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Thierry Omeyer zeigte eine Weltklasse-Leistung, parierte
auch vier Siebenmeter
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Der THW Kiel hat sich am Sonntag Nachmittag eine akzeptable Ausgangsposition
im
Champions League-Halbfinale erkämpft.
Die Kieler verloren zwar das erste Gipfeltreffen mit Portland San Antonio mit
28:30 (18:17), dürfen aber trotzdem weiter vom Erreichen des Finales träumen.
Das Rückspiel findet am kommenden Freitag um 19 Uhr in der Ostseehalle statt,
Eurosport überträgt die Partie live.
In einem über 60 Minuten heißt umkämpften Spiel gerieten die Zebras erst in der
zweiten Hälfte ins Hintertreffen, obwohl
Thierry Omeyer
mit vier gehaltenen Siebenmeter und insgesamt 20 Paraden eine Weltklasse-Leistung zeigte.
Maximal 25 Gegentore wollte San Antonio gegen den THW Kiel kassieren - so die Forderung
vor dem Anpfiff. Erst einmal benötigten die Spanier aber knapp sieben Minuten, um
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San Antonios Keeper Kasper Hvidt foulte
Dominik Klein
beim Gegenstoß rüde. Glücklicherweise konnte
"Mini" nach einer kurzen
Behandlungspause weiterspielen.
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überhaupt einen eigenen Torerfolg bejubeln zu können. Bis dato hatte
Omeyer
eindrucksvoll seine Klasse unter Beweis gestellt, auch Kristian Kjelling konnte den
Kieler Keeper per Siebenmeter nicht bezwingen. Der THW nutzte unterdessen diese Phase,
um mit dem 3:0 und 4:1 ein großes, fragendes Staunen auf die Gesichter der spanischen
Zuschauer zu zaubern. Konsequent in der Deckung und abwartend im Angriff - so sollte
das spanische Weltklasse-Ensemble in seine Schranken verwiesen werden. Und dies
funktionierte blendend,
Kim Andersson und
Vid Kavticnik
warteten und trafen. Dennoch konnte Portland verkürzen, als kasper Hvidt nach einem
böse ausschauenden Foul gegen
Dominik Klein für zwei Minuten
raus musste, konnte
Kavticnik per fälligem Siebenmeter wieder
auf 9:6 für die Gäste erhöhen. Doch dann kam Balic... Bis zu diesem Zeitpunkt von der Kieler
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Rote Karte für Perez nach einem Foul an
Karabatic.
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Abwehr zur Bedeutungslosigkeit degradiert, zeigte er mit zwei blitzsauberen Treffern und einem
tollen Anspiel auf den bulligen Kreisläufer Nikolic, was ihn zu einem der besten Spielmacher
der Welt macht: Übersicht und Kaltschnäuzigkeit. Diese legten aber weiterhin auch die Kieler
an den Tag, ließen sich vom erstmaligen Ausgleich (10:10, 21.) und der ersten Führung
der Gastgeber durch Nikolic (28.) nicht beirren, spielten weiterhin geduldig und ließen sich
zunächst nicht durch die Hektik anstecken, die die Gastgeber zu entfachen versuchten.
Lövgrens Siebenmeter und
Kleins Hammer
aus dem mittleren Rückraum brachten dem THW die verdiente 18:17-Halbzeitführung. Diese
war allerdings teuer erkauft, hatten zur Pause mit
Kim Andersson
und
Marcus Ahlm bereits zwei Schlüsselspieler der Zebra-Abwehrreihe
jeweils zwei Zeitstrafen auf ihrem persönlichen Konto.
So blieb Noka Serdarusic nichts übrig, als seine erfolgreiche
Formation umzustellen. Da Ahlm zudem über Schmerzen in der Schulter
klagte, musste Pelle Linders ran. Zeitz
übernahm zudem die Deckungsaufgaben von Kim Andersson. Auch San Antonios
Coach Equisoain hatte eine Maßnahme getroffen, die den THW später vor große Probleme
stellen sollte: Er beorderte Tomas Svensson für den keinesfalls schlechten Kasper Hvidt ins
Tor. Dieser kassierte zwar bald den 19:18-Treffer durch
Lövgren, sollte
fortan die Nerven der Kieler Angreifer auf eine harte Geduldsprobe stellen. Und diese fiel
nicht immer positiv aus:
Kim Andersson kam kaum noch zum Zug,
auch die Außen scheiterten ein ums andere Mal am Svensson, der elf seiner zwölf Paraden im zweiten
Durchgang an den Tag legte. Klar, dass die Gastgeber nun richtig Lunte gerochen hatten.
Der immer stärker auftrumpfende Renato Vugrinec erzielte beim 21:19 erstmals eine Zwei-Tore-Führung
für San Antonio. Doch der THW konterte im Stile eines heißen Thronanwärters: Endlich einmal
wussten die Zebras eine Überzahlsituation für sich zu nutzen, schickten
Karbatic
und
Lundström ins Rennen, die mit jeweils zwei Torerfolgen die Schwarz-Weißen
ihrerseits mit 23:21 (40.) in Führung brachten.
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Dominik Klein erzielte drei Treffer, darunter
ein Zaubertor zum 24:24 (43.).
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Ein offener Schlagabtausch - im wahrsten Sinne des Wortes entwickelte sich immer mehr zum Krimi.
Mit allen Mitteln, ob fair oder unfair, nahmen San Antonios Spieler die Wucht aus dem Kieler
Tempohandball. Bei Ballverlusten wurde solange auf dem Boden gelegen, bis das Schiedsrichtergespann
den Tempogegenstoß unterbrach. Brauchte man Zeit für das Abwehr-Angriff-Wechselspiel, so
wurde nach den Wischerinnen verlangt. Da die Unparteiischen nun immer häufiger auf die
schauspielerischen Einlagen der Spanier herein fielen, verbrachte der THW einen Großteil
der zweiten Hälfte in Unterzahl auf der Fläche. Als
Christian Zeitz sich
auch noch eine überflüssige Zwei-Minuten-Strafe einhandelte, sahen sich vier Kieler sechs Gegenspielern
gegenüber. Und die Zuschauer staunten über den THW-Ausgleich zum 24:24:
Lövgren
hatte einen Einwurf per Bodenpass quer durch den Kreis und die sechs Gegenspieler hindurch
auf
Klein gespielt, der eiskalt per Dreher in doppelter Unterzahl
vollstreckte - ein deutlicheres Zeichen, dass der THW weiterhin auf Sieg spielen würde,
hätte es zu diesem Zeitpunkt nicht geben können...
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Kim Andersson musste nach seiner
dritten Zeitstrafe in der 49. Minute das Feld verlassen.
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Urplötzlich, nach
Linders' 25:26 in Überzahl, Perez hatte nach einem
Schubser gegen
Karabatic die rote Karte gesehen, dann ein kleiner Bruch im bis dato
starken THW-Spiel: Zunächst musste
Kim Andersson nach seiner dritten Zeitstrafe
vom Feld, wenig später folgte ihm
Karabatic. San Antonio nutzte die Lücken,
während Svensson acht Minuten lang nicht mehr hinter sich greifen musste. Die magische "25", vor dem
Spiel angekündigt, schien tatsächlich zur unüberwindbaren Grenze zu werden, ehe
Karabatic
vier Minuten vor dem Ende mit dem Treffer zum 26:28 diesen scheinbaren Fluch durchbrach.
Da nun auch
Omeyer zu einem ganz starken Endspurt ansetzte,
kamen die Kieler wieder ins Spiel - auch wenn San Antonio in Unterzahl einen Angriff beinahe zwei Minuten
lang vortragen durfte und
Vid Kavticniks Ballaufnahme nach
einer weiteren Glanztat von
Omeyer einen halben Meter vorm Kreis stehend in eben
diesen verlegt wurde - Vugrinec nutzte dieses Geschenk zum 29:26. Ein Doppelpack von
Kavticnik per Siebenmeter und Tempogegenstoß ließ den THW noch einmal
heran kommen, ehe der ehemalige Magdeburger Vugrinec zum 30:28-Endstand treffen konnte.
Eine ganz starke Leistung des THW wurde so leider nicht von einem Sieg gekrönt. Dennoch lassen
die Zwei-Tore-Niederlage für den kommenden Freitag hoffen, wenn um 19 Uhr in der Ostseehalle
das Rückspiel angepfiffen wird. Für Dramatik dürfte dann gesorgt sein - und die Unterstützung
der Fans unbedingt vonnöten. Denn das THW-Verletzten-Lazarett hat sich einmal mehr vergrößert:
nach dem Spiel wurde bei
Marcus Ahlm ein Sehnenriss in der Schulter
diagnostiziert, der Kieler Kreisläufer wird dem THW voraussichtlich vier bis fünf Wochen fehlen - und
würde sich mit Sicherheit freuen, sein Comeback im
Finale der Champions League feiern
zu können...
(Christian Robohm)
Es war ein sehr intensiv geführtes Spiel. In der ersten Halbzeit
haben wir sehr gut gespielt, in der zweiten Halbzeit mussten
wird dann kämpfen, weil wir durch die Ausfälle von
Marcus Ahlm und Kim Andersson
gehandicapt waren.
Kompliment an die Mannschaft, das war nicht leicht.
Das Ergebnis lässt uns alle Chancen zum Weiterkommen im Rückspiel in der Ostseehalle,
die wie ein Mann hinter unseren Jungs stehen wird.
gegenüber den KN:
Wir brauchen in Kiel 10 000 enthusiastische Zuschauer, denn
auch das Rückspiel wird sehr intensiv.
In den ersten 30 Minuten waren wir besser. In der zweiten Halbzeit habe
ich mich geärgert. Taktische Dinge haben nicht funktioniert, die
Mannschaft hatte nicht die nötige Ruhe. Die Spanier können uns auch in
Kiel schlagen.
gegenüber den KN:
Wenn Portland zu seiner Stärke findet, ist die Mannschaft in der
Lage, uns in Kiel zu schlagen. Wir sind hier mit neun Feldspielern angereist.
Jetzt hat sich Marcus Ahlm verletzt -
und es sind nur noch acht. Ein weiterer Vorteil für
Portland. Die Leistung der Schiedsrichter habe ich seit zwei Jahren nicht
mehr kommentiert, denn Schiedsrichter sind, wie alle anderen Menschen
auch, sehr nachtragend.
28 Gegentore? Das wird zu eng. Thierry Omeyer hat super gehalten. Die
Frage, warum ich so wenig gespielt habe, muss der Trainer beantworten.
Ich bin jedenfalls total enttäuscht.
San Antonio-Trainer Javier Equisoain gegenüber den KN:
Ich bin durchaus zufrieden, wir haben mit zwei Toren Vorsprung gewonnen.
Das war die schlechteste Leistung, die Schiedsrichter abgeliefert
haben, seit wir Champions League spielen. Und Provokationen
gehören dazu. Die größte Provokation war, dass EHF-Präsident Tor Lian
in der Halbzeit des ersten Halbfinales
gesagt hat, dass es Zeit wird, dass
endlich eine deutsche Mannschaft die Champions League gewinnt. Wir
fahren nach Kiel, um zu gewinnen und in das Finale einzuziehen.
San Antonio-Abwehrmann Juancho Perez gegenüber den KN:
Wir haben großartig gefightet. Wir können auch in Kiel bestehen.
THW-Kapitän Stefan Lövgren gegenüber den KN:
Verletzungspech hatten wir schon lange genug. Besonders
für Marcus persönlich ist es sehr ärgerlich. Vor dem
Spiel habe ich gesagt, dass die Chancen 50:50
stehen. Das glaube ich auch jetzt nach dem Spiel in Pamplona.
- Portland San Antonio (ESP ):
-
Hvidt (1.-17., 19.-30., 7 Paraden),
Svensson (17.-19., 30.-60., 13 Paraden);
Rocas (7/3),
Rodriguez Carvajal,
Andorinho (4/2),
Lozano,
Vugrinec (8),
Dominikovic,
Ruesga (2),
Perez,
Jörgensen,
Nikolic (3),
Balic (4),
Kjelling (2),
Trainer: Equisoain
- THW Kiel:
-
Omeyer (1.-60., 20 Paraden),
M. Andersson (n.e.);
Linders (1),
K. Andersson (4),
Lundström (3),
Kavticnik (6/2),
Lövgren (4/1),
Ahlm (2),
Zeitz,
Karabatic (5),
Klein (3);
Trainer: Serdarusic
- Schiedsrichter:
-
Valentyn Vakula / Aleksandr Liudovyk (UKR)
- Zeitstrafen:
-
San Antonio: 6 (Jörgensen (11.), Hvidt (17.), Dominikovic (21.),
Perez (26.), 2x Nikolic (38., 56.));
THW: 10 (3x Kim Andersson (8., 30., 48.), 2x Ahlm (16., 21.),
Lövgren (20.), 2x Zeitz (42., 58.),
2x Karabatic (42., 51.))
- Rote Karte:
-
San Antonio: Perez (46.) nach grobem Foulspiel
Kiel: Kim Andersson nach dritter Zeitstrafe (48.)
- Siebenmeter:
-
San Antonio: 8/4 (Omeyer hält Kjelling (3.), Vugrinec (16.),
Rocas (45.) und Andorinho (55.))
THW: 3/3
- Spielfilm:
-
1. Hz.: 0:3 (5.), 1:4, 3:4 (10.), 4:7 (13.), 6:7 (16.), 6:9 (17.), 7:10 (19.), 10:10 (20.),
14:14 (24.), 15:16 (25.), 17:16 (28.), 17:18;
2. Hz.: 18:18, 18:19, 21:19 (36.), 21:23 (40.), 24:24 (43.), 25:24 (46.), 26:25 (48.),
27:25 (50.), 27:25 (52.), 28:25 (55.), 29:27 (57.), 29:28 (58.), 30:28.
- Zuschauer:
-
3000 (ausverkauft) (Pabellon universitario de Navarra, Pamplona (ESP))
- Spielgraphik:
-
Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.
Alle noch in den europäischen Wettbewerben vertretenen deutschen Mannschaften mussten ebenfalls am
Wochenende ran:
Halbfinale der Champions League traf die
SG Flensburg-Handewitt am Freitag in der restlos ausverkauften Campushalle auf den spanischen
Gummersbach-Bezwinger CBM Valladolid. Flensburg gewann mit 32:30 (17:15, siehe
Spielbericht), verpasste
dabei aber eine bessere Ausgangsposition für das Rückspiel am 1. April (19 Uhr, live auf Eurosport)
in Spanien.
Im EHF-Pokal brauchte der SC Magdeburg im Halbfinal-Hinspiel
zunächst eine Halbzeit, um gegen
Grasshoppers Zürich (SUI) ins Spiel zu kommen. Am Ende stand jedoch ein deutlicher
32:24 (14:13)-Erfolg, der den Bördestädtern die Final-Tür ganz weit aufgestoßen haben sollte.
Der deutsche Pokalsieger HSV Hamburg musst im
Pokal der Pokalsieger zunächst auswärts bei
RK "Bosna" Sarajevo (BIH) antreten. In einem überharten Spiel verloren die Hamburger
in der "Hölle von Sarajevo" knapp mit 18:20 (10:10) und erkämpften sich damit eine hervorragende
Ausgangsposition für das Rückspiel am 31. März (15.15 Uhr) in der ColorLine-Arena.
Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:
Großer Kampf des THW in Pamplona
Mit vollem Einsatz kämpfte der THW Kiel gestern im
Halbfinal-Hinspiel der Champions League
bei Portland San Antonio um eine gute Ausgangsposition für das
zweite Duell am Freitag in der Ostseehalle. Kim Andersson
hatte in der 47. Minute sein Foulsoll erfüllt und erlebte die Endphase
der 28:30 (18:17)-Niederlage in den Katakomben.
Marcus Ahlm hielt in Pamplona nur 30 Minuten durch und schied mit Verdacht
auf einen Sehnenabriss in der Schulter aus. "Wir haben nur noch acht gesunde
Feldspieler", beklagte Trainer Noka Serdarusic das Verletzungspech. "In
den ersten 30 Minuten waren wir besser. In der zweiten Halbzeit habe ich mich
geärgert. Taktische Dinge haben nicht funktioniert, die Mannschaft hatte nicht die
nötige Ruhe", kritisierte Serdarusic anschließend und spielte auf insgesamt neun
Zeitstrafen für sein Team an. Für das Rückspiel beurteilte der Zebra-Trainer die
Chancen zurückhaltend: "Die Spanier können uns auch in Kiel schlagen." Mit etwas
anderen Erwartungen sieht Demetrio Lozano, Ex-Zebra bei San Antonio, seiner
Rückkehr in die Ostseehalle entgegen: "Ich befürchte, unser Zwei-Tore-Vorsprung
könnte am Ende zu eng werden." Auch im zweiten Halbfinale gab es einen
Sieg mit zwei Toren Unterschied. Diesen Vorsprung muss die SG Flensburg-Handewitt
am nächsten Sonntag in Valladolid verteidigen.
(Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)
Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:
Omeyer wie ein Matador
28:30 in Pamplona - THW ließ nach Pausenführung den "spanischen Stier" entwischen
Pamplona - Die Stierkampf-Arena bebt, die Hatz hat begonnen. Es ist
ein Kampf um Millimeter, ein physischer Grenzgang. 60 Minuten später
hat sich der THW Kiel im Halbfinale der Champions League
im Hexenkessel von Pamplona behauptet, sich gegen
Portland San Antonio beim 28:30 (18:17) eine vermeintlich gute Ausgangsposition
für das Rückspiel am Freitag verschafft, den Stier dabei jedoch
nicht erlegt.
Es ist ein Kampf der (Handball-)Kulturen, den der Erste der Bundesliga gegen
den Führenden der spanischen Liga Asobal mit dem purpurroten Tuch des Tempos
führt. Als erster der Picadores, der Lanzenreiter, versetzt
Kim Andersson auf Halbrechts dem "Stier" mit drei Treffern
erste schmerzhafte Treffer im Nacken zum 4:1 (6.). Am Kreis fördert der Fokus auf
THW-Kreisläufer Marcus Ahlm brachiale Gewalt zutage - Reißen,
Halten, Schlagen, Schubsen inmitten des spanischen, Fleisch gewordenen Mittelblocks aus dem
2,06 Meter großen Juancho Perez, Lars Jörgensen und dem Ex-Kieler
Davor Dominikovic.
Zweimal trifft der 28-Jährige und wird dann noch vor der Pause mit Verdacht
auf einen Sehnenabriss im linken Schulterbereich ausscheiden. Nach jedem Angriff wechselt
Portland-Trainer Javier Equisoain sein Abwehr-Trio, das dem Zement herstellenden
Hauptsponsor "Cementos Portland S.A." zuweilen alle Ehre macht, aus. Er bringt
Ivano Balic, dessen Ideenreichtum oft verpufft. Er bringt Kristian Kjelling oder
Ex-Zebra Demetrio Lozano, die beide keinen
glücklichen Tag erwischt haben. Er verschleppt das Tempo. "Ein-, zweimal haben
wir Portland für ihre Wechsel bestraft. Vielleicht gelingt uns das in der Ostseehalle
häufiger", sagt THW-Trainer Noka Serdarusic. Es wirkt, als beraubten
sich die Spanier ihrer Chancen, als bremsten sie immer wieder, überrascht ob ihrer
eigenen Schnelligkeit. Es sind zwei (Handball-)Kulturen, die aufeinander
prallen, unter deren Reibung das Trikot von Nikola Karabatic
reißt (15.), in deren Hitze der anfangs starke Portland-Keeper
Kasper Hvidt aus dem Tor eilt und einen Zusammenstoß mit Dominik Klein
riskiert.
Die Stierkampf-Arena bebt.
Nirgendwo sind die Regeln der Stier-Hatz so klar wie hier im Baskenland, wie
hier in Pamplona. Nach der Pause wird es Zeit für die Banderilleros, die dem Matador,
dem Stiertöter, mit ihren geschmückten Lanzen ("Banderillas") das Feld bereiten,
dem angeschlagenen Giganten Treffer zwischen die Schulterblätter versetzen.
Doch wer ist der Stier, wer ist der Matador? Ahlm ist ausgeschieden,
Pelle Linders kann ihn erneut nicht adäquat ersetzen,
Kim Andersson muss in der 47. Minute nach der dritten
Zeitstrafe das Parkett verlassen. Eine Minute, nachdem Perez für ein dummes Schubsen mit der
Roten Karte bestraft wurde. Die Halle kocht, der Zorn entlädt sich auf die
Schiedsrichter. Der THW leistet sich zusehends Abspiel-, Konzentrationsfehler im
Angriff, bleibt robust im Deckungsverbund.
Und doch ist da zuvor dieser Moment, dieses Aufblitzen, wenn THW-Regisseur
Stefan Lövgren an den Grenzen
der Physis, in doppelter Unterzahl mit nur vier Spielern gegen sechs Spanier ankämpfend,
einen langen Tipp-Pass spielt, so etwas wie einen Lanzenstoß in den freien
Raum und doch mitten in den Muskelstrang zwischen den Schulterblättern.
Ein Impuls, den Dominik Klein wie automatisiert
aufnimmt und per keckem Dreher zum 24:24 (43.) an dem immer stärker
werdenden Tomas Svensson vorbei ins Tor, gleichermaßen ins Herz, bugsiert. Das
ist der Moment, in dem Marcus Ahlm auf
der Bank die Fäuste ballt, in dem Noka Serdarusic
seinen in Abschnitt zwei anhaltenden Ärger innerlich abfedern kann,
in dem die Schlachtrufe, die Beleidigungen der Zuschauer an dem in Weltklasse-Manier
25-mal parierenden Thierry Omeyer abprallen, der im
Anschluss einen Siebenmeter samt Nachwurf von Ricardo Andorinho entschärft,
der THW dadurch nicht mit vier Toren in Rückstand gerät,
sondern Karabatic zum 26:28 (56.) trifft.
"Mit solchen Zuschauern macht es mir besonderen Spaß", sagt Omeyer und lacht
herzlich, befreit, wie einer, der weiß, dass er der Matador des Abends ist. Auch wenn
er den Stier nicht erlegt hat.
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)
Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:
Angemerkt: Pastewka, bitte warten!
Ich liebe es. Die Lufthansa. Kennen Sie Oliver Kalkofe? Der liebt sie auch, die
Lufthansa. "Die Hydraulik ist defekt, der Flug ist gestrichen, bitte holen Sie Ihr
Gepäck wieder ab", scheppert es in Hamburg aus dem Lautsprecher. Bumms! Gestrichen.
Nun stehen sie da, 17 THW-Fans auf dem Weg nach Pamplona zum
Champions-League-Halbfinale,
zuzüglich eines zum Korrespondieren aufgebrochenen Journalisten der KN, zuzüglich
Oliver Kalkhofe, der in seiner "Mattscheibe" gern gnadenlos mit dem deutschen
Fernsehen abrechnet. "Ich muss den Radio-Auftritt mit Bastian absagen",
blökt der pausbäckige Comedian ins Handy. Kollege Pastewka muss warten.
Der Pilot des Anschlussfluges von Frankfurt nach Bilbao auch. Tut er aber
nicht. 17 Passagiere aus Hamburg fehlen, Captain Ich-bin-dann-mal-weg hebt ab
und kann 15 Minuten Verspätung nicht dulden. Also heißt's: Warten in Frankfurt,
versüßt durch 20 lufthanseatische Verzehr-Euros - ähem, also pro Person -
die auf dem Frankfurter Flughafen so viel wert sind wie die Miete der
Badstraße in der Schlossallee. Was bleibt? Ich liebe es.
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)
Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:
TV-Gerüchte: Lövgren kein Co-Trainer
Pamplona - Fernseh-Gerüchten, THW-Kapitän Stefan Lövgren
wechsele in der kommenden Saison in das Amt des Co-Trainers, erteilte Kiels
Manager Uwe Schwenker gestern eine klare Absage.
"Davon weiß ich nichts. Stefan hat einen Vertrag als Spieler
bis 2008. Warum sollen wir uns darüber also jetzt Gedanken machen", sagte
Schwenker gestern, einen Tag nach
seinem 48. Geburtstag, während Lövgren selbst "solche
Sachen" nicht kommentierte.
Ein weiteres Personal-Gerücht löste sich indes von allein. Nationalspieler
Sebastian Preiß, der in den vergangenen
Wochen immer wieder mit dem THW in Verbindung gebracht
wurde, kehrt nicht an seine alte Wirkungsstätte zurück. Der Kreisläufer verlängerte
- genau wie Torhüter Carsten Lichtlein - seinen Vertrag beim TBV Lemgo bis
zum 30. Juni 2010.
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)
Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:
Hinrik Dotzer: Zeitreise eines Fußballers
Pamplona - Champions-League-Handball in Pamplona. Mittendrin: ein "Fußballer".
Holstein Kiels Mannschaftsarzt Hinrik Dotzer bekam am Freitag einen Anruf, ob er die
Reise nach Spanien antreten könne, nachdem neben den THW-Ärzten
Detlev Brandecker (Urlaub) und Frank Pries
(Tagung) auch Malte Paetzold (krank) ausgefallen war.
Der 41-Jährige - durch den Spielausfall Holsteins an diesem
Wochenende ohnehin "arbeitslos" - zögerte nicht. "Für
mich ist das eine Zeitreise, jetzt bin ich wieder Handballer.
Und Champions League ist natürlich etwas Besonderes",
sagte Dotzer, der einst mit Bramstedt um den Zweitliga-Aufstieg und zuletzt
beim Büdelsdorfer TSV spielte. Und so groß sei der Unterschied
zwischen Fußballer und Handballerwaden sowieso
nicht. "Hier bin ich für die akuten Fälle da."
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)
Aus den Kieler Nachrichten vom 27.03.2007:
Spanische Pressestimmen
Die Kieler Nachrichten haben sich auf dem spanischen Pressemarkt umgeschaut
und einige Pressestimmen zusammen getragen.
Diario de Navarra: "Kärglicher Vorsprung für Portland.
Pamplona traf auf einen Gegner mit viel Qualität
im Angriff und viel Härte in der Deckung. Es
ist noch nichts gewonnen, aber auch noch nichts verloren.
Als die Kräfte der Deutschen schwanden, verstanden die Schiris die
Intensität in der Deckung falsch und erschütterten
mit ihren Entscheidungen die einheimische Stammkundschaft.
Es war der Tropfen, der das Glas zum Überlaufen brachte. Fünf
Minuten vor dem Ende verhinderte der Kieler Torwart
Omeyer den Gnadenstoß Pamplonas. Sein Paraden-Konzert ließen
Portlands Optionen dahinschmelzen."
Marca: "Der THW Kiel hielt dem Angriff Portlands stand und hat seinen
Besuch im Pabellon Universtario de Pamplona bezüglich der 28:30-Niederlage
überlebt. Die Hinausstellung von Kim Andersson
schwächte die Deutschen zwar sehr. Doch bis zum Ende bewahrten sie
ihre gute Ausgangslage, indem sie das Spiel verlangsamten."
ABC: "Jetzt muss Portland nur noch das Rückspiel in
Kiel überstehen. Das 30:28 garantiert nichts, ist aber
nicht so schlecht, wie es das Spiel war. Eigene Fehler,
fragwürdige Schiedsrichter, die die Härte der Deutschen
nicht unterbanden, und Thierry Omeyer im
Kieler Tor ließen Pamplona leiden."
El Mundo: "Die Deutschen vertrauten auf ihre Schnelligkeit
und viel Härte in der Defensive. Obwohl sich Portland ins Spiel kämpfte,
sorgten die Schiedsrichter dafür, dass Pamplona noch um den zweiten Final-
Einzug hintereinander zittern muss."
(Aus den Kieler Nachrichten vom 27.03.2007)