Am Samstag kommt es zum Aufeinandertreffen der Enttäuschten, wenn
der THW Kiel um 15 Uhr den SC Magdeburg empfängt.
Beide Vereine sind im
Viertelfinale der Champions League
ausgeschieden, beide Vereine sind im
DHB-Pokal bei der SG Flensburg-Handewitt
ausgeschieden, beide Vereine mussten sich - der THW früher, Magdeburg später -
von ihren Ambitionen
auf den Deutschen Meistertitel verabschieden. Für das Spiel gibt es noch Karten -
siehe
Bericht.
Während der THW um Platz fünf und die damit verbundene Qualifikation
für den internationalen Wettbewerb kämpft, will Magdeburg unbedingt
Platz drei erreichen, um im nächsten Jahr wieder in der Champions
League dabei zu sein. Doch für beide Vereine könnte es eng werden:
Der augenblickliche Dritte SCM verlor am vergangenen Mittwoch klar mit 35:40
(13:22) in Nordhorn und
hat bei nun 37:13 Punkten nur noch einen Zähler Vorsprung auf Verfolger Essen.
Die Niederlage der Ostdeutschen schmerzte auch den THW, denn der Tabellenfünfte
HSG Nordhorn (31:21)
hat nun zwei Punkte Vorsprung vor Gummersbach (6., 29:23) und dem THW Kiel (7.,
27:21)
(siehe
Tabelle und
Restprogramm Verfolger).
Dabei war Magdeburg nach der knappen Auftaktniederlage in Lemgo gut in die
Saison
gestartet, lag mit 14:2 Punkten (und einem knappen 30:29-Heimsieg gegen den THW,
siehe Bericht) gut im Titelrennen.
Auch nach einer Niederlage in Wallau und einer folgenden Fünf-Siege-Serie
sah es nach 24:4-Punkten Anfang Dezember noch gut aus.
Nach der für viele SCM-Fans blamablen Leistung beim 31:32 in Hamburg
gab's wieder vier Siege in Folge (30:6 Punkte, Mitte Februar), doch
dann verabschiedete sich der Meister von 2001 nach einer Niederlage in Essen,
einem Unentschieden
in Göppingen und einer mehr als unglücklichen 34:35-Niederlage in Flensburg
(trotz 18:13-Halbzeitführung) aus dem Meisterrennen (siehe Kurve
Magdeburg).
Nun gilt es für das Team von Alfred Gislason gegen TUSEM die Teilnahme an der
Champions League
zu verteidigen. Doch die Stimmung beim SCM ist nach der Niederlage alles andere
als gut:
Gislason konstatierte nach der Niederlage in Nordhorn frustriert:
"In der ersten Halbzeit haben wir ein Katastrophenspiel abgeliefert".
Und während HSG-Keeper Peter Gentzel zu einer "Weltklasse-Leistung" (Gislason)
auflief, beurteilte
der Isländer das Auftreten seiner Keeper als "nicht bundesligatauglich".
Frustriert war auch SCM-Star Stefan Kretzschmar, der nach der Pleite im DSF
sagte: "Das wid schwer im nächsten Jahr, um den Titel mitzuspielen." Andere Vereine
hätten besser aufgerüstet, da würden sich einige in Magdeburg "noch umgucken".
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Für Olafur Stefansson ist kein Nachfolger in Sicht.
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LS |
Doch nicht nur die SCM-Keeper stehen in der Kritik. Der neue isländische
Kreisläufer
Sigfus Sigurdsson (83 Tore bisher) wirkt oft behäbig. Sein Landsmann,
der Weltklasse-Linkshänder Olafur Stefansson,
konnte in dieser Saison häufig nicht seine Möglichkeiten ausschöpfen
und wirkt kurz vor seinem
Wechsel nach Spanien (Ciudad Real) ausgebrannt, dennoch ist er mit
immerhin 126/22 Toren mit Abstand bester Schütze des SCM. Auch Spielmacher
Oleg Kuleschow findet nicht mehr zu alter Form zurück,
so dass Stefan Kretzschmar häufiger von Linksaußen auf
die Mitte ausweicht. Zudem hat
Nenad Perunicic (65 Treffer) mit diversen
Verletzungen zu kämpfen.
Die
Mannschaft des SCM stellten wir im
Vorbericht zum Hinspiel bereits ausführlich vor.
Topscorer hinter Stefansson sind Joel Abati (118/52), Kretzschmar (84/11) und
der junge
polnische Rechtshänder Grzegorz Tkaczyk (84/4).
Eins unterscheidet den THW und den SCM jedoch: Während der THW sich mit seinen
Neuverpflichtungen
für die kommende Saison neu aufstellt, warten die Magdeburger Fans sehnsüchtig
auf die Bekanntgabe
von Transfer. Besonders dringend wird natürlich Ersatz für Stefansson gesucht.
SCM-Manager Bernd-Uwe
Hildebrand kündigte an, bald Verstärkungen bekanntzugeben, doch noch ist nichts
Konkretes
verlautbart worden.
Magdeburg konnte bisher noch nie in der Ostseehalle gewinnen
(siehe Gegnerdaten Magdeburg). Im letzten Jahr
unterlag
der SCM 30:28 (13:15) (siehe Bericht).
Lesen Sie auch das Interview mit SCM-Trainer Alfred
Gislason.
Verzichten muss THW-Trainer
Noka Serdarusic
am Samstag auf
Florian Wisotzki. Er soll nächste
Woche operiert werden.
Seit drei, vier Monaten plagten den jungen Rückraumspieler Probleme mit dem
Knöchel, er konnte
die letzte Zeit nur unter Schmerzen spielen.
Angeschlagen ist auch weiterhin
Nikolaj Jacobsen.
Der Däne leidet nach seinem Nationalmannschaftseinsatz nun an Problemen in
der Verse, sein Einsatz ist gefährdet. Wenn überhaupt, wird er nur sporadisch
auflaufen können.
Voll dabei sein wird dagegen Landsmann Morten Bjerre,
der aber nach seiner Verletzung noch nicht ganz zu seiner alten Form wieder
gefunden hat.
Mit dabei sind auch Davor Dominikovic und
Piotr Przybecki. Das bedeutet, das wegen der
Ausländerregel
Ljubomir Pavlovic nicht eingesetzt werden kann.
Serdarusic, der intensive Videostudien vom SCM
betrieben hat,
sagte zur Niederlage der Magdeburger in Nordhorn: "Die Mannschaft hat in der
ersten Halbzeit längst nicht so engagiert gespielt, wie in der zweiten. Dazu
haben die Torhüter wenig gehalten." Dennoch: "Jedes Spiel ist anders."
"Wir dürfen zu Hause nicht verlieren", so Serdarusic,
"sonst können wir die Saison abhaken. Es sind noch zehn Spiele zu spielen,
wir wollen die Qualifikation für den europäischen Wettbewerb schaffen, auch wenn
es schwer wird. Das macht den Rest der Saison interessant."
Auch SCM-Trainer Alfred Gislason sah in Nordhorn wie
Serdarusic zwei verschiedene Halbzeiten seines
Teams. Der Magdeburger Volksstimme sagte er:
"Nach den ersten 30
Minuten dachte ich schon, es wird genau so eine Blamage, wie in der Vorsaison.
Das war ja ein Katastrophenspiel, da wurde von meiner Mannschaft immer wieder
unüberlegt geworfen, kamen die Pässe häufig beim Gegner an.
Wie das passieren konnte, ist mir jetzt noch ein Rätsel. In der zweiten
Halbzeit agierte unser Team dann eher so, wie ich es erwartet hatte."
Probleme sieht der Isländer vor allem in der Deckung, die in vier Spielen
146 Gegentore kassierte.
In Nordhorn "war unsere Deckung nicht offensiv genug. Der
Innenblock vergaß, beim Zurücklaufen bei Tempogegenstößen und der schnellen
Mitte sich umzudrehen. Sie dachten wohl, sie könnten sonst gegen die Hallenwand
laufen", so Gislason gegenüber der Volksstimme.
Besonders in der Kritik standen die SCM-Torhüter Gaudin und Friedrich.
Daher wird der junge Martin Ziemer in der Ostseehalle zum Magdeburger Aufgebot
gehören.
Zufrieden zeigte sich Gislason in der Volksstimme immerhin über das Aufbäumen in
der zweiten Halbzeit und über die Leistung von Stefan Kretzschmar, der zehn Mal
erfolgreich war. Der isländische Coach machte in Zweckoptimimus:
"Wenn wir die
Punkte hier nicht geholt haben, müssen wir sie eben am Sonnabend in Kiel holen.
Der zweite Platz scheint ja nach dem Spiel hier fast verloren, aber den dritten
wollen wir doch zumindest haben".
"Dass es ein ganz schweres Spiel werden würde, war
von vornherein klar", sagt THW-Manager Uwe
Schwenker den Kieler Nachrichten
vor dem Match gegen den SCM,
"aber aus unserer Sicht war die
Magdeburger 35:40-Niederlage in Nordhorn natürlich
eher unglücklich. Die werden sich jetzt hier
rehabiltieren wollen."
Schwer wird es auch werden, die europäische Qualifikation zu erreichen.
"Platz fünf dürfte sicher Europapokal bedeuten, Platz sechs vielleicht noch", sagt
Schwenker voraus und schickt
hinterher: "Auf dem Papier haben wir mit Sicherheit das schwerste
Restprogramm. Ich kann nicht versprechen, dass
wir immer großen Handball bieten werden, aber ich kann versichern, dass die Mannschaft immer Alles geben wird."
Auch der Trainer des THW-Kontrahenten Magdeburg setzt in der
Magdeburger Volksstimme auf das Engagement seiner Mannschaft:
"Die Katastrophe von Nordhorn haben wir schonungslos
aufgearbeitet. Die internen Diskussionen verliefen
intensiv, offen, sachlich und kritisch-konstruktiv.
Es gab keinen im Team, der sich von einer Mitschuld
freigesprochen hat. Die Entschlossenheit, in Kiel
unser wahres Gesicht zu zeigen, war spürbar",
erklärte Trainer Alfred Gislason nach dem Training,
ehe der SCM am Freitag um 16 Uhr Richtung Schleswig-Holstein
abfuhr.
Gislason appelliert in der Volksstimme an den Teamgeist:
"Wir wissen, dass nur eine intakte, kompakt auftretende Mannschaft
ernsthaft eine Chance hat. Wenn jetzt jeder für
sich allein versucht, nur den eigenen Hintern zu retten, gibt's 'ne Klatsche."
Der Isländer warnt sein Team vor dem THW:
"Platz sieben spiegelt nicht die Klasse des THW wider. Hinzu kommt,
dass es für Kiel um die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb geht.
Die werden heiß ohne Ende sein."
Gislason fordert zum Abschluss
"Identifikation mit dem Job erwartet man von jedem Berufstätigen. Also erst recht von Profi-Sportlern mit ihren
Privilegien" und setzt auf
Disziplin, um wie Flensburg und Lemgo in der Ostseehalle Erfolg zu haben.
"Bei klarer Körpersprache halten wir den Schlüssel zum Sieg in der Hand.
Rufen wir unsere Stärken 100prozentig ab, gewinnen wir."
Schiedsrichter der Partie sind
Methe / Methe (Vellmar).
Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...
"Werden alles geben!"
Dem SC Magdeburg steht in dieser Saison eine ähnliche Titel-Nullrunde bevor wie
dem THW Kiel.
Thomas Fischer (living sports) unterhielt sich mit dem isländischen Trainer der
Magdeburger
Gladiators,
Alfred Gislason, u.a. über das bisherige Saisonabschneiden des SC
und eine Zeit nach
dem Magdeburger Erfolgsgaranten Olafur Stefansson.
- Zebra:
-
Für den SC Magdeburg waren in der Ostseehalle bislang keine Punkte zu holen.
Wird sich
das im nächsten Spiel ändern?
- Alfred Gislason:
-
Wir versuchen es jedenfalls immer wieder - ob es funktioniert, wird sich zeigen.
Man
kann bei unserem Auswärtsspiel in Kiel sicherlich davon ausgehen, dass es eines
der schwersten
der Saison sein wird. Wir wissen, dass in der Ostseehalle nicht viel schief
gehen darf,
ansonsten hat man dort schnell verloren. Es geht für uns darum, mit allen
Mitteln den dritten
Platz zu sichern.
- Zebra:
-
In welcher Verfassung erwarten Sie den THW Kiel?
- Alfred Gislason:
-
Das ist schwer zu sagen. Der THW hatte in der Saison natürlich extremes
Verletzungspech und ist nun vielleicht etwas verunsichert. Trotz allem hat er
eine sehr starke
Mannschaft, welche vor allem gegen starke Gegner viel aus sich herausholen kann.
Es wird für uns
keine leichte Aufgabe, aber wir werden alles geben!
- Zebra:
-
Hat Ihre Mannschaft derzeit Verletzungsprobleme zu beklagen?
- Alfred Gislason:
-
Momentan haben vor allem
Perunicic und
Kretzschmar noch leichte Probleme. Ich hoffe
jedenfalls, dass zum Spiel gegen Kiel alle wieder fit sind, so dass ich aus dem
Vollen schöpfen
kann. Es sieht derzeit auch ganz gut aus.
- Zebra:
-
Sie sind in dieser Saison zu Hause bislang ungeschlagen, auswärts scheiterten
Sie zumeist
an den "großen Brocken" wie Lemgo, Flensburg, Essen, sowie an Hamburg und
Wallau. Warum, glauben
Sie, verpasst Ihre Mannschaft die "Big Points"?
- Alfred Gislason:
-
Tja, gegen die erstgenannten drei Gegner hatten wir eigentlich jeweils gute
Chancen,
das Spiel zu gewinnen. In Lemgo hätten wir einen Sieg verdient gehabt, in
Flensburg mussten wir
ohne Kretzschmar und
Perunicic auskommen und haben trotzdem unglücklich
verloren, in Essen war
es ähnlich. Das wirklich Ärgerliche ist aber, dass wir gegen Hamburg und Wallau
Punkte gelassen
haben. Dies war unnötig und tut uns jetzt natürlich sehr weh.
- Zebra:
-
Ausgegebenes Saisonziel war der Gewinn eines Titels. Nun, da Sie im Kampf um den
Meister-Titel
quasi keine Chance mehr haben, zudem in der Championsleague und im DHB-Pokal
ausgeschieden
sind, droht dem Verein in dieser Saison eine Nullrunde...
- Alfred Gislason:
-
Wir haben zwar die Vereins-WM gewonnen, aber was die eigentlichen Saisonziele
angeht,
haben Sie natürlich recht, da haben wir keine Chance mehr. Ich habe das
Saisonziel nicht
ausgerufen, tue so etwas auch nicht sonderlich gerne. In einer Saison kann so
viel passieren,
was man vorher nicht voraussagen kann. Wir wollen einfach, ähnlich wie Kiel, das
Bestmögliche
bieten und die Saison noch so gut wie möglich zu Ende bringen.
- Zebra:
-
Durch Regeländerungen wird es in der nächsten Saison wohl möglich sein, dass
drei
deutsche Mannschaften in der Champions League spielen ksnnen. Wie wichtig ist
eine Teilname an
der CL für den Verein?
- Alfred Gislason:
-
Eine Teilname in diesem Wettbewerb ist ohne Zweifel sehr wichtig für uns. Es
warten
dort sehr attraktive Spiele, das ist etwas anderes als der Bundesliga-Alltag.
Hinzu kommen
selbstverständlich finanzielle Faktoren, damit verbundene Werbeeinnamen, auf die
der Club nur
ungerne verzichtet. Auch vom Image her ist die Champions League ohne Frage von
großer Bedeutung.
- Zebra:
-
Olafur Stefansson gilt als bester Halbrechter der Welt und ist extrem wichtig
für Ihr
Team. Nun wird er den Club in der kommenden Saison verlassen und nach Spanien
gehen. Kann die
Mannschaft diesen Verlust kompensieren?
- Alfred Gislason:
-
Das wird sehr schwer! Den Spieler Stefansson werden wir auf keinen Fall adäquat
ersetzen können - es gibt für ihn keinen Ersatz. Die Mannschaft muss gemeinsam
versuchen, die
Lücke, die durch seinen Verlust entsteht, zu schließen. Das wird vor allem für
unsere vielen
jungen Spieler schwer, da müssen die anderen umso besser spielen. Sicherlich
sind wir immer auf
der Suche nach guten Spielern und sind auch an ähnlichen Spielern dran wie Kiel,
momentan gibt
der Spielermarkt jedoch keinen vergleichbaren Spieler wie Stefansson her, also
müssen wir auf
einen Ersatz aus den eigenen Reihen bauen und hoffen, das es auch ohne ihn
weiter bergauf geht.
Das Interview führte Thomas Fischer (living sports).
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