THW-Logo
25./26./27.03.2007 - Letzte Aktualisierung: 27.03.2007 Champions League

Champions League: 28:30-Niederlage bei Portland San Antonio

Akzeptable Ausgangsposition für das Rückspiel - Marcus Ahlm verletzt

CL, Halbfinale, Hinspiel: 25.03.2007, So., 16.00: Portland San Antonio - THW Kiel: 30:28 (17:18)
Update #3 Spanische Pressestimmen aus der KN, KN-Bericht vom 26.03., ausführlichen Spielbericht der KN, weitere Stimmen, ergänzt...

Thierry Omeyer zeigte eine Weltklasse-Leistung, parierte auch vier Siebenmeter
Klicken Sie zum Vergrößern! Thierry Omeyer zeigte eine Weltklasse-Leistung, parierte auch vier Siebenmeter
Der THW Kiel hat sich am Sonntag Nachmittag eine akzeptable Ausgangsposition im Champions League-Halbfinale erkämpft. Die Kieler verloren zwar das erste Gipfeltreffen mit Portland San Antonio mit 28:30 (18:17), dürfen aber trotzdem weiter vom Erreichen des Finales träumen. Das Rückspiel findet am kommenden Freitag um 19 Uhr in der Ostseehalle statt, Eurosport überträgt die Partie live. In einem über 60 Minuten heißt umkämpften Spiel gerieten die Zebras erst in der zweiten Hälfte ins Hintertreffen, obwohl Thierry Omeyer mit vier gehaltenen Siebenmeter und insgesamt 20 Paraden eine Weltklasse-Leistung zeigte.
Maximal 25 Gegentore wollte San Antonio gegen den THW Kiel kassieren - so die Forderung vor dem Anpfiff. Erst einmal benötigten die Spanier aber knapp sieben Minuten, um
San Antonios Keeper Kasper Hvidt foulte Dominik Klein beim Gegenstoß rüde. Glücklicherweise konnte "Mini" nach einer kurzen Behandlungspause weiterspielen.
Klicken Sie zum Vergrößern! San Antonios Keeper Kasper Hvidt foulte Dominik Klein beim Gegenstoß rüde. Glücklicherweise konnte "Mini" nach einer kurzen Behandlungspause weiterspielen.
überhaupt einen eigenen Torerfolg bejubeln zu können. Bis dato hatte Omeyer eindrucksvoll seine Klasse unter Beweis gestellt, auch Kristian Kjelling konnte den Kieler Keeper per Siebenmeter nicht bezwingen. Der THW nutzte unterdessen diese Phase, um mit dem 3:0 und 4:1 ein großes, fragendes Staunen auf die Gesichter der spanischen Zuschauer zu zaubern. Konsequent in der Deckung und abwartend im Angriff - so sollte das spanische Weltklasse-Ensemble in seine Schranken verwiesen werden. Und dies funktionierte blendend, Kim Andersson und Vid Kavticnik warteten und trafen. Dennoch konnte Portland verkürzen, als kasper Hvidt nach einem böse ausschauenden Foul gegen Dominik Klein für zwei Minuten raus musste, konnte Kavticnik per fälligem Siebenmeter wieder auf 9:6 für die Gäste erhöhen. Doch dann kam Balic... Bis zu diesem Zeitpunkt von der Kieler
Rote Karte für Perez nach einem Foul an Karabatic.
Klicken Sie zum Vergrößern! Rote Karte für Perez nach einem Foul an Karabatic.
Abwehr zur Bedeutungslosigkeit degradiert, zeigte er mit zwei blitzsauberen Treffern und einem tollen Anspiel auf den bulligen Kreisläufer Nikolic, was ihn zu einem der besten Spielmacher der Welt macht: Übersicht und Kaltschnäuzigkeit. Diese legten aber weiterhin auch die Kieler an den Tag, ließen sich vom erstmaligen Ausgleich (10:10, 21.) und der ersten Führung der Gastgeber durch Nikolic (28.) nicht beirren, spielten weiterhin geduldig und ließen sich zunächst nicht durch die Hektik anstecken, die die Gastgeber zu entfachen versuchten. Lövgrens Siebenmeter und Kleins Hammer aus dem mittleren Rückraum brachten dem THW die verdiente 18:17-Halbzeitführung. Diese war allerdings teuer erkauft, hatten zur Pause mit Kim Andersson und Marcus Ahlm bereits zwei Schlüsselspieler der Zebra-Abwehrreihe jeweils zwei Zeitstrafen auf ihrem persönlichen Konto.

So blieb Noka Serdarusic nichts übrig, als seine erfolgreiche Formation umzustellen. Da Ahlm zudem über Schmerzen in der Schulter klagte, musste Pelle Linders ran. Zeitz übernahm zudem die Deckungsaufgaben von Kim Andersson. Auch San Antonios
Henrik Lundström überwindet Tomas Svensson.
Klicken Sie zum Vergrößern! Henrik Lundström überwindet Tomas Svensson.
Coach Equisoain hatte eine Maßnahme getroffen, die den THW später vor große Probleme stellen sollte: Er beorderte Tomas Svensson für den keinesfalls schlechten Kasper Hvidt ins Tor. Dieser kassierte zwar bald den 19:18-Treffer durch Lövgren, sollte fortan die Nerven der Kieler Angreifer auf eine harte Geduldsprobe stellen. Und diese fiel nicht immer positiv aus: Kim Andersson kam kaum noch zum Zug, auch die Außen scheiterten ein ums andere Mal am Svensson, der elf seiner zwölf Paraden im zweiten Durchgang an den Tag legte. Klar, dass die Gastgeber nun richtig Lunte gerochen hatten. Der immer stärker auftrumpfende Renato Vugrinec erzielte beim 21:19 erstmals eine Zwei-Tore-Führung für San Antonio. Doch der THW konterte im Stile eines heißen Thronanwärters: Endlich einmal wussten die Zebras eine Überzahlsituation für sich zu nutzen, schickten Karbatic und Lundström ins Rennen, die mit jeweils zwei Torerfolgen die Schwarz-Weißen ihrerseits mit 23:21 (40.) in Führung brachten.

Dominik Klein erzielte drei Treffer, darunter ein Zaubertor zum 24:24 (43.).
Klicken Sie zum Vergrößern! Dominik Klein erzielte drei Treffer, darunter ein Zaubertor zum 24:24 (43.).
Ein offener Schlagabtausch - im wahrsten Sinne des Wortes entwickelte sich immer mehr zum Krimi. Mit allen Mitteln, ob fair oder unfair, nahmen San Antonios Spieler die Wucht aus dem Kieler Tempohandball. Bei Ballverlusten wurde solange auf dem Boden gelegen, bis das Schiedsrichtergespann den Tempogegenstoß unterbrach. Brauchte man Zeit für das Abwehr-Angriff-Wechselspiel, so wurde nach den Wischerinnen verlangt. Da die Unparteiischen nun immer häufiger auf die schauspielerischen Einlagen der Spanier herein fielen, verbrachte der THW einen Großteil der zweiten Hälfte in Unterzahl auf der Fläche. Als Christian Zeitz sich auch noch eine überflüssige Zwei-Minuten-Strafe einhandelte, sahen sich vier Kieler sechs Gegenspielern gegenüber. Und die Zuschauer staunten über den THW-Ausgleich zum 24:24: Lövgren hatte einen Einwurf per Bodenpass quer durch den Kreis und die sechs Gegenspieler hindurch auf Klein gespielt, der eiskalt per Dreher in doppelter Unterzahl vollstreckte - ein deutlicheres Zeichen, dass der THW weiterhin auf Sieg spielen würde, hätte es zu diesem Zeitpunkt nicht geben können...

Kim Andersson musste nach seiner dritten Zeitstrafe in der 49. Minute das Feld verlassen.
Kim Andersson musste nach seiner dritten Zeitstrafe in der 49. Minute das Feld verlassen.
Urplötzlich, nach Linders' 25:26 in Überzahl, Perez hatte nach einem Schubser gegen Karabatic die rote Karte gesehen, dann ein kleiner Bruch im bis dato starken THW-Spiel: Zunächst musste Kim Andersson nach seiner dritten Zeitstrafe vom Feld, wenig später folgte ihm Karabatic. San Antonio nutzte die Lücken, während Svensson acht Minuten lang nicht mehr hinter sich greifen musste. Die magische "25", vor dem Spiel angekündigt, schien tatsächlich zur unüberwindbaren Grenze zu werden, ehe Karabatic vier Minuten vor dem Ende mit dem Treffer zum 26:28 diesen scheinbaren Fluch durchbrach. Da nun auch Omeyer zu einem ganz starken Endspurt ansetzte, kamen die Kieler wieder ins Spiel - auch wenn San Antonio in Unterzahl einen Angriff beinahe zwei Minuten lang vortragen durfte und Vid Kavticniks Ballaufnahme nach einer weiteren Glanztat von Omeyer einen halben Meter vorm Kreis stehend in eben diesen verlegt wurde - Vugrinec nutzte dieses Geschenk zum 29:26. Ein Doppelpack von Kavticnik per Siebenmeter und Tempogegenstoß ließ den THW noch einmal heran kommen, ehe der ehemalige Magdeburger Vugrinec zum 30:28-Endstand treffen konnte.

Nikola Karabatic zieht ab.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic zieht ab.
Eine ganz starke Leistung des THW wurde so leider nicht von einem Sieg gekrönt. Dennoch lassen die Zwei-Tore-Niederlage für den kommenden Freitag hoffen, wenn um 19 Uhr in der Ostseehalle das Rückspiel angepfiffen wird. Für Dramatik dürfte dann gesorgt sein - und die Unterstützung der Fans unbedingt vonnöten. Denn das THW-Verletzten-Lazarett hat sich einmal mehr vergrößert: nach dem Spiel wurde bei Marcus Ahlm ein Sehnenriss in der Schulter diagnostiziert, der Kieler Kreisläufer wird dem THW voraussichtlich vier bis fünf Wochen fehlen - und würde sich mit Sicherheit freuen, sein Comeback im Finale der Champions League feiern zu können...

(Christian Robohm)


Stimmen zum Spiel:

THW-Manager Uwe Schwenker:
Es war ein sehr intensiv geführtes Spiel. In der ersten Halbzeit haben wir sehr gut gespielt, in der zweiten Halbzeit mussten wird dann kämpfen, weil wir durch die Ausfälle von Marcus Ahlm und Kim Andersson gehandicapt waren.
Kompliment an die Mannschaft, das war nicht leicht. Das Ergebnis lässt uns alle Chancen zum Weiterkommen im Rückspiel in der Ostseehalle, die wie ein Mann hinter unseren Jungs stehen wird.

gegenüber den KN:
Wir brauchen in Kiel 10 000 enthusiastische Zuschauer, denn auch das Rückspiel wird sehr intensiv.

THW-Trainer Noka Serdarusic:
In den ersten 30 Minuten waren wir besser. In der zweiten Halbzeit habe ich mich geärgert. Taktische Dinge haben nicht funktioniert, die Mannschaft hatte nicht die nötige Ruhe. Die Spanier können uns auch in Kiel schlagen.

gegenüber den KN:
Wenn Portland zu seiner Stärke findet, ist die Mannschaft in der Lage, uns in Kiel zu schlagen. Wir sind hier mit neun Feldspielern angereist. Jetzt hat sich Marcus Ahlm verletzt - und es sind nur noch acht. Ein weiterer Vorteil für Portland. Die Leistung der Schiedsrichter habe ich seit zwei Jahren nicht mehr kommentiert, denn Schiedsrichter sind, wie alle anderen Menschen auch, sehr nachtragend.

Ex-Zebra Demetrio Lozano gegenüber den KN:
28 Gegentore? Das wird zu eng. Thierry Omeyer hat super gehalten. Die Frage, warum ich so wenig gespielt habe, muss der Trainer beantworten. Ich bin jedenfalls total enttäuscht.
San Antonio-Trainer Javier Equisoain gegenüber den KN:
Ich bin durchaus zufrieden, wir haben mit zwei Toren Vorsprung gewonnen. Das war die schlechteste Leistung, die Schiedsrichter abgeliefert haben, seit wir Champions League spielen. Und Provokationen gehören dazu. Die größte Provokation war, dass EHF-Präsident Tor Lian in der Halbzeit des ersten Halbfinales gesagt hat, dass es Zeit wird, dass endlich eine deutsche Mannschaft die Champions League gewinnt. Wir fahren nach Kiel, um zu gewinnen und in das Finale einzuziehen.
San Antonio-Abwehrmann Juancho Perez gegenüber den KN:
Wir haben großartig gefightet. Wir können auch in Kiel bestehen.
THW-Kapitän Stefan Lövgren gegenüber den KN:
Verletzungspech hatten wir schon lange genug. Besonders für Marcus persönlich ist es sehr ärgerlich. Vor dem Spiel habe ich gesagt, dass die Chancen 50:50 stehen. Das glaube ich auch jetzt nach dem Spiel in Pamplona.

 


Champions League, Halbfinale, Hinspiel: 25.03.07, So., 16.00: Portland San Antonio (ESP) - THW Kiel: 30:28 (17:18)

Logo Portland San Antonio (ESP Flagge ESP):
Hvidt (1.-17., 19.-30., 7 Paraden), Svensson (17.-19., 30.-60., 13 Paraden); Rocas (7/3), Rodriguez Carvajal, Andorinho (4/2), Lozano, Vugrinec (8), Dominikovic, Ruesga (2), Perez, Jörgensen, Nikolic (3), Balic (4), Kjelling (2), Trainer: Equisoain
Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-60., 20 Paraden), M. Andersson (n.e.); Linders (1), K. Andersson (4), Lundström (3), Kavticnik (6/2), Lövgren (4/1), Ahlm (2), Zeitz, Karabatic (5), Klein (3); Trainer: Serdarusic
Schiedsrichter:
Valentyn Vakula / Aleksandr Liudovyk (UKR)
Zeitstrafen:
San Antonio: 6 (Jörgensen (11.), Hvidt (17.), Dominikovic (21.), Perez (26.), 2x Nikolic (38., 56.));
THW: 10 (3x Kim Andersson (8., 30., 48.), 2x Ahlm (16., 21.), Lövgren (20.), 2x Zeitz (42., 58.), 2x Karabatic (42., 51.))
Rote Karte:
San Antonio: Perez (46.) nach grobem Foulspiel
Kiel: Kim Andersson nach dritter Zeitstrafe (48.)
Siebenmeter:
San Antonio: 8/4 (Omeyer hält Kjelling (3.), Vugrinec (16.), Rocas (45.) und Andorinho (55.))
THW: 3/3
Spielfilm:
1. Hz.: 0:3 (5.), 1:4, 3:4 (10.), 4:7 (13.), 6:7 (16.), 6:9 (17.), 7:10 (19.), 10:10 (20.), 14:14 (24.), 15:16 (25.), 17:16 (28.), 17:18;
2. Hz.: 18:18, 18:19, 21:19 (36.), 21:23 (40.), 24:24 (43.), 25:24 (46.), 26:25 (48.), 27:25 (50.), 27:25 (52.), 28:25 (55.), 29:27 (57.), 29:28 (58.), 30:28.
Zuschauer:
3000 (ausverkauft) (Pabellon universitario de Navarra, Pamplona (ESP))
Spielgraphik:
Spielgraphik

Kurzumfragen:

Die Umfragen sind nicht mehr verfügbar.

Die anderen deutschen Europapokal-Teilnehmer

Alle noch in den europäischen Wettbewerben vertretenen deutschen Mannschaften mussten ebenfalls am Wochenende ran: Halbfinale der Champions League traf die SG Flensburg-Handewitt am Freitag in der restlos ausverkauften Campushalle auf den spanischen Gummersbach-Bezwinger CBM Valladolid. Flensburg gewann mit 32:30 (17:15, siehe Spielbericht), verpasste dabei aber eine bessere Ausgangsposition für das Rückspiel am 1. April (19 Uhr, live auf Eurosport) in Spanien.

Im EHF-Pokal brauchte der SC Magdeburg im Halbfinal-Hinspiel zunächst eine Halbzeit, um gegen Grasshoppers Zürich (SUI) ins Spiel zu kommen. Am Ende stand jedoch ein deutlicher 32:24 (14:13)-Erfolg, der den Bördestädtern die Final-Tür ganz weit aufgestoßen haben sollte.

Der deutsche Pokalsieger HSV Hamburg musst im Pokal der Pokalsieger zunächst auswärts bei RK "Bosna" Sarajevo (BIH) antreten. In einem überharten Spiel verloren die Hamburger in der "Hölle von Sarajevo" knapp mit 18:20 (10:10) und erkämpften sich damit eine hervorragende Ausgangsposition für das Rückspiel am 31. März (15.15 Uhr) in der ColorLine-Arena.

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:

Großer Kampf des THW in Pamplona

Mit vollem Einsatz kämpfte der THW Kiel gestern im Halbfinal-Hinspiel der Champions League bei Portland San Antonio um eine gute Ausgangsposition für das zweite Duell am Freitag in der Ostseehalle. Kim Andersson hatte in der 47. Minute sein Foulsoll erfüllt und erlebte die Endphase der 28:30 (18:17)-Niederlage in den Katakomben.

Marcus Ahlm hielt in Pamplona nur 30 Minuten durch und schied mit Verdacht auf einen Sehnenabriss in der Schulter aus. "Wir haben nur noch acht gesunde Feldspieler", beklagte Trainer Noka Serdarusic das Verletzungspech. "In den ersten 30 Minuten waren wir besser. In der zweiten Halbzeit habe ich mich geärgert. Taktische Dinge haben nicht funktioniert, die Mannschaft hatte nicht die nötige Ruhe", kritisierte Serdarusic anschließend und spielte auf insgesamt neun Zeitstrafen für sein Team an. Für das Rückspiel beurteilte der Zebra-Trainer die Chancen zurückhaltend: "Die Spanier können uns auch in Kiel schlagen." Mit etwas anderen Erwartungen sieht Demetrio Lozano, Ex-Zebra bei San Antonio, seiner Rückkehr in die Ostseehalle entgegen: "Ich befürchte, unser Zwei-Tore-Vorsprung könnte am Ende zu eng werden." Auch im zweiten Halbfinale gab es einen Sieg mit zwei Toren Unterschied. Diesen Vorsprung muss die SG Flensburg-Handewitt am nächsten Sonntag in Valladolid verteidigen.

(Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:

Omeyer wie ein Matador

28:30 in Pamplona - THW ließ nach Pausenführung den "spanischen Stier" entwischen
Pamplona - Die Stierkampf-Arena bebt, die Hatz hat begonnen. Es ist ein Kampf um Millimeter, ein physischer Grenzgang. 60 Minuten später hat sich der THW Kiel im Halbfinale der Champions League im Hexenkessel von Pamplona behauptet, sich gegen Portland San Antonio beim 28:30 (18:17) eine vermeintlich gute Ausgangsposition für das Rückspiel am Freitag verschafft, den Stier dabei jedoch nicht erlegt.

Es ist ein Kampf der (Handball-)Kulturen, den der Erste der Bundesliga gegen den Führenden der spanischen Liga Asobal mit dem purpurroten Tuch des Tempos führt. Als erster der Picadores, der Lanzenreiter, versetzt Kim Andersson auf Halbrechts dem "Stier" mit drei Treffern erste schmerzhafte Treffer im Nacken zum 4:1 (6.). Am Kreis fördert der Fokus auf THW-Kreisläufer Marcus Ahlm brachiale Gewalt zutage - Reißen, Halten, Schlagen, Schubsen inmitten des spanischen, Fleisch gewordenen Mittelblocks aus dem 2,06 Meter großen Juancho Perez, Lars Jörgensen und dem Ex-Kieler Davor Dominikovic.

Zweimal trifft der 28-Jährige und wird dann noch vor der Pause mit Verdacht auf einen Sehnenabriss im linken Schulterbereich ausscheiden. Nach jedem Angriff wechselt Portland-Trainer Javier Equisoain sein Abwehr-Trio, das dem Zement herstellenden Hauptsponsor "Cementos Portland S.A." zuweilen alle Ehre macht, aus. Er bringt Ivano Balic, dessen Ideenreichtum oft verpufft. Er bringt Kristian Kjelling oder Ex-Zebra Demetrio Lozano, die beide keinen glücklichen Tag erwischt haben. Er verschleppt das Tempo. "Ein-, zweimal haben wir Portland für ihre Wechsel bestraft. Vielleicht gelingt uns das in der Ostseehalle häufiger", sagt THW-Trainer Noka Serdarusic. Es wirkt, als beraubten sich die Spanier ihrer Chancen, als bremsten sie immer wieder, überrascht ob ihrer eigenen Schnelligkeit. Es sind zwei (Handball-)Kulturen, die aufeinander prallen, unter deren Reibung das Trikot von Nikola Karabatic reißt (15.), in deren Hitze der anfangs starke Portland-Keeper Kasper Hvidt aus dem Tor eilt und einen Zusammenstoß mit Dominik Klein riskiert.

Die Stierkampf-Arena bebt. Nirgendwo sind die Regeln der Stier-Hatz so klar wie hier im Baskenland, wie hier in Pamplona. Nach der Pause wird es Zeit für die Banderilleros, die dem Matador, dem Stiertöter, mit ihren geschmückten Lanzen ("Banderillas") das Feld bereiten, dem angeschlagenen Giganten Treffer zwischen die Schulterblätter versetzen. Doch wer ist der Stier, wer ist der Matador? Ahlm ist ausgeschieden, Pelle Linders kann ihn erneut nicht adäquat ersetzen, Kim Andersson muss in der 47. Minute nach der dritten Zeitstrafe das Parkett verlassen. Eine Minute, nachdem Perez für ein dummes Schubsen mit der Roten Karte bestraft wurde. Die Halle kocht, der Zorn entlädt sich auf die Schiedsrichter. Der THW leistet sich zusehends Abspiel-, Konzentrationsfehler im Angriff, bleibt robust im Deckungsverbund.

Und doch ist da zuvor dieser Moment, dieses Aufblitzen, wenn THW-Regisseur Stefan Lövgren an den Grenzen der Physis, in doppelter Unterzahl mit nur vier Spielern gegen sechs Spanier ankämpfend, einen langen Tipp-Pass spielt, so etwas wie einen Lanzenstoß in den freien Raum und doch mitten in den Muskelstrang zwischen den Schulterblättern. Ein Impuls, den Dominik Klein wie automatisiert aufnimmt und per keckem Dreher zum 24:24 (43.) an dem immer stärker werdenden Tomas Svensson vorbei ins Tor, gleichermaßen ins Herz, bugsiert. Das ist der Moment, in dem Marcus Ahlm auf der Bank die Fäuste ballt, in dem Noka Serdarusic seinen in Abschnitt zwei anhaltenden Ärger innerlich abfedern kann, in dem die Schlachtrufe, die Beleidigungen der Zuschauer an dem in Weltklasse-Manier 25-mal parierenden Thierry Omeyer abprallen, der im Anschluss einen Siebenmeter samt Nachwurf von Ricardo Andorinho entschärft, der THW dadurch nicht mit vier Toren in Rückstand gerät, sondern Karabatic zum 26:28 (56.) trifft.

"Mit solchen Zuschauern macht es mir besonderen Spaß", sagt Omeyer und lacht herzlich, befreit, wie einer, der weiß, dass er der Matador des Abends ist. Auch wenn er den Stier nicht erlegt hat.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:

Angemerkt: Pastewka, bitte warten!

Ich liebe es. Die Lufthansa. Kennen Sie Oliver Kalkofe? Der liebt sie auch, die Lufthansa. "Die Hydraulik ist defekt, der Flug ist gestrichen, bitte holen Sie Ihr Gepäck wieder ab", scheppert es in Hamburg aus dem Lautsprecher. Bumms! Gestrichen.

Nun stehen sie da, 17 THW-Fans auf dem Weg nach Pamplona zum Champions-League-Halbfinale, zuzüglich eines zum Korrespondieren aufgebrochenen Journalisten der KN, zuzüglich Oliver Kalkhofe, der in seiner "Mattscheibe" gern gnadenlos mit dem deutschen Fernsehen abrechnet. "Ich muss den Radio-Auftritt mit Bastian absagen", blökt der pausbäckige Comedian ins Handy. Kollege Pastewka muss warten. Der Pilot des Anschlussfluges von Frankfurt nach Bilbao auch. Tut er aber nicht. 17 Passagiere aus Hamburg fehlen, Captain Ich-bin-dann-mal-weg hebt ab und kann 15 Minuten Verspätung nicht dulden. Also heißt's: Warten in Frankfurt, versüßt durch 20 lufthanseatische Verzehr-Euros - ähem, also pro Person - die auf dem Frankfurter Flughafen so viel wert sind wie die Miete der Badstraße in der Schlossallee. Was bleibt? Ich liebe es.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:

TV-Gerüchte: Lövgren kein Co-Trainer

Pamplona - Fernseh-Gerüchten, THW-Kapitän Stefan Lövgren wechsele in der kommenden Saison in das Amt des Co-Trainers, erteilte Kiels Manager Uwe Schwenker gestern eine klare Absage.

"Davon weiß ich nichts. Stefan hat einen Vertrag als Spieler bis 2008. Warum sollen wir uns darüber also jetzt Gedanken machen", sagte Schwenker gestern, einen Tag nach seinem 48. Geburtstag, während Lövgren selbst "solche Sachen" nicht kommentierte.

Ein weiteres Personal-Gerücht löste sich indes von allein. Nationalspieler Sebastian Preiß, der in den vergangenen Wochen immer wieder mit dem THW in Verbindung gebracht wurde, kehrt nicht an seine alte Wirkungsstätte zurück. Der Kreisläufer verlängerte - genau wie Torhüter Carsten Lichtlein - seinen Vertrag beim TBV Lemgo bis zum 30. Juni 2010.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007:

Hinrik Dotzer: Zeitreise eines Fußballers

Pamplona - Champions-League-Handball in Pamplona. Mittendrin: ein "Fußballer". Holstein Kiels Mannschaftsarzt Hinrik Dotzer bekam am Freitag einen Anruf, ob er die Reise nach Spanien antreten könne, nachdem neben den THW-Ärzten Detlev Brandecker (Urlaub) und Frank Pries (Tagung) auch Malte Paetzold (krank) ausgefallen war.

Der 41-Jährige - durch den Spielausfall Holsteins an diesem Wochenende ohnehin "arbeitslos" - zögerte nicht. "Für mich ist das eine Zeitreise, jetzt bin ich wieder Handballer. Und Champions League ist natürlich etwas Besonderes", sagte Dotzer, der einst mit Bramstedt um den Zweitliga-Aufstieg und zuletzt beim Büdelsdorfer TSV spielte. Und so groß sei der Unterschied zwischen Fußballer und Handballerwaden sowieso nicht. "Hier bin ich für die akuten Fälle da."

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 26.03.2007)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 27.03.2007:

Spanische Pressestimmen

Die Kieler Nachrichten haben sich auf dem spanischen Pressemarkt umgeschaut und einige Pressestimmen zusammen getragen.

  • Diario de Navarra: "Kärglicher Vorsprung für Portland. Pamplona traf auf einen Gegner mit viel Qualität im Angriff und viel Härte in der Deckung. Es ist noch nichts gewonnen, aber auch noch nichts verloren. Als die Kräfte der Deutschen schwanden, verstanden die Schiris die Intensität in der Deckung falsch und erschütterten mit ihren Entscheidungen die einheimische Stammkundschaft. Es war der Tropfen, der das Glas zum Überlaufen brachte. Fünf Minuten vor dem Ende verhinderte der Kieler Torwart Omeyer den Gnadenstoß Pamplonas. Sein Paraden-Konzert ließen Portlands Optionen dahinschmelzen."

  • Marca: "Der THW Kiel hielt dem Angriff Portlands stand und hat seinen Besuch im Pabellon Universtario de Pamplona bezüglich der 28:30-Niederlage überlebt. Die Hinausstellung von Kim Andersson schwächte die Deutschen zwar sehr. Doch bis zum Ende bewahrten sie ihre gute Ausgangslage, indem sie das Spiel verlangsamten."

  • ABC: "Jetzt muss Portland nur noch das Rückspiel in Kiel überstehen. Das 30:28 garantiert nichts, ist aber nicht so schlecht, wie es das Spiel war. Eigene Fehler, fragwürdige Schiedsrichter, die die Härte der Deutschen nicht unterbanden, und Thierry Omeyer im Kieler Tor ließen Pamplona leiden."

  • El Mundo: "Die Deutschen vertrauten auf ihre Schnelligkeit und viel Härte in der Defensive. Obwohl sich Portland ins Spiel kämpfte, sorgten die Schiedsrichter dafür, dass Pamplona noch um den zweiten Final- Einzug hintereinander zittern muss."

    (Aus den Kieler Nachrichten vom 27.03.2007)


  • (25./26./27.03.2007) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite