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16.03.2009 Bundesliga

Kieler Nachrichten: EHF pfeift vorerst auf Lemme und Ullrich

Krisengipfel heute bei der HBL - Fynn Holpert plädiert für drastische Strafe

Aus den Kieler Nachrichten vom 16.03.2009:

Kiel/Hamburg - Die Krise ist beispiellos, die Funktionäre sind hilflos und die Fans verständnislos - der deutsche Handball hat ein massives Korruptionsproblem. "Das ist nicht mehr von der Hand zu weisen", sagte Geschäftsführer Frank Bohmann vom Handball-Ligaverband HBL, während Präsident Reiner Witte mahnte: "Es ist fünf Minuten vor zwölf."
Nach den Manipulationsvorwürfen gegen Rekordmeister THW Kiel erschütterte am Wochenende der Bestechungsverdacht gegen das deutsche Top-Schiedsrichterpaar Bernd Ullrich/Frank Lemme (Magdeburg) die Handball-Welt. Zwei Jahre nach dem Gewinn des WM-Titels im eigenen Land sieht Bundestrainer Brand seinen Sport in seiner vielleicht schwersten Krise. "Allein die Gerüchte tun enorm weh. Was im Falle einer Bestätigung käme, wäre vermutlich katastrophal für unsere Sportart", sagte Brand der Welt am Sonntag.

Statt zusammen mit 13 170 begeisterten Zuschauern das hochklassige Bundesliga-Topspiel zwischen dem HSV Hamburg und dem THW Kiel zu genießen, konnte HBL-Präsident Witte kaum sein Handy aus der Hand legen. Zwei Wochen nach den Bestechungsvorwürfen gegen die Kieler gilt es nun, massive Beschuldigungen gegen Lemme/Ullrich zu untersuchen.

Heute wollen sich die HBL-Bosse mit DHB-Präsident Ulrich Strombach zu einem Krisengipfel treffen. "Es geht dabei primär um das Schiedsrichter-Thema. Wir werden aber nicht das ganze System in Frage stellen. Höhere Aufwandsentschädigungen oder der Profi-Schiri sind sicher nicht das Allheilmittel. Wir werden alles behutsam erörtern", kündigte Witte an.

Der Spiegel berichtet in seiner heute erscheinenden Ausgabe, russische Zollbeamte hätten am 29. April 2006 am Moskauer Flughafen Scheremetjewo 50 000 US-Dollar Bargeld im Gepäck von Ullrich gefunden. Die beiden Magdeburger hatten seinerzeit in der russischen Hauptstadt das Finalrückspiel um den Europapokal der Pokalsieger zwischen Medwedi Moskau und BM Valladolid geleitet. Die Spanier gewannen die erste Partie vor eigenem Publikum mit sieben Toren Vorsprung, verloren jedoch in Russland mit acht Toren Differenz. "Wir haben kein Spiel verschoben, wir sind reingelegt worden. Wir sind doch nicht so doof, dass wir mit 50 000 Dollar Bargeld in den Zoll reinlaufen. Unser Fehler war, dass wir es nicht sofort dem europäischen Verband gemeldet haben", sagte Ullrich. Eine Aussage, die Fynn Holpert, Manager von Vizemeister SG Flensburg-Handewitt, auf die Palme brachte: "Sie haben unserem Sport einen Bärendienst erwiesen. Ich gehe davon aus, dass sie in ihrem Leben kein Spiel mehr pfeifen werden. Das Einzige, was ich ihnen zugute halte, ist, dass sie nach Bekanntwerden der Vorwürfe sofort reagiert haben. Das hat der THW nicht gemacht."

Holperts Forderung nach einem Pfeifenverbot setzt die Europäische Handball-Föderation zumindest vorerst um. "Obwohl die Unschuldsvermutung gilt, hat die EHF entschieden, die Referees von ihren Aufgaben zu entbinden bis neue Informationen es erlauben, sie wieder einzubeziehen", teilte die EHF gestern mit. Das Duo, das 2008 in Peking das Olympia-Finale zwischen Frankeich und Island geleitet hatte, hätte am Mittwoch in Skopje das EM-Qualifikationsspiel Mazedonien gegen Island pfeifen sollen.

(aus den Kieler Nachrichten vom 16.03.2009)


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