die Kieler
mit einem fulminanten 7:0-Lauf für die vorzeitige Entscheidung sorgten.
Erfolgreichste Torschützen waren Uwe Gensheimer (9/5) für die Gäste
sowie der starke Filip Jicha mit 8/2 Treffern.
Ein grandioses Comeback im THW-Trikot feierte Aron Palmarsson,
der glänzend Regie führte und zudem sieben Tore erzielte.
Comebacks von Petersson und Palmarsson
Die schwarz-weißen Fans in der seit Wochen ausverkauften Sparkassen-Arena
machten schon lange vor dem Anpfiff ordentlich Stimmung für ihre
Mannschaft, die nach dem neuerlichen personellen Rückschlag -
Rasmus Lauge fällt aufgrund eines
Kreuzbandanrisses bis Ende des Kalenderjahres aus - jede
Unterstützung von den Rängen brauchte. Denn mit den Rhein-Neckar
Löwen gastierte am Mittwochabend der Verfolger Nummer eins in
der DKB Handball-Bundesliga. Und dieser konnte personell beinahe
aus dem Vollen schöpfen, da auch Linkshänder Alexander Petersson
nach langwieriger Schulterverletzung wieder einsatzbereit war.
Doch das Comeback eines weiteren Isländers wurde in der Sparkassen-Arena
deutlich mehr bejubelt: Aron Palmarsson
kehrte nach vierwöchiger Reha-Pause aufs Parkett zurück und
stand - wie auch Landsmann Petersson auf der Gegenseite - in
der Startaufstellung.
Und Palmarsson setzte auch gleich
im ersten Angriff das erste Ausrufezeichen, mit einem wuchtigen
Schlagwurf traf der Spielmacher zum 1:0 und rannte danach sofort
auf die Bank. In der Abwehr wurde er von Patrick Wiencek
vertreten, der zusammen mit Rene Toft Hansen
den Mittelblock der Kieler 6:0-Deckung bildete. Diese stand von der
ersten Minute an klasse, machte den schnell spielenden Rhein-Neckar
Löwen die Räume eng und konnte sich zudem auf einen gut aufgelegten
Johan Sjöstrand verlassen, der allein im
ersten Durchgang neun Würfe entschäfte. Da die "Zebras" ihrerseits
zwar gegen die offensive Löwen-Deckung oftmals spielerische Lösungen
fanden, im Abschluss aber noch ein wenig die letzte Konsequenz
missen ließen, lagen die Gäste nach einem Durchbruch Ekdahl du Rietz'
nach neun Minuten dennoch mit 4:3 vorne. Doch in Unterzahl -
Vujin musste eine Zeitstrafe abbrummen -
setzten die Kieler erstmals wichtige Akzente: So konnte
Christian Zeitz im Angriff wertvolle
Sekunden verstreichen lassen, indem er immer wieder im Eins-gegen-Eins
einen Freiwurf herausholte. So traf der bärenstarke Jicha
nach schöner Palmarsson-Vorarbeit trotz
numerischer Unterlegenheit zum 4:4-Ausgleich. Und nachdem die Kieler
Deckung einen technischen Fehler der Mannheimer provozierte, sorgte
Zeitz mit purem Willen für das 5:4.
Die Sparkassen-Arena kochte, als Sjöstrand
einen Petersson-Wurf entschärfte und Wiencek
wenig später per Gegenstoß sogar das 6:4 folgen ließ.
THW baut Polster auf
Stark im Mittelblock der Abwehr und konsequent beim Nutzen
seiner Torchancen: Patrick Wiencek.
Die "Zebras" hatten die Partie scheinbar im Griff, und nachdem
Gensheimer aus dem Rückraum an Sjöstrand
scheiterte, Jicha sich erneut durch
die Gästedeckung tankte und Toft Hansen
im zweiten Versuch Landin überwand, führte der THW erstmals mit
drei Treffern. Weil Landin im Anschluss aber zwei Paraden
zeigte, Zeitz wegen Meckerns auf
die Bank geschickt wurde und Gensheimer einen Siebenmeter gegen
Palicka per Heber verwandelte,
kamen die Löwen zwar kurzzeitig auf 7:8 heran. Doch die Kieler
wirkten weiterhin entschlossener, und als sich
Vujin in Unterzahl zum 9:7 durchsetzte,
Palmarsson einen Doppelschlag folgen
ließ und Wiencek per zweiter Welle
durchzog, hatten die Kieler gar auf 12:8 erhöht.
Kieler Unkonzentriertheiten vor der Pause
Starke Anspiele, starker Abschluss: Filip Jicha
zeigte seine beste Saisonleistung.
Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson nahm seine Auszeit, und
diese verfehlte ihre Wirkung nicht. Angetrieben vom gut aufgelegten
Isaias Guardiola im rechten Rückraum konnte der Tabellenzweite
etwas verkürzen. Dies lag aber auch an kleinen Kieler Nachlässigkeiten,
die die Gäste konsequent zu bestrafen wussten. Nachdem
Palmarssons Hüftwurf das Tor verfehlte und
Manojlovic in einen Pass Vujins auf
Jicha sprintete und den Gegenstoß verwandelte,
hatten die Rhein-Neckar Löwen kurz vor der Pausensirene gar zum
13:13 egalisiert. Immerhin gelang Palmarsson
mit seinem vierten Treffer noch die knappe Kieler Pausenführung,
die Sjöstrand mit einer Parade gegen
Gorbok festhielt.
Löwen drehen Partie kurzzeitig
Kim Ekdahl du Rietz war der einzige Rückraumspieler der Gäste,
der zu überzeugen wusste.
Kurz nach Wiederanpfiff kassierte Christian Zeitz
seine zweite Zeitstrafe, weil er gegen Ekdahl du Rietz den Bruchteil
einer Sekunde zu spät dran war. Die Rhein-Neckar Löwen nutzten die Gunst
der Stunde und gingen durch einen Gensheimer-Siebenmeter, eine
Landin-Parade gegen Palmarsson und einen
Sprungwurf von Ekdahl du Rietz beim 15:14 erstmals seit der Anfangsphase
wieder in Führung, die Isaias Guardiola per Gegenstoß gar noch erhöhte.
Palmarsson und Sigurdsson
konnten zwar umgehend wieder ausgleichen, doch das Momentum blieb auf
der Seite der Gäste: Der unermüdliche Ekdahl du Rietz traf erneut zum
17:16, und nachdem ein angedachtes Kreisanspiel von Jicha
abgefangen wurde, sorgte Gensheimer per Gegenstoß für das 18:16 für
die Löwen. Als der glänzend von Jicha in
Szene gesetzte Sigurdsson dann freistehend
einen Heber über das Tor setzte, Guardiola sich zu einem Siebenmeter
durchtankte und Gensheimer diesen zum 16:19 aus Kieler Sicht verwandelte,
schien den "Zebras" die Partie langsam zu entgleiten.
Doch der THW konnte sich auf seine Fans verlassen, die ihre Mannschaft
trotz des Rückstands weiter nach vorne pushten. Und auf Kapitän
Filip Jicha, der erst Toft Hansen
und dann Christian Sprenger bediente.
Groetzki gelang gegen die kurzzeitig auf eine offensive 3:2:1-Formation
umgestellte Kieler Deckung zwar der 20. Löwen-Treffer, doch nach
Wienceks Antwort und Vujins
Gegenstoß nach Ballgewinn Sigurdssons in
der Abwehr hatten die Kieler wieder ausgeglichen.
Es blieb spannend und ging nun hin und her: Dem glücklosen Petersson
unterlief ein Stürmerfoul, doch auch dem THW wurde ein technischer
Fehler auf der Gegenseite zum Verhängnis. Groetzki scheiterte von
außen an Sjöstrand, doch der Ball blieb
in den Reihen der Löwen. Dann stibitzte Toft Hansen
Ekdahl du Rietz den Ball, und Filip Jicha
holte den Kielern per Gegenstoß die erste Führung seit dem Seitenwechsel.
Groetzki antwortete postwendend, Sigurdsson
bediente Vujin mit einem Traumanspiel,
Ekdahl du Rietz traf und entnervte Sjöstrand -
nach 48 Spielminuten stand es 22:22, die Partie schien bis zum Ende
spannend zu bleiben.
"Zebras" überrennen Löwen in neun Minuten
Christian Zeitz und Uwe Gensheimer
lieferten sich einige hitzige Privatduelle.
Doch es sollte ganz anders kommen, denn in den folgenden neun
Minuten spielten sich die Kieler in einen Rausch. Den Anfang
machte Patrick Wiencek, der einen
Strafwurf herausholte - Jicha
verwandelte sicher zum 23:22. Dann sprintete
Christian Zeitz in einen Querpass
Peterssons, ließ sich auch von einer Attacke des Isländers
beim Gegenstoß nicht vom Torerfolg zum 24:22 abbringen und
holte damit zudem eine Überzahlsituation für den THW heraus.
Spielmacher Andy Schmid verlor kurz die Übersicht und dann
den Ball, während Filip Jicha sich
zum 25:22 durchtankte. Dann fing Palicka
einen Verzweiflungswurf von Ekdahl du Rietz, wenig später parierte
er auch gegen Schmid. Und da Aron Palmarsson
auf der Gegenseite per Sprungwurf auf 26:22 stellte, kochte die
Sparkassen-Arena acht Minuten vor dem Spielende endgültig.
Zumal die "Zebras" noch nicht locker ließen: Das Kieler Abwehrbollwerk
erkämpfte sich zwei weitere Bälle, die Jicha
und Sigurdsson jeweils per Konter
zum 28:22 nutzten. Und als Palicka
dann auch noch einen Wurf des ansonsten von Wiencek
und Toft Hansen komplett aus dem Spiel
genommenen Myrhol parierte und Wiencek
einen weiten Pass seines Torhüters mit einer Hand fing und
ins leere Tor zum 29:22 vollendete, waren die letzten Zweifel
am 11. Kieler Saisonsieg längst verflogen.
Niklas Landin sitzt nach Spielende enttäuscht vor seinem Tor.
Ekdahl du Rietz beendete anschließend die fast neunminütige
Torflaute der Rhein-Neckar Löwen, und in den letzten vier
Minuten kehrte bei den siegesgewissen Gastgebern noch einmal
böse der Schlendrian ein. Die Mannheimer nutzten dies noch
zur Ergebniskorrekur - so sehr, dass Alfred Gislason
seine Mannschaft nach dem 30:28-Anschluss eine halbe Minute
vor Schluss sogar noch einmal zusammentrommelte. Den
begeisternden Schlusspunkt setzte "Comebacker"
Aron Palmarsson, der mit seinem
siebten Treffer zum 31:28-Endstand gar zum besten Feldtorschützen
der Partie avancierte.
Am Sonntag in Hannover
Während die Rhein-Neckar Löwen durch ihre zweite
Saison-Niederlage und die gleichzeitigen Erfolge
der Konkurrenten vom zweiten auf den fünften Tabellenplatz
abrutschten, festigten die "Zebras" mit dem Erfolg
im Spitzenspiel mit nun 22:2 Punkten ihre
Tabellenführung in der DKB Handball-Bundesliga. Die
ersten Verfolger heißen nun Flensburg (19:5) und
Hamburg (18:4). Für den THW geht es bereits am
kommenden Sonntag mit einer kniffligen Auswärtsaufgabe
weiter: Um 15.00 Uhr treffen die Kieler vor über 4.000
Zuschauern in der ausverkauften "Swiss Life Hall" auf
die TSV Hannover-Burgdorf.
Das war heute ein super Handballspiel, in dem es hin und her ging.
Ich bin sehr glücklich über den Sieg, auch weil die Löwen eine sehr
starke Mannschaft haben. Ich habe mich riesig über die Leistung von
Aron Palmarsson gefreut. Er hat beinahe
fünf Wochen kein Spiel bestritten und macht heute solch ein
Weltklasse-Spiel. Auch war ich mit unserer Abwehrleistung sehr
zufrieden. Rund um die 50. Minute haben wir das Spiel entschieden,
es war ein verdienter Sieg. Für die Meisterschaft war er jedoch
nicht entscheidend. Ich hätte zwar nicht gedacht, dass wir in dieser
Phase Tabellenführer sind. Aber das kann Ende Dezember schon ganz
anders aussehen. Jetzt kommt erst einmal unser Auswärtsspiel in
Hannover, wo wir uns immer schwer getan haben. Das ist erst der
Anfang einer ganzen Reihe von schweren Spielen, die wir vor der
Brust haben. Ziel ist es natürlich auch mit dieser jungen Mannschaft,
Meister zu werden. Das ist noch ein langer Weg. Andere Clubs - wie
vor allem der HSV - haben viel bessere Möglichkeiten, Verletzungen
wegzustecken.
Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson:
Ich bin heute teilweise zufrieden mit der Leistung meiner Mannschaft.
Wir haben überragende erste 40 Minuten gespielt und mit drei Toren
geführt. Dann kam die harte Entscheidung mit der Zwei-Minuten-Strafe
für Uwe Gensheimer, und der THW kommt danach wieder ins Spiel. Dann
haben wir zehn bis zwölf Minuten lang zuviele technische Fehler
produziert, die Kiel mit Gegenstößen bestraft hat. Damit haben wir
das Spiel aus der Hand gegeben. Aber: Wir haben alles versucht und
unser Bestes gegeben, doch das war heute nicht genug. Der THW hat
verdient gewonnen. Die Meisterschaft ist aber ein Marathon. Wir haben
ein vergleichsweise schweres Programm mit vielen Auswärtsspielen
hinter uns - und auch noch schwierige Spiele vor uns. In der Rückrunde
haben wir dann aber ein besseres Programm.
Ich hatte heute das Gefühl, dass hier etwas gehen könnte. Aber das,
was der THW Kiel nach diesem Umbruch zeigt, ist gar nicht hoch genug
zu bewerten. Die individuelle Stärke eines
Aron Palmarsson oder eines
Filip Jicha hatten wir heute im Rückraum
nicht, und wenn dann hier wirklich etwas passieren soll, muss man in
der Crunchtime selbst da sein. Hut ab vor dem, was hier momentan
passiert.
Die Zuschauer haben heute ein tolles Handballspiel gesehen. Das war
Werbung für unseren tollen Sport. Glückwunsch an meine Mannschaft und
meinen Trainer. Wir haben in der Deckung hervorragend gestanden, und
hatten deshalb das bessere Ende für uns. Hut ab vor der Leistung von
Aron Palmarsson. Das, was er heute auf die
Platte gezaubert hat, konnte sich wahrlich sehen lassen. Wenn ich am
11. Dezember nach dem Pokalspiel hier wieder Glückwünsche an meine
Mannschaft und meinen Trainer aussprechen kann, bin ich sehr zufrieden.
[Frage: Große Männer entscheiden große Spiele?]
Heute standen wir als eine Mannschaft auf der Platte. Ich freue
mich riesig. Wir hatten diese Leidenschaft von der ersten Minute an.
Das hat riesigen Spaß gemacht, dieses Spiel zu spielen und für den THW
zu gewinnen.
Als wir am Anfang der zweiten Halbzeit das Spiel verschlafen haben,
Fehler gemacht haben - ich habe da zwei Anspiele in die Hände der
Löwen gemacht -, haben wir das in der Auszeit klar angesprochen. Dann
haben wir sehr gut gestanden und die Löwen hatten Schwierigkeiten mit
dem Abschluss. Wir haben konzentriert und schlau gespielt und so das
Spiel entschieden.
[Frage: War das ein Big Point auf dem Weg zur Meisterschaft?]
Wir denken weiter nur von Spiel zu Spiel, wir werden nicht spekulieren
oder rechnen. Es waren zwei Bundesliga-Punkte, jetzt geht es weiter,
es ist noch ein langer Weg. Heute Abend war ein toller Handball-Abend,
aber es waren nur zwei Punkte, nicht mehr und nicht weniger.
Ich hatte heute gar keine Probleme mit meinem Knie. Das
lag vielleicht auch an dem Adrenalin nach drei Wochen Pause
und dann gleich ein Spitzenspiel. Aber ich muss vorsichtig
bleiben. Ich fand allerdings, dass wir heute mit
Rene Toft Hansen und
Patrick Wiencek einen überragenden
Mittelblock in der Abwehr hatten.
Natürlich bin ich traurig, heute nicht dabei gewesen
zu sein. Aber wir haben gut gespielt und viele Tempogegenstöße
gehabt, in denen Aron seine Pause
bekommen hat.
Die erste Viertelstunde war sehr aggressiv. Ich denke,
dass die Schiedsrichter dem ganzen Spiel nicht mehr
gewachsen sind. Es wird endlich Zeit für Profi-Schiedsrichter.
Löwen-Abwehrexperte Oliver Roggisch gegenüber den KN:
Wir haben schon gezeigt, was wir können. Nur nicht über 60 Minuten.
Handballmeister THW Kiel besiegte Rhein-Neckar Löwen im Gipfeltreffen mit 31:28
Kiel. Eine Abwehr aus Stahlbeton, Herzen in
Löwengröße - der THW Kiel besiegte gestern in
einem berauschenden Heimspiel die Rhein-Neckar
Löwen mit 31:28 (14:13) und bleibt die Nummer
eins in der Handball-Bundesliga.
Ausnahmezustand in Kiel. Um was es ging, wurde schon vor
dem ersten Wurf klar. Im Löwen-Dress begann überraschend
Alexander Petersson. Der Linkshänder gab nach monatelanger
Verletzungspause ausgerechnet im Top-Spiel sein Comeback.
Werfen konnte er nicht, aber in der Deckung wurde seine
Klasse gebraucht. Überraschung zwei: Die Zebras starteten
mit Aron Palmarsson. Er, der
aufgrund seiner Knieprobleme in Watte gepackt werden muss,
sprang für Rasmus Lauge ein. Er
tat es mit Wucht, hämmerte bereits nach 28 Sekunden den
Ball unhaltbar für Niklas Landin in den Winkel. Im Gegenzug
traf Uwe Gensheimer Kiels Torhüter Johan Sjöstrand
im Gesicht. Der Schwede fiel um, Gensheimer entschuldigte
sich artig - eine versöhnliche Geste zwar, doch das Publikum
nutzte diese Szene als weitere Zündstufe.
Das Duell gegen den Zweiten fühlte sich an, als hätte es mit
der Schlussphase begonnen. Nach sechs Minuten grüßte Landin
die Fans aus dem Badischen mit Grinsen und geballter Faust.
Der Däne hatte einen Siebenmeter von Niclas Ekberg
pariert. Es stand 3:3, die Löwen, zuletzt zweimal in Folge
in Kiel nur Statisten gewesen, zeigten ein breites Kreuz.
Keine leichte Situation für Lauge,
der aufgrund einer Knieverletzung wochenlang pausieren muss.
Er saß auf der Bank, wollte dabei sein. "Zu Hause hätte ich
sowieso den Fernseher eingeschaltet", sagte Lauge,
der hofft, im Heimspiel gegen den HSV Handball am 26. Dezember
wieder die "19" tragen zu können. "Das wäre mein Weihnachtsgeschenk."
Lauge sah ein rassiges Spiel, in dem
beide Teams Vollgas gaben. Und die THW-Fans auch. Sie feuerten
die Zebras von Sekunde eins an, als würde an diesem tristen
Mittwoch im November die Meisterschaft entschieden werden. Als
Patrick Wiencek einen Gegenstoß
vollendete, standen die meisten der 10285 Zuschauer auf, rissen
die Hände zur Decke und brüllten "Wiencek"
als der Hallensprecher ein "Patrick" vorgab.
Es stand 6:4 für Kiel, 13. Minute. Ein Spielstand, ein Zeitpunkt,
der allein diese Hitze nicht erklären würde. Aber wenn die Zebras
auf Löwen treffen, sind Zahlen längst Nebensache.
Auch Hein Daddel hatte sich der
Dramatik angenommen, das Maskottchen kam im Safari-Dress, mit
Plastikpalme und leichter Bewaffnung. Während die rundliche
Stoffpuppe eher der gemütliche Typ ist, umgaben die schwarz-weißen
Handballer mächtige Energiefelder. So traf
Marko Vujin in Unterzahl zum 9:7, als
ihm die Löwen eine Tür öffnete. Palmarsson
(2) und Wiencek, der mit einem
unglaublichen Einsatz verteidigte, trafen - 12:8, Auszeit für
die Gäste, die zu neuen Zähnen griffen. Zur Pause lagen sie nur
noch knapp zurück (14:13), sie starteten besser, führten 16:14.
Es war schon laut gewesen, es wurde lauter. Als Isaias Guardiola,
der einen Pfiff der Schiedsrichter überhörte, Sjöstrand
den Ball auf seinen grünen Pullover knallte, glühte das Dach.
Die Löwen führten 19:16 (38.), doch die Fans blieben auf dem
Gaspedal. In Unterzahl, Filip Jicha
saß auf der Bank, glich der Rekordmeister in einem rassigen Spiel
aus (20:20/43.). Die Zuschauer feierten "Zeitzi",
ihren Liebling, der im bürgerlichen Leben
Christian Zeitz heißt. Der Linkshänder
traf, obwohl von Petersson gefoult, zum 24:22.
Jicha erhöhte, der Gegner hatte
sich auch das zweite Paar Zähne am THW-Bollwerk ausgebissen.
Andreas Palicka, mittlerweile
für Sjöstrand gekommen war,
parierte gegen Isaias Guardiola, dann narrte der überragenden
Palmarsson die Gelb-Blauen mit einem
Geniestreich, Jicha vollendete einen
Gegenstoß, Ex-Löwe "Goggi" Sigurdsson
traf zum 28:22 (54.), Palicka hielt
- die Vorentscheidung. Innerhalb weniger Minuten hatten die Kieler
einen Gegner zermürbt, der eine knappere Niederlage verdient
gehabt hätte. Das dachten sich wohl auch die Sieger, die es nun
lässiger angehen ließen.
(von Wolf Paarmann und Ralf Abratis, aus den Kieler Nachrichten vom 07.11.2013)