01./03.03.2014 - Letzte Aktualisierung: 03.03.2014 | Bundesliga |
Update #2 | KN-Bericht, Fotos und weitere Stimmen ergänzt ... |
Die Schreckminute 44: Rasmus Lauge
liegt am Boden.
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Christian Robohm |
Rene Toft Hansen im Anflug.
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HBL |
Nachdem Vujin auf 6:7 verkürzt hatte, verwandelte Allendorf zunächst einen Gegenstoß sicher, ehe er Johan Sjöstrand den Ball ins Gesicht warf - die Partie wurde zunehmend hektischer. Auch eine Auszeit von Alfred Gislason brachte keine Ruhe ins Spiel, der Kieler Trainer ersetzte zunächst Jicha durch Jallouz und baute die Abwehr auf eine 5:1-Deckung um. Dieses taktische Mittel war wenig später nur noch Makulatur, als sich Toft Hansen die zweite Zeitstrafe einhandelte und wenig später auch Wiencek gehen musste. Auf der Gegenseite fällte Felix Danner Wael Jallouz - es wurde übersichtlich auf dem Feld. Jicha verkürzte auf 8:9, doch dann wurde in Überzahl zweimal Sellin freigespielt: Die MT führte mit 11:8 (22.).
Melsungens Linksaußen Michael Allendorf erzielte 8/3 Treffer.
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Rene Toft Hansen wurde von
Felix Danner und Philipp Müller gut bewacht.
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Christian Robohm |
Jetzt haben die Kieler eine Woche Zeit, sich auf die nächste schwere Auswärtspartie in Minden am Sonntag vorzubereiten - und damit Teil eins der Endspielserie bis zum Bundesliga-Saisonende am 24. Mai zu bestreiten.
Glückwunsch an Melsungen zum Sieg. Trotz der Niederlage muss ich meiner Mannschaft ein Kompliment machen: wir haben uns mit der 3:2:1-Abwehr wieder ins Spiel gekämpft und das Spiel sogar gedreht. Dann haben wir dreimal frei verworfen und den Sieg verschenkt. Es ist schwer zu sagen, ob wir einen oder zwei Punkte verdient hätten. Ich bin mit vielen Sachen nicht einverstanden.Schade mit Rasmus. Es sieht aus wie ein Kreuzbandriss. Melsungen weiterhin viel Glück und nochmals Glückwunsch.
[auf die Frage, welche Probleme die Mannschaft hatte:]
Es lag daran, dass wir an dem sehr starken Appelgren gescheitert sind. Man sieht auch, dass wir nicht mehr die Breite haben. Das sieht man z.B. an Jallouz. Dadurch war ich gezwungen, heute Palmarsson zu bringen.
Was soll ich sagen? Es ist eine Woche zu Ende gegangen, die man sich schöner nicht hätte erträumen können. Mittwoch hatten wir ein hartes Spiel, das viel Kraft gekostet hat. Heute war es ein taktischer Schachzug, Philipp Müller in den Innenblock zu stellen. Unser Rückzugsverhalten war dadurch sehr gut. Bis zehn Minuten vor dem Ende haben wir sehr guten Handball gespielt, am Spielverlauf sieht man, dass wir das Spiel auch verdient gewonnen haben.Wir hatten einen überragenden Mikael Appelgren. Ich bin überglücklich, dass wir ein zweites Mal den THW geschlagen haben. Das ist immer etwas ganz Besonderes, wenngleich die Situation heute eine andere war als vor zwei Jahren. Damals war es eine Riesen-Sensation, heute haben wir nicht nur gewonnen, sondern das Spiel phasenweise bestimmt. Das zeigt: Hier wächst etwas mit Qualität zusammen. Ich bin stolz auf die Mannschaft, die einen geilen Charakter hat.
Wir haben schlecht gespielt, einfach viel zu viele Fehler gemacht. Bitter, dass wir am Ende auch noch zwei Tore in Unterzahl kassieren. Aber: Das Leben geht weiter.
Melsungen war von Anfang an ein guter Gegner. Wir waren richtig heiß darauf, das Spiel noch umzubiegen, aber die Aufholjagd hat viel Kraft gekostet. Was diese Niederlage für die Meisterschaft bedeutet? Nichts.
[bezogen auf den ersten Sieg gegen Kiel im Dezember 2012:]
Dieser war schöner, weil wir ihn mit 4000 verrückten Fans feiern konnten. Beim ersten Mal hat Kiel uns nicht ernst genommen, diesmal schon.
Erst Göppingen, dann Kiel - das war eine schöne Woche für uns. Wenn ich gegen Schweden spiele, will ich immer besser als meine Landsleute sein. Sie haben mir beide zu meiner Leistung gratuliert.
Aus den Kieler Nachrichten vom 03.03.2014:
"Sch...e". Rene Toft Hansen sagte dieses Wort gleich viermal. Eigentlich bestand sein erster Satz nur daraus. Viermal dieses Wort, was sich aus dem Mund eines Dänen gar nicht so recht nach dem Fluch anhört, den der Deutsche gerne nutzt, wenn einfach alles ganz großer Mist gewesen ist. Wer dem Kieler Kreisläufer in die Augen blickte, sah aber, dass auch er in seiner langen Karriere selten ein solches Spiel erlebt hatte. Eines, das mit der dritten Saisonniederlage und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit einem Kreuzbandriss von Rasmus Lauge endete. Der Mittelmann knickte in der 44. Minute um, blieb minutenlang liegen. Der Hexenkessel wurde von einer Sekunde auf die nächste ganz, ganz leise. Die meisten der 4300 Zuschauer wussten um die Dramatik dieses Augenblicks, hatte sich Lauge (22) doch erst im Oktober eben an jenem rechten Knie das hintere Kreuzband angerissen. Dr. Gerd Rauch, Mannschaftsarzt der MT Melsungen, diagnostizierte einen Riss des vorderen Kreuzbandes, Lauge wird sechs Monate ausfallen.
"Das schmerzt uns mehr als die Punkte", sagte ein betroffener Kapitän Filip Jicha. "Er ist völlig am Boden zerstört. Wir müssen auf ihn aufpassen, dürfen ihn jetzt nicht aus den Augen verlieren." Lauge hätte es sich längst verdient, das THW-Trikot tragen zu dürfen.
Die schwere Verletzung überschattete ein Spiel, in dem der Gast 45 Minuten lang auf der Suche nach sich selbst gewesen war. Die Torhüter Johan Sjöstrand und Andreas Palicka standen klar im Schatten ihres schwedischen Landsmanns Mikael Appelgren, der mit 20 Paraden einer der Helden werden sollte. Im Angriff lief lange nichts zusammen, auch die Einwechslung von Aron Palmarsson (25.), der eigentlich geschont werden sollte, brachte zunächst keinen Erfolg. "Wenn ich meine Chancen genutzt hätte, wären wir vielleicht als Sieger nach Hause gefahren", suchte Jicha die Schuld bei sich. Der Tscheche legte tatsächlich eine ungewohnt hohe Fehlerquote an den Tag, aber im Angriff konnten in der Rothenbach-Hölle nur Dominik Klein (5 Tore) und einmal mehr Marko Vujin (9/3) überzeugen.
In der 45. Minute führten die bärenstark auftrumpfenden Hessen, die 17 ihrer 18 Pflichtspiele gegen Kiel verloren hatten, mit 26:21. Die Halle tobte, auf ihre Sitzplätze hatten die Fans längst verzichtet, die Trommler veranstalteten ein Spektakel, als würden sie Prämien für einen Dezibel-Rekord erhalten. Hätten die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes zu dieser fortgeschrittenen Stunde noch ihre Rundgänge gemacht, hätten sie die Halle wegen deutlich überschrittener Lärmwerte schließen müssen.
26:21 führten die Melsunger, als die Mannschaft von Alfred Gislason zu einer leidenschaftlichen Aufholjagd blies. Jicha gab der Deckung nun eine Spitze, die den MT-Rückraum effektiv störte, hinter ihm verteidigte Toft Hansen, der früh zwei Zeitstrafen bekommen hatte, sich aber routiniert gegen die dritte wehrte - Melsungen schien beeindruckt. Zudem schwanden die Kräfte, hatte das Team von Michael Roth doch drei Tage zuvor das Pokal-Viertelfinale gegen Göppingen mit 30:27 gewonnen. Vielleicht spielten dem Tabellensechsten auch im Angesicht der Sensation die Nerven einen Streich.
Es dauerte sechs Minuten, ehe Melsungen Tor Nummer 27 verbuchte, sieben weitere, bis Patrick Fahlgren das 28. erzielte. Der Schwede wühlte sich in Unterzahl durch die Deckung und mogelte den Ball zum 28:28 ins Netz. Gislason sollte es ein "Gurkentor" nennen. Eins von zwei Gurkentoren, hatte Malte Schröder kurz darauf doch noch mehr Glück, als sein Wurf an der Latte landete, von dort auf den Rücken von Palicka tropfte und ins Netz kullerte. Die Kieler hatten zuvor das Blatt gewendet, führten durch ein Klein-Tor mit 28:27 (57.). Sie sahen wie Sieger aus, doch dann fielen die Gurkentore. "Ich habe noch nicht realisiert, dass wir tatsächlich verloren haben", sagte ein fassungsloser Toft Hansen in seinem zweiten Satz. "Wir führen, machen aber das Spiel nicht fertig. Ein Punkt wäre verdient gewesen." Womit er Recht hat.
(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 03.03.2014)
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