06./08.06.2009 - Letzte Aktualisierung: 08.06.2009 | Bundesliga |
Update #2 | KN-Berichte, Stimmen und Fotos ergänzt... |
Der Einmarsch der Lövgrens. |
Stefan Lövgren musste über die originelle Einlauf-Idee seiner Mannschaftskameraden schmunzeln. |
Es blieb aber ein Strohfeuer der SG. Als Karabatic für Lund eingewechselt wurde, drehten die Kieler und besonders der französische Welthandballer mächtig auf: Vier Treffer in Folge - zweimal der im ersten Durchgang überragende Karabatic und zweimal Kavticnik per Siebenmeter ließen die Zebras auf 13:9 davonziehen, ein weiterer Zwischenspurt kurz vor der Pause brachte sogar das bereits vorentscheidende 20:12. Bis dahin zelebrierten die Kieler teilweise wunderbare Spielzüge, besonders die beiden Heber von Kavticnik und Karabatic nach Kombinationen, die die Flensburger Deckung schwindlig werden ließen, wussten zu begeistern. Bereits zur Pause war das prestigeträchtige Derby also entschieden, der angeschlagene Kapitän Stefan Lövgren stand bis dahin noch nich einmal auf dem Spielfeld.
Abschied mit Tränen in den Augen: Nikola Karabatic. |
Der THW Kiel: Double 2009! |
Im Anschluss schwebte endlich die Meisterschale von der Hallendecke. Maskottchen Hein Daddel war sichtlich aufgeregt und schaffte es nicht, die Trophäe aus der Verankerung zu befreien. Ihm zur Hilfe eilte glücklicherweise Kult-Zebra Staffan Olsson, der die Schale bis zur Ehrung durch HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann in seinen sicheren Händen hielt. Die 15. Meisterschaft des THW und das 6. nationale Double ist geschafft!
Die Supermänner des THW Kiel und ihre beiden Trophäen. |
(Sascha Krokowski)
Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel und der Meisterfeier...
Dass Stefan Lövgren uns verlässt, ist sehr traurig, wir sind dankbar dafür, was er für den THW geleistet hat. Eins zu eins wird er von niemandem zu ersetzen sein. Aber wir werden die Lücke irgendwann schließen. Wahrscheinlich ist Lövgren der wichtigste Spieler, den Kiel je verabschiedet hat.
Der THW verliert wichtige Spieler, mit Karabatic den besten der Welt. Diese Mannschaft war etwas ganz Besonderes, sie war die beste der Welt, auch wenn sie die Champions League nicht gewonnen hat. Es gab einen Fünf-Minuten-Blackout, schade. In der kommenden Saison rückt die Spitze der Liga wohl wieder näher zusammen. Aber der Titel geht auch dann nur über den THW.[zur Saison der SG:]
Platz fünf - das ist unser schlechtestes Resultat seit 15 Jahren. Dann habe ich also auch etwas erreicht.
Ich bin sehr traurig. Ich hatte eine große Rede vorbereitet. Aber als ich dann da in der Halle stand, hatte ich alles vergessen. Ich verlasse eine super Mannschaft und ein tolles Publikum. Am 8. Juni bin ich schon in Montpellier, darum muss ich jetzt hier alles ausnutzen, was ich noch kriegen kann.
Aus den Kieler Nachrichten vom 08.06.2009:
"Bis zum 8:8 haben wir mitgehalten, dann haben uns Karabatic und Omeyer vor unlösbare Aufgaben gestellt, und es war nur noch ein Schaulaufen des THW", resümierte SG-Manager Fynn Holpert. Zunächst hatte der "THW der Zukunft" begonnen: ohne Stefan Lövgren, Karabatic und Vid Kavticnik. Doch Karabatic belohnte die Fans nach seiner Einwechslung zu seinem Abschied zwischen der 14. und 30. Minute mit sechs schönen Toren, deren Anzahl nur vom erneut auffälligen Filip Jicha übertroffen wurde, der acht Treffer erzielte.
Die fehlende Brisanz vergangener Jahre gewann die Partie einzig durch die Schiedsrichterinnen Ehrmann-Wolf und Künzig zurück, die wieder einmal in der Sparkassen-Arena eine klare Linie vermissen ließen und sich so mit viel unnötiger Aufregung von der Bundesliga-Bühne verabschiedeten. Dennoch, bereits beim 20:12 zur Pause war die Partie entschieden.
Die zweite Halbzeit gehörte der Kür, den besonderen Momenten. Im Dress der fairen Flensburger überzeugte besonders Linkshänder Alexander Pettersson mit acht famosen Toren, während Nikola Karabatic jetzt seine Klasse auf andere Art unter Beweis stellte und als Ballverteiler glänzte. Sein wichtigster Abnehmer war in der 42. Minute Stefan Lövgren, der beim 28:17 "seinen" Treffer des Tages erzielte und die Halle zum Kochen und zu Standing Ovations animierte. "Das waren ganz viele Gefühle auf einmal", sagte der Schwede. "Sein Weggang ist ein großer Verlust für Kiel und die Bundesliga. Ich habe großen Respekt vor Stefan", schwärmte Flensburgs Lars Christiansen. Bis zum Schlusspfiff zauberten die Kieler unermüdlich weiter, auch die eingewechselten Igor Anic und Henrik Lundström gaben eine Reihe ansehnlicher Kostproben ihres Könnens. "Ich bin zufrieden mit dem Sieg", lautete die Bilanz von THW-Trainer Alfred Gislason. Alle weiteren Momente des Glücks, so der Isländer, "gehören der Mannschaft".
(von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 08.06.2009)
Aus den Kieler Nachrichten vom 08.06.2009:
Die wohl denkwürdigste Saison der Kieler Handballgeschichte, die auf sportlicher Ebene kaum erlebte Spitzenleistungen inklusive Rekordflut gebracht hatte, war seit dem Frühjahr überschattet von der Manipulationsaffäre. Auch von der daraus resultierenden vorzeitigen, geräuschvollen Trennung von Welthandballer Nikola Karabatic und von dem ebenfalls zur absoluten Weltklasse zählenden Vid Kavticnik. Weil zudem die Champions-League-Niederlage bei Ciudad Real nach Neun-Tore-Führung noch frisch in der Erinnerung haftete, der Abschied von Stefan Lövgren bevorstand, gab es wirklich keine Traum-Voraussetzungen für eine enthemmte Feier.
Die Mannschaft mühte sich dennoch, eigenen Frust beiseite zu schieben und dem Publikum gute Unterhaltung zu bieten. Den witzigsten Party-Gag gab es gleich zu Beginn. Als die Lichter ausgingen, die Taschenlampen an und sich bei vielen das wohlige Gänsehautgefühl bei der Einlaufmusik einstellte, trabte Stefan Lövgren allein in die Arena. Beifall brandete auf, "Stefan, Stefan"-Rufe.
Derweil hatte jeder Spieler, husch, husch, ohne das Wissen des Kapitäns, in der Kabine ein Trikot mit einer goldenen Nummer zehn über das eigene Hemd gezogen. Die Gesichter waren versteckt hinter einer Stefan-Lövgren-Maske mit typischem Fünf-Tage-Bart, an den Armen trugen die "Zebras" Lövgrens schwedische, blaugelbe Kapitänsbinde. Dann kamen sie. Unter Ankündigung von Hallensprecher Rolf Körting: "Mit der Nummer zehn Stefan Lövgren", trotteten alle nacheinander in das Oval ein, um mit dem echten Stefan Lövgren abzuklatschen. Ein schönes Symbol für "Wir sind alle Lövgren."
Kurzweilig war das Spiel gegen Flensburg, die Stimmung durch den Sieg aufgehellt, als im Scheinwerferlicht zunächst Vid Kavticnik verabschiedet wurde, traditionell den "THW-Silberring" aus Kapitäns-Händen überreicht bekam und mit munterem Beifall bedacht wurde. Peinlich waren die akustischen Störversuche von Flensburger Fans, den sogenannten Ultras. Dann war Nikola Karabatic dran, der Franzose räusperte sich, kämpfte mit seinen Gefühlen. Es seien seine schönsten Jahre gewesen, sagte er. "Der THW ist nicht nur eine Mannschaft, die Spieler sind wirkliche Freunde geworden." Die letzten Worte presste Karabatic unter Tränen hervor. Im selben Moment verstummten die Pfiffe, Karabatic Stimme wurde fester. Drei Menschen wolle er noch danken, fügte er an. "Erstens Alfred Gislason, zweitens Stefan Lövgren und drittens Noka Serdarusic - trotz allem, was passiert ist."
Dann glitt die Meisterschale an einer Art fünfarmiger Krake von der Decke, wurde von Ex-THW-Star Staffan Olsson an Ligachef Reiner Witte übergeben. Als die Trophäe bei Stefan Lövgren gelandet war, von ihm in die Höhe gerissen wurde, krachte Feuerwerk, spritzten Sektfontänen, Bierduschen nässten Haare und Trikots, schwarz-weißer Konfettiregen rieselte. Bevor dann Stefan Lövgren samt Mitspielern zu "Supermen" mutierten, gab der Kapitän schnell noch das Motto für die nächsten Stunden aus: "Jetzt machen wir das, was wir am besten können außer Fußball, und das ist Party feiern, die ganze Nacht."
Ex-Manager Uwe Schwenker, der im Laufe der Affäre zurückgetreten war, saß wie immer im Publikum. Er wird sich gefreut haben über positive Sprechchöre von Teilen der Fans und über ein Riesen-Transparent mit seinem Konterfei und der Aufschrift "Danke Uwe, es sind deine Erfolge, wir stehen zu dir." Da war sie, die Geschichte, die den Sekt nicht wirklich überschäumen ließ.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 08.06.2009)
Aus den Kieler Nachrichten vom 08.06.2009:
Noch zwei Minuten sind zu spielen, die Fans auf dem Rathausmarkt verfallen in rhythmisches Klatschen. Dann ist es soweit: Abpfiff! Korken knallen und Sektfontänen steigen in die Höhe. "Oh wie ist das schön." Wer keine Tröte zur Hand hat, bedient sich des mitgebrachten Kaffeebechers. Entlang der Absperrungen für den Autokorso versuchen die Fans, sich einen Platz in der ersten Reihe zu sichern. "Wir warten hier, bis sie kommen, auch wenn es noch fast zwei Stunden dauert. Das macht nichts", sagt die 12-jährige Kerstin, die mit ihrer Mutter am Stahlgitter lehnt. Und dann wird das viel diskutierte Rätsel - werden die Spieler wieder golden sein? - gelüftet. In Superman-Kostümen lassen sie stolz ihre Muskeln spielen.
Unterdessen strömen immer mehr Menschen auf den Platz: die Fans aus der Sparkassen-Arena. "Ich habe das Spiel gesehen. Der THW gibt immer Gas, auch wenn es um nichts mehr geht. Es war eine der besten Saisons", ist Axel Martsch überzeugt. Ein wenig traurig sind Hans-Jürgen und Ute Howoldt sowie Eckhard und Anke Schuldt. Sie bedauern, dass Lövgren aufhört. "Ein sympathischer Mensch." Zudem "hatte die Mannschaft nicht so viel Biss heute. Die Meisterfeier in der Halle war auch schon mal intensiver. Da bekommt man den Eindruck, dass das mittlerweile Routine ist. Aber auf jeden Fall wollen wir die Spieler heute noch auf dem Balkon sehen."
Dort sind diese mittlerweile auch angekommen. Im Innern des Rathauses überreicht (Noch-) Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz Geschenke an (Noch-) "Zebras". Dass sie Vid Kavticnik als "Wick" anspricht, sorgt für Gelächter. Dann erobern die blau-roten Supermänner vom Planeten "Zebra" den Rathausbalkon, stürzen sich an die Brüstung. Der Rest ist gegenseitige Liebesbekundung zwischen Mannschaft und Fans. "Die Mannschaft steht im nächsten Jahr auch wieder hier", ruft Kapitän Stefan Lövgren der Masse entgegen, die sich vor Jubel überschlägt. "Zeremonienmeister" Dominik Klein spart nicht an Schadenfreude und stimmt das Lied "Und schon wieder kein Pokal, HSV!" an, Vid Kavticnik überzeugt noch einmal mit seinem persönlichen Klassiker "Volare", während Igor Anic kurzerhand einen geschätzten Liter Bier über die Kante schwappen lässt. Alfred Gislason genießt im Stillen. Als die Mannschaft sich komplett auf dem Rathausbalkon versammelt hat, sitzt er mit einem Meister-Bier auf der Podestkante und hält sich im Hintergrund. "Ich dränge nicht nach vorn und möchte lieber meine Ruhe haben." Zuvor hatte jedoch auch er sich den Kielern gezeigt, deren Herzen der sympathische Isländer in dieser Saison im Sturm erobert hatte.
Die NDR-Bühne ist die nächste Station. Der Alkoholpegel steigt, die Tanzkreisel-Frequenz auch, der Lövgren-Abschiedstrip nach Mallorca hat der Musikauswahl keinesfalls gut getan. Und ob der "echte" Superman singen kann, ist bis dato nicht überliefert. Thierry Omeyer (und so mancher seiner Mannschaftskameraden) kann es jedenfalls nicht, was den Desireless-Hit "Voyage, Voyage" nicht besser macht, aber auch keinen stört. Hier wird das Feiern gefeiert, und das ist auch gut so.
Schon fast traditionell ist das italienische Restaurant "Toni's" die letzte Station. Mitglieder der skandinavischen Fraktion werden schon ab ein Uhr nicht mehr geortet, die Köche zaubern Pizza aufs Blech, auf zwei Etagen ist der enge Kreis derer, denen Einlass gewährt wird, in diesem Jahr zur Riesenparty avanciert. Auch (Ex-) Manager Uwe Schwenker feiert mit. Igor Anic überreicht Stefan Lövgren ein beeindruckendes, selbst gefertigtes Portrait. Der Schwede ist gerührt. Nur einer trägt noch immer sein Superman-Kostüm: Nikola Karabatic. Der junge Franzose wirkt, als sei die ganze Last des Wechsel-Pokers von ihm abgefallen. Als wolle er sich von jedem Einzelnen verabschieden. Er bietet einen irgendwie ergreifenden und versöhnlichen Anblick an einem Tag voller Emotionen, der erst am frühen Morgen endet.
(von Friederike Hiller und Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 08.06.2009)
Aus den Kieler Nachrichten vom 08.06.2009:
Einige hundert Anhänger waren ab zehn Uhr in den Biergarten gepilgert, gegen zwölf trudelten die ersten Handballer ein. Teilweise ziemlich "zerfeiert" wie Andreas Palicka oder frisch wie Christian Zeitz, der angab, "nach dem Tonis war für mich diesmal Schluss". Nicht dabei waren Trainer Alfred Gislason und Thierry Omeyer, die beim All-Star-Game in Berlin weilten und ihre Ehrungen entgegennahmen.
Stefan Lövgren benötigte gefühlte zwei Stunden, um sich den Weg durch die Massen zu bahnen. Hier ein Foto, da ein Autogramm. Die Fans wussten um den Wert seiner Anwesenheit, schließlich war es das letzte Mal. Gut gelaunt machte "Löwe" jeden "PR-Termin" mit. Seine tiefe Stimme deutete das Ausmaß der Partynacht an - oder eben auch nicht. "Ich bin etwas erkältet. Das kommt noch von der Klimaanlage in Spanien", erklärte der Schwede augenzwinkernd.
(von Frank Molter, aus den Kieler Nachrichten vom 08.06.2009)
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