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20.12.2000 Bundesliga

THW fightet Magdeburg nieder - tolle Stimmung in der Ostseehalle

Bundesliga, 17. Spieltag: 20.12.2000, Mi., 20.30: THW Kiel - SC Magdeburg: 26:22 (12:11)
Update #3

Mit 26:22 schlug der THW den SCM!
Mit 26:22 schlug der THW den SCM!
Der THW hat die Bundesliga noch spannender gemacht: Vor 7250 mehr als lautstarken Zuschauern schlug ein angeschlagener THW Kiel den Meisterschaftsfavoriten Nummer eins, den SC Magdeburg, mit 26:22 (12:11). Unerwünschter Nebeneffekt: Flensburg ist damit auf Platz eins gerückt.
Was war das für ein Handballfest in der Ostseehalle! Wer jetzt noch immer vom "leisesten Handballpublikum Deutschlands" spricht, leidet eindeutig unter Wahrnehmungsstörungen. Von Minute eins an war grandiose Stimmung in Deutschlands größter Handballhalle, die sich noch steigerte, als Nikolaj Jacobsen von außen toll zum 1:0 (1.) traf. Danach begannen die starken Minuten des Steinar Ege: Kuleschow und Kervadec scheiterten an dem Norweger, den ersten Torerfolg konnte Magdeburg nur durch einen von Stefansson verwandelten Strafwurf zum 1:1 (3.) erzielen.

Nach einem harten Rückraumtreffer von Staffan Olsson zum 2:1 (4.) zeichnete sich Stoney zwei weitere Male gegen Stefansson und Göthel aus. Heute stand wieder der alte THW auf dem Ostseehallenparkett - aufopferungsvoll kämpfend, mit einem starken Publikum im Rücken. Dennoch ging Magdeburg nach 3:2-THW-Führung (6.) mit 5:3 (10.) und 6:4 (13.) in Front - tatkräftig unterstützt vom katastrophal pfeifenden Schiedsrichter-Duo Fleisch und Rieber. Als der THW nach 16 Minuten beim 6:6-Ausgleich wieder am SCM dran war, griffen die Männer in Schwarz deutlich ins Spielgeschehen ein und belegten völlig unverständlicherweise Mike Bezdicek mit seiner zweiten Zwei-Minuten-Strafe. Kein Wunder, daß die Halle nun vollends tobte.


Aus dem SCM-Rückraum kam - Ausnahme Stefansson - wenig.
Aus dem SCM-Rückraum kam - Ausnahme Stefansson - wenig.
Die Ostdeutschen nutzten den folgenden Siebenmeter und die Überzahl zur erneuten Zwei-Tore-Führung zum 8:6 (18.) und 9:7 (21.). Kaum war der THW wieder komplett, flog unter mehr als zweifelhaften Umständen Wolfgang Schwenke für zwei Minuten vom Feld. Doch dann zeigte sich die Schwäche der Magdeburger deutlich: Der Rückraum war nicht gefährlich genug. Olaffur Stefansson im rechten Rückraum zeigte noch eine halbwegs gute Leistung, aber Spielmacher Oleg Kuleschow und der Halblinke Wassili Kudinow konnten nicht überzeugen. Auch gegen fünf Zebras riß der SCM nichts und verlor den Ball, der THW glich zum 9:9 (25.) aus.

Prompt griffen die Herren Fleisch und Rieber wieder ein, diesmal erhielt Staffan Olsson seine zweite Zeitstrafe. Fünf Zeitstrafen in 25 Minuten, eine interessante Bilanz in einer nicht wirklich unfairen Partie... Kein Wunder, daß Magdeburg zunächst wieder mit 10:9 in Führung ging, aber endlich einmal explodierte Stefan Lövgren und machte mit einem Rückraumkracher den 10:10-Ausgleich (27.).


Beim Gang in die Kabine waren Fleisch und Rieber die Buhmänner.
Beim Gang in die Kabine waren Fleisch und Rieber die Buhmänner.
Noch einmal ging Magdeburg in Führung - 11:10 (28.) durch Kuleschow, Nikolaj Jacobsen glich per Strafwurf zum 11:11 aus. Nachdem Ege seinen achten Ball in der ersten Halbzeit hielt und Ernelind per Gegenstoß an Henning Fritz scheiterte, verlor der SCM den Ball und Magnus Wislander traf 30 Sekunden vor der Pause zur 12:11-Führung, und Ege hielt in letzter Sekunde diesen Vorsprung fest.

Nach Wiederanpfiff gestaltete sich die Partie bis zum 15:15 (35.) ausgeglichen: Der THW legte vor, der SCM zog nach. Hätten Fleisch und Rieber in dieser Phase nicht wieder mehrere merkwürdige Entscheidungen gefällt, man hätte sie schon fast vermißt. Nur einige Beispiele: Gegen Perunicic wurde beim Stand von 13:13 (33.) aus unerfindlichen Gründen ein Stürmerfoul gepfiffen, dafür wurde beim 15:15-Rückhandtor von Stefan Kretzschmar mehr als großzügig darüber hinweggesehen, daß Franzis neue Liebe deutlich im Kreis stand.

Aber auch ohne die Unterstützung der Schiedsrichter gelang dem THW nach zwei Treffern von Nikolaj Jacobsen (toll von Außen und sicher per Gegenstoß nach SCM-Schrittfehler) mit dem 17:15 erstmals eine Zwei-Tore-Führung (42.). Nur den gerade eingewechselten Magdeburger Youngster Michael Jahns hatte der THW kurz nicht auf der Rechnung, der Sohn von SCM-Legende "Eisen-Harry" traf zum 16:17-Anschluß (43.) und "Kretzsche" glich sogar zum 17:17 (44.) aus.


Die Fans feierten den THW beim Time-Out mit stehenden Ovationen...
Die Fans feierten den THW beim Time-Out mit stehenden Ovationen...
Weitere vier Minuten blieb die Partie ausgeglichen (18:18, 46.; 19:19, 48.), dann brachte Nikolaj Jacobsen per Strafwurf den deutschen Meister wieder mit 20:19 (49.) in Führung. Nachdem Bezze in der Deckung Härte gegen sich selbst zeigte und einen Magdeburger Rückraumwurf mit dem Gesicht "abwehrte", lief Stefan Lövgren auf der Gegenseite klug an den Kreis ein und traf zum 21:19 (51.). Der SCM wurde nun nervös, verlor im Gegenzug den Ball und Jacobsen markierte per Konter das 22:19 (52.), die Partie war in die entscheidende Phase gelangt.

Nach Kervadec-Kreistreffer zum 20:22 (52.) scheiterte Lövgren an Fritz, aber Ernelind machte per Nachwurf in Volleyball-Manier das 23:20. Da half dem SCM auch nicht mehr, daß die Schiedsrichter noch einmal dem THW unerklärlicherweise einen Ballverlust zufügten, denn Stefan Kretzschmar scheiterte wenige Sekunden später am hervorragenden Steinar Ege im Kieler Tor. Nun faßte sich der angeschlagene Nenad Perunicic, der zuvor einige Fehlwürfe auf sein Konto gebucht hatte, ein Herz und traf zum 24:20 (56.) und 25:21 (58.) - da zeigte unser Montenegriner großen Mut.

Der Lärmpegel in der Halle stieg noch einmal leicht an, als Bezdicek sich in der 59. Minute nach dritter Zeitstrafe verabschieden mußte. Er verließ unter großem Jubel des PUblikums das Parkett, das dankbar für seine tolle Deckungsleistung war.
Wislander - Dank an die Fans!
Wislander - Dank an die Fans!
Wenig später verdeutlichte dann Ege noch einmal seine Extra-Klasse am heutigen Abend: Innerhalb von 20 Sekunden parierte er dreimal gegen die Magdeburger Angreifer. Als noch 90 Sekunden zu spielen waren - Spielstand immer noch 25:21 für die Zebras - nahm Noka Serdarusic ein Time-Out - unter den stehenden Ovationen der Fans, die sich nach Wiederanpfiff über das schönste Tor des Tages freuen durften: Lövgren paßte per Kempa auf Wislander, der zum 26:21 verwandelte. Magdeburg war geschlagen, das 22:26 durch Abati fünf Sekunden vor Abpfiff nur noch Ergebniskosmetik.

Beste Spieler bei einem stark auftrumpfenden THW waren Steinar Ege (17 Paraden) und Nikolaj Jacobsen (12/6). Für Magdeburg war Stefansson mit 7/4 Treffern am erfolgreichsten.

Siehe auch Nachbericht: Wislander: "Das war richtig schön!".


Stimmen zum Spiel:

Pressekonferenz. Von links: THW-Trainer Noka Serdarusic, Hallensprecher Körting, SCM-Trainer Gislason.
Pressekonferenz. Von links: THW-Trainer Noka Serdarusic, Hallensprecher Körting, SCM-Trainer Gislason.
SCM-Trainer Alfred Gislason:
Schade natürlich, daß wir verloren haben. Der THW hat so gespielt, wie ich es erwartet habe, er hat gut gespielt, gut in der Deckung gestanden und Ege hat besser gehalten als zuvor.

Wir haben versucht, das Tempo im Spiel hochzuhalten, aber der Knackpunkt für uns war, daß aus dem Rückraum zu wenig kam, links und Mitte hat enttäuscht. In der entscheidenden Phase haben wir dann zu viele technische Fehler begangen, das war tödlich.

Der THW hat verdient gewonnen, Gratulation.

Wir haben kein Mittel gefunden, die Kieler Abwehr auseinanderzuziehen. Außerdem haben wir zu viele technische Fehler gemacht. Das war kein schlechtes Spiel von uns, aber um in Kiel zu gewinnen, muß alles passen. Jetzt konzentrieren wir uns auf das nächste Spiel. Das wird schwer genug gegen Wallau...

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Nach 60 Minuten bin ich überrascht, was wir heute körperlich geleistet haben, das hatte ich meiner Mannschaft nicht zugetraut. Der eine oder andere Tag Pause hat einigen scheinbar gut getan. Wir standen in der Deckung gut, vorne haben wir uns nicht mit Ruhm bekleckert, Staffan Olsson war da noch der beste Mann, Stefan Lövgren war schon besser als zuletzt, dennoch muß ich von ihm mehr erwarten, von Nenad Perunicic sowieso. So kam es, daß das Spiel bis zur 50. Minute offen war.

Die sehr gute kämpferische Einstellung hat das Spiel für uns entschieden.

Zum Thema Presse: Die Presse sieht alles immer nur schwarz und weiß, aber es gibt noch Zwischentöne. Wir z.B. sind nach diesem Sieg längst noch nicht wieder da, sondern eigentlich immer noch in einem Tief, denn wir haben nur fünf Auswärtsspiele, dafür einige Heimspiele mehr. Daher wissen wir genau, wo wir eigentlich stehen.

[Frage: Wollten Sie Flensburg ein Geschenk machen?]
Wir haben Flensburg kein absichtliches Geschenk gemacht, [lacht] für Flensburg haben wir sowieso nie Geschenke parat...

Kommentar beider Trainer zu den Schiedsrichtern:
THW-Trainer Noka Serdarusic:
Eigentlich will ich die Leistung nicht kommentieren. Ich habe es das letzte Mal in Eisenach nach der Leistung der beiden Damen gemacht, wo mir dann nachgesagt wurde, ich sei kein Gentleman. Die zwei Schiedsrichter heute haben uns diese Saison noch nicht gepfiffen, zuletzt beim Supercup gegen Flensburg. Ich habe heute auf der Bank versucht, für meine Mannschaft zu kämpfen. Wie die gepfiffen haben...
SCM-Trainer Alfred Gislason:
Dem schließe ich mich an.
THW-Linksaußen Nikolaj Jacobsen:
Wir wußten, worum es geht. Wir haben toll gekämpft. Das war eine starke Mannschaftsleistung.

17. Spieltag: 20.12.00, Mi., 20.30: THW Kiel - SC Magdeburg: 26:22 (12:11)

Logo THW Kiel:
Ege (1.-60.), Geerken (zwei 7m: 17. und 39.); Wislander (4), Bezdicek, Ernelind (2), Jacobsen (12/6), Schwenke, Bjerre, Perunicic (3), Lövgren (2), Olsson (3); Trainer: Serdarusic
Logo SC Magdeburg:
Fritz (1.-60.), Gaudin (zwei 7m); Stefansson (7/4), Kervadec (2), Kudinow (2), Göthel (3), Liesegang, Stiebler (1), Abati (1), Kuleschow (1), Jahns (1), Kretzschmar (3); Trainer: Gislason
Schiedsrichter:
Fleisch (Ostfildern) / Rieber (Denkendorf)
Zeitstrafen:
THW: 6 (dreimal Bezdicek, Schwenke, zweimal Olsson);
Magdeburg: 5 (Stefansson, Kervadec, Liesegang, zweimal Stiebler)
Rote Karte:
THW: Bezdicek nach dritter Zeitstrafe (59.)
Siebenmeter:
THW: 7/6 (Jacobsen scheitert an Fritz);
Magdeburg: 4/4
Spielfilm:
1. Hz.: 1:0, 1:1, 2:1, 2:2, 3:2, 3:5, 4:5, 4:6, 6:6, 6:8, 7:8, 7:9, 8:9, 9:9, 9:10, 10:10, 10:11, 12:11;
2. Hz.: 12:12, 13:12, 13:13, 14:13, 14:14, 15:14, 15:15, 17:15, 17:17, 18:17, 18:18, 19:18, 19:19, 22:19, 22:20, 24:20, 24:21, 26:21, 26:22
Zuschauer:
7250 (ausverkauft) (Ostseehalle, Kiel)
Spielgraphik:
Spielgraphik


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