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13.06.2007 Champions League

Zebra-Journal: Die lange Reise in die Ewigkeit

Der THW am Ziel seiner Träume

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 09.06.2007:

So sehen Sieger aus: Der THW Kiel ist Champions League Sieger 2007!
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Es war eine lange Reise zum größten Triumph in der Vereinsgeschichte. Eine Reise der Zebras des THW Kiel, die im dänischen Svendborg begann und nach unzähligen Unwägbarkeiten mit dem Champions-League-Finale gegen die SG Flensburg-Handewitt in der Ostseehalle endete.
Ein Spiel für die Ewigkeit, eine Mannschaft für die Ewigkeit - Stunden nach dem Abpfiff, nach dem 29:27 für den THW, das nach dem 28:28 im Hinspiel ausreichte, minimierte sich der Erfolg plötzlich auf ein einziges Bild. In der Dunkelheit der nächtlichen Holstenstraße trug Zebra-Kapitän Stefan Lövgren den Pokal eng bei sich, posierte gemeinsam mit Nikola Karabatic auf dem Asmus-Bremer-Platz, ließ diesen denkwürdigen Moment auf sich wirken.

Dass sich der THW die europäische Königskrone würde aufsetzen können, hatten viele Experten in den Wochen zuvor nicht mehr zu glauben vermocht. Schon im Viertelfinale war das Team von Trainer Noka Serdarusic beim ungarischen Titelträger MKB Veszprem mit 36:39 gestrauchelt. "Das macht Champions League aus. So etwas habe ich noch nie erlebt", staunte Nikola Karabatic über den Hexenkessel von Veszprem, in dem der THW mit seinen Chancen sträflich umging und auf das Rückspiel hoffen musste. Zehn Tore von Henrik Lundström, ein entfesselt kämpfendes Kieler Team bedeuteten das 39:32-Ticket für die Halbfinal-Lostöpfe der EHF. Die Ungarn wehrten sich nach Kräften. "Ein irrsinniger Kampf", resümierte Viktor Szilagyi, der nach neunmonatiger Verletzungspause in der Schlussphase von Trainer Serdarusic ins Feuer geworfen worden war. Szilagyis 36:28 in der 54. Minute beendete eine Veszpremer Aufholjagd, die den THW-Fans das Blut in den Adern hatte gefrieren lassen. Die Ostseehalle stand Kopf.

Im Halbfinale ging die Reise zunächst nach Pamplona. Gegen das spanische Spitzenteam Portland San Antonio behauptete sich der THW in der "Stierkampfarena" in einem physischen Grenzgang, der mit einer knappen 28:30-Niederlage endete. Mit teutonischem Tempo-Handball stemmten sich die Kieler Matadore gegen den Führenden der Liga ASOBAL, mussten schmerzhafte Schläge einstecken und einen teuren Preis bezahlen. Kreisläufer Marcus Ahlm schied mit einem Sehnenabriss im Arm aus. Torwart Thierry Omeyer und Stefan Lövgren ließen die Spanier in der Schlussphase, in der auch Kim Andersson (dritte Zeitstrafe) fehlte, nicht davonziehen. Jeppesen, Fritz, Szilagyi, jetzt auch Ahlm - der THW-Kader schrumpfte, wurde vor dem Rückspiel gegen Portland ausgerechnet mit dem Spanier Andrei Xepkin ergänzt. Und es wurde ein fantastisches Rückspiel, in dem der THW mit 37:34 die zweite Finalteilnahme nach 2000 perfekt machte. Die kleine Gruppe der Kieler hatte sich gegen das spanische "Heer" behauptet. Nikola Karabatic agierte übermenschlich im Rückraum, traf zehnmal.

Lövgren übernahm erneut Verantwortung, erzielte acht Tore, hauchte dem Status des Mannschaftskapitäns neue Bedeutung ein. In der Schlussphase demoralisierte Thierry Omeyer im Tor den Gegner, brach den stolzen Spaniern das Herz, die es noch einmal mit einer Manndeckung versuchten. Doch es reichte für die Zebras. "Wenn vier Tore nötig gewesen wären, hätten wir auch mit vier Toren gewonnen", sagte Noka Serdarusic. Das Finale war erreicht, doch das Blatt des Schicksals wandte sich unvermindert gegen den THW. Im Final Four des DHB-Pokals verletzte sich nun auch noch Lövgren, fiel für Hin- und Rückspiel im Champions-League-Finale aus. Doch das Wunder von Flensburg in Form eines 28:28-Unentschiedens gelang. Karabatic (acht Tore) und Christian Zeitz, den Serdarusic als Trumpf in der Rückraum-Mitte präsentierte, spielten sich in einen Rausch. Kein Ball wurde verloren gegeben, bei einem Tempogegenstoß (49.) brachte Zeitz mit einem Kopftreffer gegen SG-Keeper Jan Holpert die Flensburger Volksseele zum Kochen. Dann der historische Triumph im Rückspiel, exakt sieben Jahre nach dem verlorenen Finale 2000 gegen den FC Barcelona: 29:27, wieder ein starker Karabatic (neun Tore), Rot gegen Boldsen, Dramatik pur, nach dem Schlusspfiff Gänsehaut, Konfetti-Regen und eine rauschende Party vor der Halle. Stunden später das stille Genießen in der Dunkelheit der Holstenstraße. Denkwürdig.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 09.06.2007)


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