23./24.11.2004 - Letzte Aktualisierung: 24.11.2004 | Bundesliga |
Update #1 | KN-Spielbericht ergänzt... |
Frode Hagen war gegen den SCM nicht zu stoppen. |
Einer der wenigen Lichtblicke der Gäste: Shootingstar Christoph Theuerkauf. |
Auch zu Beginn der zweiten Halbzeit bot sich den 10.250 Zuschauern in der wie immer ausverkauften Ostseehalle kein anderes Bild: Das weiterhin zerfahrene Spiel lebte von den Paraden der Torhüter Fritz und Bitter sowie größtenteils unkreativ vorgetragenen Angriffen beider Spitzenclubs. Nach 40 Minuten stand es 22:21 für die Gastgeber, ehe der THW - allen voran der in der zweiten Halbzeit überragende Frode Hagen - einen Gang zulegte. Der Norweger traf nun aus allen Lagen, und als dann auch dem zuvor äußerst unglücklich agierenden Christian Zeitz endlich seine Rückraumwürfe gelangen, war das Spiel innerhalb weniger Minuten entschieden. Über 26:21 (45.) und 30:23 (51.) ergab sich der SC Magdeburg wieder einmal seinem Schicksal - zumal der bemitleidenswerte Bitter im Tor auch nichts mehr anfasste und sein Gegenüber Henning Fritz noch weiter über sich hinauswuchs.
So gab es ob der Gewissheit, dass die Zebras wieder die Tabellenführung in der Handball-Bundesliga übernehmen würden, Standing Ovations von den Rängen und eine Menge sehenswerter Treffer von Frode Hagen, der sich ein ums andere Mal durch die Magdeburger Abwehr ackerte und sich ein Sonderlob von Noka Serdarusic verdiente, dessen Fazit gelöst ausfiel: "Hätte mir vor der Partie einer gesagt, dass wir mit 9 Toren Unterschied gegen Magdeburg gewinnen würden, hätte ich ihn für verrückt erklärt!"
Aus kiel4kiel.de:
THW deklassiert Magdeburg - Tabellenführer
Der THW Kiel ist neuer Tabellenführer der Handball-Bundesliga. In einem zunächst zerfahrenen und ausgeglichenen Spitzenspiel schlugen die Zebras aufgrund einer begeisternden Schluss-Viertelstunde den SC Magdeburg mit 36:27 (17:15). Gegen insgesamt enttäuschende Gäste zeigten Torhüter Henning Fritz und Frode Hagen Weltklasse-Leistungen. Letzterer erzielte acht seiner insgesamt 11 Treffer in der zweiten Halbzeit und avancierte somit zum Matchwinner. "Wenn mir einer vor der Partie gesagt hätte, wir würden gegen den SCM mit neun Toren Unterschied gewinnen, hätte ich ihn für verrrückt erklärt", freute sich ein gelöster Trainer Noka Serdarusic.
Hier geht's zu den Fotos vom Spiel gegen Magdeburg.
Der THW hat hochverdient gewonnen, wir haben aber lange mitgehalten. Danach war ich sehr enttäuscht, da wir völlig die Linie verloren haben, Harakiri-Handball spielten und wild in der Gegend rumballerten. Ich hatte eigentlich erwartet, dass meine Führungsspieler das Spiel beruhigen würden. Das war aber nicht der Fall. Vugrinec wirkte wie ein Fremdkörper, Fritz hat stark gehalten.
Uns ist in den letzten15 Minuten alles gelungen, insgesamt war das Spiel aber ausgeglichen. Das Frode Hagen, der angeschlagen von der Nationalmannschaft zurück kehrte, 60 Minuten durchpowern könnte, hätte ich nicht für möglich gehalten. Er hat sich ein Sonderlob verdient.
Ein guter Start in unseren Marathon war uns wichtig. 13 Spiele in 41 Tagen haben wir zu absolvieren, ich war deshalb heute begeistert, wie unser Team als Mannschaft aufgetreten ist. Es gibt in der Bundesliga keine Mannschaft mit soviel Potential wie die des SCM.
Ein super Gefühl nach neun Monaten Pause und Reha. Endlich bin ich wieder dabei, ich hab Spaß!
Uns fehlt momentan eine ganze Menge, ich wüßte nicht, was bei uns funktioniert. Karol Bielecki hat überragend gespielt, der Rest war schlecht: Abwehr, Torhüter, die Abstimmung zwischen Abwehr und Torhüter.Man muss hier schnell spielen, um zu gewinnen, dabei nicht auf die Anzeigetafel schauen und ein hohes Risiko gehen. Wird sind auf einen überragenden Henning Fritz getroffen.
Wir müssen nun die Nerven behalten und weiter trainieren.
Henning Fritz hat überragend gehalten, wenn es gegen Magdeburg geht, ist er immer heiß. Frode Hagen hat in der ersten Halbzeit überragend gespielt, aber wir waren auch in der Abwehr sehr gut. Noka hat uns wieder enorm gut eingestellt.
Aus den Kieler Nachrichten vom 24.11.2004:
Der Nationaltorhüter, einst in Diensten der Magdeburger, schloss sein Tor einfach ab und ließ in den letzten 20 Minuten nur noch sieben Treffer zu. Mit unglaublichen Reflexen packte er bei fast jedem Angriff von Stefan Kretzschmar & Co ein Stoppschild aus. Und im Angriff erwischte Frode Hagen einen Abend mit Sahnehäubchen. Elf Tore warf der Norweger, der sich immer wieder zwischen den Abwehrtürmen der "Gladiators" durchwühlte. Er kam angeschlagen von einer Länderspielreise zurück, biss die Zähne zusammen und machte sein bestes Spiel in Diensten des THW Kiel.
Ein verzweifelter SCMCoach Alfred Gilason probierte die halbe Mannschaft als Gegenspieler für Hagen aus - vergeblich. "Wir hätten hier gewinnen können", stammelte ein verzweifelter Christoph Theuerkauf nach dem Schlusspfiff. "Aber wir haben einfach scheiße gespielt." Mehr wollte der erst 20-jährige Kreisläufer der Gäste nicht sagen. Er war restlos bedient. "Bei uns stimmt es im Moment nur außerhalb des Platzes", erkannte Kretzschmar, dessen Spiel sich seiner neuen Frisur anpasste. Beides war unauffällig. "So gehören wir nicht zu den Top-Teams."
Mit einer Beton-Abwehr hatten die Magdeburger in den letzten Jahren ihre Gegner verzweifeln lassen. In dieser Saison hat die Mischung noch zu viel Sand abbekommen. Einen rabenschwarzen Abend erlebte Torwart Johannes Bitter, dem die Bälle nur so um die Ohren flogen. Sein Kollege Torsten Friedrich durfte sein Können nur drei Minuten zeigen, dann knallte ihm Christian Zeitz einen Ball an den Knopf. Aus Versehen natürlich, aber das machte den Treffer des stark aufspielenden Linkshänders nicht weniger schmerzhaft. Mit Brummschädel hockte Friedrich auf der Bank und das Spiel seiner Kollegen konnte die Kopfschmerzen auch nicht vertreiben. "Ich bin schwer enttäuscht", schimpfte Gislason. "Von Führungsspielern wie Kuleschow, Kretzschmar oder Tkaczyk erwarte ich, dass sie Ruhe ins Spiel bringen." Stattdessen hätten sie großen Anteil daran, dass sein Team am Ende "Harakiri-Handball" spielte.
Im Angriff verließen sich die Magdeburger auf die unglaubliche Wurfkraft von Karol Bielecki, der in seinem ersten Leben ein Katapult gewesen sein muss. Doch sobald der 22-Jährige den Ball nicht werfen, sondern abspielen sollte, war es mit der Herrlichkeit des polnischen Nationalspielers schnell vorbei.
Hätte der SCM seine Ersatzspieler als zweite Mannschaft in der Bundesliga angemeldet, sie würden sich locker für den EHF-Cup qualifizieren. Doch Gislason konnte rotieren wie er wollte - aus Stars wurde keine Mannschaft. Ganz anders die Kieler, die in der Abwehr mit Herz kämpften und ihre Angriffe cool abspulten. Martin Boquist war mehr als ein Ersatz für Stefan Lövgren und bei Zeitz erinnerte nur die Rückennummer an den jungen Mann, der in der letzten Saison noch aus allen Lagen aufs Tor hämmerte. Schöne Anspiele, viel Übersicht, und wenn der 24-Jährige einmal abzog, rauschte der Ball mit Bielecki-Geschwindigkeit ins Tor.
Als Fritz und Hagen den Magdeburgern erst einmal den Zahn gezogen hatten, gaben sie sich sogar ganz auf. "Ich war überrascht, wie platt die waren", meinte THW-Linksaußen Johan Petersson. "Da fehlte am Ende der Wille."
Kaum zu glauben, dass dieses Team bei einem Tor Rückstand (20:21/40.), Ballbesitz und Überzahl dem Erfolg ganz nah war. "Da habe ich nass und verschwitzt gehofft, wir würden am Ende mit einem Tor gewinnen", ließ sich THW-Coach Noka Serdarusic ganz gegen seine Gewohnheiten zu einem Lob für einen einzelnen Spieler hinreißen. "Was Frode heute gemacht hat, war sensationell."
(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 24.11.2004)
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