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27.-29.04.2013 - Letzte Aktualisierung: 29.04.2013 Champions League

Handball-Krimi in Veszprem: THW bucht Ticket fürs "VELUX EHF Final4"

Mit starker zweiter Halbzeit zum 29:28-Sieg in Ungarn

CL, Viertelfinale, Rückspiel: 27.04.2013, Sa., 16.00: MKB Veszprem KC - THW Kiel: 28:29 (14:12)
Update #3 KN-Spielbericht, Stimmen, Fotos und Spielbericht ergänzt ...

60 Minuten lang Kampf um jeden Zentimeter: Renato Sulic und Momir Ilic.
Klicken Sie zum Vergrößern! 60 Minuten lang Kampf um jeden Zentimeter: Renato Sulic und Momir Ilic.
Der Fluch ist besiegt! Durch einen 29:28 (12:14)-Erfolg beim ungarischen Meister MKB Veszprem hat sich am Samstagnachmittag mit dem THW Kiel erstmals der Titelverteidiger des "VELUX EHF Final4"s erneut für die Endrunde in der Kölner LANXESS-Arena qualifiziert. Im ausverkauften Hexenkessel am ungarischen Plattensee ließen sich die "Zebras" auch von zwischenzeitlichen Vier-Tore-Rückständen aus dem Konzet bringen, gingen Mitte der zweiten Halbzeit erstmals selbst in Führung und brachten den Vorsprung letztlich über die Zeit. Beste Torschützen bei den Kielern, bei denen besonders im zweiten Durchgang die Abwehr mit dem vorgezogen agierenden Daniel Narcisse den Spielfluss von Laszlo Nagy und Co. zu zerstören wusste, waren Filip Jicha und Marko Vujin, die jeweils sieben Treffer erzielten.
THW kontert Veszprems Blitzstart
Die 5.000 Fans in der berüchtigten Veszprem-Arena machten von Beginn an einen Höllenlärm - und davon beflügelt legten die Gastgeber sofort einen Glanzstart hin: Ein abgefälschter Nagy-Wurf schlug unhaltbar für Omeyer zum 1:0 ein, und nach einem von Toft Hansen erkämpften und Ilic verwandelten Siebenmeter zum zwischenzeitlichen Ausgleich legten die Ungarn eindrucksvoll nach. Fazekas parierte den ersten Feldwurf Ilics, Nagy besorgte per Sprungwurf das 2:1. Toft Hansen bekam nach einem Foul an Terzic früh die erste Zeitstrafe aufgebrummt, und in Überzahl zog Veszprem durch Ivancsik per Siebenmeter, den von Nagy in Szene gesetzten Sulic sowie Ugalde per Gegenstoß nach einem weiteren Ilic-Fehlwurf sogar auf 5:1 davon.

Filip Jicha war bester Feldtorschütze  der Partie mit sieben Treffern.
Klicken Sie zum Vergrößern! Filip Jicha war bester Feldtorschütze der Partie mit sieben Treffern.
Alfred Gislason sah sich daher früh gezwungen, seine Mannschaft umzustellen. Der zunächst nur in der 6:0-Deckung eingesetzte Filip Jicha kam im Angriff auf halblinks für Ilic. Und als Narcisse, der sich zunächst voll und ganz aufs Angriffspiel konzentrieren konnte, in der achten Minute Toft Hansen bediente und der Däne zum 2:5 traf, sorgte dies auch für Beruhigung in der Kieler Sparkassen-Arena, in der über 1.500 THW-Fans ihre Mannschaft beim Public Viewing unterstützten. Und mehr noch: Zwei Omeyer-Paraden gegen Nagy und Terzic nutzten die "Zebras" aus, um durch einen Ilic-Strafwurf und einen Kraftakt Jichas - der Tscheche sprintete von der Mittellinie aus auf das Veszpremer Tor zu - auf 4:5 zu verkürzen. Als die dänischen Schiedsrichter im Anschluss noch ein Stürmerfoul Sulics erkannten, gelang Daniel Narcisse nach elf Minuten sogar der Ausgleich - virtuell hatten die "Zebras" nun wieder das Köln-Ticket in der Tasche.

Gastgeber legen weiter vor
Doch dieser 4:0-Lauf der Kieler entpuppte sich zunächst als Strohfeuer. Veszprem hatte in der ersten Halbzeit die schnelleren Beine in der eigenen 6:0-Abwehr und die besseren Ideen im Angriff, die Gastgeber legten folgerichtig wieder vor. Ugalde traf nach schöner Stafette von außen zum 6:5 und erhöhte nach einem Fehler des anfangs nervös wirkenden und von den Fans an seiner alten Wirkungsstätte nicht sonderlich freundlich empfangenen Marko Vujin per Gegenstoß auf 7:5. Dann entschärfte Fazekas einen Heber Sigurdssons, der von Rodriguez angespielte Sulic traf zum 8:5. Den Kielern drohte gar noch größeres Ungemach, als Jicha seinen Wurf verzog und Momir Ilic für ein Foul an Rodriguez für zwei Minuten auf die Bank geschickt wurde. Doch in Unterzahl liefen die "Zebras" nun nicht ins offene Feuer: Thierry Omeyer parierte den Ivancsik-Siebenmeter, und einen fast 90-sekündigen Angriff schloss Filip Jicha letztlich spektakulär mit einem Dreher von außen zum 6:8 ab.

Bedingungslose Unterstützung von den Rängen in der  Veszprem-Arena ...
Klicken Sie zum Vergrößern! Bedingungslose Unterstützung von den Rängen in der Veszprem-Arena ...
Doch trotz dieser guten Phase und des ersten tollen Vujin-Treffers zum 7:9 blieb Veszprem weiter am Drücker - auch weil Christian Sprenger mit einem Gegenstoß und Ilic per Siebenmeter an Fazekas scheiterten. So erhöhten Gulyas und Chema Rodriguez in der 21. Minute gar auf 11:7 für die Hausherren. Und nachdem Gulyas einen Ahlm-Treffer postwendend konterte, nahm Alfred Gislason beim Stand von 8:12 seine erste Auszeit.

Mit 5:1-Deckung bis zur Pause verkürzt
Gislason stellte nun seine Deckung um auf eine 5:1-Deckung mit dem vorgezogenen Daniel Narcisse. Ein Schachzug, der sich sofort auszahlen sollte, denn Veszprem kam in den verbleibenden sieben Minuten der ersten Halbzeit nur noch zu zwei Treffern. Da sich aber auch die Kieler weiterhin schwer taten, führten die Ungarn nach dem vierten Nagy-Treffer weiterhin mit 14:10, ehe ein Hüftwurf Vujins
... und beim Public Viewing in der Sparkassen-Arena.
Klicken Sie zum Vergrößern! ... und beim Public Viewing in der Sparkassen-Arena.
über das Tor rauschte. Veszprem hatte sogar die Chance auf einen Fünf-Tore-Vorsprung, doch die Kieler Deckung hielt dem Druck Stand, ein Wurf Nagys bei passivem Spiel flog am Kasten vorbei. Palmarsson scheiterte im Gegenzug zwar an Fazekas, doch Marcus Ahlm sicherte den Abpraller, der über die Stationen Palmarsson und Vujin letztlich doch den Weg zum 11:14 ins Tor fand. MKB-Coach Ortega nahm in der letzten Minute seine Auszeit, doch ein verfruhter Abschluss Jamalis gab den "Zebras" die Chance, bis zum Pausenpfiff weiter zu verkürzen. Und dies machten die Kieler ganz abgezockt: Zunächst holte Palmarsson eine Zeitstrafe gegen Sulic heraus. Und dann setzte Daniel Narcisse mit einem tollen Sprungwurf mit der Pausensirene den Schlusspunkt zum 12:14. Nach 90 von 120 Minuten stand es also nur noch 45:44 für Veszprem, die Kieler mussten nur noch zwei Treffer wettmachen.
Guter Start in Hälfte zwei
Die Aufholjagd begann auch sofort verheißungsvoll: Narcisse auf Vujin - 13:14. Chema Rodriguez konterte zwar in Unterzahl - Ortega wechselte in diesen Situationen im Angriff stets einen Außenspieler für seinen Torhüter ein - zum 15:13, doch nachdem Sigurdsson verkürzte und Jicha per Gegenstoß nach Nagy-Fehlpass den Ausgleich zum 15:15 erzielte, hatte der THW die Köln-Tickets wieder kurzfristig in der Tasche. Allerdings wussten die "Zebras" eine Überzahlsituation nach der zweiten Zeitstrafe gegen Schuch nicht konsequent zu nutzen. Statt selbst in Führung zugehen, verzogen Narcisse und Sprenger ihre Würfe, während Nagy mit seinem fünften Treffer zum 17:16 für Veszprem traf. Als Chema Rodriguez dann Sulic zum 18:16 in Szene setzte, einen Ballverlust der Kieler selbst per zweiter Welle zum 19:16 bestrafte und dabei zu allem Überfluss noch die zweite Zeitstrafe gegen Ilic herausholte, schien sich das Blatt sogar wieder Richtung Veszprem zu verschieben.

Marko Vujin im Duell mit Zivan Pesic.
Klicken Sie zum Vergrößern! Marko Vujin im Duell mit Zivan Pesic.
Doch erneut zeigten die Kieler in Unterzahl eine grandiose Leistung: Aron Palmarsson drehte den Ball aus spitzestem Winkel an Fazekas vorbei zum 17:19 ins Tor und legte nach einem in der Abwehr erkämpften Ball per Sprungwurf auch den Anschlusstreffer zum 18:19 nach - die zwei Minuten in Unterzahl gingen mit 2:0 an den THW, der nun endgültig in der Partie angekommen zu sein schien. Veszprem, angetrieben von 5.000 weiterhin fanatischen Anhängern, legte allerdings zunächst weiter nach, der starke Sulic vom Kreis, Ugalde mit einem sehenswerten Heber und Csaszar per Siebenmeter sorgten für das 22:20 nach 44 Minuten.

Die Partie kippt
Mittlerweile hatten beide Trainer ihren Torhüter ausgetauscht, weil sowohl Thierry Omeyer als auch Nandor Fazekas kein Faktor in dieser zweiten Halbzeit waren. Als Marcus Ahlm nach einem Anspiel von Narcisse den 21. Kieler Treffer erzielte und dabei gleichzeitig eine Zeitstrafe gegen Sulic erkämpfte, war die Chance für den THW endgültig gekommen. Daniel Narcisse fing nun einen Pass Ugaldes, der im Leibchen des siebten bzw. sechsten Feldspielers unterwegs war, ab, lief noch einige Meter, ehe er den Ball zum 22:22-Ausgleich ins leere Gehäuse warf. Und als Palicka dann einen Terzic-Wurf unter Bedrängnis parierte, war es ausgerechnet Marko Vujin, der die Kieler mit seinem sechsten Treffer erstmals in Führung warf.

Ortega nahm sofort seine Auszeit, doch den Kieler Lauf vermochte der Spanier damit nicht zu stoppen. Der bärenstarke Daniel Narcisse nahm Laszlo Nagy den Ball ab, Filip Jicha erhöhte per Konter auf 24:22. Sulic beendete dann zwar die Torflaute der Gastgeber, doch nachdem Rodriguez ein Stürmerfoul gegen Narcisse unterlief, Sigurdsson einen Gegenstoß nervenstark verwandelte, Palicka gegen Csaszar parierte und Ahlm sich nach Jicha-Anspiel zum 26:23 durchtankte, waren die Kieler acht Minuten vor Schluss schon mit drei Treffern vorne.

THW rettet Vorsprung ins Ziel
Schwarz-weißer Jubel auf dem Parkett nach dem Schlusspfiff.
Klicken Sie zum Vergrößern! Schwarz-weißer Jubel auf dem Parkett nach dem Schlusspfiff.
Veszprem versuchte noch einmal alles, Ortega vertraute in der Schlussphase seiner 5+1-Deckung mit Ugalde, die den Kielern im Hinspiel so sehr zu schaffen machte. Zudem ließ er nun im Rückraum mit Csaszar und Chema Rodriguez spielen und ließ seine Halblinken Terzic und Jamali auf der Bank. Die "Zebras" aber blieben cool im Hexenkessel: Vujin traf in Bedrängnis zum 27:24, Palmarsson setzte per Durchbruch aus spitzem Winkel das 28:25. Und dennoch wurde es noch einmal eng, als Ahlm und Narcisse in der Schlussphase jeweils für zwei Minuten auf die Bank geschickt wurden. Selbst Jichas Unterzahltreffer zum 29:26 brachte noch keine Entscheidung, da Csaszar per Siebenmeter und Ugalde auf 28:29 verkürzten und Veszprem auf offene Manndeckung umstellte. Die "Zebras" spielten clever etwas Zeit herunter, ehe Palmarsson 40 Sekunden vor Schluss ein Stürmerfoul unterlief. Als Gulyas dann aber ein Nagy-Anspiel nicht kontrollieren konnte und der Ball 15 Sekunden vor Ende wieder bei de Kielern landete, kannte der Jubel in schwarz-weiß auf dem Parkett, unter den 120 mitgereisten Fans auf den Rängen und natürlich auch beim Public Viewing in der Sparkassen-Arena keine Grenzen mehr.
Halbfinal-Auslosung am Donnerstag
Der THW Kiel hat es also nach 2010 und 2012 zum dritten Mal geschafft, sich für das "VELUX EHF Final4" in Köln zu qualifizieren - und dort ist der deutsche Rekordmeister bislang unbesiegt. Die drei weiteren Teilnehmer am Finalturnier werden am Samstag und Sonntag in den Partien zwischen Barcelona und Madrid (Hinspiel 20:25), Kielce und Skopje (27:25) sowie Hamburg und Flensburg (32:26) bestimmt. Gegen wen der THW zunächst am 1. Juni im Halbfinale antreten muss, wird am kommenden Donnerstag um 11.00 Uhr im Sport- und Olympiamuseum in Köln ausgelost. Vorher steht für die "Zebras" aber bereits wieder eine knifflige Aufgabe in der DKB Handball-Bundesliga an: Am Mittwochabend empfängt der Tabellenführer in der Sparkassen-Arena HBW Balingen-Weilstetten.

(Sascha Krokowski)

 

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Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason gegenüber den KN:
Ich habe erst 30 Sekunden vor dem Abpfiff daran geglaubt, dass wir es tatsächlich geschafft haben. Meine Mannschaft hat die Taktiken super umgesetzt und nur vier technische Fehler gemacht - ich bin sehr stolz auf sie. Und gestattete jedem, jetzt ein Bier zu trinken.
THW-Geschäftsführer Klaus Elwardt gegenüber den KN:
Ich habe ordentlich mitgeschwitzt und bestimmt zwei Kilo abgenommen. Es war ein Sieg der Taktik. Der Schachzug, Aron Palmarsson gegen Laszlo Nagy spielen zu lassen, war einfach genial.
THW-Geschäftsführer Stefan Adam gegenüber den KN:
Unglaublich, wie super cool die Jungs in dieser einmaligen Atmosphäre gespielt haben. Eine unfassbare Stimmung.
THW-Kapitän Marcus Ahlm gegenüber den KN:
Ich bin sehr stolz darauf, die Mannschaft in Köln in die Halle zu führen. Aber noch ist nichts erreicht. Ein Schlüssel zum Sieg war die Umstellung auf die 3:2:1-Deckung. Mit der haben wir uns heute sehr gut gefühlt.
THW-Torhüter Thierry Omeyer gegenüber den KN:
Ich freue mich sehr, noch einmal nach Köln fahren zu dürfen. Dort wollen wir jetzt noch zwei Spiele machen. Wir haben in dieser Halle die Nerven bewahrt, das schafft nicht jede Mannschaft. Für mich war Daniel Narcisse der Matchwinner.
Veszprems Trainer Carlos Ortega gegenüber den KN:
Wir haben einen guten Start erwischt, aber Kiel war in den entscheidenden Momenten besser. Sie haben nach der Pause die wichtigen Tore gemacht, wir haben sie verpasst. Kiel hat sich Köln verdient.
THW-Linkshänder Marko Vujin gegenüber den KN:
Nach diesem großartigen Kampf hätten es beide Mannschaften verdient gehabt, in Köln dabei sein zu dürfen.
Veszprems Torhüter Nandor Fazekas gegenüber den KN:
Es fällt mir sehr schwer, die richtigen Worte zu finden. So ist der Sport, vielleicht trifft der Satz es am ehesten. Das war eine schmerzhafte Niederlage, Kiel hat seinen Job professionell und effizient erledigt.

 


Champions League, Viertelfinale, Rückspiel: 27.04.13, Sa., 16.00: MKB Veszprem KC (HUN) - THW Kiel: 28:29 (14:12)

Logo MKB Veszprem KC (HUN Flagge HUN):
Fazekas (1.-43., 51.-60., 8 Paraden), Alilovic (43.-51. und bei einem Siebenmeter, 2/1 Paraden); Gulyas (3), G. Ivancsik, Schuch, Csaszar (4/4), T. Ivancsik (1/1), Laluska, Nagy (5), Jamali (1), Ugalde (5), Rodriguez (4), Oneto, Terzic, Sulic (5), Pesic; Trainer: Ortega
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-43., 5/1 Paraden), Palicka (43.-60., 2 Paraden); Toft Hansen (1), Sigurdsson (2), Sprenger, Ahlm (3), Wiencek (n.e.), Ekberg (1), Palmarsson (3), Narcisse (3), Ilic (2/2), Klein (n.e.), Jicha (7), Vujin (7/1); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Per Olesen / Claus Gramm Pedersen (Dänemark)
Zeitstrafen:
Veszprem: 4 (2x Schuch (20., 35.), 2x Sulic (30., 45.));
THW: 5 (Toft Hansen (5.), 2x Ilic (14., 38.), Ahlm (56.), Narcisse (59.))
Siebenmeter:
Veszprem: 6/5 (Omeyer hält T. Ivancsik (14.));
THW: 4/3 (Alilovic hält Ilic (21.))
Spielfilm:
1. Hz.: 1:0, 1:1, 5:1 (6.), 5:5 (11.), 8:5, 8:6, 9:6 (16.), 9:7, 11:7 (21.), 11:8, 12:8, 12:9, 13:9 (26.), 13:10, 14:10, 14:12;
2. Hz.: 14:13, 15:13, 15:15 (33.), 16:15, 16:16, 19:16 (38.), 19:18, 20:18, 20:19, 21:19, 21:20, 22:20 (44.), 22:24 (47.), 23:24, 23:26 (52.), 24:26, 24:27, 25:27, 25:28, 26:28, 26:29 (57.), 28:29.
Zuschauer:
5.019 (ausverkauft) (Veszprem Arena, Veszprem (HUN))
Spielgrafik:
Spielgrafik

Die anderen deutschen Europapokal-Teilnehmer

Die drei Bundesliga-Vertreter im EHF-Pokal wollen an diesem Wochenende ebenfalls das neu eingeführte Finalturnier in Nantes erreichen.

Am Samstag um 19.00 Uhr stehen sich in der Mannheimer MWS-Halle am Herzogenried mit den Rhein-Neckar Löwen und dem SC Magdeburg im direkten Duell gegenüber. Das Hinspiel in der GETEC-Arena konnten die gastgebenden Bördeländer mit 31:28 (16:12) für sich entscheiden. Titelverteidiger Frisch Auf Göppingen kann indes mit einem "einfachen" Heimsieg gegen RK Maribor Branik das Halbfinalticket buchen, nachdem die Mannschaft von Trainer Velimir Petkovic in Slowenien ein 26:26 (15:13)-Unentschieden erreichte. Die Partie in der EWS-Arena wird am Samstag um 19.30 Uhr angepfiffen.

Im Viertelfinale der Champions League steht indes der siebte und finale Akt des Nordderbys zwischen dem HSV Hamburg und der SG Flensburg-Handewitt an. Die Elbstädter konnten am vergangenen Wochenende in der Campushalle dank eines 10:1-Laufs in der zweiten Halbzeit einen überraschend deutlichen 32:26 (15:14)-Erfolg verbuchen und gehen damit als haushoher Favorit in das Rückspiel in der heimischen o2-World. Die Partie wird am Sonntag um 18.30 Uhr angepfiffen und von Eurosport übertragen.

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 29.04.2013:

Sieg des unbedingten Willens

Champions League-Titelverteidiger THW Kiel zieht nach dem 29:28 über Veszprem in das Final4 ein
Veszprem. Es ist das beste Handballteam der Welt, eine coole Truppe, die in der vergangenen Saison alle Titel eingesammelt hatte. Kalt bis ins Herz? Abgezockt? Keine Spur. Nach dem 29:28 (12:14)-Sieg bei MKB Veszprem und der Qualifikation für das "Final4" feierten die Spieler des THW Kiel mit einer kindlichen Freude, die sonst nur zu besichtigen ist, wenn sie mit großen Pokalen entlohnt werden.

Es war erst das Viertelfinale der Champions League, also eine Runde, in der die "Zebras" einen Stammplatz haben. Aber der Ort war ein besonderer. "Hier gewinnen nicht viele", sagte Andreas Palicka, der an diesem Sonnabend ein brauchbares Symbol für eine Mannschaft war, die mit unglaublicher Leidenschaft und Willenskraft kämpfte. Er kam in der 41. Minute für Thierry Omeyer und hielt gleich ein paar wichtige Bälle. "Heute hat jeder seinen Teil beigetragen", sagte der Schwede, der in den größeren Kraftreserven den Schlüssel zum Erfolg sah. "Dafür trainieren wir im Sommer sehr hart."

Tatsächlich ging den Hausherren, die besser starteten (5:1/6.), die Luft aus. Und die Ideen. Als die Gäste ihre Deckung nach 20 Minuten auf die offensive Variante umstellten, begann in den Reihen der Ungarn das große Rätseln. Bis dato hatte Laszo Nagy sie im Spiel gehalten. Wie im Hinspiel (32:31 für Kiel), als er elf Tore warf. Der Linkshänder, der zwölf Jahre in Barcelona spielte, ist hier ein Volksheld. Einer, der 150 Millionen Forint im Jahr verdienen soll. Was nach Lionel Messi klingt, und immer noch viel Geld ist, wenn sein Gehalt in Euro überwiesen werden würde (eine halbe Million).

Doch Alfred Gislason hatte nach dem Nagy-Festival in Kiel einen überraschenden Schachzug entwickelt: Er ließ ihn nach der Pause von Aron Palmarsson bewachen, an dessen Seite Daniel Narcisse als Spitze einer famosen 3:2:1-Deckung ebenfalls ein überragendes Spiel ablieferte. Symptomatisch, dass die beiden auch die kuriosesten Tore warfen. So traf Palmarsson in Unterzahl zum 17:19 aus Kieler Sicht, als er, an die Außenlinie abgedrängt, Nandor Fazekas so unglücklich erwischte, dass dieser sich den Ball selbst ins Netz warf.

Und Narcisse war offenbar verborgen geblieben, dass die Ungarn in Unterzahl den Torhüter auswechselten. So dribbelte er nach einem Ballgewinn vergleichsweise gelassen über das Feld, ehe er Filip Jicha, der ihn aus unmittelbarer Nähe anbrüllen musste, doch noch erhörte. Narcisse blickte auf und warf geistesgegenwärtig den Ball von der Mittellinie ins Tor - 22:22 (46.). Ausgleich. Das hatte es lange nicht mehr gegeben (5:5/6.).

Nun zeigte der Damm, den die Hünen aus Veszprem um ihr Tor errichtet hatten, erste Risse - Kiel zog auf 26:23 davon. Auch mit einem weiteren kuriosen Treffer, setzte sich Marcus Ahlm am Kreis doch mit einem Wackler durch. "Dieses Tor habe ich hier oben abgespeichert", sagte der Kapitän, der eher der stabile Säulen-Typ ist, und tippte sich schmunzelnd an die Stirn. "Wir wollten gewinnen. Rechnen wäre angesichts des Hinspiels Unsinn gewesen."

Ein Sieg des Kollektivs, aus dem mit Vujin ein weiteres "Zebra" herausragte. Sechs Jahre hatte er hier gespielt, verteidigen durfte er nie, weil Linkshänder in Ungarn als höhere Wesen verstanden werden und von mühseligen Arbeiten befreit sind. Ein Leben, das ihn irgendwann langweilte. Er wollte ein kompletter Spieler werden und ging als 28-Jähriger in Kiel noch einmal in die Lehre. Zehn Monate später zeigte er, dass er ein guter Schüler gewesen ist. Dass Linkshänder auch dann noch kraftvoll treffen können, wenn sie vorher geholfen haben, den Ball zu erobern.

Als Jicha, wie Vujin siebenmaliger Torschütze, sich in Unterzahl energisch durchsetzte und Fazekas mit einem abgefälschten Wurf zum 29:26 (58.) überwand, war die Entscheidung gefallen. Obwohl Narcisse anschließend auf die Strafbank musste, und die Ungarn, die nie aufgaben, noch zweimal trafen - ein Remis wäre ihnen zu gönnen gewesen, gereicht hätte es aber auch nicht.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 29.04.2013)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 29.04.2013:

Ein Handball-Tempel voller inbrünstiger Ungarn

Veszprem. Rene Toft Hansen suchte noch eine halbe Stunde nach dem Abpfiff die passenden Worte, um seine Gefühle zu beschreiben. Mit großen, strahlenden Augen, einem eingerasteten Grinsen. "Das ist so ein unglaubliches Gefühl, hier gewonnen zu haben", sagte der Däne, der im Sommer von der AG Kopenhagen gekommen war. "Das war eines der schönsten Erlebnisse in meiner Karriere."

Die einmalige Atmosphäre in der Veszprem-Arena war auch dem sonst so coolen Kreisläufer unter die Haut gegangen. Wer dachte, die Fans hätten in der Vorrunde alle Karten auf den Tisch gelegt, der sah sich getäuscht. Diesmal waren die Ränge bereits eine Dreiviertelstunde vor dem Anpfiff gefüllt, ein Einpeitscher verlangte seinen Landsleuten bereits die erste La-Ola-Welle ab, als die Spieler noch mit dem Einkleiden beschäftigt waren. Wärmen sich die Kieler sonst eher in einem entspannten Umfeld auf, konnten sie sich diesmal schon bei den ersten Dehnübungen nicht mehr unterhalten.

"Wir fahren nach Berlin" - das wird es nicht gewesen sein, was die knapp 5000 Ungarn voller Inbrunst sangen, schließlich wollten sie alle nach Köln. Aber es klang sehr ähnlich. Die Arena, ein eher schlichtes Werk aus viel Beton und einem Dach aus Blech, dürfte weltweit auch die einzige Bühne sein, auf der die schrille Champions-League-Hymne gewürdigt wird. Wird sie sonst eher als störendes Element empfunden, erhoben sich alle von den Sitzen. Champions League, das war zu spüren, ist hier eine Sache der Ehre. Und gegen Kiel allemal. "Das ist die großartigste Handball-Halle der Welt", lobte Trainer Alfred Gislason. "Von dem ganzen Drumherum könnten sich viele Bundesligisten etwas kopieren."

Aus dem ganzen Land waren die Fans angereist, alle kamen in den roten Veszprem-Trikots, die bei vielen reichlich eng saßen. Tröte, Trommel und ein grünes Fähnchen gehörten zur Grundausstattung. Sie waren laut, auch frenetisch, aber nie unfair. So begrüßten sie die Kieler, die einzeln einlaufen durften, mit viel Applaus. Die 120 mitgereisten THW-Fans wirkten dagegen so, als wären sie mit einer schalldichten Wand vom Geschehen abgeriegelt worden. Sie sangen, das war zu sehen, aber zu hören waren sie nicht. Erst nach dem Abpfiff. Dann, als die "Zebras" in ihre Kurve liefen, um sich bei ihnen zu bedanken. In diesem Moment hatten nicht nur die THW-Spieler gewonnen. Auch ihre Fans, denen von den besiegten Tribünennachbarn nun artig gratuliert wurde, hatten sich endlich durchgesetzt.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 29.04.2013)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 29.04.2013:

Viertelfinal-Splitter

Serien - Mit Kiel qualifiziert sich erstmals ein Titelverteidiger für das Final4. Der THW ist dafür bekannt, sich von derartigen Flüchen nicht beunruhigen zu lassen. "In den Jahren zuvor hat immer der gewonnen, der in Köln die Kabine mit der Nummer eins hatte", sagte Alfred Gislason. "Wir gewannen im letzten Jahr, obwohl wir die Nummer drei hatten."

Auslosung - Am Donnerstag werden in Köln die Halbfinals ausgelost. Wer das live miterleben will, sollte um 11 Uhr unter www.ehftv.com den Livestream einschalten.

Pils - Marko Vujin wusste auch nach dem Abpfiff, was von ihm erwartet wurde. So organisierte er seinen Kollegen, die zunächst nur warmes Dosenbier zur Hand hatten, ein Tablett gekühltes Pils im Glas. Ein Kellner servierte direkt in der Kabine.

Prämien - Der THW hat nun bereits 285 000 Euro an Prämien verdient, gewinnt der Titelverteidiger erneut, kommen weitere 200 000 Euro dazu.

Rasieren - Vor dem Spiel war bislang die Regel, dass sich Alfred Gislason rasiert und Klaus Elwardt nicht. Weil die Kieler in der Vorrunde (30:31) in Veszprem verloren hatten, musste mit Traditionen gebrochen werden. Und Gislason siegte im Wikinger-Look. Vielleicht lag es aber auch daran, dass die "Zebras" außerdem um eine andere Kabine gebeten hatten.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 29.04.2013)


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